Pflegschaft gem. § 1913 BGB im Erbscheinverfahren

  • Hallo,

    welche konkreten Handlungen eines Pflegers für unbekannte Beteiligte werden in einem Erbscheinverfahren erwartet? In dem betr. Nachlassfall existiert ein Testament zu Gunsten einer Lebensgefährtin. Als gesetzliche Erben, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, kommen der Enkel der Verstorbenen und evt. dessen Nachkömmlinge in Betracht.
    Der Pfleger sollte m.E. in diesem Zusammenhang nochmals die Punkte Testierfähigkeit des Erblassers sowie Echtheit und Auslegung des Testaments unter die Lupe nehmen; ebenso eine Internet-Recherche hinsichtlich der unbekannten Beteiligten, wobei diese Punkte doch eigentlich bereits vom Nachlassgericht geprüft wurden. Oder ist diese Art der Pflegschaft nur als reine Formalie bzgl. der Beteiligung gem. § 345 FamFG anzusehen?

    mfg

  • vgl. https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…igte#post901873

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nbekannte+Erben

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nbekannte+erben

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ittlungspflicht


    Bumiller/Harders zu § 348 FamFG

    Es besteht Pflicht zur Bekanntgabe gegenüber allen Beteiligten. Insoweit besteht auch die Amtspflicht zur Ermittlung der Beteiligten, also insbesondere auch der gesetzlichen Erben, die sich unmittelbar aus der Pflicht des § 7 II, die Beteiligten von Amts wegen hinzuziehen, ergibt. Bedeutet die Ermittlung einzelner Beteiligter einen unverhältnismäßig großen Aufwand oder können sie nicht ermittelt werden, ist ein Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) oder ein Pfleger für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB) zu bestellen (BayObLG 79, 340, 343; MünchKommZPO/Muscheler § 348 FamFG Rn 30; aA Keidel/Zimmermann Rn 52).


    Zu den Pflegschaften nach §§ 1911, 1913 BGB:
    Firsching/Dodegge, Familienrecht 2. Halbband, Rz. 139 und 143

  • Danke für die Links.

    Bis zu welchem Punkt erscheint denn die Ermittlungspflicht eines Pflegers zwecks Auffindung von unbeteiligten Beteiligten im Erbscheinverfahren angezeigt bzw. zumutbar? Z.B. wenn von einem gesetzlichen Erben in den USA zwar der Name bekannt ist aber sonst nix. Im Internet kriegt man dann i.d.R. viele Treffer.

    Und: Ist es üblich, dass der Pfleger gem. § 1913 BGB auch im Umfeld d. Erblassers "ermittelt"; z.B. in Form von Treffen oder Telefonaten mit anderen Beteiligten?

    mfg

  • Danke für die Links.

    Bis zu welchem Punkt erscheint denn die Ermittlungspflicht eines Pflegers zwecks Auffindung von unbeteiligten Beteiligten im Erbscheinverfahren angezeigt bzw. zumutbar? Z.B. wenn von einem gesetzlichen Erben in den USA zwar der Name bekannt ist aber sonst nix. Im Internet kriegt man dann i.d.R. viele Treffer.

    Und: Ist es üblich, dass der Pfleger gem. § 1913 BGB auch im Umfeld d. Erblassers "ermittelt"; z.B. in Form von Treffen oder Telefonaten mit anderen Beteiligten?

    mfg

    Palandt § 1913 Rnr. 5: "Wirkungskreis: ... hat sie [die Beteilgten] nach Möglichkeit zu ermitteln."

    Da würde ich auch anfangen, bei Verwandten und Nachbarn des Erblassers rumzufragen.

  • Die Anhörung im Erbscheinsverfahren ist noch das Geringste.

    Das eigentlich Problem ist doch, dass der potentielle gesetzliche Erbe im vorliegenden Fall pflichtteilsberechtigt ist!

    :daumenrau

    Findet vom Nachlassgericht vor einer betr. Pflegerbestellung denn nicht schon eine erste Ermittlung nach den Unbekannten statt?

    Zitat

    Da würde ich auch anfangen, bei Verwandten und Nachbarn des Erblassers rumzufragen.

    Sofern man dies dann mit äußerster Gewissenhaftigkeit und Engagement tut, könnte es vergütungstechnisch wohl etwas teurer werden.:gruebel:
    Ob dies jedem gefällt?

    mfg

  • Ob dies jedem gefällt?

    Wie Cromwell richtig bemerkte: der Unbekannte Beteiligte ist in diesem Fall pflichtteilsberechtigt. Und dem wird es gefallen, wenn der Pfleger ihn findet.

    Ob das dem Erben gefällt, der sich dann plötzlich PT-Ansprüchen ausgesetzt sieht, hat dem Pfleger egal zu sein.

    Und ob der Bezirksrevisor knurrt, wenn sich am Ende längerer Ermittlungen herausstellt, dass der Unbekannte kinderlos vorverstorben ist, eigentlich auch.

  • Der Pfleger wird ggf. auch für die Sicherstellung des Pflichtteilsanspruchs zu sorgen haben. Es wäre daher etwas kurzsichtig, wäre die Pflegschaft nur für die Wahrnehmung der Rechte im Erbscheinsverfahren angeordnet worden.

  • Der Pfleger wird ggf. auch für die Sicherstellung des Pflichtteilsanspruchs zu sorgen haben. Es wäre daher etwas kurzsichtig, wäre die Pflegschaft nur für die Wahrnehmung der Rechte im Erbscheinsverfahren angeordnet worden.

    In dem betr. Beschluss des Betreuungsgerichts steht als Begründung: Da im Erbscheinsverfahren die gesetzlichen Erben anzuhören sind, ist eine Pflegschaft für unbeteiligte Beteiligte einzurichten. In der Bestallungsurkunde steht: Pfleger für unbekannte Beteiligte im Nachlassverfahren....(das Wort Erbscheinsverfahren taucht da nicht auf).
    Da besteht doch ein Widerspruch bzw. Klärungsbedarf, oder?

    mfg

  • Das Erbscheinsverfahren ist ein Nachlaßverfahren. Es ist daher unschädlich, wenn es nicht ausdrücklich zusätzlich erwähnt wurde.
    Die Begründung des Beschlusses ist zwar auch immer interessant, maßgeblich ist jedoch der Tenor. Was da steht, hast Du uns bisher jedoch nicht verraten...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das Erbscheinsverfahren ist ein Nachlaßverfahren. Es ist daher unschädlich, wenn es nicht ausdrücklich zusätzlich erwähnt wurde.
    Die Begründung des Beschlusses ist zwar auch immer interessant, maßgeblich ist jedoch der Tenor. Was da steht, hast Du uns bisher jedoch nicht verraten...

    Bitteschön: "Der Aufenthaltsort des Sohnes d. Verstorbenen ist nicht bekannt. Ebenfalls nicht bekannt ist, ob dieser Nachkommen hat oder bereits verstorben ist. Da im Erbscheinverfahren die gesetzlichen Erben anzuhören sind, ist eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte einzurichten."

    mfg

  • Danke, aber das ist nicht der Tenor, das ist "Begründungsprosa". Der Tenor ist die Entscheidungsformel, also der Ausspruch dessen, was konkret angeordnet wird (so in der Art: angeordnet wird Pflegschaft mit Pfleger X -berufsmäßig- mit den Aufgabenkreisen 1-n).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Danke, aber das ist nicht der Tenor, das ist "Begründungsprosa". Der Tenor ist die Entscheidungsformel, also der Ausspruch dessen, was konkret angeordnet wird (so in der Art: angeordnet wird Pflegschaft mit Pfleger X -berufsmäßig- mit den Aufgabenkreisen 1-n).

    Ausser der Berufsmäßigkeit steht da nix weiter drin....(auch der Begriff Aufgabenkreis(e) erscheint nicht.)

    mfg

  • Danke, aber das ist nicht der Tenor, das ist "Begründungsprosa". Der Tenor ist die Entscheidungsformel, also der Ausspruch dessen, was konkret angeordnet wird (so in der Art: angeordnet wird Pflegschaft mit Pfleger X -berufsmäßig- mit den Aufgabenkreisen 1-n).

    Ausser der Berufsmäßigkeit steht da nix weiter drin....(auch der Begriff Aufgabenkreis(e) erscheint nicht.)

    mfg


    Dann ist der Beschluss vollkommen untauglich.

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