Reallast statt Änderung der Gemeinschaftsordnung bzgl. Kostenregelung (WEG)

  • Hallo,

    ich bräuchte Hilfe bei folgendem Fall:

    Zur Eintragung in die Grundbücher einer Untergemeinschaft (alle WEG's mit Balkon) beantragt ist eine Reallast (als Gesamtrecht) zugunsten aller übrigen WEG's (ohne Balkon) als Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB. Inhaltlich geht es um die Übernahme der (wiederkehrenden?) Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung der Balkone.

    Meines Erachtens soll hier offenbar eine Änderung der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung umgangen werden, vermutlich sind Aufwand und Kosten der WEG zu hoch, whatever...

    Rein rechtlich ist die Eintragung der Reallast in der bewilligten Form wohl möglich, dennoch findet mein Bauchgefühl das etwas merkwürdig. Irgendwelche Ideen und oder Kommentare? Was habe ich übersehen? :gruebel:

    Vielen Dank für's Mitdenken bei 38 °C Außen- wie Innentemperatur! ;)

  • Grundsätzlich scheint die Absicherung über eine Reallast möglich zu sein.

    Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage 2018, verweisen dazu in § 16 RN 23 auf die Abhandlungen von Sommer ZWE 2016, 154 (158) und Becker GE 2008, 1412, wonach man von einem Kostenvertrag sprechen könne, der allerdings mit dem Verband Wohnungseigentümergemeinschaft zu schließen sei.

    Davon geht auch Falkner im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Hrsg: Krüger, Stand 01.07.2018, § 16 WEG RN 225.1 aus, indem er eine Reallast zugunsten der WE-Gemeinschaft für zulässig hält, mit der Folge, dass bei der Gemeinschaft erst gar keine verteilungsfähigen Kosten entstehen. Verwiesen wird dabei auf die Abhandlungen von Riecke/Schmid/Elzer Rn. 98b; Hügel/Elzer Rn. 23; Sommer ZWE 2016, 154 (158); Becker ZWE 2017, 386 (389) mit Beschlussanträgen.

    Auch Sommer geht in seiner Abhandlung „Rechtssichere Gestaltung baulicher Veränderungen einzelner Eigentümer“ in der ZWE 2016, 154 ff. unter Punkt 5 (Eintragung einer Unterhaltungskosten-Reallast) davon aus, dass „die Reallast (ist) dabei zu Gunsten der Gemeinschaft einzutragen, vgl. § 10 VI S. 1 WEG“, einzutragen sei.

    Ebenso Becker in der ZWE 2017, 386/389 („unter bb) Alternativlösungen) unter Hinweis auf Becker in Bärmann, § 16 Rz. 135; ders. GE 2008, 1412; Sommer ZWE 2016, 154.

    Die Untergemeinschaft könnte zwar bei entsprechender Gestaltung in der Teilungserklärung mit eigener Verwaltungszuständigkeit und selbständiger Beschlussfassungskompetenz ihrer Mitglieder ausgestattet sein (BGH, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16 unter Zitat Senat, Urteil vom 20. Juli 2012 - V ZR 231/11, ZWE 2012, 494 Rn. 10; OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 06.06.2014, 34 Wx 346/13, RZ 29 mwN). Sie ist jedoch nicht rechtsfähig (OLG Koblenz, Beschluss vom 18.10.2010 - 5 U 934/10, Lafontaine im jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, Stand 01.04.2017, § 10 WEG Rn 178 mwN in Fußn. 471). Daher könnte auch keine Reallast nur zugunsten der Untergemeinschaft eingetragen werden.

    Dazu, dass die Absicherung auch zugunsten der jeweiligen Eigentümer der (balkonlosen) Einheiten als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB erfolgen kann, habe ich bislang nichts gefunden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Gefühlsmäßig würde ich das auch für zulässig halten. Auch das KG geht im Beschluss vom 17. 12. 2001, 24 W 55/01 = FGPrax 2002, 58 ff., davon aus, dass eine Reallast zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer bestellt werden kann („Im vorliegenden Fall ist eine Reallast hinsichtlich der Hauswartdienste zu Lasten der Ag. und zu Gunsten der übrigen Wohnungseigentümer nicht zustande gekommen“).

    Allerdings stellt sich die Frage, wie sich eine Reallastbestellung nur zugunsten einzelner Wohnungseigentümer im Hinblick auf die Regelungen in der Teilungserklärung auswirkt.

    Von dem Bestand des dortigen Verteilungsschlüssels konnte ja bislang jeder Wohnungseigentümer/Erwerber ausgehen (s. BGH, Urteil vom 15.01.2010, V ZR 114/09, zu einem ähnlichen Sachverhalt (14 WE-Einheiten, von denen nur sechs Wohnungen einen Balkon haben).

    Wenn nun eine Reallast eingetragen wird, die nur einzelne Eigentümer begünstigt, dann könnte das mit den Regelungen der Teilungserklärung kollidieren. Deshalb erscheinen mir die oben wiedergegebenen Ansichten, wonach eine abweichende Regelung durch Reallast möglich ist, diese aber zu Gunsten der Gemeinschaft einzutragen sei, auch irgendwie plausibel.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • p.s.:
    Die Eintragung der Reallast wirst Du nur ablehnen können, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Einigung mit den Reallastberechtigten nicht stattgefunden hat bzw. aus Rechtsgründen nicht stattgefunden haben kann (s. dazu Reymann im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1105 RN 13 unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Köln (2. ZS), vom 23.02.1966, 2 Wx 2/66).

    Zwar ist Träger des Verwaltungsvermögen der Verband der Wohnungseigentümer (Kreuzer im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 10 WEG RNern 292 ff.); er hat -vertreten durch den Verwalter- mit diesem Vermögen für die Instandhaltung und Instandsetzung aufzukommen und dementsprechend gegenüber allen Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Entrichtung der auf sie nach den MEA entfallenden Kostenanteile.

    Aber warum sollten sich nicht einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen verpflichten können, für diese Kosten aufzukommen?

    Das Problem bei der vorliegenden Gestaltung scheint mit eher darin zu liegen, dass der Verwalter die Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung der Balkone nicht direkt von den (allein) verpflichteten Wohnungseigentümern anfordern kann, weil sich aus der zivilrechtlichen Regelung (Reallast) für ihn keine Handhabe ergibt. Auf subjektiv-dingliche Rechte kann die Ausübungsbefugnis für gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten nach § 10 Absatz 6 Satz 3 WEG nicht erstreckt werden (s. das Gutachten des DNotI vom 13.04.2017, Gutachtennummer 151394, DNotI-Report 2017, 52 ff.).

    Das wäre anders, wenn der Anspruch nicht zugunsten einzelner Wohnungseigentümer, sondern zugunsten des Verbandes der Wohnungseigentümer begründet würde. In diesem Fall kann man von einem Kostenvertrag mit dem Verband der Wohnungseigentümer sprechen (s. Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Auflage 2018, § 16 RN 23 –c) Kostenverträge), mit der Folge, dass bei der Gemeinschaft erst gar keine verteilungsfähigen Kosten entstehen (Falkner im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Hrsg: Krüger, Stand 01.07.2018, § 16 WEG RN 225.1). Anders als bei der vorgesehenen Regelung müsste sie der Verwalter dann auch nicht in die Abrechnung für alle Wohnungseigentümer aufnehmen. Vielleicht solltest Du den Notar hierauf mal hinweisen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • In der Tat glaube ich, dass die Tragweite der Regelung so nicht gewollt ist.
    Genau wie vermutlich nicht jeder Balkonbesitzer die gesamten Kosten aller Balkone (die ja Gemeinschaftseigentum sind) allein tragen möchte (Gesamtschuldner). Schuldrecht muss natürlich außen vor bleiben und Rechtsberatung sowieso...

  • Ich glaube nicht, dass ein Hinweis an den Notar etwas mit Rechtsberatung zu tun hat. Die Führung des GB ist Aufgabe der vorsorgenden Rechtspflege. Und wenn ich erkenne, dass eine Regelung in der Praxis zu Problemen führen kann, dann denke ich, dass durchaus ein Hinweis an ein anderes Organ der vorsorgenden Rechtspflege angebracht ist. Auf Diskussionen braucht man sich ja nicht einzulassen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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