Wohnungseigentum ohne Gemeinschaftordnung?

  • Mir liegt ein Antrag auf Bildung von Teileigentum vor. Hierzu habe ich eine mehrere Punkte umfassende Zwischenverfügung erstellt.

    Meines Erachtens sind diverse Regelungen der Gemeinschaftsordnung nicht eintragungsfähig.

    In der Urkunde selbst lautet die Eintragungsbewilligung wie folgt: bewilligt und beantragt wird einzutragen
    a) Die Einräumung des Sondereigentums gemäß Abschnitt II A
    b) die Bestimmungen in Zif. II B (Begriffdefinition Sondereigentum) und C (Begriffdenition Gemeinschaftseigentum) der Gemeinschaftsordnung als Inhalt des Sondereigentums.

    In der TE selbst gibt es noch Ziffer III Gemeinschaftsordnung. Hier sind alle weiteren Regelungen in Abweichung von § 10 WEG getroffen.

    Nunmehr schreibt der Notar folgendes

    Die TE soll hinsichtlich der Aufteilung in SE vollzogen werden, die Eintragung der GemO nicht.

    Er nimmt daher den Antrag auf Vollzug bezüglich des Abschnittes III zurück. Im übrigen bleibt der Antrag aufrechterhalten.


    Mir stellt sich die Fragen, ob

    a) eine Eintragung ohne Gemeinschaftsordnung erfolgen kann ... die GemO selbst wurde nicht "aufgehoben"

    b) falls ja, ob dies im Eintragungstext des Best.verz. aufgeführt sein muss oder ob es durch die Bezugnahme gedeckt ist.

  • So hätte ich eigentlich auch schon die Eintragungsbewilligung verstanden.

    Nach Ansicht des BGH, BGHZ 130, 159 = NJW 1995, 2851 = DNotZ 1996, 289 = Rpfleger 1996, 19 kann das Grundbuchamt die Bezugnahme auf Teile einer Urkunde beschränken („…Zwar kann das GBA die Bezugnahme auf Teile einer Urkunde beschränken mit der Folge, dass nur diese für die Auslegung verwertbar sind (KG, JFG 1, 284/285; Erman/Hagen, BGB, 9. Aufl., § 874 Rdn. 5“).

    Das würde ich im GB dadurch zum Ausdruck bringen, dass hinter „Bezug: Bewilligung vom….., UR….Notar….) eingefügt wird: „Für das Verhältnis der Wohnungs- und Teileigentümer untereinander gilt jedoch anstelle der vereinbarten die gesetzliche Regelung“.

    (Das wäre dann ähnlich wie bei der Frage der Entgeltlichkeit beim Wohnungsrecht: „Die Bezugnahme deckt nicht die Unentgeltlichkeit des Rechts“)

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  • Ich verstehe den Sachverhalt so:

    Die teilenden Eigentümer stellen eine Gemeinschaftsordnung (in Teil III der Teilungserklärung) abweichend vom WEG auf und bewilligen dann deren Eintragung nicht.

    Ich würde mich fragen, ob das der Wille des teilenden Eigentümers ist.

  • Das ist richtig, ich sehe aber keine rechtliche Handhabe.

    Die gäbe es, wenn Antrag und Bewilligung nicht kongruent wären
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…384#post1140384

    Die Eintragungsbewilligung lautet jedoch nicht dahin, die Gemeinschaftsordnung in Teil III der Urkunde als Inhalt des Sondereigentums einzutragen, sondern lediglich auf Eintragung der Begriffsbestimmungen im Teil II Ziffer B und C.

    So lautet auch schon der in der Urkunde enthaltene Eintragungsantrag der Beteiligten.

    Weshalb der Notar „den Antrag auf Vollzug bezüglich des Abschnittes III zurück“ nimmt, ist daher nicht verständlich. Ein solcher Antrag war nicht gestellt.

    Möglicherweise ist die im Teil III vorgesehene Regelung vorsorglich aufgenommen worden, um sie nach Entstehen einer WE-Gemeinschaft im Einvernehmen mit den Erwerbern (mit deren Bewilligung) zur Eintragung zu bringen.

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  • Die Eintragungsbewilligung lautet jedoch nicht dahin, die Gemeinschaftsordnung in Teil III der Urkunde als Inhalt des Sondereigentums einzutragen, sondern lediglich auf Eintragung der Begriffsbestimmungen im Teil II Ziffer B und C.

    So lautet auch schon der in der Urkunde enthaltene Eintragungsantrag der Beteiligten.

    Das hatte ich verstanden. Was mir noch nicht klar ist:

    Warum nimmt der Notar den Antrag (nach § 15 GBO) bezüglich des Abschnittes III zurück, wenn er ihn gar nicht gestellt hat ?

    Auch wenn es nur theoretisch ist:

    Der Notar könnte nach § 15 GBO die Eintragung auch bezüglich Abschnitt III beantragt haben trotz der fehlenden Bewilligung des teilenden Eigentümers, weil er irrigerweise davon ausging, dass auch die Gemeinschaftsordnung in Abschnitt III in der Urkunde zur Eintragung bewilligt worden war. Das wissen wir aber nicht, denn der genaue Inhalt des Notarantrags ist im Sachverhalt nicht wiedergegeben.

    Diese Option würde dann aber gegen die Vermutung sprechen, dass Teil III vorsorglich aufgenommen worden sei für eine spätere Eintragung, weil der Notar (und die Beteiligten) nach meinen vorstehenden Ausführungen von Anfang an Teil I-III eingetragen haben wollte(n).

    Da mehrere Optionen auf dem Tisch liegen, fände ich es sicherer, zunächst verfahrensleitend nachzufragen.

    Wegen der rechtlichen Handhabe hatte ich an § 139 BGB gedacht.

  • Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass der Notar etwas nach § 15 GBO zur Eintragung beantragt, was in seiner Urkunde nicht bewilligt wurde. Mir scheint es eher so zu sein, dass die „Antragsrücknahme“ dadurch bedingt ist, dass diverse Regelungen der Gemeinschaftsordnung für nicht eintragungsfähig gehalten wurden und dazu eine umfassende Zwischenverfügung erstellt wurde. Die „Antragsrücknahme“ dient dann lediglich der Klarstellung, dass insoweit keine Anträge gestellt waren.

    Die Threadstarterin müsste hierzu aber noch Genaueres mitteilen.

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  • Dann hast Du also etwas beanstandet, was nicht zur Eintragung beantragt war und der Notar hat unter Hinweis darauf „fürsorglich“ einen etwa gestellten Antrag zurückgenommen, stimmt‘ s?

    Eine Teilnichtigkeit nach § 139 BGB (so Thorben) kann es im Übrigen nicht geben, weil die nicht nach Maßgabe des § 10 III WEG verdinglichten Vereinbarungen schuldrechtlich gelten und es den Erwerbern frei steht, in diese schuldrechtlichen Vereinbarungen einzutreten. Die Gemeinschaftsordnung ist kein Sachenrecht eigener Art und keine Belastung im Sinne der §§ 873 ff, 877 BGB (Kreuzer im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 10 WEG RN 206 mwN). Daher folgt aus § 10 Absatz 3 WEG, dass die Gemeinschaftsordnung zunächst nur interne, also eine schuldrechtlich wirkende Bedeutung hat und dass es auch Vereinbarungen geben kann, die nur schuldrechtlich wirken (Staudinger/Kreuzer, RN 207).

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  • Die Bezugnahme ist dennoch erforderlich, weil nach § 7 Absatz 3 WEG nicht nur zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Sondereigentums, sondern auch des Gegenstandes des Sondereigentums auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden kann. Der Gegenstand des Sondereigentums wird durch den Aufteilungsplan dargestellt. Dieser wird deshalb mit der Grundbucheintragung - auch bei Bezugnahme - Inhalt des Grundbuchs und nimmt insoweit am öffentlichen Glauben teil (Rapp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 7 WEG RN 39 mwn)

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  • Die Beschränkung („Für das Verhältnis der Wohnungs- und Teileigentümer untereinander gilt jedoch anstelle der vereinbarten die gesetzliche Regelung“) bräuchtest Du eigentlich nicht, weil sich bereits aus der Bewilligung ergibt, dass Teil III der Urkunde nicht in Bezug genommen ist. Allerdings frage ich mich, wer das GB so gut lesen kann, dass er dies ohne weiteres erkennt. Schließlich hast Du als GB-Rechtspflegerin ja auch Teile der GO beanstandet, obgleich die Regelungen nicht GB-inhalt werden sollten. Natürlich könntest Du die Einschränkung auch dadurch vornehmen, dass Du nur wegen des Gegenstands des Sondereigentums auf die Bewilligung Bezug nimmst. Die Bezugnahme auf die Bewilligung benötigst Du aber auch wegen des Inhalts des SE, weil die Bestimmungen der in Ziffer II B und C Inhalt des SE werden sollen. Auch glaube ich nicht, dass ein Einsichtnehmender aus der Formulierung heraus erkennt, dass die GO nicht zum verdinglichten Inhalt des SE gehört und daher als lediglich schuldrechtlich wirkende Vereinbarung Bedeutung hat. Der genannte Passus dient daher mE der Klarstellung.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (31. Juli 2018 um 14:48)

  • Mein Beitrag kommt hoffentlich nicht zu spät...

    @ Prinz zu #8: bin nun überzeugt.

    Als Rückfrage:

    Ich hatte im Anschluss - auch unter Berücksichtigung von Beitrag 12 - noch überlegt, welche Auswirkungen die nur schuldrechtliche Bindung von Abschnitt III auf die spätere Praxis hat. Führt die hiesige Fallkonstellation dann dazu, dass es ein Nebeneinander von der schuldrechtlich vereinbarten Gemeinschaftsordnung (in der z. Bsp. von § 16 WEG abweichende Regelungen vereinbart oder Sondernutzungsrechte bestellt worden sein könnten) und der gesetzlichen Regelung der §§ 10 bis 29 WEG gibt, je nachdem, ob der Erwerber in die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Abschnittes III der Teilungserklärung eingetreten ist oder nicht ? Im Falle von § 3 WEG wäre die schuldrechtliche GO für alle sofort verbindlich und im Falle von § 8 WEG bei Veräußerung bzw. Weiterveräußerung und Eintritt des Erwerbers in die selbige?

    Mit der Vorgehensweise des Notars hingegen hätte ich immer noch Bauchschmerzen: Ich wäre nicht so frei, die "Antragsrücknahme" als "Fürsorglichkeit" zu sehen. Wenn wir uns nicht vorstellen können (#6), dass der Notar etwas nach § 15 GBO zur Eintragung beantragt, was nicht bewilligt ist, dürfte er eigentlich auch keinen Antrag zurücknehmen können, den er nicht gestellt hat. Wenn nämlich die Antragsrücknahme kein Versehen war, ging er fest davon aus, dass auch Abschnitt III eingetragen werden sollte. Sonst hätte er doch einfach feststellen können, dass Abschnitt III gar nicht zur Eintragung beantragt war und damit ganz elegant die diesen Abschnitt betreffenden Beanstandungen ins Leere laufen lassen können.

    Aber wie gesagt: Vielleicht hat die Themenstarterin schon eingetragen.

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