Anfechtung der Ausschlagung durch den Volljährigen

  • Ich bearbeite Nachlasssachen erst seit einem halben Jahr. Wenn ich etwas Entscheidendes übersehe, bitte ich um Nachsicht.

    Folgender Fall:

    Erblasser verstirbt 2005 ohne Hinterlassung vonAbkömmlingen, kein Ehegatte. Die Mutter war bereits 2004 vorverstorben. Vaterund die beiden Schwestern schlagen wegen Überschuldung aus. Schwester B fürihren minderjährigen Sohn (damals 11) ebenfalls.
    Nun fechtet der minderjährige Sohn, der inzwischenvolljährig ist, im April 2017 die Ausschlagungserklärung an und stellt im Juni2018 einen Erbscheinsantrag, der ihn als Alleinerbe ausweisen soll.
    Er begründet dies damit, dass das Grundbuchamt im März 2017an die Familie herangetreten sei. In der Familie gibt es nämlich ein kleinesGrundstück. Hier sind noch die Eltern des Erblassers als Eigentümer eingetragen.Aber der Vater ist 2010 nachverstorben. Nach Vater und Mutter sind 2012 Erbscheinsanträgegestellt worden und entsprechende Erbscheine erteilt worden (Ausschlagungen –keine). Im Erbscheinsverfahren wurde das besagte Grundstück angegeben. Aber derangebliche Alleinerbe wisse erst jetzt, dass er als Erbe seines Onkels andiesem Grundstück partizipieren würde.
    Ist das eurer Ansicht nach ein Anfechtungsgrund (Irrtum überdie verkehrswesentlichen Eigenschaften der Sache)? Die Mutter desAntragstellers, also die Schwester des Erblassers, hat damals wegenÜberschuldung nach ihrem Bruder ausgeschlagen. Selbst der Vater des Erblassers.Man kann gut davon ausgehen, dass bekannt sein musste, dass der Erblasser, als Mit-Erbenach seiner Mutter, auch Miteigentümer in Erbengemeinschaft am Grundstück ist.Und dennoch wurde ausgeschlagen. Vermutlich, weil der Nachlass wirklichüberschuldet war.
    Muss ich hier weiter nachhaken? Hat der Antragsteller eineneigenen Anfechtungsgrund, auch wenn die Mutter diesen nicht gehabt hätte?

    Vielen Dank für die Hilfe – bereits jetzt.

  • Für einen Anfechtungsgrund würde es auf einen etw. Irrtum der Mutter ankommen (§166 BGB). Ich nehme mal an, dass B die alleinige Sorge für Ihren Sohn hatte.

    Die Zweifel an einem Anfechtungsgrund sind daher m.E. erstmal angebracht. Es ist für den Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum vorliegt. Wenn liegt er auch bei der Mutter vor.
    Wenn dies bejaht, wäre zu prüfen, ob die Anfechtungsfrist gewahrt ist. Diesbezüglich müsste geprüft werden, wann Kenntnis davon bestand, dass der Erblasser Miteigentümer des Grundstückes geworden ist. Solange der Sohn nicht volljährig war, schadet auch die Kenntnis der Mutter.

  • Ja, die Mutter hatte die alleinige elterliche Sorge. Und sie wusste seit spätestens 18.11.2012 davon. Nämlich durch die Übersendung des Erbscheinsantrages an sie, den ihre Schwester gestellt hatte. Der Sohn (Antragsteller) ist am 09.03.2012 18 Jahre alt geworden.

  • Vielen Dank also für die Antwort. Sie hat mich in die richtige Richtung geführt. Ich bin der Ansicht, dass die Mutter auch ausgeschlagen hätte, wenn ihr die Eigentumsverhältnisse bzgl. des Grundstückes (es handelt sich wohl auch nur um ein kleines Gartengrundstück) in Gänze klar gewesen wären. Da der Nachlass ihres Bruders tatsächlich überschuldet gewesen sein könnte. Dieser hat nur von Hartz IV gelebt. Insoweit wäre dann bis zur Volljährigkeit des Sohnes auf ihre Willenserklärung abzustellen.

    Nun frage ich mich, wie ich weiter vorzugehen habe. Ist die Mutter dazu zu befragen (im Rahmen des Erscheinsantragsverfahrens)? Evtl. auch das Grundbuchamt befragen?

  • Zu prüfen ist die Anfechtung nur im Erbscheinsverfahren. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist jedoch ein Erbschein beantragt worden.
    Ich würde eine Befragung der Mutter zur Prüfung der Wirksamkeit der Anfechtung für zwingend erforderlich halten, da der Sohn überhaupt nicht in der Lage ist den relevanten Sachvortrag alleine zu liefern.
    Im Übrigen müsste m.E. festgestellt werden, dass tatsächlich ein Irrtum vorlag. Häufig wird lediglich provisorisch ausgeschlagen ohne die genauen Vermögensverhältnisse zu kennen. Dann scheidet m.E. eines Anfechtung aus, weil ohne genauere Kenntnis vom Bestandes des Nachlasses kein zur Anfechtung berechtigender Irrtum vorhanden sein kann. Man nimmt dann bewusst in Kauf, dass ggf. doch noch Vermögenswerte vorhanden sind.

    Wenn der Nachlass trotz Vorhandenseins des Grundstückes überschuldet war, dann liegt m.E. überhaupt kein Irrtum vor.

    Wenn du die Anfechtung für unwirksam hältst ist der Erbscheinsantrag zurückzuweisen (mal angenommen dieser geht von der Wirksamkeit aus).

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