Einziehung von Wertersatz eine Forderung aus vbuH?

  • Hallo! In der Hoffnung, dass dieses Thema noch nicht erschöpfend diskutiert wurde....

    Ich habe eine Einziehung von Wertersatz gem. § 73c StGB. Im Rahmen der §§ 459g, 459 STPO finden die Vorschriften der JBeitrO Anwendung. Insoweit könnte ich gem. §§ 459g, 459 StPO, 6 JBeitrO, 850k Abs. 4, 850f Abs. 2 ZPO mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in den bevorrechtigten Bereich nach §§ 850d oder 850f Abs. 2 ZPO pfänden. Vorausgesetzt, die Forderung ist eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung.

    Vor Rechtskraft kann dies nicht bejaht werden. Jedoch nach Rechtskraft habe ich einen Titel, der die vorsätzliche Handlung als unerlaubt (strafbar, gesetzeswidrig) ausweist. Die Forderung stellt insoweit auch keine Gerichtskosten dar (BGH, Urteil vom 16. November 2010 - VI ZR 17/10-, juris). Die Forderung resultiert ja aus einer unerlaubten Handlung gegenüber des jeweiligen Geschädigten. Eine bevorrechtigte Pfändung müsste doch daher auch möglich sein. Schließlich möchte der Getzgeber ja auch, dass wir als Gericht oder StA die Forderung für den Geschädigten beitreiben. Wir sollen dessen Forderung ja nur durchsetzen.
    Genügen sollte als Nachweis schon die entsprechende Formulierung des Titels (Zöller, 30. Auflage, Rd.Nr. 9a zu § 850f ZPO).
    Was wenn nicht ein Urteil mit Schuldspruch und Strafe.

    Wie seht Ihr das?

  • Ich sehe es genauso- erstaunlicherweise konnte kein Rechtspfleger der StA auf den ersten beiden Fortbildungen zur Vollstreckung von Wertersatz etwas dazu sagen. Antworten: "Oh- daran hab ich noch nie gedacht- ich habe bei einer Pfändung noch nie bevorrechtigt gepfändet- unsere Betroffenen haben eh kein Geld" und auf der zweiten Fortbildung "Wo steht das genau- hab ich noch nie gemacht?"

    Das hatte mich persönlich etwas erschreckt, da die StA ja schon immer aus Strafurteilen vollstreckt.

    Letzte Fortbildung mit einem netten Rechtspfleger aus Bremen ergab:

    "Ich habe noch nie bevorrechtigt gepfändet, deine Frage ploppt in diesen Fortbildungen immer wieder auf- Ich denke das ist möglich, müsstest du einfach einmal machen, notfalls schaffst du damit Rechtsprechung zum Thema"

    Habe ich beim nächsten Mal auch vor- aber in unserem kleinen Gericht war es noch nicht soweit- beim letzten Mal war es fast soweit, er hat dann aber an den GV alles gezahlt.


    An alle Rechtspfleger der StA: kann bitte jemand mitteilen, warum es nicht gehen sollte- da es den Aussagen eurer Kollegen nach nicht gemacht wird und Akten bei Insolvenz eines Schuldners angeblich sogar weggelegt werden, anstatt in den Differenzbetrag 850 c und 850 f II (genau wie bei 850 d) zu pfänden? Ihr vollstreckt ja meines Wissens nicht nur Wertersatz sondern auch Geldstrafen etc. Da muss doch ein guter Grund da sein, warum 850 f II nicht genutzt wird und dem Verurteilten genauso viel verbleibt wie jedem normal Zahlungspflichtigen.

  • Danke für deine Antwort. Im Gegensatz zur Geldstrafe handelt es sich bei der Forderung im Rahmen der Einziehung gem. § 73c StPO aber um keine Strafe, sondern vielmehr um die Durchsetzung eines Anspruchs (Schadenersatz etc.) von dem Geschädigten gegenüber dem Täter. Insoweit sind die beiden Sachen auch meiner Meinung nicht vergleichbar. Auch die Einziehung Wertersatz ohne Geschädigte kann meines Erachtens nicht im Rahmen der §§ 850d, f II ZPO vollstreckt werden, da der Charakter der Forderung eines Einzelnen gegenüber eines Anderen aus unerlaubter Handlung nur bei der Einziehung für die Geschädigten gegeben ist.
    Mal schauen, wie sich das hier entwickelt.
    Der erste Pfüb mit § 850f Abs. II ZPO ist raus...

  • Du hast natürlich Recht, ich habe mich unklar ausgedrückt:

    Geldstrafe und Einziehung -ob mit oder ohne Geschädigte, sind nicht das Gleiche-. Jedoch: Alles sind Forderungen, die auf einer vbuH beruhen.

    Als Begründung für die Bevorzugung wird angeführt: "Der Schuldner soll für vorsätzliches unerlaubtes Handeln bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einstehen", ich lese das so: Er soll mehr in Anspruch genommen werden, weil er sich gegen geltendes Recht verhalten hat, eine vbuH vorliegt. Eine Begründung:"Ein Gläubiger, der unter einer vbuH zu leiden hatte ist zu bevorrechtigen" habe ich bislang nicht gefunden.
    Eine Begründung, dass dies nur gelten soll, wenn der Forderungsinhaber eine natürliche Person ist und nicht der Staat habe ich ebenfalls nicht gefunden. Es wird meines Wissens nur auf den Charakter der Forderung abgestellt.

    Bei Geldstrafen und Wertersatz ohne Geschädigte ist doch der Staat der Gläubiger, oder?, also sollte auch dort das Privileg greifen.

    Halte mich auf dem laufenden, was aus dem PfÜB geworden ist- Rechtsprechung zu dem Thema hätte ich echt gern. Wenn ich etwas bekommen sollte, stell ich es rein.

  • Ich hänge mich hier mal dran, auch wenn mein Fall einanderer ist.
    Ich habe einen Schuldner im Insolvenzverfahren(ich=Insolvenzrechtspfleger). Ein Gläubiger meldet seine Forderung ausvorsätzlich begangener unerlaubter Handlung an. Forderung wird sowohl von IVals auch vom Schuldner bestritten (wegen Verjährung vom IV und Schuldner wegenvbuH). Forderung ist wohl auch relativ unstreitig sowohl zivilrechtlich alsauch strafrechtlich verjährt. Jetzt flattert mir eine Entscheidung auf denTisch, mit der dem Gläubiger im selbstständigen Einziehungsverfahren einGeldbetrag zugesprochen wird, der der vorher angemeldeten Forderung entspricht(Entscheidung ist ganz aktuell innerhalb des Zeitraums des bereits seitlängerem eröffneten Verfahrens ergangen). Der Gläubiger (=Geschädigter) bittetnun, ihm vorrangig denzugesprochenen Geldbetrag aus der Masse zukommen zu lassen und bittet umentsprechende Veranlassung. Wie gehe ich denn damit um? Muss dieser Anspruchjetzt von der Staatsanwaltschaft in meinem Verfahren noch angemeldet werden undnimmt dann normal teil? Oder ist es eine Neuforderung, weil der Anspruch indiesem Einziehungsverfahren jetzt erst festgestellt wurde? Vorrangig ist hierauf jeden Fall mal gar nichts. Hatte jemand sowas schon mal? Bin für alleDenkanstöße dankbar!

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Eine Pfändung im Sinne des § 850f Abs. 2 ZPO scheidet bei der Vollstreckung des Einziehungsanspruchs gem. § 73c StGB meiner Ansicht nach aus.

    Es ist völlig egal, ob es sich um ein Delikt mit Verletzten handelt oder nicht. Der Staat zieht nicht für Verletzte ein und der Staat vollstreckt auch nicht für Verletze. Seit der Reform zum 01.07.2017 sieht das Gesetz nur eine Möglichkeit vor: Die Einziehung des durch die Tat Erlangten (§ 73 StGB ).
    § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F. wurde ja gerade gestrichen, um zum Ausdruck zu bringen, dass auch bei Ansprüchen Verletzter eingezogen wird. Der titulierte Anspruch nach § 73c StGB ist ein staatlicher Einziehungsanspruch. Erkennbar auch am dogmatischen Aufbau in der Vollstreckung: § 459g StPO, der beschreibt, wie der Einziehungsanspruch vollstreckt wird, geht § 459h StPO vor. Dass der Verletzte einen Anspruch hat, normiert § 459h. Handelt es sich um die Einziehung nach § 73c StGB, spricht das Gesetz von der Auskehrung des Verwertungserlöses. Es muss also etwas vollstreckt worden sein, um es auskehren zu können. Die neue Vermögensabschöpfung läuft nach dem Motto: Zuerst der Staat, dann der Verletzte.

    Um als vorsätzlich unerlaubte Handlung durchzugehen, muss es sich um einen Anspruch in Zusammenhang mit § 823 Abs. 1 BGB handeln. Der Einziehungsanspruch richtet sich aber nicht nach § 823 BGB, sondern eher nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften (quasi-kondiktionelle Maßnahme). Der staatliche Einziehungsanspruchs ist ein Anspruch eigener Art, der in dem Moment entsteht, in dem der Einziehungsbetroffene (Täter, Teilnehmer, Dritter) durch eine Straftat etwas erlangt. Der Anspruch besteht unabhängig von den Anspruch des Verletzten. Mit der Einziehungsanordnung wird der Anspruch (nur) tituliert.

  • Maus:

    Dem Verletzten kann keine Forderung "zugesprochen" werden im (selbständigen) Einziehungsverfahren. Die Forderung wird als staatliche Forderung tituliert (alles andere ist falsch).

    Die Staatsanwaltschaft wird in der Regel nicht anmelden können, da sie nachrangiger Gläubiger im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist. Eine Anmeldung wäre ja nur dann möglich, wenn das Insolvenzgericht auffordern würde (§ 174 Abs. 3 InsO) und das wird wohl eher nur ganz ganz selten passieren (weil die Quote ja wohl eher nicht 100% beträgt).

    Dein Insolvenzverfahren läuft unabhängig vom Einziehungsverfahren. Der Rechtspfleger der StA muss eventuell etwas beachten, wenn du fertig bist. Wird im Insoverfahren an den Verletzten der Einziehungsentscheidung eine Quote ausgeschüttet, stellt er einen Antrag nach § 459g Abs. 4 StPO...

  • Super, danke! Das hat mich doch schon sehr erhellt. In meinem Fall könnte es tatsächlich zu einer Aufforderung nach § 39 InsO kommen, aber wir werden sehen. Der IV steht wohl aktuell mit der Staatsanwaltschaft in Kontakt. Mal sehen, ob da was kommt.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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