Umfang der Beiordnung im Wiederaufnahmeverfahren

  • Im vom Verurteilten angestrebten strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren (im Urteil war eine Maßregel angeordnet worden) wird "nach § 140 Abs. 2 StPO" dem Verurteilten Rechtsanwalt A "als notwendiger Verteidiger" beigeordnet. Mit Beschluss vom 01.06. wird entschieden, dass der Wiederaufnahmeantrag zulässig sei und Richter X mit der Aufnahme des angetretenen Beweises beauftragt werde. Mit Beschluss vom 01.11. wird (ohne mündliche Verhandlung) entschieden, dass das Urteil aufgehoben werde. Die Kosten des Verfahrens trage die Staatskasse.

    Daraufhin beantragt der Verteidiger festzustellen, dass dem Antragsteller Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz zustehen. Weiter beantragt er die Veröffentlichung in der lokalen Presse.
    Mit Beschluss vom 01.03. wird festgestellt, dass Ansprüche nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz nicht bestehen. Mit Beschluss vom 02.03. wird eine Veröffentlichung nur im Bundesanzeiger angeordnet.
    Gegen beide Beschlüsse legt der Verteidiger für seinen Mandanten je sofortige Beschwerde ein, die von der nächsten Instanz als unbegründet zurückgewiesen werden.

    Nun rechnet der Anwalt als Pflichtverteidiger seine Gebühren ab. Bekanntlich entstehen für sofortige Beschwerden nach § 372 StPO gesonderte Gebühren nach Nr. 4139 VV-RVG. Das Beschwerdeverfahren bildet eine besondere Angelegenheit, laut Burhoff, RVG in Straf- und Bußgeldsachen, Rz. 609 (in der 4. Auflage) handelt es sich um eine Ausnahme der von § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10a RVG erfassten Ausnahmen.

    Nur ich stehe vor der Frage, ob die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz und die Beschwerde gegen die Nichtveröffentlichung in der lokalen Presse noch vom Umfang der Beiordnung abgedeckt waren.
    Im Meyer/Goßner, StPO, § 364a Rz. 3 steht, die Verteidigerbestellung ende ohne Weiteres mit der Rechtskraft der Entscheidung nach §§ 368 Abs. 1, 370 Abs. 1 und mit der Anordnung der Wiederaufnahme nach § 370 Abs. 2, so auch der Karlsruher Kommentar, Rz. 6. Hier dürfte aber, wenn ich die Gerichtsentscheidungen recht verstehe, ein Fall des § 371 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 StPO vorliegen. Erstreckt sich insoweit die Beiordnung demnach auch auf die Beschwerdeverfahren nach § 372 StPO?

    Wer weiß Rat?

  • § 364a StPO kannte das Gericht nicht? :oops: Für die Beschwerde wegen der Nicht-Veröffentlichung erhält der Verteidiger eine Gebühr Nr. 4139 VV RVG. Für den Pflichtverteidiger kann nichts anderes gelten. Für die Tätigkeit im Strafentschädigungsverfahren gibt es keine gesonderte Gebühr. Diese Tätigkeit wird mit der jeweiligen Verfahrensgebühr abgegolten (KG Berlin, StRR 2011, 447; OLG Düsseldorf, AGS 2011, 70; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2007, 223). Somit gibt es auch keine Beschwerdegebühr - weder für den Wahlverteidiger noch für den Pflichtverteidiger.

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