Mutwilligkeit

  • Es vollstreckt der Landkreis. Es geht um Abwassergebühren.
    "Sein Anwalt" meint, einen Überprüfungsantrag stellen zu können.

    Diese Geschichte mit dem Überprüfungsantrag taucht auch laufend im SGB Bereich auf. Bei der Überprüfung von SGB Bescheiden halte ich mich an das Verfassungsgericht:


    Ein vernünftiger bemittelter Rechtsuchender müsste die Kosten der Rechtsverfolgung für ein Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) selbst tragen, weil es ein neues Verwaltungsverfahren darstellt, das auf seinen Antrag ergeht und würde damit seine vorhandenen Mittel auf jeden Fall schmälern. Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts können im Erfolgsfall erst für ein Widerspruchsverfahren (§ 63 Abs. 2 SGB X), nicht aber für den Überprüfungsantrag erstattet werden (vgl. BSGE 55, 92). Insoweit kommt es auf die Bedeutung der Angelegenheit für den Rechtsuchenden an, die für die Vergangenheit nicht allein mit dem Hinweis auf die existenzsichernde Bedeutung der Leistungen begründet werden kann.
    Grundsätzlich ist es einem kostenbewussten Rechtsuchenden auch zumutbar, die Tatsachenklärung innerhalb der Widerspruchsfrist (§ 84 Sozialgerichtsgesetz) in Angriff zu nehmen. Unterbleibt dies ohne ersichtlichen Grund, so lässt sich die Notwendigkeit fremder Hilfe jedenfalls nicht mit den Schwierigkeiten begründen, die sich bei der Aufklärung länger zurückliegender Zeiträume wegen des Aktenumfangs und der Änderungen im Laufe der Zeit nahezu zwangsläufig ergeben. Eine verzögerte Überprüfung ohne konkrete Anhaltspunkte nimmt nur derjenige vor, für den Kosten keine Rolle spielen.
    Erfährt der Rechtsuchende nachträglich konkrete Anhaltspunkte, die aus seiner Sicht für die vergangene Leistungsgewährung von Bedeutung sein könnten, so ist es ihm grundsätzlich zumutbar, die Behörde zunächst selbst darauf aufmerksam zu machen. Dies gilt für Umstände zu seinen Lasten nicht anders als zu seinen Gunsten. Dem Rechtsuchenden bleibt es dabei unbenommen, nach Abschluss des Überprüfungsverfahrens ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.
    (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19. August 2010 – 1 BvR 465/10 –, Rn. 13, juris)

    Eventuell hilft dir diese Argumentation auch hier weiter?

  • "Vernünftige Selbstzahler" bedeutet doch nicht, dass alle Nicht-Selbstzahler unvernünftig sind. Das bedeutet, dass es auch unvernünftige Selbstzahler gibt. Die sind aber nicht als Maßstab anzulegen, sondern eben nur die vernünftigen.
    Man kann es auch übertreiben mit der Correctness!


    Ist das nicht noch verschwurbelter?
    So wird das vielfach in Beschwerden, die ich sehe, (zutreffend, wie ich meine) verstanden.
    § 1 Abs.3 S. 1 formuliert anders.

  • Hier wurde ja viel diskutiert.
    Ich werde mich mal durchwurschten und beim nächsten Mal schreib ich gleich, dass es sich um einen vollstreckbaren Bescheid einer Behörde handelt.

    Viele Denkanstöße aber gleich kommt die nächste Frage

  • "Vernünftige Selbstzahler" bedeutet doch nicht, dass alle Nicht-Selbstzahler unvernünftig sind. Das bedeutet, dass es auch unvernünftige Selbstzahler gibt. Die sind aber nicht als Maßstab anzulegen, sondern eben nur die vernünftigen.
    Man kann es auch übertreiben mit der Correctness!


    Ist das nicht noch verschwurbelter?
    So wird das vielfach in Beschwerden, die ich sehe, (zutreffend, wie ich meine) verstanden.
    § 1 Abs.3 S. 1 formuliert anders.

    So verstehe ich das Gesetz in dem Punkt zumindest.
    Es gibt ja auch Gutbetuchte, die wegen jedem quersitzenden Furz zum Anwalt rennen. Denen ist egal was das kostet. Oder die, deren Hobby es ist, sich gegenseitig zu verklagen. Die sind nicht als Maßstab zu nehmen...verständlicherweise.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • So verstehe ich das Gesetz in dem Punkt zumindest.
    Es gibt ja auch Gutbetuchte, die wegen jedem quersitzenden Furz zum Anwalt rennen. Denen ist egal was das kostet. Oder die, deren Hobby es ist, sich gegenseitig zu verklagen. Die sind nicht als Maßstab zu nehmen...verständlicherweise.

    :zustimm:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich schreibe immer "wirtschaftlich denkender Selbstzahler", da fühlt sich keiner persönlich angegriffen und es reduziert die Charakterisierung auf den Punkt, um den es eigentlich geht: kostenbewusstes Verhalten

  • @Buridans Esel
    Wie definierst du denn in deinen Beschlüssen die Mutwilligkeit?


    Gar nicht, würde aber eher versuchen, wie im Gesetz zu formulieren.

    Das ist dann "Amtsdeutsch", das wahrscheinlich 90% des Beratungshilfeklientels nicht verstehen.

    Die Formulierung von Myvatn gefällt mir da schon deutlich besser.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

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