örtlich unzuständiges Berufungsgericht - verschiedene Angelegenheiten?

  • Hallo, folgender Sachverhalt:

    Nachdemdie Klage in I. Instanz abgewiesen worden ist, legt die KlägervertreterinBerufung ein. Nachdem der Beklagtenvertreter (begründet) beantragt hat, dieBerufung zurückzuweisen, ergeht der Hinweis des angerufenen Gerichts, dassdieses für WEG-Sachen nach GVG nicht zuständig sei, sondern ein anderes LG imLand (in der Rechtsmittelbelehrung war das falsche Gericht benannt). DieBerufung wird daraufhin dort zurückgenommen, es folgt eine KGE nebst Streitwertfestsetzung.

    Die Klägervertreterin legt daraufhinBerufung beim zuständigen Gericht ein. Der Beklagtenvertreter beantragt wieder(begründet), die Berufung zurückzuweisen. Die Berufung wurde als unzulässig, daverspätet, verworfen. Es folgt KGE und Streitwertfestsetzung.

    Die Klägerin trägt die Kosten aller Instanzen.

    Der Beklagtenvertreter beantragt dieFestsetzung seiner Kosten der I. Instanz, der II. Instanz (unzuständigesGericht) und II. Instanz (richtiges Gericht).

    Gegen die doppelte Festsetzung derVergütung für die II. Instanz erhebt die Klägervertreterin Einwände, die jedochnicht mit Kommentarstellen oder Entscheidungen belegt sind. Ich habe zu demThema auch nichts finden können.

    Ich tendiere dazu, wie beantragtfestzusetzen, da es sich ja um keine Verweisung handelt. Wobei die Begründung,wieso die Berufung zurückzuweisen wäre, ja in beiden Fällen gleich ist.

    Liege ich richtig?

  • Ok, ich habe nach erneuter Suche die Entscheidung vom KG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 1989 – 1 W 3270/89 –, juris gefunden.
    Danach liegt nur eine Angelegenheit vor. Mir liegen jedoch zwei Anträge vor. Festsetzen kann ich dann ja nur auf Grund des letzten Antrages bzgl der II. Instanz (wg. Zinsbeginn), da die Angelegenheit bei Eingang des ersten Antrages noch nicht abgeschlossen war? Weise ich den anderen Antrag zurück?

  • So auch BGH (Beschl. v. 28.09.2006 - VII ZB 32/06): "Legt eine Partei gegen ein amtsgerichtliches Urteil Berufung zunächst beim Landgericht und wegen Zweifeln an der Zulässigkeit nach Ablauf der Berufungsfrist, jedoch vor rechtskräftiger Entscheidung des Landgerichts, erneut beim Oberlandesgericht ein, handelt es sich auch dann um lediglich eine Angelegenheit i.S. von § 13 II 1 BRAGO, wenn beide Berufungen als unzulässig verworfen werden."

    Anders noch OLG Bamberg (Beschl. v. 11.04.1989 - 4 W 37/89): "Wird nach rechtskräftiger Verwerfung einer Berufung in derselben Sache erneut Berufung eingelegt, so handelt es sich um eine neue Angelegenheit iSd § 13 II BRAGO."

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Vielen Dank. Die Entscheidung vom OLG Bamberg habe ich auch gefunden, die passt aber nicht ganz, da in meinem Fall die erste Berufung ja nicht verworfen worden ist, sondern zurückgenommen worden ist (gleichzeitig mit der erneuten Berufung).

    Das BGH-Urteil werde ich mir noch anschauen.

    Wie verhält es sich denn nun mit dem Zinsbeginn?

    Also, die KFAs für I. und II. Instanz (falsches Gericht) sind eingegangen, bevor das tatsächliche Berufungsgericht über die erneute Berufung entschieden hat. Danach ging der zweite KFA für die II. Instanz ein, ohne dass der andere zurückgenommen worden ist.

  • Ok, ich habe nach erneuter Suche die Entscheidung vom KG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 1989 – 1 W 3270/89 –, juris gefunden.
    Danach liegt nur eine Angelegenheit vor.


    Du müßtest aber auch die Begründung des KG für seine Entscheidung beachten. Es geht von nur einer gebührenrechtlichen Angelegenheit bei den beiden Berufungen für den RA aus, weil der Entschluß, das erstinstanzliche Urteil anzugreifen, dort von vornherein erkennbar bestand. In Falle des KG wurde fälscherlicherweise beim LG Berlin Berufung eingelegt. Während die 1. Berufung also dort anhängig war, wurde aufgrund des Hinweises des LG nach Ablauf der RM-Frist beim KG verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag erneut Berufung eingelegt. Dort wurde sie schließlich als unzulässig zurückgewiesen. Das LG fragte dann nach einiger Zeit an, ob die 1. Berufung zurückgenommen wird, was der RA (rechtsirrig) ablehnte und dann schließlich zur Verwerfung auch der 1. Berufung beim LG führte.

    Das KG führt in seiner Begründung dann aber aus, daß es nicht darüber zu entscheiden hatte, ob auch dann von derselben gebührenrechtliche Angelegenheit auszugehen ist, wenn nach Rücknahme der 1. Berufung die 2. erst nach geraumer Zeit eingelegt wird. Denn dann könnten Zweifel bestehen, ob die Einlegung der 2. Berufung erkennbar auf einem von vornherein bestehenden einheitlichen Anfechtungsentschluß beruhe.

    Wie der Fall bei Dir liegt, ergibt sich aus dem bisherigen Sachverhalt nicht. Auch ist Dein Fall insoweit anders gelagert, als bei Dir offenbar auch kein Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden mit der 2. Berufung gestellt worden ist? Auch das könnte gegen einen einheitlichen Anfechtungsentschluß sprechen. Der in #3 von Silberkotelett zitierte BGH hat insoweit auch nichts anderes entschieden.

    Evtl. Zeit für Dich, Rechtsgeschichte zu schreiben? :D

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  • Die Rücknahme der Berufung bei LG A war zeitgleich mit der erneuten Berufung bei LG B - verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung. Das hatte ich zunächst weggelassen in #1, da ich die Entscheidung des KG nicht kannte und den Sachverhalt kurz halten wollte. Mea Culpa

    Und obwohl die erneute Berufung nicht vor der Rücknahme erfolgte, sondern zeitgleich, ist m.E. die Einheitlichkeit erkennbar.

  • Ich hatte denselben Fall. Ich war von verschiedenen Angelegenheiten ausgegangen. Die Berufungsverfahren hatten ja auch jeweils eigene Aktenzeichen und Kostenentscheidungen. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss wurde vom Landgericht dann auch zurückgewiesen.

  • Die Rücknahme der Berufung bei LG A war zeitgleich mit der erneuten Berufung bei LG B - verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung. Das hatte ich zunächst weggelassen in #1, da ich die Entscheidung des KG nicht kannte und den Sachverhalt kurz halten wollte. Mea Culpa


    Sorry, #4 war wohl während meines Beitrages #5 von Dir geschrieben worden - hatte ich jetzt erst gelesen. Auch mea culpa. ;)

    Und obwohl die erneute Berufung nicht vor der Rücknahme erfolgte, sondern zeitgleich, ist m.E. die Einheitlichkeit erkennbar.


    Was heißt "zeitgleich"? Just in derselben Minute(?) wurde sowohl beim LG A als auch beim LG B die Rücknahme/die Berufung eingereicht?

    In Bezug auf die bereits in #3 erwähnte Rspr. des OLG Bamberg (so auch: OLG Hamburg, JurBüro 1995, 31 = MDR 1994, 948; LG Berlin, JurBüro 1986, 389) spielt es m. E. keine Rolle, ob die Berufung zurückgewiesen oder wie hier zurückgenommen wurde. Entscheidend dürfte ja sein, daß die Anhängigkeit entfallen ist. Daher liegen dann auch nach der Rücknahme und der Neueinlegung zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vor (vgl. N. Schneider in AnwK-RVG, 8. Aufl., § 15 Rn. 112 mit Verweis auf die vorzitierte Rspr.; Vor VV 3200 ff. Rn. 8). Die Meinung des BGH lehnt er unter Hinweis darauf, daß der BGH (s. #3) den gebührenrechtlichen Begriff der Angelegenheit verkannt habe, auch ab, weil nur im Falle der Verweisung es sich um dieselbe Angelegenheit handele (N. Schneider, a.a.O., Vorb VV 3200 ff. Rn. 10 und auch in der abl. Anm. zum BGH in AGS 2007, 392).

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