Mutwilligkeit

  • Ist es mutwillig, wenn der AS erst tätig wird, wenn ein vollstreckbarer Titel ergangen ist.
    Kann ich für die Abwehr von angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen Beratungshilfe erteilen, zumal die Forderung gegen den AS nicht berechtigt sein soll?

    Oder kann man von einem Bürger verlangen, dass er bei dieser Sachlage vorher tätig wird.
    Gibt es dazu Rechtsprechung?

  • Da würde ich jetzt mal nicht von Mutwilligkeit ausgehen. Zum einen hat der Schuldner verschiedene Möglichkeiten gegen die ZV vorzugehen, teilweise in Abhängigkeit der konkreten Maßnahme. Zum anderen kann der RA auch über die Risiken zB einer Vollstreckungsabwehrklage aufklären, so dass es ev nicht zur Klage kommt.

    Außerdem ist die Frage, ob er überhaupt vorher hätte tätig werden können. Bei der ganzen Post, die immer abhanden kommt...
    Ne, im ernst. Wenn ich manchmal mitkriege, was und wie zugestellt wird und dann stellt sich nach 6 Monaten Versteigerungsverfahren raus, dass der Schuldner schon vor 2 Jahren gestorben ist, hätte ich keine Bedenken.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wie will denn dein Ast die Vollstreckung abwehren? Die Gegenseite bitten darauf zu verzichten? Oder will er erst jetzt gegen die titulierte Forderung vorgehen?

    Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein vernünftiger Selbstzahler darauf verzichten würde, sich auf eigene Kosten anwaltlich beraten und vertreten zu lassen.

    Wenn ein Vollstreckungstitel rechtskräftig ist, dann kann hiergegen nichtmehr vorgegangen werden. Ein vernünftiger Selbstzahler würde deshalb auch keinen RA aufsuchen. Vielmehr ist es dann das gute Recht der Gegenseite aus diesem Titel auch zu vollstrecken.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • ich würde hier ganz anders argumentieren:
    Auch das Vollstreckungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Demzufolge scheidet Beratungshilfe aus. Unter Umständen PKH das soll aber das jeweilige Vollstreckungsorgan entscheiden

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Wie will denn dein Ast die Vollstreckung abwehren? Die Gegenseite bitten darauf zu verzichten? Oder will er erst jetzt gegen die titulierte Forderung vorgehen? Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein vernünftiger Selbstzahler darauf verzichten würde, sich auf eigene Kosten anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Wenn ein Vollstreckungstitel rechtskräftig ist, dann kann hiergegen nichtmehr vorgegangen werden. Ein vernünftiger Selbstzahler würde deshalb auch keinen RA aufsuchen. Vielmehr ist es dann das gute Recht der Gegenseite aus diesem Titel auch zu vollstrecken.

    Vollstreckungsabwehrklage, die ich bereits oben genannt habe, ist auch gegen rechtskräftige Titel möglich.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • ich würde hier ganz anders argumentieren:
    Auch das Vollstreckungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Demzufolge scheidet Beratungshilfe aus. Unter Umständen PKH das soll aber das jeweilige Vollstreckungsorgan entscheiden

    Mit diesem Argument dürfte auch niemand BerH bekommen, der sich trennen will. Denn das läuft zwangsläufig auf eine Scheidung raus.

    Er kann sich ja vorher informieren, was er überhaupt für Möglichkeiten hat und wie die Chancen sind. Dadurch kann eine Klage oder sonstiger Antrag eventuell vermieden werden.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Es vollstreckt der Landkreis. Es geht um Abwassergebühren.
    "Sein Anwalt" meint, einen Überprüfungsantrag stellen zu können.

  • Das mache ich immer vom Einzelfall abhängig. In den meisten Fällen sind die Titel nicht nur vorläufig vollstreckbar, sondern rechtskräftig und bei der Nachfrage, warum die Forderung nicht berechtigt sein soll kommt dann:

    "Weil ich soviel jetzt nicht zahlen kann". Da es für Ratenzahlung keine Beratungshilfe gibt, war es das dann.

    "Weil ich es nicht verstehe, ich schulde der Agentur für Arbeit nix" - dann schaut man in die Unterlagen- Grundlage ist ein rechtkräftiger Bescheid aus 2016 seitens des JoBCenter, der jetzt von der Agentur für Arbeit vollstreckt wird. Dass der ASt erst dann versteht, dass er gar nicht der Agentur für Arbeit sondern dem JobCenter Geld schuldet "oh, ja, kann sein, dass da mal nen Bescheid war".


    Ich vertrete grundsätzlich die Ansicht, dass -wenn ein vollstreckbarer Titel vorliegt- mir ein besonders guter Sachverhalt geboten werden muss für Beratungshilfe. Denn da hat der ASt. bereits sämtliche Möglichkeiten vorher ungenutzt verstreichen lassen. Und nachvollziehbare Begründungen, warum die Forderung nicht zustehen sollte, sind sehr sehr selten.


    Nachtrag: Abwasser wird -soweit ich mich erinnere hier zumindest auch nach versiegelter Fläche berechnet und nicht nur nach Verbrauch-, da würde ich mir schon genau darlegen lassen, was am Bescheid nicht stimmen sollte. Ob ein Überprüfungsantrag einen Rechtsanwalt erfordert wage ich zu bezweifeln- da es dann ein Erstantrag wäre, wäre dieser grds. unter Ausnutzung des behördlichen Beratungsangebotes zu stellen. (Groß, Berh, PKH, VKH, 13. Aufl. , § 1 BerHG, Rn. 72)

  • ich würde hier ganz anders argumentieren:
    Auch das Vollstreckungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Demzufolge scheidet Beratungshilfe aus. Unter Umständen PKH das soll aber das jeweilige Vollstreckungsorgan entscheiden

    Mit diesem Argument dürfte auch niemand BerH bekommen, der sich trennen will. Denn das läuft zwangsläufig auf eine Scheidung raus.

    Er kann sich ja vorher informieren, was er überhaupt für Möglichkeiten hat und wie die Chancen sind. Dadurch kann eine Klage oder sonstiger Antrag eventuell vermieden werden.

    Jemand der sich "trennen will" bekommt bei mir auch keine BerH. Er hat kein rechtliches Problem, sondern offensichtlich ein persönliches.
    BerH kann er nach erfolgter Trennung dann bekommen, wenn im Einzelnen Streit bezüglich der Wohnung, des Hausrats, des Unterhalts oder der Kinder besteht. In Einzelfällen (z.B. bei Auslandsbezug) auch für eine Beratung, ob ein Scheidungsverfahren tatsächlich erhoben werden sollte.

    Eine Trennungsabsicht ist kein rechtliches Problem.

    Und bezüglich der ZV hat Claudia recht: gerichtliches Verfahren, keine BerH. Steht auch so im Kommentar.

  • Wie will denn dein Ast die Vollstreckung abwehren? Die Gegenseite bitten darauf zu verzichten? Oder will er erst jetzt gegen die titulierte Forderung vorgehen? Mutwilligkeit liegt vor, wenn ein vernünftiger Selbstzahler darauf verzichten würde, sich auf eigene Kosten anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Wenn ein Vollstreckungstitel rechtskräftig ist, dann kann hiergegen nichtmehr vorgegangen werden. Ein vernünftiger Selbstzahler würde deshalb auch keinen RA aufsuchen. Vielmehr ist es dann das gute Recht der Gegenseite aus diesem Titel auch zu vollstrecken.

    Vollstreckungsabwehrklage, die ich bereits oben genannt habe, ist auch gegen rechtskräftige Titel möglich.

    Deswegen wollte ich ja wissen, wie er sich verteidigen will. Für die Bewilligung zur Beratung über eine eventuelle Vollstreckungsabwehrklage sollte ja etwas erwähnt werden, das es zumindest rechtfertigt über diese Möglichkeit nachzudenken. Ins Blaue hinein lässt sich kein vernünftiger Selbstzahler vom RA beraten.
    Auch für eine eventuelle Wiedereinsetzung oder ähnliches sollte zumindest ein Anhaltspunkt, der es rechtfertigen würde darüber nachzudenken genannt werden.

    Einigen fält erst bei der Androhung der Vollstreckung ein, dass sie sich ja gegen eine Forderung verteidigen könten. Und wenn dann keine Gründe genannt werden können, warum das erst jetzt sein soll und nichts direkt gegen die Titulierung bzw. Eintritt der Rechtskraft unternommen wurde, genannt werden können, dann kann auch keine Beratungshilfe bewilligt werden.

    Also im Endeffekt sehe ich das so wie Insulaner.

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • gerichtliches Verfahren, keine BerH. Steht auch so im Kommentar.

    Halte ich bei einer Vollstreckung des Landkreises wegen Abgaben für hinterfragenswert. Gleiches gilt im zivilrechtlichen Bereich für die Vollstreckung mittels Gerichtsvollziehers.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Es vollstreckt der Landkreis. Es geht um Abwassergebühren.
    "Sein Anwalt" meint, einen Überprüfungsantrag stellen zu können.

    Also scheint der Bescheid um den es geht rechtskräftig zu sein. Hiergegen hätte er sich ja eigentlich schon innerhalb der Rechtsmittelfrist verteidigen können.
    Wie sieht es denn mit einer Kostenerstattung durch die Behörde im Falle eines Obsiegens beim Überprüfungsantrag aus? Gibt es die überhaupt?

    Wenn es die nämlich nicht gibt würde ein vernünftiger Selbstzahler hierfür auch kaum einen RA beauftragen.

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • ich würde hier ganz anders argumentieren:
    Auch das Vollstreckungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Demzufolge scheidet Beratungshilfe aus. Unter Umständen PKH das soll aber das jeweilige Vollstreckungsorgan entscheiden

    Mit diesem Argument dürfte auch niemand BerH bekommen, der sich trennen will. Denn das läuft zwangsläufig auf eine Scheidung raus.

    Er kann sich ja vorher informieren, was er überhaupt für Möglichkeiten hat und wie die Chancen sind. Dadurch kann eine Klage oder sonstiger Antrag eventuell vermieden werden.

    Genau ! Deswegen hat bei mir auch niemand für die reine Scheidung einen Beratungshilfeschein gekriegt. Nur für Sachen die sich auch außergerichtlich regeln lassen .

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  • Das Argumentationskonstrukt des vermeintlich "vernünftigen Selbstzahlers" sollte man m. E bereits aus Gründen der sogenannten "Bürgerfreundlichkeit" sprachlich meiden.
    Es gehört sich zumindest für mein Sittlichkeitsempfinden bei neutraler Sachbehandlung nicht, jemandem im Subtext Unvernunft zu unterstellen, obwohl es gerichtsbekannt bei klarem Verstand auch viele andere gute Vernunftgründe als nur Geiz gibt, um rechtlichen Rat zu suchen. Das wirkt herablassend.
    Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.

  • Das "Argumentationskonstrukt" des verständigen Selbstzahlers ist kein Konstrukt, sondern macht den gesamten, im Beratungshilfegesetz verankerten(!) Bereich der Mutwilligkeit aus, du kannst es also nicht einfach ausklammern weil es dir nicht gefällt.

    Man muss nur darauf achten, beim Vergleich mit eben diesem "verständigen Bürger" die Messlatte richtig anzusetzen.

  • Das Argumentationskonstrukt des vermeintlich "vernünftigen Selbstzahlers" sollte man m. E bereits aus Gründen der sogenannten "Bürgerfreundlichkeit" sprachlich meiden.
    Es gehört sich zumindest für mein Sittlichkeitsempfinden bei neutraler Sachbehandlung nicht, jemandem im Subtext Unvernunft zu unterstellen, obwohl es gerichtsbekannt bei klarem Verstand auch viele andere gute Vernunftgründe als nur Geiz gibt, um rechtlichen Rat zu suchen. Das wirkt herablassend.
    Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.

    "Vernünftige Selbstzahler" bedeutet doch nicht, dass alle Nicht-Selbstzahler unvernünftig sind. Das bedeutet, dass es auch unvernünftige Selbstzahler gibt. Die sind aber nicht als Maßstab anzulegen, sondern eben nur die vernünftigen.

    Man kann es auch übertreiben mit der Correctness!

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Wie sieht es denn mit einer Kostenerstattung durch die Behörde im Falle eines Obsiegens beim Überprüfungsantrag aus? Gibt es die überhaupt?

    Wenn es die nämlich nicht gibt würde ein vernünftiger Selbstzahler hierfür auch kaum einen RA beauftragen.

    Ironiemodus: mit dieser Argumentation frage ich mich, warum es so viele Kündigungsschutzklagen bei Arbeitsgerichten gibt. So ganz ohne Kostenerstattung würde da ein "vernünftiger Selbstzahler" doch niemals einen Anwalt beauftragen......

  • Bei den Arbeitsgerichten gibt es so viele Kündigungsschutzklagen mit anwaltlicher Vertretung, weil diese relativ einfach mit einer Rechtsschutzversicherung zu versichern sind :D

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wie sieht es denn mit einer Kostenerstattung durch die Behörde im Falle eines Obsiegens beim Überprüfungsantrag aus? Gibt es die überhaupt?

    Wenn es die nämlich nicht gibt würde ein vernünftiger Selbstzahler hierfür auch kaum einen RA beauftragen.

    Ironiemodus: mit dieser Argumentation frage ich mich, warum es so viele Kündigungsschutzklagen bei Arbeitsgerichten gibt. So ganz ohne Kostenerstattung würde da ein "vernünftiger Selbstzahler" doch niemals einen Anwalt beauftragen......

    Gibt es denn eine sinnvolle Alternative zu den Kündigungsschutzklagen?

    Im Ausgangsfall gibt es zum Überprüfungsantrag ja die Alternative der rechtzeitigen Einlegung eines Rechtsmittels, bei der es dann auch im Fall des Obsiegens eine Pflicht zur Kostenübernahme gibt.

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