Verwertung von eingezogenen Gegenständen am Jugendstrafgericht

  • Hallo liebe Mitstreiter,

    ich bin in der Jugendstrafvollstreckung tätig und habe nun das erste Mal eigezogene Gegenstände.

    Die Gegenstände (eine Taschenlampe, ein Schraubendreher und eine Tasche) wurden beschlagnahmt und bei der StA asserviert.

    Im Urteil wurden die beschlagnahmten Gegenstände eingezogen.

    Das wir für die Verwertung zuständig sind, ist klar. Aber wie läuft das praktisch? Entscheide ich ungesehen, ob die Gegenstände zu verwerten oder zu vernichten sind? Oder muss da der Richter entscheiden/zustimmen wie verfahren wird? Oder sagt mir das der GV nach Verwertungsauftrag? Und wer vernichtet denn dann die Sachen?

    Ich hab keine Ahnung, wie ich praktisch vorgehen muss und wäre über Tipps sehr dankbar.

  • Ich hänge mich hier mal mit einem Fall ran:

    Es handelt sich um eine Jugendstrafvollstreckung. Der Jugendrichter hat die Einziehung eines Betrags von ca. 800,00 € angeordnet. Hintergrund der Geschichte war wohl, dass der Jugendliche von einem Familienangehörigen Schmuck gestohlen und an so einen Altgoldhändler verkauft hat. Die Familie hat (warum auch immer) den Diebstahl nicht angezeigt. Der Jugendliche wurde wegen Betrugs verurteilt (da er dem Goldhändler kein Eigentum an dem Schmuck verschaffen konnte). Der Goldhändler hat den Jugendlichen immer bezahlt und die Familie hat das Geld meines Wissens nach nicht zurückgefordert. Wirtschaftlich liegt der Schaden somit bei der Familie. Nach dem neuen Einziehungsrecht muss ich ja die Geschädigten über diverses belehren (6 Monatsfrist usw.). Ich habe bislang die Familie belehrt, da die ja definitv Opfer einer Straftat wurden (Diebstahl). Ich bin aber jetzt etwas ins Grübeln gekommen, ob ich nicht auch den Goldhändler belehren muss. Das erscheint mir zwar rechtlich vertretbar (der Goldhändler hat ja Geld ausgegeben ohne Eigentum an dem Schmuck zu bekommen; das Gold wurde vermutlich schon eingeschmolzen), aber praktisch irgendwie falsch. Wie ist eure Meinung dazu?

  • Der Goldhändler ist also der Verletzte der Straftat, wegen der verurteilt wurde?

    Dann ist der meine ich in jedem Fall und in erster Linie zu belehren. Da sehe ich auch keinen Grund für Bauchschmerzen. Ob ihm ein Schaden entstanden ist und ob er Ansprüche geltend macht, ist dann ja ein weiterer Schritt .

  • Habe mir das Urteil nochmal angeschaut. Es ist nicht wirklich eindeutig. In den Gründen wird zwar der Diebstahl thematisiert, verurteilt wurde allerdings wegen Betrugs. Zum Thema Einziehung steht da lediglich, dass sie auf § 73 StGB beruht.

    Das verstehe ich nicht. Wenn wegen Betruges verurteilt wurde, dann muss doch zumindest das Datum und die Umstände der Tat im Urteil festgestellt worden sein. Daraus kannst du dann ableiten, wem gegenüber der verurteilte täuschende Erklärungen abgegeben hat. Nach dem von dir geschilderten Sachverhalt liegt aber sehr nahe, dass dies der erwahner Goldhändler war.

  • Habe mir das Urteil nochmal angeschaut. Es ist nicht wirklich eindeutig. In den Gründen wird zwar der Diebstahl thematisiert, verurteilt wurde allerdings wegen Betrugs. Zum Thema Einziehung steht da lediglich, dass sie auf § 73 StGB beruht.

    Das verstehe ich nicht. Wenn wegen Betruges verurteilt wurde, dann muss doch zumindest das Datum und die Umstände der Tat im Urteil festgestellt worden sein. Daraus kannst du dann ableiten, wem gegenüber der verurteilte täuschende Erklärungen abgegeben hat. Nach dem von dir geschilderten Sachverhalt liegt aber sehr nahe, dass dies der erwahner Goldhändler war.


    Der Berechtigte muss sich eindeutig aus dem Urteil ergeben. Ansonsten lässt sich das Urteil nicht vollstrecken.

  • Ich klinke mich hier auch mal ein und hoffe, dass mir jemand helfen kann.
    Eingezogen wurde der Computer des (jugendlichen) Verurteilen.
    Die Akte kam zunächst zurück von der StA m. d. H., dass gegen die Verwertung keine Bedenken bestehen.
    Sodann wurde die Akte der Verwaltungsabteilung vorgelegt m. d. B. um Prüfung, ob dort Verwendungsmöglichkeiten bestehen. Die Verwaltung teilt mit, dass der PC im Sitzungssaal für Beweismittel verwendet werden kann.
    Was mache ich jetzt??? § 66 StVollstrO spricht von einem Verzeichnis, dass dem GenSta vorzulegen ist. Halte ich aber bei einem PC für etwas übertrieben, oder? Können "wir" uns den PC einfach so aneignen und in den Sitzungssaal stellen!? Muss ich irgendwas beschließen/verfügen? Im Kommentar zu § 66 StVollstrO steht, dass bei Gegenständen von geringem Wert die §§ 63, 64 Anwendung finden, also müsste ich ihn theoretisch über den GV versteigern lassen, aber wie hängt das mit der Verwendung für justizeigene Zwecke zusammen?

    Über Anregungen jedweder Art bin ich sehr dankbar, da ich auf diesem Gebiet ein absoluter Neuling bin.

  • Wenn Du es richtig machen willst, kommst Du über die Eintragung und Vorlage gem. § 66 StVollStrO nicht herum.

    Dieses Verzeichnis dürfte von der Verwaltung zu führen sein. Ich würde daher den Vorgang der Verwaltung vorlegen zur weiteren Veranlassung gem. § 66 StVollStrO. Ob diese dann das Okay der GSta abwartet oder den PC sofort für den angegebenen Zweck freigibt, kann Dir dann völlig egal sein.

  • Habe mir das Urteil nochmal angeschaut. Es ist nicht wirklich eindeutig. In den Gründen wird zwar der Diebstahl thematisiert, verurteilt wurde allerdings wegen Betrugs. Zum Thema Einziehung steht da lediglich, dass sie auf § 73 StGB beruht.

    Das verstehe ich nicht. Wenn wegen Betruges verurteilt wurde, dann muss doch zumindest das Datum und die Umstände der Tat im Urteil festgestellt worden sein. Daraus kannst du dann ableiten, wem gegenüber der verurteilte täuschende Erklärungen abgegeben hat. Nach dem von dir geschilderten Sachverhalt liegt aber sehr nahe, dass dies der erwähnte Goldhändler war.

    Der Berechtigte muss sich eindeutig aus dem Urteil ergeben. Ansonsten lässt sich das Urteil nicht vollstrecken.

    Habe das mal mit meinem Richter besprochen. Wir sind überein gekommen, dass wir sowohl die Familie als auch den Goldhändler belehren und beim Goldhändler den Hinweis aufnehmen, dass angedacht ist, das Geld der Familie auszuzahlen, da die wohl den wirtschaftlichen Schaden davon getragen hat.

    Auch wenn es rechtlich wohl nicht absolut einwandfrei ist, erscheint es mir zumindest sachgerecht. Machen wir es anders, provozieren wir bloß ein eigentlich unnötiges Zivilverfahren Familie gegen Goldhändler. Außerdem zeichnet sich ab, dass die Vollstreckung ohnehin im Sand verlaufen wird und unsere ganzen Überlegungen umsonst waren.

  • Habe das mal mit meinem Richter besprochen. Wir sind überein gekommen, dass wir sowohl die Familie als auch den Goldhändler belehren und beim Goldhändler den Hinweis aufnehmen, dass angedacht ist, das Geld der Familie auszuzahlen, da die wohl den wirtschaftlichen Schaden davon getragen hat.

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Der Diebstahl ist doch gar nicht angeklagt gewesen, sondern lediglich der Betrug zum Nachteil des Händlers. Entsprechend kann m.E. auch nur der Geschädigte der angeklagten und verurteilten Tat entschädig werden.

  • Wenn Du es richtig machen willst, kommst Du über die Eintragung und Vorlage gem. § 66 StVollStrO nicht herum.

    Dieses Verzeichnis dürfte von der Verwaltung zu führen sein. Ich würde daher den Vorgang der Verwaltung vorlegen zur weiteren Veranlassung gem. § 66 StVollStrO. Ob diese dann das Okay der GSta abwartet oder den PC sofort für den angegebenen Zweck freigibt, kann Dir dann völlig egal sein.

    Hier sehe ich aber auch noch das Problem, dass § 66 StVollStrO noch davon ausgeht, dass die Einziehung durch die StA erfolgt. Dem ist hier ja aber gerade nicht so. Daher zweifel ich schon daran, ob das Verzeichnis tatsächlich von der GenSta zu führen ist. Die OGB hat schließlich einen eigenen Topf.

  • Corypheus:

    Dein Urteil ist vollstreckbar. Du muss unterscheiden zwischen dem staatlichen Einziehungsanspruch einerseits und dem Anspruch des Verletzten im Sinne des § 459k Abs. 1 StPO.

    Eine Mitteilung gem. § 459i StPO ist hier nur an den Goldankäufer zu fertigen, da der VU lediglich wegen Betruges verurteilt wurde und der Einziehungsbetrag auf den Betrug gestützt ist (Kaufpreis in Höhe von 800 EUR).

    Verletzter der Tat im Sinne des § 459k StPO ist immer nur der Verletzte des materiell-rechtlich abgeurteilten Straftatbestandes.

    Der Trick an den Neuregelungen ist doch, dass der Rechtspfleger - sofern das Urteil ordentlich gemacht ist - die Entschädigung des Verletzten selbst vornehmen kann. § 459k Abs. 2 S. 1 StPO spricht von "ohne weiteres". Also: Wenn sich der Verletzte "ohne weiteres" aus der Einziehungsentscheidung ergibt und seinen Anspruch nach Abs. 1 bei dir angemeldet hat, bekommt er die 800 EUR (sofern du sie beigetrieben hast). Nur wenn sich die Identität des Verletzten und /oder sein Anspruch nicht "ohne weiteres" aus der Einziehungsentscheidung ergeben, musst du den Antrag auf Auszahlung dem Gericht der Hauptsache (bei dir dann dem Jugendrichter) nach § 459k Abs. 2 S. 2 StPO zur Zulassung vorlegen. In deinem Fall ergibt sich "ohne weiteres" die Verletzteneigenschaft des Goldkäufers aus dem Urteil (schon alleine deshalb, weil aufgrund von Betruges und nicht aufgrund von Diebstahls abgeurteilt wurde).

    Da du im Sinne des § 459i Abs. 2 StPO den Verletzten auf seinen Anspruch gem. §§ 459h Abs. 2, 459k StPO hinweisen sollt und diese Vorschriften explizit in § 459i genannt sind, darfst du nur den Geschädigten benachrichtigen, der sich aus der Einziehungsanordnung ergibt (als Geschädigter im Sinne des § 459k StPO).

    Problem hat man nur, wenn es sich z. Bsp. um Diebstahlstaten zum Nachteil unbekannter Verletzter handelt oder Gegenstände erweitert (§ 73a StGB) eingezogen werden. Da wird man wohl keine namentlich Genannten im Urteil finden. Hier bietet sich dann die Mitteilung über den elektronischen Bundesanzeiger an (§§ 459i Abs. 1, 111l Abs. 4 StPO). Sofern sich in den Fällen ein Verletzter meldet, liegt immer ein Fall von "ohne weiteres" (-) vor und der Antrag ist dem Gericht zur Zulassung vorzulegen.

    Du musst dir beim Auskehrungsverfahren immer vorstellen, dass der eingezogene Betrag nach § 73c StGB genau dem entspricht, was dem Verletzten durch die Tat entzogen wurde. Und das sind in deinem Fall 800 EUR die der Ankäufer "verloren" hat. Es kommt bei der Vermögensabschöpfung auf den Bereicherungszusammenhang an und nicht auf den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch.

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