Berücksichtigung unterhaltsberechtigtes Kind bei Pfändung nach § 850 d ZPO

  • Möchte mal den Thread reaktivieren:

    In letzter Zeit ist es ein doch ein ab und an vorkommendes Thema, dass die (auswärtigen) Jugendämter oder Unterhaltsvorschusskassen von anderen Kindern der Schuldner offenbar nichts wissen.

    Da wird z. B. ein Pfüb beantragt und angegeben, der Schuldner sei alleinstehend und habe ein Kind. Für dieses leiste er keinen Unterhalt. Entsprechend wurde der dem erwerbstätigen Schuldner zu belassende pfandfreie Betrag für einen Alleinstehenden ohne Kind festgesetzt.

    Nun meldet sich der Schuldner und teilt mit, dass er bereits sei einem Jahr Vater eines weiteren Kindes sei. Dies wäre auch dem pfändenden Jugendamt bekannt. Mit der Mutter und diesem Kind lebe er in einem Haushalt. Er möchte deshalb den festgesetzten pfandfreien Betrag erhöht haben.

    Soweit so gut. Verärgert ist der Schuldner, dass eine rückwirkende Anordnung nicht möglich ist.

    Es stellt sich jedoch ein noch größeres Problem: Die Festlegung/Berechnung des pfandfreien Betrages im Pfüb erfolgte ausgehend von den (höheren) ALGII-Sätzen für einen Single und entsprechend wurde auch mehr Miete berücksichtigt.

    Müsste man nun eurer Ansicht nach den pfandfreien Betrag komplett neu berechnen, also den ALGII-Satz nur in Höhe eines in Bedarfsgemeinschaft lebenden Erwachsenen, zzgl. der Hälfte Erwerbstätigenzuschlag, lediglich die hälftige Miete und dann eben den ALGII-Satz für das im Haushalt lebende Kind? :gruebel:

  • Zu dem ersten Teil deiner Frage: Mich ärgert das auch, da das hier jetzt auch schon ein paar Mal aufgefallen ist. Ist aber nicht zu ändern. Der Schuldner könnte ja aber auch gleich kommen.

    Ich berechne den Betrag nicht neu. Das liegt einfach daran, dass ja der BGH einen Rahmen von 30% bis 50% für den Zuschlag vorgibt. Meist pegelt sich das dann so ein.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Zu dem ersten Teil deiner Frage: Mich ärgert das auch, da das hier jetzt auch schon ein paar Mal aufgefallen ist. Ist aber nicht zu ändern. Der Schuldner könnte ja aber auch gleich kommen.

    Ich berechne den Betrag nicht neu. Das liegt einfach daran, dass ja der BGH einen Rahmen von 30% bis 50% für den Zuschlag vorgibt. Meist pegelt sich das dann so ein.


    Wir nehmen generell 50 % des ALGII-Satzes als Erwerbstätigenzuschlag. Von daher kommt es schon darauf an, ob man diesen ausgehend von 424,- € (allein lebender Schuldner) oder von 382,- € (Schuldner in Bedarfsgemeinschaft) berechnet. (Hinzu kommt dann natürlich noch die unterschiedliche Berücksichtigung der Wohnkosten.)

  • beim Erlass hast du, mangels Anhörung, den wahrscheinlichen Bedarf des Schuldners zugrunde gelegt.
    Da sich der Schuldner nunmehr gemeldet hat, wäre es angebracht, den tatsächlichen Bedarf und damit den Betrag nach § 850d ZPO zu ermitteln. Es darf nur im Ergebnis nichts schlechteres für den Schuldner herauskommen, als bei Beschlusserlass.

    Wenn der Gl. die Unterhaltspflichten falsch mitteilt, ist die Erinnerung nach § 766 ZPO m.E. der richtige Weg, die Eingabe des Schuldners zu bescheiden. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens wären den Gl. aufzuerlegen. § 850g ZPO passt ja nicht, da sich nichts geändert hat.

  • beim Erlass hast du, mangels Anhörung, den wahrscheinlichen Bedarf des Schuldners zugrunde gelegt.
    Da sich der Schuldner nunmehr gemeldet hat, wäre es angebracht, den tatsächlichen Bedarf und damit den Betrag nach § 850d ZPO zu ermitteln. Es darf nur im Ergebnis nichts schlechteres für den Schuldner herauskommen, als bei Beschlusserlass.

    ...


    Schlechter gestellt wird der Schuldner natürlich (indirekt) schon, wenn ich ihm zum im Pfüb festgesetzen unpfändbaren Betrag nicht einfach zusätzlich das Kind berücksichtige, sondern den Betrag für seinen Lebensunterhalt vorab jetzt niedriger berechne.

    Vom Gesamtbetrag her betrachtet, kommt zwar wegen des zusätzlichen Freibetrages für das Kind etwas mehr heraus. Dennoch stellt sich mir eben die Frage, ob es quasi ein Verschlechterungsverbot für den Schuldner im Hinblick auf seine Erinnerung gibt.

    Also mit anderen Worten: Darf ich den für den Bedarf des Schuldners festgesetzten unpfändbaren Betrag quasi "von Amts wegen" korrigieren oder eigentlich nur bei einer Erinnerung des Gläubigers? :gruebel:

  • du setzt den einen Betrag fest, den der Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf.

    Ergibt sich auf Erinnerung des Schuldners, dass ihm ein höherer Betrag zusteht (wegen einem weiteren Kind), als ihm festgesetzt wurde, wird nunmehr der höhere Betrag festgesetzt.

    Es gibt keine Einzelbeträge für einzelne Personen, so dass es auch nicht zu einer Schlechterstellung des Schuldners führt, soweit der neue Betrag höher ist, als der alte.

  • du setzt den einen Betrag fest, den der Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf.

    Ergibt sich auf Erinnerung des Schuldners, dass ihm ein höherer Betrag zusteht (wegen einem weiteren Kind), als ihm festgesetzt wurde, wird nunmehr der höhere Betrag festgesetzt.

    Es gibt keine Einzelbeträge für einzelne Personen, so dass es auch nicht zu einer Schlechterstellung des Schuldners führt, soweit der neue Betrag höher ist, als der alte.


    Wenn das JA bei Pfüb-Beantragung das weitere Kind ordnungsgemäß angegeben hätte, wäre entsprechend den Formulierungen auf Seite 9 des Vordrucks zwischen dem eigenen Unterhalt des Schuldners und dem Freibetrag für seine Unterhaltsberechtigten differenziert worden (also Eintragung von Einzelbeträgen):

    "Dem Schuldner dürfen von dem errechneten Nettoeinkommen bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs für seinen eigenen notwendigen Unterhalt ______________________________________ Euro monatlich verbleiben
    sowie ______________________________________ Euro monatlich zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den Berechtigten, die dem Gläubiger vorgehen..."


    Dass sich im Ergebnis ein gewisser monatlicher Betrag daraus ergibt, ist wieder eine andere Sache.

    (Es kommt durchaus auch vor, dass Jugendämter Berechnungsentwürfe für den Betrag nach § 850d ZPO dem Pfüb-Antrag beifügen. Dann sieht der Schuldner erst recht, was für ihn persönlich und was für d. Kind/er (nicht) berücksichtigt wurde.)

  • wusste gar nicht, dass dem JA für Ansprüche aus übergegangenen Kindesunterhalt für K1 der Kindesunterhaltsanspruch für Kind 2 vorgeht.
    M.E. sind die Ansprüche doch gleichrangig.

    Und: Den unpfändbaren Betrag bestimmt das Gericht, nicht der Gl. Insoweit sind mir irgendwelche Berechnungsideen des Gl. ziemlich egal, soweit sich daraus kein Tatsachenvortrag ergibt, den ich bei der Bemessung des unpfändbaren Betrages zu verwerten habe, (wie z.B. der Schuldner bezieht aus einer anderen Tätigkeit monatlich 400 EUR.)


  • Bei uns werden entsprechende Berechnungen für die Festlegung des pfändungsfreien Betrages nach § 850d ZPO generell übernommen. In fast allen Fällen sind die Berechnungen der Jugendämter zutreffend und oft auch günstiger für den Schuldner.

  • ...Müsste man nun eurer Ansicht nach den pfandfreien Betrag komplett neu berechnen, also den ALGII-Satz nur in Höhe eines in Bedarfsgemeinschaft lebenden Erwachsenen, zzgl. der Hälfte Erwerbstätigenzuschlag, lediglich die hälftige Miete und dann eben den ALGII-Satz für das im Haushalt lebende Kind? :gruebel:

    hierzu siehe auch: BGH, Beschluss vom 5. Juli 2018 - VII ZB 40/17

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