Britischer Erblasser

  • Hallo,

    der Erblasser ist 2016 in England verstorben und hatte auch seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in England. Es gibt ein englisches Testament sowie Grundbesitz in Deutschland.

    In dem englischen Testament wurde ein Testamentvollstrecker bestimmt. Dieser fragt nun an, ob er hier ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder ein Nachlasszeugnis beantragen kann.

    Der Grundbesitz liegt in hiesigem Gerichtsbezirk.

    Einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte der Erblasser in Deutschland nie.

    Zuständig bin ich wohl trotzdem, da der Grundbesitz im hiesigen Gerichtsbezirk liegt. (§ 10 EuErbVO)

    Kann ich ein TV-Zeugnis ohne die Erteilung eines Nachlasszeugnisses erteilen? Kann überhaupt ein Nachlasszeugnis über den Nachlass eines Engländers erteilt werden? England ist doch von der EuErbVO ausgeschlossen...

    Für das TV-Zeugnis bräuchte ich doch erst die Erbenfeststellung und diese kann doch nur durch das Nachlasszeugnis erfolgen. Oder liege ich da falsch?

    Irgenwie habe ich einen Knoten im Kopf und hoffe auf Hilfe.

  • Die Briten sind doch bei der EuErbVO gar nicht dabei!

    Deshalb kannst Du kein Nachlasszeugnis, sondern nur ein TV-Zeugnis (Stichwort "Executer") oder ggf. einen Erbschein erteilen.

  • Und sich die Verweisung gut vorher überlegen sollte, weil es sonst wahlweise vom Kammergericht, dem OLG Hamm, dem OLG Köln oder einem anderen Obergericht eins auf den Deckel bekommt, wie es hier schon Thema war.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Es ist hier wie bei einem Ü-Ei mit Spannung, Überraschung und Spiel. Denn letztlich geht es um 3 Fragen:

    Zuständigkeit, anwendbares Erbrecht und die Frage der wirksamen Testamentserrichtung.

    Zuständig ist erstmal nach § 343 III FamFG nur Schöneberg. Dass dann das evtl abgibt, ist ein anderes Thema. Also müsste der Antrag an Schöneberg wg. Unzuständigkeit abgegeben werden.

    Dann die Frage (weil man den Fall ggf. bald wieder auf dem Tisch hat) nach dem Erbrecht. Da verweist die EUErbVO auf das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Weil „England“ nicht der Verordnung unterliegt, muss in das dortige IPR geschaut werden.

    http://www.internationales-erbrecht.de/artikel/detail…succession.html

    Also in unserem Fall für Immobilien in Deutschland deutsches Erbrecht und für bewegliche Sachen „englisches Erbrecht”.

    Das Testament dürfte nach den Regeln der Ortsform wirksam errichtet sein.

    Folglich kann der im Testament benannte TV auch hier in Deutschland ein TV-Zeugnis, beschränkt auf den in Deutschland belegenen Nachlass, beantragen. Bei einem Erbschein müsste noch ausgeführt werden, dass dieser beschränkt ist auf Vermögen in Deutschland und für unbewegliches Vermögen nach deutschem Recht Erben wurden wie folgt....und für bewegliches Vermögen nach britischem Recht Erben wurden wie folgt...

    Dass zu der Erteilung des TV-Zeugnisses die Erben informiert oder zuvor als Beteiligte angehört werden müssen, ist klar. Aber dazu muss man die ja auch bei einen „ganz normalen“ Fall nicht zuvor irgendwie „feststellen“. Die Erben werden sich wohl aus dem Testament ergeben, welches dir in gerichtsbeglaubigter Kopie (das Original bleibt ja in GB) und mit beglaubigter Übersetzung vorgelegt werden muss. Für den Antrag auf Ausstellung des TV-Zeugnisses gilt dann auch, dass dieser mit EV usw. versehen sein muss. Wobei man hier auf eine beim deutschen Notar oder der deutschen Botschaft beurkundeten EV durchaus auch verzichten und eine einfache, beim ausländischen Notar zumindest mit Unterschriftsbeglaubigung versehene EV, akzeptieren kann.

    Die Frage nach einem ENZ würde ich so beantworten, dass nur dann ein ENZ erteilt werden kann, wenn weiteres Vermögen außerhalb von Deutschland im Bereich der Wirkung der EUErbVO vorhanden ist. Das ergibt sich aus Art. 62 EUErbVo (“...zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat”). Dann müsste man aber schon wieder prüfen, ob das ENZ auch aus dortiger ausländischer Sicht im Hinblick auf das britische IPR die Erbfolge für dieses Land ebenso richtig ausweißt. Also besonders bzw nur dann beachtlich, wenn weiteres Immobilienvermögen z. B. in Frankreich oder so vorhanden wäre.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (7. August 2018 um 21:25)

  • Ich sehe noch eine weitere offene Frage, nämlich ob Testamentsvollstrecker nach "englischem" Recht gleiche Aufgaben hat, wie ein deutscher. Vermutlich nicht!

  • Das steht entweder im Testament oder ist im Hinblick auf das anzuwendende Recht auszulegen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!