Ist ein Erbschein erforderlich?

  • X ist verstorben. Nun beantragt Y Grundbuchberichtigung aufgrund Erbfolge auf sich als Erbe. Als Nachweis liegen vor beglaubigte Abschrift Erbvertrag mit Eröffnungsprotokoll und "Ausfertigung" (?) gemeinschaftliches privatschriftliches Testament mit Eröffnungsprotokoll.

    Laut Erbvertrag setzen X und Y sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Weitere Verfügungen nehmen sie nicht vor.

    Im späteren Testament verfügen sie wie folgt: Wir X und Y setzen uns gegenseitig zu Alleinerben (Vollerben) ein. Als Nacherbe setzen wir unser gemeinsames Kind (mit Name und Geb. Datum) ein.

    Vor- und Erbnachfolge schließe ich aus, ich würde sagen, es ist gemeint, dass das Kind Erbe nach dem zuletzt Versterbenden Erbe werden soll.

    Frage ist jetzt, ob ich aufgrund des privatschriftlichen Testaments einen Erbschein benötige. Da X und Y die gegenseitige Erbeinsetzung aus dem Erbvertrag wiederholen, denke ich, dass ich keinen Erbschein benötige.

    Wie seht ihr den Fall?

  • Nach der Kommentierung zu § 2100 BGB hätt ich es jetzt auch so ausgelegt. Hab noch das gefunden:

    1. Wird die Rechtsstellung der Kinder der in einem Erbvertrag verfügenden Ehegatten als diejenige von „Nacherben“ beschrieben, kann das Grundbuchamt eine davon abweichende Auslegung, die den überlebenden Ehegatten als Vollerben und die Kinder nur als Schlusserben des Letztversterbenden ansieht, nicht vornehmen. Eine solche Auslegung ist nur nach weiteren tatsächlichen Ermittlungen möglich, die dem Nachlassgericht vorbehalten sind.
    2. Die Auslegungsregel des § 2102 I BGB ist vom Grundbuchamt zu berücksichtigen und kann zu dem Ergebnis führen, dass die Kinder neben der Rechtsstellung als Nacherben des Erstverstorbenen diejenige von Schlusserben des letztverstorbenen Elternteils erlangt haben.
    OLG Hamm, Beschl. v. 26.7.2013 – I-15 W 248/13
    (NJOZ 2014, 1564, beck-online)

    Da war es allerdings ein notarieller Erbvertrag und der Sachverhalt anders.

    Bei § 2269 BGB RNr. 19 im Münchner Beck OK findet man noch was dazu.

  • Ich würde keinen Erbschein verlangen.
    Das privatschriftliche Testament enthält gar keine Änderung für die Erbfolge nach dem Erstversterbenden. Ich würde mich für die Erbfolge nach dem Ehegatten auf den notariellen Erbvertrag stützen. Erst nach dem Tode des Längstlebenden braucht das Kind dann natürlich einen Erbschein. Die gegenseitige Erbeinsetzung im privatschriftlichen Testament würde ich nicht als neue Verfügung werten, sondern eher als Bestätigung, dass die Verfügung laut Erbvertrag noch gilt.

  • Und was passiert mit dem Nacherbenvermerk? Soll dieser außen vor bleiben?

    Welcher Nacherbenvermerk?
    Die Ehegatten haben sich doch zu Vollerben eingesetzt. Daher dürfte im diesem Fall Nacherbe = Schlusserbe gelten.

  • Schließe mich Mata an.
    Das privatschriftliche Testament ist auslegungsbedürftig. Dies ist Sache des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren und nicht die des Grundbuchrechtspflegers.
    Ich würde ebenfalls einen Erbschein verlangen.

  • Die Auslegung hat durch das Grundbuchamt eigenständig zu erfolgen. Im hiesigen Fall geht das Grundbuchamt wohl davon aus, dass eine Schlusserbeneinsetzung vorliegt. Der Grundbuchberichtigungsantrag deckt sich mit dem Auslegungsergebnis des Grundbuchamtes. Folglich kann derzeit kein Erbschein verlangt werden.

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