PKH im Mahnverfahren

  • Guten Tag, zusammen.

    Ich habe mal wieder ein Problem, zu dem ich auch nach einigen Suchdurchläufen nichts im Forum gefunden habe. Aber vielleicht kann mir ja doch jemand weiterhelfen.

    Der Fall liegt Folgendermaßen:

    Es ging ein Antrag ein auf Erlass eines Mahnbescheids im arbeitsgerichtlichen Mahnverfahren. Der Bescheid wird erlassen und zugestellt, daraufhin nimmt sich der Antragsgegner/Schuldner einen Anwalt und legt Widerspruch ein. Gleichzeitig beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Anwalts.
    Der Antragsteller wird sodann aufgefordert, seinen Anspruch zu begründen, was aber nie passiert. Nach sechs Monaten könnte das Verfahren jetzt ausgetragen werden. Aber was ist mit dem PKH-Antrag?

    Soll ich den Anwalt auffordern, ihn zurückzunehmen, weil es nie zu einem Gerichtsverfahren gekommen ist? Allerdings hat er nicht explizit nur für das gerichtliche Verfahren PKH beantragt, man könnte die unbestimmte Formulierung auch so verstehen, dass er für das Mahnverfahren (= die Einlegung des Widerspruchs) Prozesskostenhilfe begehrt. Er schreibt einfach nur, er beantrage „schon jetzt“, dem Antragsgegner PKH zu bewilligen.

    Einfach in der Luft hängen lassen kann man den Antrag jedenfalls nicht.

    Gibt es vielleicht Vorschläge? J

  • Das Mahnverfahren ist ein Gerichtsverfahren. Somit besteht auch die Möglichkeit hierfür PKH zu bewilligen.

    Wie man da die Erfolgsaussichten prüft ist mir aber ehrlich gesagt jetzt etwas unklar.:gruebel:

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Für das Einlegen des Wiederspruchs kommt m.E. keine PKH infrage.

    Das Einlegen des Widerspruchs ist m.E. auch ohne RA zumutbar. Insoweit dürfte eine Beiordnung ausscheiden. Gerichtskosten muss der Beklagte ohnehin nicht tragen, wenn er Widerspruch einlegt.

  • Irgendwas klingelt bei mir, dass z.B. PKH beim arbeitsgerichtlichen Mahnverfahren ein Sonderfall ist. Aber ich kann gerade nicht sagen, was da klingelt, wieso es klingelt und ob es zurecht klingelt.

    Ich gucke mal, ob mir einfällt, was da geklingelt hat. Dann komme ich wieder! :)

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

    Einmal editiert, zuletzt von Schneewittchen (3. Juli 2018 um 09:36) aus folgendem Grund: Überflüssige Rückfrage aus diesem ohnehin unglaublich hilfreichen Beitrag gestrichen.

  • Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Mahnverfahren scheidet regelmäßig bereits für den Antragsteller aus, da es zumutbar ist, ein Mahnverfahren auch ohne rechtlichen Beistand einzuleiten. Vor diesem Hintergrund erscheint mir die Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar. Und da der Antragsgegner auch keine Gerichtskosten z.B. für die Abgabe des Verfahrens entrichten muss, ginge ein PKH-Antrag des Antragsgegners im Mahnverfahren m.E. ins Leere - im Wesentlichen also wie jfp ;).

    Im Übrigen würde ich die Formulierung "schon jetzt" so verstehen, dass PKH für den Fall beantragt wird, dass das gerichtliche Verfahren durchgeführt wird. Ich würde den Anwalt darauf hinweisen, dass keine Anspruchsbegründung bzw. Abgabe erfolgt ist und der PKH-Antrag insoweit als erledigt angesehen wird. Ob das die bestmögliche Lösung ist, kann ich aber nicht sagen... :oops:

  • [QUOTE=Bodil;1147210Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar.[/QUOTE]

    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

  • [QUOTE=Bodil;1147210Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar.[/QUOTE]

    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

    Dafür gibt es Beratungshilfe.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Zitat


    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

    Das habe ich so nicht gesagt. Der Antragsgegner ist angehalten zu überprüfen, ob der gegen ihn geltend gemachte Anspruch besteht oder nicht. Kommt er zu dem Ergebnis, dass der Anspruch nicht berechtigt ist, kann er Widerspruch einlegen. Es mag sicherlich auch komplexe Fälle geben, aber grundsätzlich darf man wohl davon ausgehen, dass man nicht zwingend juristische Beratung benötigt, um das zu beurteilen. So viel Mündigkeit darf man den meisten dann doch zutrauen... ;)

    Und, wie burkinafaso bereits gesagt hat: es gibt die Option der Beratungshilfe.

  • [QUOTE=Bodil;1147210Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar.[/QUOTE]

    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

    ja soll er, denn genauso ist es vorgesehen im Mahnverfahren


    Grundsätzlich wird im Mahnverfahren dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nur für die Gerichtskosten bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts wird im Mahnverfahren grundsätzlich nicht bewilligt, da es sich um ein vereinfachtes Verfahren handelt, bei der für die Beantragung kein Rechtsanwalt beigeordnet werden muss.

    Prozesskostenhilfe für einzelne Prozesshandlungen (z.B. die Widerspruchserhebung) ist nicht vorgesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 11.02.2010 zu IX 175/07).

  • [QUOTE=Bodil;1147210Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar.[/QUOTE]

    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

    Dafür gibt es Beratungshilfe.


    gibt's nicht, weil Mahnverfahren = gerichtliches Verfahren = keine Beratungshilfe

  • Zitat

    gibt's nicht, weil Mahnverfahren = gerichtliches Verfahren = keine Beratungshilfe

    Siehe hierzu:
    VerfGH Rheinland-Pfalz: Beratungshilfe trotz Anhängigkeit eines Mahnverfahrens
    NJW 2017, 1940

    Darin heißt es:
    "[...] Denn für das Mahnverfahren wird grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe bewilligt (vgl. die Ablehnung von Pkh für einen Antragsteller im Mahnverfahren bei BGH, NJOZ 2010, NJOZ Jahr 2010 Seite 2690). Es wird deshalb mit guten Gründen in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertreten, dass der Ausschlussgrund des § BERHG § 1 BERHG § 1 Absatz I BerHG (anhängiges gerichtliches Verfahren) für das Mahnverfahren vor Einlegung des Widerspruchs jedenfalls aufseiten des Antragsgegners nicht gilt (vgl. AG Regensburg, RPfleger 2006, RPFLEGER Jahr 2006 Seite 416 Rn. RPFLEGER Jahr 2006 Seite 416 Randnummer 11 f.; Schoreit/Groß, § 1 Rn. 14) und der Begriff „gerichtliches Verfahren“ iSv § BERHG § 1 BERHG § 1 Absatz I BerHG dahingehend auszulegen ist, dass er nur das streitige gerichtliche Verfahren erfasst (vgl. auch Pukall in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 44 Rn. 4 mwN)."

  • [QUOTE=Bodil;1147210Bewilligung von PKH unter Beiordnung des Rechtsanwaltes für die Einlegung des Widerspruchs erst recht nicht begründbar.[/QUOTE]

    Den Widerspruch soll der Antragsgegner also auf Verdacht ohne Prüfung - bzw. Zugang zu entsprechender Beratung - des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs einlegen?

    Dafür gibt es Beratungshilfe.


    gibt's nicht, weil Mahnverfahren = gerichtliches Verfahren = keine Beratungshilfe


    Aus meiner Sicht schon, weil sich der Antragsgegner dazu beraten lassen kann, ob er aktiv in das Verfahren eintritt (durch Widerspruch) oder es laufen lassen sollte (Bis zum VB).

    Das sehe ich genauso, wie wenn eine Klage zugestellt wurde und eine Beratung benötigt wird, ob und ggf. wie man sich gegen diese verteidigen sollte.

  • Absolut :zustimm:.

    Für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Verteidigung kann Beratungshilfe bewilligt werden. Für die Beteiligung am Gerichtsverfahren gibt es dann die Möglichkeit der PKH.
    Die Argumentation des VerfGH Rheinland-Pfalz, dass das Mahnverfahren kein Gerichtsverfahren sei kann ich aber nicht nachvollziehen. Es besteht ja zumindest rein theoretisch die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und Beiordnung eines RA. Ob die Voraussetzungen hierfür dann im Einzelnen vorliegen ist eine andere Frage.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

    Einmal editiert, zuletzt von burkinafaso (4. Juli 2018 um 16:40)

  • Zitat

    Die Argumentation des VerfGH Rheinland-Pfalz, dass das Mahnverfahren kein gerichtsverfahren sei kann ich aber nicht nachvollziehen. Es besteht ja zumindest rein theoretisch die Möglichkeit der Bewilligung von PKH und Beiordnung eines RA. Ob die Voraussetzungen hierfür dann im Einzelnen vorliegen ist eine andere Frage.

    Nach meinem Verständnis stellt die Argumentation darauf ab, dass es sich beim mahngerichtlichen Verfahren nicht um ein streitiges Verfahren vor dem Prozessgericht handelt. Ob diese Differenzierung jetzt sinnvoll ist oder nicht, kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es zu dieser Thematik eine Entscheidung gibt.

  • du erteilst einen Beratungshilfeschein wenn einer mit einer zugestellten Klage zu dir kommt?


    Ja, für die Beratung, ob man anerkennt oder seine Verteidigungsabsicht aufzeigen möchte.
    Die Vertretung durch den Anwalt scheidet aber natürlich aus.

  • Also erst mal vielen Dank für die vielen Antworten! Das hat mir schon sehr weitergeholfen.


    Ich habe dem Anwalt vorerst Folgendes geschrieben: „Die Antragstellerin hat das Verfahren 6 Monate nicht betrieben. Ein gerichtliches Verfahren wurde nicht eingeleitet.
    Es wird daher um Mitteilung gebeten, ob der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufrechterhalten wird.
    Falls ja, so wird schon jetzt darauf hingewiesen, dass für die Einlegung des Widerspruchs im Mahnverfahren eine Beiordnung nicht infrage kommt, da dem Antragsgegner zuzumuten ist, den Vordruck selbstständig auszufüllen.

    Daraufhin hatte ich ihn eben am Telefon: Die Partei könne wohl wahrscheinlich (er erinnert sich nicht mehr genau, er hat ihn ja zuletzt im letzten Jahr getroffen) kaum oder gar nicht deutsch. Und fragt jetzt, ob das ein Grund wäre, eine Beiordnung zu bejahen.

    Ich bin mir da nicht sicher.

    Oben stand ja, dass man zumindest für die Entscheidung, ob man Widerspruch einlegen sollte oder nicht, die Möglichkeit hat, Beratungshilfe zu beantragen. Und um Widerspruch einzulegen müsste man ja theoretisch nur ein Kreuzchen setzen und unterschreiben. Könnte ich mich jetzt auf den Standpunkt stellen: Keine Beiordnung, weil das Ausfüllen des Vordrucks zuzumuten wäre und die beratende Tätigkeit des Anwalts hätte über Beratungshilfe abgegolten werden können?

    Er will jetzt jedenfalls erst mal seinen Mandanten kontaktieren und in Erfahrung bringen, was der darüber denkt. Und ob er deutsch spricht… Ich kann auch verstehen, dass der Anwalt nicht umsonst arbeiten will, aber ohne streitiges Verfahren kann ich da wohl wenig machen…

  • Hab gerade noch mal mit einem Kollegen gesprochen: Der hat mich darauf hingewiesen, dass es ja auch noch die Rechtsantragstelle gibt. Da hätte man dem Mann auch zeigen können, wo das Kreuzchen zu setzen ist. Also eine Beiordnung wird immer unwahrscheinlicher…

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