Recht in Abteilung II aufgrund Rezess

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe gerade eine Zwangsverwaltung vorliegen, um das Beteiligtenverzeichnis zu überprüfen. In Abteilung II ist folgendes Recht eingetragen:

    "Die belasteten Parzellen sind vom Eigentümer im Interesse der anliegenden sowie der ober- und unterliegenden Grundstücke und im öffentlichen Interesse als Graben zu dulden, offen zu halten und zu räumen, auch hatihr Eigentümer die auf ihnen von ihm angelegte Rohrleitung auf seine alleinigenKosten zu räumen und zu unterhalten. Aufgrund des am 28.12.1907 bestätigtenRezesses eingetragen am 23.11.1908.“

    Wer ist/sind denn die Berichtigten dieses Rechts? Geht dasaus dem Rezess hervor? (Muss noch auf die Grundakte warten, aber hatte schonmal versucht, herauszufinden, was überhaupt ein Rezess ist und unter Bezug aufRechte gar nichts dazu gefunden).

    Anhand einer Flurkarte könnte ich ja herausfinden, wer dieEigentümer der umliegenden Grundstücke sind, aber dann müsste ich ja auchschauen, wie die Grundstücke zum Zeitpunkt des Rezesses verlaufen sind, oder?

  • Es ist Aufgabe des Grundbuchamts, dir die Berechtigten anzugeben...mit zustellungsfähiger Anschrift, soweit die dort bekannt ist. Und meistens sind die bekannt, wenn auch vor 30 Jahren. Wenn die sich nicht aus den Datenbanken ergeben, müssen halt die Grundakten durchforstet werden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Na ja, unser GBA fordert keine alten Grundakten für so was an. Das Nachforschen hält sich da einigermaßen in Grenzen.
    Das Recht ist ja schon ziemlich alt. Würde es im Verfahren erlöschen. Wenn also kein Rechtsverlust entsteht, beschränke ich meine Suche nach den Berechtigten auf das Nötigste und beteilige da erst mal niemanden (und ich weiß, dass es nicht ganz richtig ist). Unter Umständen warte ich auch bis der Sachverständige zu dem Recht was gesagt haben.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Also mal praktisch gedacht:
    Der Zwangsverwalter soll mal rausgehen und die Örtlichkeiten aufnehmen.
    Bei so einer uralten Eintragung kann schon schein, dass die tatsächlichen
    Gegebenheiten nicht mehr mit der Grundbuchlage übereinstimmen.
    Sind da die ominösen Gräben noch da und zu unterhalten, soll der Zwangsverwalter
    sich einen Auszug aus dem Flurstücksaltas geben lassen. Anhand der Flurstücks-
    nummern lassen sich unschwer die Nachbareigentümer ermitteln.

  • Na ja, unser GBA fordert keine alten Grundakten für so was an. Das Nachforschen hält sich da einigermaßen in Grenzen.

    Das ist bei uns auch so - wird lustig, wenn das Datenbankgrundbuch kommt und dann eine Verknüpfung zu allen begünstigten Grundstücken hergestellt werden MUSS.

    Das Recht ist ja schon ziemlich alt. Würde es im Verfahren erlöschen.

    Im Moment scheint es nur die Zwangsverwaltung zu geben - da erlischt nichts ... Daran würde sich mein Ermittlungsaufwand für den in keiner Weise beeinträchtigten Begünstigten orientieren. Mag die Bestellung eines ZU-Vertreters auch fehlerhaft sein (was in der Literatur nur von Meerhoff vertreten wird) - mangels Beeinträchtigung hält auch ein fehlerhafter Beschluss jeder Beschwerde stand.

  • Aus Sicht des Grundbuchamtes:

    Bei so alten Rechten kann auch dort niemand sicher die heutigen Berechtigten angeben. Dem Grundbuchamt liegen nämlich auch keine Karten und Lagepläne aus dieser Zeit vor. Diese könnte man bei uns aber wohl vom Vermessungsamt bekommen. Vielleicht dort mal anfragen?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Na ja, unser GBA fordert keine alten Grundakten für so was an. Das Nachforschen hält sich da einigermaßen in Grenzen.
    ...

    Und warum nicht? Kann doch nur Faulheit sein. Dafür habe ich exakt 0 (null) Verständnis. Zum Glück wird es hier anders gemacht.

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  • Nein, das kann ich hetzt nicht unterschreiben. In LSA ist es auch kompliziert. Alle geschlossenen Bände (aller Gerichte) lagern in einem zentralen Archiv.

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  • Nein, das kann ich hetzt nicht unterschreiben. In LSA ist es auch kompliziert. Alle geschlossenen Bände (aller Gerichte) lagern in einem zentralen Archiv.

    Wie bei uns in B.W. (im ehemaligen Schuhlager der FA. Salamander).
    Als Zwangsverwalter benötige auch ich mal ab und an archiviertes Material.
    Das fordere ich an. Gern kommt dann ein Rückruf (Telefonitis), ob es
    wirklich nötig sei. Ich sag dann: "ja", und die Unterlagen kommen dann.

  • Ich habe keine Lust auf Schelte der Kolleginnen in den Grundbuchabteilungen.
    Auch ich bin schon auf steinalte Eintragungen (achtzehnhundertschlagmichtot) gestoßen, bei der das GBA mir simpel mitteilte, mit den im Grundbuch und den Unterlagen gemachten Angaben sei kein Berechtigter zu ermitteln. Zu meiner großen Freude konnte der mit der Verkehrswertermittlung betraute Sachverständige das begünstigte Grundstück sehr wohl eindeutig bestimmen (und ich fand anhand dessen heraus, dass Eigentümer die unbekannten Erben des nach meinen Ermittlungen 1958 verstorbenen eingetragenen Eigentümers sein müssten, nach dessen Tod kein Nachlassverfahren aktenkundig wurde).

    Ist aber schon sehr viel Aufwand für ein bestehen bleibendes Recht, dessen Berechtigtem keine Beeinträchtigung droht.

  • Ja, wenn die Akten angefordert werden, kommen die auch. Aber es dauert ein wenig und jetzt haben sie auch eine Lösung für das Schimmelproblem gefunden. Die Akten sind bei einem Elbehochwasser feucht geworden. Es gab also Zeiten, in der wir nur mit Schutzkleidung in die Akten gucken konnten.

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  • ... vom Eigentümer im Interesse der anliegenden sowie der ober- und unterliegenden Grundstücke und im öffentlichen Interesse ... eingetragen am 23.11.1908.“

    Ich würde mir eher Gedanken um die Zulässigkeit der Eintragung machen. Zum Zeitpunkt der Eintragung galt das BGB. Bei uns, wo die Grundbücher am 01.01.1900 als angelegt galten, wäre die Eintragung nach § 53 GBO von Amts wegen zu löschen.

  • Das musst du jetzt mal näher erläutern.

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  • Nein, das kann ich hetzt nicht unterschreiben. In LSA ist es auch kompliziert. Alle geschlossenen Bände (aller Gerichte) lagern in einem zentralen Archiv.

    Und? Dann werden die dort eben angefordert, eingesehen und zurückgeschickt.

    Bei uns lagern die auch in einem Zentralarchiv. Klappt alles bestens.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich habe keine Lust auf Schelte der Kolleginnen in den Grundbuchabteilungen.
    Auch ich bin schon auf steinalte Eintragungen (achtzehnhundertschlagmichtot) gestoßen, bei der das GBA mir simpel mitteilte, mit den im Grundbuch und den Unterlagen gemachten Angaben sei kein Berechtigter zu ermitteln. Zu meiner großen Freude konnte der mit der Verkehrswertermittlung betraute Sachverständige das begünstigte Grundstück sehr wohl eindeutig bestimmen (und ich fand anhand dessen heraus, dass Eigentümer die unbekannten Erben des nach meinen Ermittlungen 1958 verstorbenen eingetragenen Eigentümers sein müssten, nach dessen Tod kein Nachlassverfahren aktenkundig wurde).

    Ist aber schon sehr viel Aufwand für ein bestehen bleibendes Recht, dessen Berechtigtem keine Beeinträchtigung droht.

    Schelte von den Kollegen? Weil sie ihre Arbeit machen sollen?? Damit könnte ich leben.

    Ich finde es eher blamabel, wenn dem Sachverständigenbüro das (mehr oder weniger) einfach gelungen ist zu ermitteln, wozu sich das Grundbuchamt außer Stande sah.

    Im letzten Punkt gebe ich dir recht. Aber so ist es. Eine Änderung des ZVG könnte da Abhilfe schaffen.

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • ... vom Eigentümer im Interesse der anliegenden sowie der ober- und unterliegenden Grundstücke und im öffentlichen Interesse ... eingetragen am 23.11.1908.“

    Ich würde mir eher Gedanken um die Zulässigkeit der Eintragung machen. Zum Zeitpunkt der Eintragung galt das BGB. Bei uns, wo die Grundbücher am 01.01.1900 als angelegt galten, wäre die Eintragung nach § 53 GBO von Amts wegen zu löschen.

    Zur Zulässigkeit der Eintragung bei einem Rezess führt das OLG Naumburg 12. Zivilsenat in den Randziffern 9 und 10 des Beschlusses vom 17.08.2015, 12 Wx 48/14
    http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint
    aus:
    „Grundsätzlich dürfen nur solche Eintragungen vorgenommen werden, die das Gesetz vorschreibt oder zulässt, da dies an bestimmte Rechtswirkungen anknüpft (BGHZ 116, 392; BayObLG, NJW-RR 1998, 1389; Demharter, GBO, Rdn. 20, Anhangs zu § 13 GBO). Als Bestand werden im Grundbuch Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte gebucht. Als Rechtsverhältnisse an ihnen können nur Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Rechte an Grundstücksrechten je mit ihrem zugelassenen Inhalt, sowie Sicherungsmittel, Verfügungsbeschränkungen und sonstige Vermerke eingetragen werden, soweit sie vom Gesetz zur Eintragung bestimmt und zugelassen sind. Der Kreis der eintragungsfähigen Rechte, Rechtsverhältnisse und Vermerke ist damit abschließend geregelt (z. B. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rdn. 22). Hier ist auf Betreiben des Beteiligten 2003 die Gemeinschaft der Separationsinteressenten, die aus einem Rezess zur Gemeinheitsteilung für die weiterhin gemeinschaftliche Benutzung bestimmter nicht geteilter Grundstücke hervorgegangen ist, ohne Bezeichnung der einzelnen Interessenten als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden (z. B. OLG Hamm, RdL 1974, 73; Senatsbeschluss vom 31. Juli 2013, 12 Wx 36/13, zitiert nach JURIS; OLG Naumburg, OLG-NL 2003, 275, auch zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung der altrechtlichen Interessentengemeinschaften in Sachsen-Anhalt; Böttcher, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., Rdn. 23 zu § 123 GBO; Tröster, Subjektiv-dingliche Eintragung von Eigentum an sogenannten landwirtschaftlichen Zweckgrundstücken im Grundbuchanlegungs- und Flurbereinigungsverfahren, RPfl. 1960, 85, 88). Dem entspricht auch der durch § 4 Abs. 3 der Allgemeinen Verfügung des preußischen Justizministers zur Ausführung der Grundbuchordnung vom 20. November 1899, preuß. JMBl. 1899, 349 ff. eröffneten Eintragungsmöglichkeit für solche Personenmehrheiten. Bei der durch einen Rezess begründeten Gemeinschaft wird der Kreis der als Berechtigte eingetragenen Beteiligten nämlich durch diesen begrenzt; er ist aus der auf ihn verweisenden Eintragung im Grundbuch zu entnehmen (z. B. RG, HRR 1939 Nr. 611).

    Zu § 4 Abs. 3 der Allgemeinen Verfügung des preußischen Justizministers zur Ausführung der Grundbuchordnung vom 20. November 1899 siehe den hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post694148
    auszugsweise zitierten Beschluss des OLG Naumburg v. 15.04.2003, 11 Wx 15/02 = BeckRS 2003 30315935

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das musst du jetzt mal näher erläutern.

    Seit dem 01.01.1900 durften bei bpD nur natürliche und juristische Personen eingetragen werden. Bei GD war das herrschende Grundstück oder die Blattstelle anzugeben.

    Die Eintragung der Fragestellerin ist nicht BGB-Konform und daher von Amts wegen als inhaltlich unzulässig zu löschen.

    Es sei denn, es greift eine Ausnahmeregelung. In den Bezirken der meisten preußischen OLG, konnten "Altrechtliche Personenzusammenschlüsse" auf Ersuchen der Separationsbehörde auch nach dem 01.01.1900 eingetragen werden. Der Personenzusammenschluss musste aber als solcher erkennbar sein.

    Der "Murks", der im Ausgangssachverhalt eingetragen ist, fällt für mich im preußischen Bereich nicht unter einen nach dem 01.01.1900 eintragungsfähigen "Altrechtlichen Personenzusammenschluss".

  • Vielen lieben Dank für die zahlreichen Rückmeldungen, das hat mir auf jeden Fall schon ein wenig geholfen. Ich versuch es erst einmal beim Grundbuchamt, wenn das da direkt Auskunft geben kann...umso besser

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