Betreuung und Vorsorgevollmacht

  • Ein Bankmitarbeiter hat dem Betreuungsgericht mitgeteilt, dass ihr kinderloser Kunde X sich in letzter Zeit stark verändert habe. Er sei sehr vergesslich geworden und versuche, größere Überweisungen an seine osteuropäische Pflegerin durchzuführen. Bei der Einsicht in das Vorsorgeregister hat sich herausgestellt, dass X seiner Schwester und deren Kindern (die 500 km weit weg wohnen) eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt hat. Falls diese jetzt von der General- und Vorsorgevollmacht Gebrauch machen, kann ich das Betreuungsverfahren dann einstellen oder muss ich weiter prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Einwilligungsvorbehalt vorliegen, der nur angeordnet werden kann, wenn eine Betreuung angeordnet wurde ?

  • Die Frage ist, ob bei Vorliegen einer General- und Vorsorgevollmacht überhaupt Raum für die Anordnung einer Betreuung ist. Nur damit ein EV angeordnet werden kann, dürfte sicher kein ausreichender Grund sein.
    Wurde die Schwester denn schon über die Betreuungsanregung informiert? Vielleicht löst sich das Problem ja von ganz alleine auf.

  • Wieder Gedanke 3 vor Schritt 2.
    Weiterleitung der Anregung an die Betreuungsbehörde mit der Bitte um Prüfung.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Das sagt der Münchner Kommentar dazu:
    Ein Betreuer muss bestellt werden, soweit die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903) erforderlich erscheint, da eine verdrängende Vollmacht unzulässig wäre. Grundlage für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts ist das Bestehen einer – zumindest vorläufigen – Betreuung. Freilich erlischt eine schon zuvor erteilte Vollmacht nicht dadurch, dass ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird
    (MüKoBGB/Schwab BGB § 1896 Rn. 64, beck-online)

    Das macht auch Sinn, denn sonst könnte man die betroffene Person ja in den Fällen der Vorsorgevollmacht nicht (vor sich selber) schützen.

    Verliere immer den ganzen Verstand - ein halber verwirrt nur! :grin:

  • Das sagt der Münchner Kommentar dazu:
    Ein Betreuer muss bestellt werden, soweit die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903) erforderlich erscheint, da eine verdrängende Vollmacht unzulässig wäre. Grundlage für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts ist das Bestehen einer – zumindest vorläufigen – Betreuung. Freilich erlischt eine schon zuvor erteilte Vollmacht nicht dadurch, dass ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird
    (MüKoBGB/Schwab BGB § 1896 Rn. 64, beck-online)

    Das macht auch Sinn, denn sonst könnte man die betroffene Person ja in den Fällen der Vorsorgevollmacht nicht (vor sich selber) schützen.


    Die Kommentierung ist jedoch nicht zu Ende gedacht.

    Es soll also ein Betreuer bestellt und ein EV angeordnet werden. Die Vollmacht erlischt logischerweise nicht, so auch die zitierte Kommentierung.

    Was passiert nun bei widersprechenden Verfügungen des Betreuers und des Bevollmächtigten, insbesondere im Zusammenhang mit dem EV? :gruebel:

    So könnte der Betreuer einzelne unter den EV fallende Verfügungen des Betroffenen genehmigen, der Bevollmächtigte diese jedoch ablehnen (und umgekehrt).

    Wie soll das in der Praxis funktionieren? :gruebel:

  • Es funktioniert. In aller Regel wird aus der Vorsorgevollmacht - wenn nicht ausdrücklich, dann schlüssig - zu entnehmen sein, dass der Bevollmächtigte nach dem Willen des Betroffenen der erwünschte Betreuer wäre.
    Selbst wenn nicht der Bevollmächtigte zum Betreuer bestellt wird: Ein Einwilligungsvorbehalt kann nur insoweit angeordnet werden, als dem Betreuer der entsprechende Aufgabenkreis übertragen ist. Vorliegend ist zu prüfen (und zu entscheiden), ob ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis Vermögenssorge oder nur für Teilbereiche daraus anzuordnen wäre. Nur insoweit besteht das Bedürfnis auch für ein Betreuungsverfahren. Für alle daneben anstehenden Geschäfte bleibt es bei der Vorsorgevollmacht.
    Vgl. zu allem auch BGH, XII ZB 118/11.

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (1. Oktober 2018 um 11:37)

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