PKH im Mahnverfahren


  • Daraufhin hatte ich ihn eben am Telefon: Die Partei könne wohl wahrscheinlich (er erinnert sich nicht mehr genau, er hat ihn ja zuletzt im letzten Jahr getroffen) kaum oder gar nicht deutsch. Und fragt jetzt, ob das ein Grund wäre, eine Beiordnung zu bejahen.

    Nein. Verfahrenskostenhilfe ist keine Lebenshilfe. Sie dient dazu, bei einer rechtlichen Problematik innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens die Mittellosen den Nicht-Mittellosen weitestgehend gleichzustellen.
    Sprachprobleme sind grundätzlich zunächst kein Grund für eine anwaltliche Beiordnung (es gibt Ausnahmefälle, in denen sie das Zünglein an der Waage darstellen, aber das ist vorliegend nicht gegeben).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zitat

    Die Argumentation des VerfGH Rheinland-Pfalz, dass das Mahnverfahren kein gerichtsverfahren sei kann ich aber nicht nachvollziehen. Es besteht ja zumindest rein theoretisch die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und Beiordnung eines RA. Ob die Voraussetzungen hierfür dann im Einzelnen vorliegen ist eine andere Frage.

    Nach meinem Verständnis stellt die Argumentation darauf ab, dass es sich beim mahngerichtlichen Verfahren nicht um ein streitiges Verfahren vor dem Prozessgericht handelt. Ob diese Differenzierung jetzt sinnvoll ist oder nicht, kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es zu dieser Thematik eine Entscheidung gibt.

    Jedenfalls die herrschende Meinung, welche die Möglichkeit einer Bewilligung bejaht, argumentiert eigentlich etwas anders:

    Die sagen, es kommt nicht darauf an, ob ein Verfahren objektiv anhängig ist, sondern ob sich der BerH-Antragsteller subjektiv bereits innerhalb des Verfahrens befindet. Wenn dem Antragsteller lediglich ein Mahnbescheid oder eine Klage zugestellt wird und er sich informieren will, ob es Sinn macht, sich dagegen zu wehren, befindet er sich subjektiv noch nicht im gerichtlichen Verfahren. Hat der Antragsteller aber schon etwas im Verfahren gemacht (z.B. Klageabweisung beantragt), ist er auch subjektiv bereits innerhalb des gerichtlichen Verfahrens und BerH geht nicht mehr.

  • Zitat

    Die Argumentation des VerfGH Rheinland-Pfalz, dass das Mahnverfahren kein gerichtsverfahren sei kann ich aber nicht nachvollziehen. Es besteht ja zumindest rein theoretisch die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und Beiordnung eines RA. Ob die Voraussetzungen hierfür dann im Einzelnen vorliegen ist eine andere Frage.

    Nach meinem Verständnis stellt die Argumentation darauf ab, dass es sich beim mahngerichtlichen Verfahren nicht um ein streitiges Verfahren vor dem Prozessgericht handelt. Ob diese Differenzierung jetzt sinnvoll ist oder nicht, kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es zu dieser Thematik eine Entscheidung gibt.

    Jedenfalls die herrschende Meinung, welche die Möglichkeit einer Bewilligung bejaht, argumentiert eigentlich etwas anders:

    Die sagen, es kommt nicht darauf an, ob ein Verfahren objektiv anhängig ist, sondern ob sich der BerH-Antragsteller subjektiv bereits innerhalb des Verfahrens befindet. Wenn dem Antragsteller lediglich ein Mahnbescheid oder eine Klage zugestellt wird und er sich informieren will, ob es Sinn macht, sich dagegen zu wehren, befindet er sich subjektiv noch nicht im gerichtlichen Verfahren. Hat der Antragsteller aber schon etwas im Verfahren gemacht (z.B. Klageabweisung beantragt), ist er auch subjektiv bereits innerhalb des gerichtlichen Verfahrens und BerH geht nicht mehr.


    Ist schon alles richtig. In der Frage geht es allerdings um PKH.

  • Ich habe also jetzt folgende Entscheidung dem Richter vorgeschlagen. Und so hat er auch entschieden:

    "Es sind keine Gerichtskosten angefallen.


    Eine Beiordnung des Rechtsanwalts für die Einlegung des Widerspruchs im Mahnverfahren kommt nicht in Betracht.

    Im Mahnverfahren hat weder der Antragsteller noch der Widerspruch einlegende Gegner Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 121 Rn. 6; LG Stuttgart 19.01.15 – 10 T 12/15). Die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners angeführten Umstände und besonderen Schwierigkeiten führen nicht zur Beiordnung im Mahnverfahren.

    Die Prozesskostenhilfe dient dazu, bei einer rechtlichen Problematik innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens die Mittellosen den Nicht-Mittellosen weitestgehend gleichzustellen. Die mittellose Partei soll den gleichen Zugang zu rechtlicher Beratung durch einen Anwalt erhalten wie die nicht mittellose.

    Im vorliegenden Fall war eine solche Beratung jedoch nicht notwendig.
    Die inhaltliche Auseinandersetzung der Antragsparteien wird nicht im Mahnverfahren, sondern in dem nachfolgenden Streitverfahren ausgetragen (vgl. BGH,Beschluss vom 11.02.2010 - IX ZB 175/07).
    Die erforderliche Vorprüfung, ob der Antragsgegner sich bei den gegen ihn geltend gemachten Ansprüchen überhaupt auf ein streitiges Verfahren einlassen soll, unterscheidet sich im vorliegenden Verfahren nicht grundsätzlich von anderen Ansprüchen mit komplexen Sachverhalten, die im Mahnverfahren geltend gemacht werden können. Dem Antragsgegner ist zuzumuten, diese Prüfung selbst durchzuführen und zu entscheiden, ob er den gegen ihn geltend gemachten Anspruch anerkennt oder sich dagegen wehrt.
    Dementsprechend ist eine rechtliche Beratung durch den Anwalt und dessen Beiordnung auch im vorliegenden Mahnverfahren nicht notwendig i.S.d. § 121 Abs. 1, 2 ZPO.

    Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen von PKH dient der rechtlichen Gleichstellung der mittellosen Partei. Zum Ausfüllen des Widerspruch-Vordrucks bedarf es keiner rechtlichen/inhaltlichen Beratung. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids erfordert im Hinblick auf die Formalisierung des Antragsverfahrens keine besonderen Rechtskenntnisse oder geschäftlichen Erfahrungen (vgl. OLG NürnbergMDR 1997, 1068). Auch eine ungewandte Partei wird deshalb regelmäßig in der Lage sein, sich dieses Verfahren ohne anwaltliche Beratung nutzbar zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar2010 – IX ZB 175/07 –).
    Der Antragsgegner kann im Mahnverfahren den Widerspruch ohne nähere Begründung einlegen. Der Vordruck zur Einlegung des Widerspruchs ist nicht kompliziert und zum Ausfüllen bedarf es keiner rechtlichen Beratung. Zum Erklären des Vordrucks auf sprachlicher Ebene steht auch die Rechtsantragstelle bei Gericht zur Verfügung. Das Benutzen der englischen Sprache ist dabei keine besondere Schwierigkeit.

    Demzufolge ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Mahnverfahren m. E. zu verneinen.

    Da auch keine Gerichtskosten eingefordert werden, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe m.E. zurückzuweisen."

    Mal sehen, was der Anwalt dazu sagt...

    Danke schon mal für Eure Hilfe! :)

    Einmal editiert, zuletzt von Mariluna (1. August 2018 um 09:37)

  • Ich habe also jetzt folgende Entscheidung dem Richter vorgeschlagen. Und so hat er auch entschieden:

    Warum denn der Richter und nicht du selbst? :gruebel:

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Bei uns am Arbeitsgericht entscheidet der Richter über die Bewilligung von PKH, dem Rechtspfleger ist nur die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen übertragen. Außerdem kümmert er sich dann auch um das gesamte Nachprüfungsverfahren. Ist das beim Amtsgericht anders...?

  • Was heißt "nur die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen"? :gruebel: Diese umfassen neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auch die Erfolgsaussicht.

    Eure Richter führen tatsächlich die regelmäßigen PKH-Überprüfungen nach Ende der Verfahren durch? :gruebel: Ernsthaft?

    (Ich habe noch von keinem Gericht gehört, wo das so gemacht würde.)

  • Was heißt "nur die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen"? :gruebel: Diese umfassen neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auch die Erfolgsaussicht.

    Eure Richter führen tatsächlich die regelmäßigen PKH-Überprüfungen nach Ende der Verfahren durch? :gruebel: Ernsthaft?

    (Ich habe noch von keinem Gericht gehört, wo das so gemacht würde.)

    An meinem Arbeitsgericht (und in jedem Arbeitsgericht in meinem LArbG-Bezirk) wird die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 20 Abs. 2 RpflG im Einzelfall auf den Rechtspfleger übertragen.
    Praktisch bedeutet das, dass grundsätzlich jede PKH-Sache ein solcher Einzelfall ist und gem. § 20 Abs. 2 RpflG übertragen wird (inkl. entsprechender Ablehnungsbefugnis. Dass mal nicht auf uns übertragen wurde, habe ich ehrlich gesagt noch nicht gesehen).
    Eine Entscheidung des Rechtspflegers gibt es in PKH-Sachen nur, wenn eben die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für PKH nicht vorliegen und PKH deshalb zurückzuweisen ist. Alles andere entscheidet selbstverständlich immer noch der Richter.

    Das PKH-Überprüfungsverfahren führen wir natürlich auch. Ich glaube, das meinte Mariluna auch. Falls nicht: Details, bitte! Das interessiert mich. :)

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Bei uns am Arbeitsgericht entscheidet der Richter über die Bewilligung von PKH, dem Rechtspfleger ist nur die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen übertragen. Außerdem kümmert er sich dann auch um das gesamte Nachprüfungsverfahren. Ist das beim Amtsgericht anders...?


    Kommt darauf an. :cool:

    Zum Glück haben nicht alle Richter Interesse, dass der Rechtspfleger die wirtschaftlichen Voraussetzungen prüft. Es verzögert ja auch das Verfahren und möglicherweise prüfen manche Rechtspfleger auch zu genau. ;)

  • Ja, ich meinte es so, wie Schneewittchen ausgeführt hat! ^^ Natürlich macht bei uns kein Vorsitzender das Nachprüfungsverfahren... Und die Erfolgsaussichten in der Vorprüfung übernimmt immer noch der Richter. Nur den Papierkrieg mit den Belegen haben sie gemäß § 20 Nr. 4 Buchstabe a) RPflG auf den Rechtspfleger übertragen. ;)

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