Ausschlagung der Nacherbschaft

  • Ich habe ein Testament in dem nach der befreiten Vorerbin die beiden Kinder zu Nacherben bestimmt sind.
    Weiter ist als Regelung getroffen: wer nicht mitwirkt sei ausgeschlossen.
    Der Nacherbfall ist mit dem Tod der Vorerbin bereits eingetreten.
    Nun schlägt eines der beiden Kinder aus.

    Da keine Ersatznacherbenregelung getroffen wurde, gehe ich davon aus, dass § 2142 II BGB gilt.
    Die Abkömmlinge des Ausschlagenden berufen sich aber auf § 2069 BGB und haben einen Erbscheinsantrag gestellt.

    Welcher Paragraph gilt vorrangig ?

  • 2142 II BGB gilt für die Ausschlagung der Nacherbschaft bei Eintritt der Vorerbschaft, nach deinem Sachverhalt nicht einschlägig.

    2069 ist Zweifelsregelung. Du könntest auch über eine Anwachsung an das übrig gebliebene Kind nachdenken (Wortlaut: wer nicht mitwirkt, sei ausgeschlossen - damit könnte gemeint sein, dass die Linie ausgeschlossen sein soll.

    Das ist dann aber Auslegungssache. Hier gibt es keine Vorrang der Paragraphen.


    Nachfrage: Hat das eine Kind die Erbschaft nach dem ursprünglichem Erblasser ausgeschlagen oder nach der Vorerbin?

    Einmal editiert, zuletzt von DippelRipfl (27. September 2018 um 12:02) aus folgendem Grund: Ergänzende Frage

  • Ich würde mich gern hier anhängen mit einer ähnlichen Falllage.:

    Ehegattentestament mit VE/NE Regelung für die Ehegatten. NE und Schlusserben sind zwei Kinder A und B. Für die Kinder sind keine Ersatzerben im not. TES bestimmt. Es gibt keine Pflichtteilstrafklausel.

    1.Erbfall 2014 EM: Vorerbin EF nimmt an. Kind A ist vorverstorben, an seine Stelle tritt Enkel C. Enkel C schläft die Nacherbschaft in 02/2016 für sich und sein Kind C1 aus und auch Kind B schlägt die Nacherbschaft nach dem 1. Sterbefall aus. Beide wollen das PT in Anspruch nehmen.

    2. Erbfall 2020 EF: keine weiteren Erklärungen von B oder C als NE bezüglich des 1. Sterbefall. Die Schlusserben B und C nehmen die Erbschaft an.

    Jetzt kommt C und möchte für ein in 10/16 geborenes weiteres Kind, welches bis zum heutigen Tag hier nicht bekannt war, also C2 die Erbschaft als NE nach dem EM (1. Sterbefall) annehmen und einen Erbschein beantragen.

    Ein Erbschein wurde bisher weder für den 1. noch für den 2. Sterbefall beantragt.

    Abgesehen, dass dies für mich sinnfrei erscheint, der Nachlass dürfte sich ja bereits bei den Schlusserben befinden, bekomme ich es nicht einsortiert.

  • Zunächst ist zu Fragen, ob für beide Erbfälle von einer Ersatznacherbfolge (beim ersten Sterbefall) bzw. von einer Ersatzschlusserbfolge (beim zweiten Sterbefall) i. S. des § 2069 BGB auszugehen ist. Es ist mehr als bedauerlich, dass sich in einem notariellen Testament zu dieser "klassischen" Frage nichts findet. Sofern im Testament nicht ausdrücklich enthalten ist, dass keine Ersatzerben bestimmt werden, würde ich dazu neigen, eine Ersatznach/schluss/erbschaft i. S. des § 2069 BGB zu bejahen, weil dies wohl regelmäßig dem Willen der "in Stämmen denkenden" testierenden Eheleute entspricht. Für die nachfolgenden Ausführungen wird daher von einer solchen Ersatzerbenanordnung ausgegangen.

    Beim zweiten Sterbefall ergeben sich bei Befürwortung einer Ersatzschlusserbfolge i. S. des § 2069 BGB keine Probleme, weil B noch lebt und C das einzige Kind des vorverstorbenen A ist. Damit sind B und C hälftige Vollerben des überlebenden Ehegatten.

    Beim ersten Sterbefall stellt sich die Frage, ob für den Kreis der Ersatznacherben auf die Verhältnisse beim Eintritt des Vorerbfalls, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Ausschlagung des Nacherbenrechts oder auf die Verhältnisse beim Eintritt des potentiellen Nacherbfalls abzustellen ist. Ist Letzteres der Fall, wäre C2 aufgrund der Ausschlagungen der Nacherbschaft seitens C und C1 ggf. noch nicht aus dem Spiel. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Ausschlagung der Nacherbschaft durch C (der alleine an die Stelle des vorverstorbenen A getreten war) zum Zweck der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs erfolgte. Für diesen Fall geht die obergerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass es zur Vermeidung einer Doppelbegünstigung des Stammes - und zwar selbst bei audrücklicher Ersatzerbeneinsetzung - nicht dem Willen des Erblassers entspricht, dass die Ersatzerbfolge zugunsten von Abkömmlingen des Ausschlagenden zum Zuge kommt.

    Konsequenz hieraus ist zweierlei: Es wurde zwar auch für C1 ausgeschlagen, aber diese Ausschlagung ging von vorneherein materiell ins Leere, weil C1 aufgrund der Pflichtteilsintention des ausschlagenden C nicht mehr zum Ersatzerben berufen war. Dies gilt dann aber natürlich gleichermaßen für den nachgeborenen C2, und zwar ganz unabhängig davon, ob man für die Bestimmung des Kreises der Ersatznacherben auf die Verhältnisse beim Vorerbfall, auf die Verhältnisse bei der Ausschlagung oder auf die Verhältnisse beim Nacherbfall abstellt.

    Damit ist der gesamte Stamm A (also C, C1 und C2) für eine etwaige Nacherbschaft aus dem Spiel. Da aber auch B aus Pflichtteilsgründen ausgeschlagen hat und damit aus den gleichen Erwägungen wie bei C auch die Abkömmlinge von B nicht zu Ersatznacherben berufen sind, gibt es niemanden mehr, der zum Nacherben berufen sein könnte. Damit ist der überlebende Ehegatte Alleinerbe als Vollerbe.

    Ergebnis für den ersten Sterbefall: Der überlebende Ehegatte ist Alleinerbe als Vollerbe.

    Ergebnis für den zweiten Sterbefall: B und C sind hälftige (Schluss-)Erben als Vollerben.

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