Grundstücksübergreifende Tiefgarage Wohnungseigentum

  • Hallo,
    ich habe folgenden komplexen Fall, der mir Kopfzerbrechen bereitet. Wahrscheinlich ist es schwierig mir die Fragen ad hoc zu beantworten. Dennoch wäre ich sehr dankbar um Meinungen:

    Beantragt ist die Teilung eines Grundstücks (Grundstück 2) in Wohnungseigentum (Gebäude 2). Das Grundstück 2 wird von einem Bauträger gekauft. In dem Vertrag ist vermerkt, dass seitens des Bauträgers geplant ist, auch die jeweils rechts und links neben dem Grundstück 2 liegenden Grundstücke zu erwerben (Grundstück 1 und Grundstück 3) und Wohnungseigentum (Gebäude 1 und Gebäude 3) zu begründen.

    Es soll, sofern die Grundstücke 1 und 3 auch erworben werden, eine Tiefgarage unter den drei Gebäuden errichtet werden. Ich habe jetzt aktuell nur die Teilungserklärung für das Gebäude 2 nebst Aufteilungsplan vorliegen. Der Aufteilungsplan bzw. die Abgeschlossenheitsbescheinigung weisen im Kellergeschoss Tiefgaragenstellplätze als abgeschlossen aus. In der Teilungserklärung wird Teileigentum an den Stellplätzen gebildet. Die Tiefgarage ist erstmal links und rechts durch Mauern begrenzt. Die Zufahrt zu der Tiefgarage befindet sich auf dem Grundstück 2.

    Im Falle der Realisierung der Gebäude 1 und 3 befindet sich jeweils ein Stellplatz auf der Grundstücksgrenze Grundstück 1 und Grundstück 2 bzw. der Grundstücksgrenze Grundstück 3 und Grundstück 2, d.h. die Grundstücksgrenzen verlaufen durch diese Stellplätze. An diesen Stellplätzen wird derzeit noch kein Sondereigentum gebildet. Die Teile der Stellplätze, die jeweils auf das Grundstück 2 ragen, werden im Wege einer Überbaugrunddienstbarkeit den Grundstücken 1 und 3 zugeordnet.
    Es ist bestimmt: „Für den Fall, dass das Gebäude 1 errichtet und die Tiefgarage erweitert wird, wird der im Plan mit Stellplatz X bezeichnete Tiefgaragenstellplatz dem Grundstück 1 zugeordnet. Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks 2 räumt dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks 1 das Recht ein, das Grundstück 2 mit dem Teil des Stellplatzes X zu überbauen, der in der Anlage markiert ist“.
    Eine gleiche Dienstbarkeit wird dem Grundstück 3 für den Stellplatz Y eingeräumt. Ist das möglich?

    Des Weiteren wird für die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 1 und 3 und zulasten des Grundstücks 2 eine Grunddienstbarkeit bestellt, die das Recht zur Mitbenutzung der Tiefgaragenzufahrt sowie das Recht die Tiefgarage zu begehen, zu befahren und zu durchqueren um zu dem „eigenen“ Tiefgaragenteil zu gelangen, beinhaltet.

    Die Tiefgarage selbst soll wohl nicht im Wege eines Überbaus einem Stammgrundstück (Grundstück 2) zugeordnet und wesentliche Bestandteil dieses Grundstücks werden. Ist das möglich? Der BGH (DNotZ 1982, 43) geht davon aus, dass es sich bei einer Tiefgarage um ein einheitliches Gebäude handelt. Wie stelle ich fest, ob es sich um eine funktionale Einheit handelt?

    Können an den offenen Tiefgaragenteilen, unterschiedliche Eigentumsverhältnisse bestehen? Davon geht –wenn ich das richtig verstanden habe- wohl Oppermann (DNotZ 2015, 662) für den Fall aus, dass keine Zuordnung zu einem Stammgrundstück möglich ist.

    Zudem besteht noch das Problem, ob an Stellplätzen in offenen Tiefgaragen SE gegründet werden kann. Aber derzeit ist sie ja seitlich noch nicht offen?

    Einmal editiert, zuletzt von Lena (12. September 2018 um 09:01)

  • ....Ich habe jetzt aktuell nur die Teilungserklärung für das Gebäude 2 nebst Aufteilungsplan vorliegen. Der Aufteilungsplan bzw. die Abgeschlossenheitsbescheinigung weisen im Kellergeschoss Tiefgaragenstellplätze als abgeschlossen aus. In der Teilungserklärung wird Teileigentum an den Stellplätzen gebildet. Die Tiefgarage ist erstmal links und rechts durch Mauern begrenzt. Die Zufahrt zu der Tiefgarage befindet sich auf dem Grundstück 2.

    Dann hast Du jetzt aber kein Problem. Sondereigentum soll an den TG-plätzen nur insoweit begründet werden, als sie sich komplett auf dem aufzuteilenden Grundstück 2 befinden. Diese TG-plätze sind kraft der Fiktion in § 3 Absatz 2 WEG auch sondereigentumsfähig. Nach allerdings nicht unbestrittener Meinung setzt § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht voraus, dass die markierten Stellplätze auch innerhalb umschlossener Räume liegen müssen, damit sie sondereigentumsfähig sind (s. Zimmer in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Auflage 2017, § 3 RN 24a). Eine Zugangssperre ist nicht erforderlich (M. Müller im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.07.2018, § 3 WEG RN 1329). Darauf, dass sie „seitenoffen“ sind, kann es nicht ankommen. Schließlich wird auch ein nicht überdachtes Oberdeck eines Parkhauses oder einer Sammelgarage für sondereigentumsfähig gehalten (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.4.1977 - 20 W 307/77, OLG Köln; Urteil vom 18.07.1984, 2 Wx 11/84 = Rpfleger 1984, 464; OLG Hamm, Beschluss vom v. 26.01.1998 - 15 W 502/97 = DNotZ 1999, 216; Oppermann, DNotZ 9/2015, 662/667 unter Hinweis auf die hM in Fußn. 21).

    Auch wäre die Fiktion der Abgeschlossenheit in § 3 Abs. 2 WEG ohne Raum sinnwidrig (Hügel in Bamberger/Roth, BGB, Stand: 01.05.2018,§ 3 WEG RN 8 unter Zitat F. Schmidt FS Seuß, PiG 77, 2000, 248).

    Die Frage, ob die Tiefgarage ein einheitliches Gebäude darstellt und damit möglicherweise eigentumsrechtlich komplett dem Grundstück 2 zuzuordnen ist, weil sich auf diesem Grundstück die Zufahrt befindet, von dort aus die Bebauung beginnt und sich auf diesem Grundstück wohl auch die technischen Einrichtungen, wie Entlüftung etc, befinden; stellt sich eigentlich erst, wenn es zum Hinzuerwerb der Grundstücke 1 und 3 und der Erweiterung der Tiefgarage kommt, siehe dazu das Gutachten DNotI vom 28.02.2009, geändert am 03.04.2009, erschienen im DNotI-Report 2009, 49-52
    https://www.dnoti.de/gutachten/inde…fb3?mode=detail

    Gibt es hingegen jeweils eigenständige Bauwerke, also eine bzw. mehrere Tiefgaragen mit jeweils eigenen Versorgungseinrichtungen (Strom, Entlüftung); s. das hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052188
    zitierte Urteil des BGH vom 15. 2. 2008, V ZR 222/06, dann kann an denjenigen TG-plätzen, die sich unter genauer Einhaltung der Grundstücksgrenze in dem aufstehenden Gebäude befinden, Sondereigentum begründet werden (s. die hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052105
    zitierten Entscheidungen des LG Bonn, MittRheinNotK 1982, 248 = MittBayNot 1983, 14; LG München I, MittBayNot 1988, 237; Marcel Sauren, Rpfleger 1985, 265/266; Röll, MittBayNot 1983, 3, 6 ff; LG Düsseldorf, MittRheinNotK 1985, 126)

    Da Du aber derzeit nicht wissen kannst, wie die Tiefgarage später ausgestaltet ist, hätte ich eigentlich keine Bedenken, die zur Eintragung bewilligten Grunddienstbarkeiten einzutragen. Ansonsten wäre bei einem verschachtelten Überbau, bei dem einzelne Geschosse (hier: TG-Geschoss) der beiden aufstehenden Gebäude zum Teil in das jeweilige Nachbargrundstück hineinragen, die Folge, dass dann, wenn jedes Geschoss bei natürlich-wirtschaftlicher Betrachtung insgesamt eine Einheit mit einem der beiden Gebäude bildet, die übergebauten Räume wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wären, auf dem das Gebäude steht, welchem das Geschoss zuzuordnen ist (so der Leitsatz 2 des Urteils des BGH vom 15.02.2008, V ZR 222/06, siehe dazu Vollkommer im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.03.2018, § 912 RN 73).

    Mit der Grunddienstbarkeit, wonach die beiden Teile der im Gemeinschaftseigentum verbleibenden Stellplätze, die jeweils auf das Grundstück 2 ragen, eigentumsmäßig den Grundstücken 1 und 3 zugeordnet werden, würden dann zunächst einmal klare Eigentumsverhältnisse geschaffen.

    Eine solche Grunddienstbarkeit wird auch bei einem Eigengrenzüberbau für sinnvoll gehalten, weil sich dann die Duldungspflicht aus dieser (bzw. dem schuldrechtlichen Grundgeschäft) und nicht mehr aus § 912 BGB ergibt (BGH, Urteil vom 15. November 2013, V ZR 24/13
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…150&pos=0&anz=1
    Brückner im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 912 RN 36); s. auch hier:
    http://www.juraexamen.info/bgh-nutzung-de…einem-ueberbau/

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (13. September 2018 um 13:27)

  • Vielen Dank für deine Antwort Prinz!
    Folgendes ist mir leider noch nicht klar:

    Wenn ich Oppermann in DNot 9/2015 richtig verstanden habe, sagt er, dass rechtssicher nur Sondernutzungsrechte an seitenoffenen, flürstücksübergreifenden Tiefgaragenstellplätzen gebildet werden können/sollen,weil namhafte Literaturmeinungen und auch gerichtliche Entscheidungen davon ausgehen, dass insoweit keine SE-fähigkeit vorliegt, Meikel § 53 Rn 293,Palandt § 3 WEG Rn 8, LG Nürnberg-Fürth DNotZ 1988, 322 und OLG Celle DNotZ1992, 231 (str.) Ist das zwischenzeitlich die Mindermeinung? Derzeit ist die Bildung von SE an den Tiefgaragenstellplätzen in dem Gebäude 2 problemlos möglich, aber wenn eine Erweiterung der Tiefgarage erfolgt, deren Seiten quasi geöffnet werden, und eine SE-fähigkeit verneint wird, müssten die Tiefgaragenstellplätze zu Sondernutzungsrechten umgewandelt werden. Das lässt sich später vermutlich nur schwer durchsetzen. Bejaht man die SE-fähigkeit von Stellplätzen in seitenoffenen Tiefgaragen, stellt sich dieses Problem nicht.Sehe ich das richtig?

    Grundsätzlich müsste ich jetzt noch nicht prüfen, wem die Tiefgarage eigentumsrechtlich zuzuordnen ist. Aber stört in dem Zusammenhang nicht die Bestellung der Überbaugrunddienstbarkeiten. Offenbar gehen die Beteiligten davon aus, dass es sich um wirtschaftlich selbständige Tiefgaragenteile handelt. Ansonsten würde die Bestellung von Überbaurechten zugunsten der Grundstücke 1 und 3 an den Grundstücksflächen (später vorgehen für KFZ-Stellpätze), die auf das Grundstück 2 ragen, für mich keinen Sinn machen, weil die Tiefgaragenflächen auf den Grundstücken 1 und 3 dann insgesamt wesentliche Bestandteil des Grundstücks 2 wären?!
    Abgesehen davon sind es ja auch „offene“ Flächen, die Gegenstand eines Überbaurechtessein sollen und kein Gebäude i.S.d. § 912 BGB. Ist das möglich?

  • .... Derzeit ist die Bildung von SE an den Tiefgaragenstellplätzen in dem Gebäude 2 problemlos möglich, aber wenn eine Erweiterung der Tiefgarage erfolgt, deren Seiten quasi geöffnet werden, und eine SE-fähigkeit verneint wird, müssten die Tiefgaragenstellplätze zu Sondernutzungsrechten umgewandelt werden. ...Abgesehen davon sind es ja auch „offene“ Flächen, die Gegenstand eines Überbaurechtessein sollen und kein Gebäude i.S.d. § 912 BGB. Ist das möglich?

    Für die Frage der Sondereigentumsfähigkeit der TG-plätze auf dem Grundstück 2 kannst Du mE nicht auf etwaige zukünftige Entwicklungen abstellen. Selbst wenn die hier
    https://rechtspflegerforum.de/showthread.php…4291#post744291
    wiedergegebene Ansicht, dass § 3 Absatz 2 WEG nicht nur die Abgeschlossenheit, sondern auch die Raumeigenschaft fingiert (ebenso Rapp im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 3 WEG RN 20), nicht geteilt wird, geht keine der Gegenmeinungen davon aus, dass spätere bauliche Veränderungen zum Wegfall der Sondereigentumsfähigkeit führen. Vielmehr geht das Sondereigentum nicht unter, wenn die Abgeschlossenheit durch nachträgliche bauliche Änderung aufgehoben wird (Staudinger/Rapp, § 3 WEG RN 22 unter Zitat BGHZ 146, 241 ff; OLG Köln NJW-RR 1994, 717; Hügel PiG 93 [2012] 153).

    Auch sind keine „offenen“ Flächen Gegenstand des Überbaurechts, sondern solche, die sich in einem Gebäude befinden, nämlich der Tiefgarage, mit der auf die Grundstücke 1 und 3 hinsichtlich der Teilflächen der Stellplätze überbaut wird.

    Wenn die Tiefgarage später um diejenigen Bauteile erweitert wird, die sich auf den Grundstücken 1 und 3 befinden, und festgestellt wird, dass es sich um ein einheitliches Bauwerk handelt, wird man wahrscheinlich Überbaudienstbarkeiten zu Lasten der Grundstücke 1 und 3 eintragen, die bisherige Überbaudienstbarkeit am Grundstück 2 zur Löschung bringen und die Teilungserklärung für das Grundstück 2 in der Weise ändern, dass nunmehr auch an den weiteren Stellplätzen in der Tiefgarage Sondereigentum begründet wird. Etwas Ähnliches hatte ich vor zig-Jahren auch: die Tiefgarage wurde aus mir nicht mehr in erinnerlichen Gründen erst später unter dem in WE aufgeteilten Grundstück errichtet. Erforderlich waren dann die Zustimmungen der dinglich Berechtigten. Der Vorgang hat sich über Jahre hingezogen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich möchte nochmal auf meinen oben geschilderten Fall zurückkommen. Ich habe den Antrag nun nach einer Beanstandungsbehebung, die auch eine Änderung des Inhalts der Überbaurechte enthält, nochmals vorliegen.

    Um sicher zu gehen, dass ich deine Ausführungen zu den Überbaurechten richtig verstanden bzw. ich mich nicht missverständlich ausgedrückt habe, habe ich noch folgende Rückfragen.

    Die Tiefgarage auf dem Grundstück 2 wird jetzt schon bis zu dessen Grundstücksgrenze gebaut, so dass die geplanten Tiefgaragenteile auf den Grundstücken 1 und 3 direkt von deren Grenze angebaut werden. Es werden also jetzt auch schon die Teile der Stellplatz- bzw. Tiefgaragenflächen gebaut, die eigentumsrechtlich den Grundstücken 1 und 3 zugeordnet werden und Gegenstand der Überbaurechte sind.
    Es ist geplant, dass von den Grundstücken 1 und 3 auf das Grundstück 2 überbaut wird, nicht von dem Grundstück 2.

    Zunächst sollte nur mit Teilen von Tiefgaragenstellplätzen (Stellplatz auf der Grundstücksgrenze Grundstück 2 und 1 + Stellplatz auf der Grundstücksgrenze Grundstück 2 und 3) überbaut werden. In dem ursprünglichen Plan auf den in Bewilligung der Überbaurechte Bezug genommen und der als Anlage beigefügt wurde, waren nur diese farbig markiert. In der nunmehr vorgelegten notariellen Eigenurkunde wurde die Bewilligung geändert und in dem beigefügten Plan auch die Flächen farblich markiert, die jeweils vor den Tiefgaragenstellplätzen liegen.
    Wenn ich dich richtig verstanden habe, siehst du kein Problem mit der Abgeschlossenheit des jeweiligen Überbaus von den Grundstücken 1 und 3 aus auf das Grundstück 2?

    Ich stelle mir hier folgende Frage und bin mir unsicher, ob ich diese unter #3 klar ausgedrückt habe: Ein Überbau setzt die Bebauung mit einem Gebäude voraus. Zwar liegt hier kein Fall des § 912 BGB vor, da es sich um einen rechtmäßigen Überbau aufgrund Bestellung einer Dienstbarkeit handelt, aber die Voraussetzung für das Vorliegen eines Überbaus dürften auch bei einer Dienstbarkeit gelten. Unter einem Gebäude ist ein Bauwerk zu verstehen, das durch eine räumliche Umfriedung gegen äußere Einflüsse Schutz gewährt und den Zutritt von Menschen gestattet.
    Ist dies bei einer offenen Tiefgarage wie vorliegend gegeben? Sofern nicht, muss ich das jetzt schon prüfen, oder erst wenn die Teilungserklärungen betr. die Gebäude 1 und 3 vorliegen?

    Des Weiteren stellt sich mir die Frage, ob in Ausübung einer Dienstbarkeit gebaut wird, wenn später die Grundstücke 1 und 3 bebaut werden, da die Teile der Tiefgarage auf dem Grundstück 2, die durch die Bestellung der Überbaugrunddienstbarkeiten, wesentliche Bestandteile der Grundstücke 1 und 3 werden sollen, ja schon gebaut sind?

    Ergibt sich ein Problem daraus, dass nun auch die Flächen vor den Tiefgaragenstellplätzen auf dem Grundstück 2 Gegenstand der Überbaurechte zugunsten der Eigentümer der Grundstücke 1 und 3 sein sollen? Diese Flächen sind ja auch Teil des Ausübungsbereichs der gleichzeitig einzutragenden Grunddienstbarkeit, die das Recht der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 1 und 3 sichert, die Tiefgarage des Grundstücks 2 zum befahren bzw. durchqueren mitzubenutzen (Inhalt siehe oben #1). Kollidieren diese Rechte (Überbaurechte und Tiefgaragenmitbenutzungsrecht) nicht?


    Ich danke im Voraus!!

    Einmal editiert, zuletzt von Lena (5. November 2018 um 09:44)

  • Wenn die Tiefgaragen nur bis zur Grenze des jeweiligen Grundstücks gebaut werden, dann gibt es keinen Überbau. Es stellt sich dann lediglich die Frage, ob die Überbauvorschriften entsprechend angewandt werden können, wenn die bereits errichtete Tiefgarage in der Weise umgestaltet werden soll, dass aus allen drei Tiefgaragen eine einheitliche Tiefgarage wird. In diesem Fall wäre das Sondereigentum an den Stellplätzen X und Y nur möglich, wenn die auf dem Grundstück 2 liegenden Teilflächen den Grundstücken 1 bzw. 3 eigentumsmäßig zugeordnet werden können. Diese Möglichkeit ist mE zu bejahen, weil die Beteiligten die Möglichkeit haben, die Rechtsfolgen des Überbaus durch Rechtsgeschäft abweichend von §§ 912 ff. BGB zu bestimmen (BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 21.01.1983, V ZR 154/81 = NJW 1983, 1112/1113, zitiert bei Zander, „Überbau und Überbaurente im Notariat“, BWNotZ 4/2017, 87/92 in Fußnote 57)
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz_2017-4_web.pdf
    Wäre dies nicht möglich, bliebe als Konsequenz nur, die Grundstücksgrenze zu verschieben oder aber die Nutzung der Teilflächen durch Dienstbarkeit zu regeln. Eine Grenzverschiebung dürfte aber wegen des einzuhaltenden Bauwiches der dann aufstehenden oberirdischen Gebäude nicht in Betracht kommen. Und die Bestellung einer Dienstbarkeit schafft nicht die gleichen Verwertungsmöglichkeiten. Ich meine daher, dass es um den Wert eines durch die Grundstücksgrenze durchtrennten Stellplatzes zu erhalten und die Bildung von Sondereigentum zu ermöglichen, möglich sein muss, die Überbauvorschriften in gleicher Weise anzuwenden, wie es bei einem verschachteltern Überbau, bei dem sich bei späterer Grundstücksteilung ein Teil der zugehörigen Räume auf dem Nachbargrundstück befinden (s. das hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…025#post1015025
    zitierte Urteil des BGH vom 15.02.2008, V ZR 222/06, und Vollkommer im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.03.2018, § 912 RN 73) möglich wäre.

    Ein Grenzüberbau kann auch dort vorliegen, wo ohne vollständigen Neubau unter Verwendung bereits vorhandener Wände eine Gebäudeerweiterung über die Grenze hinaus stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 23. Februar 1990, V ZR 231/88 = BGHZ 110, 298 unter Zitat: Senatsurt. v. 26. April 1961, aaO = V ZR 203/59 =, MDR 1961, 670). Der Leitsatz 1 des Urteils des BGH vom 12.10.2001, V ZR 268/00, lautet: „Die Grundsätze des Eigengrenzüberbaus können auch dazu führen, dass eines von mehreren Geschossen eines Hauses als übergebauter Gebäudeteil anzusehen ist, der dem Gebäude und der darunter liegenden Grundstücksfläche zugehörig ist, von der aus übergebaut ist“. Jedenfalls dürfte die Eintragung von Überbaurechten, die aufschiebend bedingt entstehen sollen („Für den Fall, dass das Gebäude 1 (bzw. 3) errichtet und die Tiefgarage erweitert wird…“), derzeit wohl nicht abgelehnt werden können.

    Da sich hierzu aber keine Kommentierungen finden und die Nachbargrundstücke auch noch nicht bebaut werden, so dass keine Eile geboten ist, würde ich beim Urkundsnotar anregen, zu diesem Fragenkomplex ein Gutachten des Deutschen Notarinstitut einzuholen.

    Ob die Zufahrt zu den Stellplätzen X und Y mit in den Überbau einbezogen werden kann, erscheint mir fraglich. Grundsätzlich erstreckt sich die Pflicht zur Duldung eines Überbaus nicht auf eine Zufahrtsfläche, weil die Zufahrt selbst keinen Überbau darstellt (s. BGH, 5. Zivilsenat, Urteil vom 15.11.2013, V ZR 24/13, Rz. 18 ff). In ihrer Anmerkung in der ZfIR 2014, 143/146 führen Lüke/Merz aus: „Die Frage ist umstritten. Teilweise wird eine solche Pflicht für Fälle angenommen, in denen eine Nutzung des Überbaus andernfalls funktionslos wird. Die Duldungspflicht gem. § 912 Abs. 1 BGB soll daher auch die Fläche umfassen, die für eine zweckentsprechende Nutzung des Überbaus notwendig ist (MünchKomm-Säcker, BGB, 6. Aufl., 2013, § 912 Rz. 27 m.w. N.)….. Die Befürworter der Ansicht, dass die Duldungspflicht gem. § 912 Abs. 1 BGB auch die „zur zweckentsprechenden Nutzung des Überbaus notwendige Fläche“ umfasse (MünchKomm-Säcker, a.a. O., § 912 Rz. 27; ähnlich BeckOK-BGB/Fritzsche, Ed. 29, § 912 Rz. 7: ggf. auch Fläche, die zur Nutzung des Überbaus erforderlich sei, jedoch – unter Verweis auf die Vorinstanz – keinen Zufahrtsweg), bleiben eine Begründung ihrer Ansicht weitgehend schuldig…..“

    Würde man die Zufahrt in den Überbau einbeziehen wollen, wäre sie allerdings eigentumsmäßig den Grundstücken 1 bzw. 3 zuzuordnen, sodass für eine Grunddienstbarkeit am Grundstück 2, mit der die Benutzung dieser Fläche abgesichert werden soll, kein Raum wäre

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen, vielen Dank für deine ausführliche Antwort!! Sie hat mir sehr geholfen!

    Der Antrag ist deshalb eilig, weil bereits einige Wohnungen des Gebäudes 2 verkauft sind, Auflassungsvormerkungen eingetragen werden sollen und die Überbaurechten den Vormerkungen im Rang vorgehen sollen. Die Anträge auf Eintragung der Vormerkungen liegen auch schon vor. Ein Gutachten scheidet nach telef. Rückfrage daher aus.
    Das Notariat hat nunmehr vorgeschlagen, an den Stellplatzflächen jeweils eine Benutzungsgrunddienstbarkeit (Recht zur Benutzung der Fläche als Stellplatz) für die Grundstücke 1 bzw. 3 einzutragen und dann später an den Stellplätzen kein Teileigentum, sondern ein Sondernutzungsrecht zu bestellen. Die Benutzungsdienstbarkeiten sollen anstelle der Überbaurechte bestellt werden.
    Das müsste doch möglich sein (Schöner/Stöber, 15. Aufl. Rn 2909b)?

  • ...Das Notariat hat nunmehr vorgeschlagen, an den Stellplatzflächen jeweils eine Benutzungsgrunddienstbarkeit (Recht zur Benutzung der Fläche als Stellplatz) für die Grundstücke 1 bzw. 3 einzutragen und dann später an den Stellplätzen kein Teileigentum, sondern ein Sondernutzungsrecht zu bestellen. Die Benutzungsdienstbarkeiten sollen anstelle der Überbaurechte bestellt werden.
    Das müsste doch möglich sein (Schöner/Stöber, 15. Aufl. Rn 2909b)?

    Ja; siehe hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…281#post1082281

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)



  • Die Frage, ob die Tiefgarage ein einheitliches Gebäude darstellt und damit möglicherweise eigentumsrechtlich komplett dem Grundstück 2 zuzuordnen ist, weil sich auf diesem Grundstück die Zufahrt befindet, von dort aus die Bebauung beginnt und sich auf diesem Grundstück wohl auch die technischen Einrichtungen, wie Entlüftung etc, befinden; stellt sich eigentlich erst, wenn es zum Hinzuerwerb der Grundstücke 1 und 3 und der Erweiterung der Tiefgarage kommt, siehe dazu das Gutachten DNotI vom 28.02.2009, geändert am 03.04.2009, erschienen im DNotI-Report 2009, 49-52
    https://www.dnoti.de/gutachten/inde…fb3?mode=detail


    Hallo,

    ich bin die Nachfolgerin von Lena in dieser Sache, nun ist der Hinzuerwerb des Grundstücks/Gebäude 1 erfolgt.
    In der Tiefgarage soll nun Sondereigentum an den Stellplätzen für das Gebäude 1 begründet werden.
    Die Stellplätze an denen Sondereigentum begründet werden befinden sich ausschließlich auf dem Grundstück 1.
    (Ein Parkplatz der sich auf der Grenze befindet wird im Wege des Sondernutzungsrechts zugewiesen, eine Dienstbarkeit auf dem dienenden Grundstück 2 zu Gunsten von Grundstück 1 ist eingetragen.)
    Die Zufahrt der Tiefgarage befindet sich auf dem Grundstück 2, die Eigentümer der Einheiten von Grundstück 1 müssen somit über Grundstück 2 und durch die Tiefgarage 2 fahren (Dienstbarkeit ist eingetragen).

    Zur Abgrenzung/Abgeschlossenheit der Tiefgarage 1 im Hinblick zur Tiefgarage 2 wurde auf Nachfrage erklärt, dass die Tiefgarage 1 zur Tiefgarage 2 durch entsprechend erhöhte Absätze abgetrennt wird und die Durchfahrt nach Wunsch der Eigentümer mit einem Tor versehen wird.

    Hier stellt sich mir nun die Frage, ob die Stellplätze in der Tiefgarage 1 sondereigentumsfähig sind und ob die vom Notar beschriebenen Vorkehrungen zur Abtrennung der beiden Garagen tatsächlich eine Abgeschlossenheit bewirken.

    Über Hilfe und Anregungen würde ich mich sehr freuen, danke!

  • ...Hier stellt sich mir nun die Frage, ob die Stellplätze in der Tiefgarage 1 sondereigentumsfähig sind und ob die vom Notar beschriebenen Vorkehrungen zur Abtrennung der beiden Garagen tatsächlich eine Abgeschlossenheit bewirken...

    Das KG führt im Beschluss vom 10.09.2019, 1 W 127/19,
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…true#focuspoint
    zu einem ähnlichen Fall aus (Hervorhebungen durch mich):
    „So befinden sich sämtliche Stellplätze jeweils in dem Teil der Tiefgarage, der auf dem aufzuteilenden Grundstück belegen ist. Nach der das Grundstück Blatt 1... betreffenden Teilungserklärung sollen 17 jeweils in dem dort belegenen Teil befindliche Stellplätze in Teileigentum aufgeteilt werden, während die übrigen, von der zum Grundbuchblatt 9... abgegebenen Teilungserklärung erfassten Stellplätze auf dem dortigen Grundstück belegen sind und ebenfalls in Teileigentum – verbunden mit Miteigentumsanteilen nur an dem Grundstück Blatt 9... – aufgeteilt werden sollen. Das entspricht jeweils den Anforderungen des § 1 Abs. 4 WEG, wonach Teileigentum nicht in der Weise begründet werden kann, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden wird….Die objektiven Gegebenheiten, soweit sie aus den eingereichten Eintragungsunterlagen ersichtlich sind, vgl. §§ 29 GBO, 7 WEG, stehen diesem Verständnis der Erklärungen der Beteiligten nicht entgegen. Sie lassen keine Rückschlüsse auf ein Stammgrundstück zu, da die Unterschiede hinsichtlich Lage, Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung (vgl. BGH, DNotZ 2002, 290, 292) der mit der Tiefgarage bebauten Grundstücksflächen nur geringfügig sind. Es ist nicht ersichtlich, dass die Tiefgarage für eines der Grundstücke eine größere wirtschaftliche Bedeutung haben könnte. Auf beiden Grundstücken befinden sich Gebäude, die in Wohn- und Teileigentumsrechte aufgeteilt werden sollen. Der auf dem Grundstück Blatt 9085 belegene Teil der Tiefgarage ist etwas größer (21 Stellplätze) als der andere Teil (17 Stellplätze), hingegen befindet sich die Zu- und Ausfahrt auf dem Grundstück Blatt 1....Der Annahme einer vertikalen Teilung der Tiefgarage steht schließlich nicht das Erfordernis der Abgeschlossenheit des Sondereigentums entgegen, § 3 Abs. 2 S. 1 WEG. Abgeschlossen müssen die Sondereigentumsrechte lediglich innerhalb der Wohnungseigentumsanlage sein, d.h. gegenüber den anderen Sondereigentumsrechten. ….. Auf eine Abgeschlossenheit gegenüber dem Nachbargrundstück kommt es hingegen nicht an, hier ist allein die Grundstücksgrenze maßgeblich (Schneider, a.a.O., Rdn. 42; Tersteegen, a.a.O., 457; Oppermann, DNotZ 2015, 662, 667), die ausweislich der beigefügten Pläne von keinem der Stellplätze auf beiden Grundstücken tangiert wird (vgl. Berg, RNotZ 2018, 505, 533f.).“

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  • Ich habe ein ähnliches Problem. Es wird auch auf drei eigentständigen Grundstücken eine zentrale Tiefgarage gebaut. Es sollen nun jeweils drei Stellplätze, die sich auf BA 1 befinden, in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt werden, welches zu BA 2 bzw. BA 3 gehört. BA 1 soll jedoch nicht in Wohnungseigentum aufgeteilt werden.

    Dieser Überbau soll nun durch ein Überbaurecht gesichert werden. Dies ist ja wohl möglich, wie ich den obigen Ausführungen entnommen habe.

    Ist es denn hierzu erforderlich, dass die Stellplätze an das das jeweilige Grundstück grenzen, auf dem sich das Gebäude befindet, das in Wohnungseigentum aufgeteilt wird, d.h. müssen die Stellplätze an das Grundstück BA 2 bzw. BA angrenzen? oder ist es unschädlich, dass sich zwischen den Stellplätzen und dem Grundstück die Fahrbahn befindet?

    Die Philosophie für den Spieler Oliver Bierhoff, die musste noch erfunden werden. Brasilianische Spielweise einfordern mit Füßen aus Malta, das geht eben nicht. (Rudi Völler)

  • Wenn sich kein Stammgrundstück feststellen lässt, von dem aus der Überbau erfolgt ist (= dann einheitliche Zuordnung des Tiefgaragengebäudes zu einem der drei Grundstücke (s. Rz. 8 des Beschlusses des KG vom 10.09.2019, 1 W 127/19), müssen sich die Stellplätze direkt an der Grundstücksgrenze befinden, weil es auf den Willen zu einer vertikalen Teilung des Gebäudes an der Grundstücksgrenze ankommt (s. KG, Rz. 9), d.h. es geht immer um eine Teilung der Tiefgarage entlang der Grundstücksgrenze (KG, Rz. 10). Liegt die Fahrbahn zwischen den Stellplätzen und der Grundstücksgrenze, können die Überbauvorschriften keine Anwendung finden. Möglich wäre dann jedoch, zur Nutzung der betreffenden Fläche/n zum Zwecke des Abstellens eines PKW zugunsten des jeweils in Betracht kommenden Grundstücks eine Grunddienstbarkeit zu bestellen. Die Ausübung aus dieser Grunddienstbarkeit kann dann im Wege der Regelung nach §§ 5 Absatz 4, 10 Absatz 2 WEG in der betreffenden Teilungserklärung einem der Wohnungseigentümer überlassen/zugeordnet werden; s. hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…281#post1082281
    und Schöner/Stöber, GBR, 15. Auflage 2012, RN 2909b; Suilmann in Bärmann, WEG 14. Auflage 2018, § 13 RN 76; Müller, im BeckOK WEG, Timme, Stand 01.11.2019, § 15 RN 324, je mit weit. Nachw.)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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