§ 120a ZPO / zweckgebundene Schenkung

  • Der Beteiligten (Studentin) ist ratenfreie VKH bewilligt worden. Im Zuge der Überprüfung nach § 120a ZPO habe ich festgestellt, dass sie nach der Bewilligung Miteigentum an einer Immobilie erworben hat. Auf meine Nachfrage, wie hoch der Eigenkapitalbetrag war, reicht mir die beigeordnete Anwältin eine jetzt von der Mutter der Beteiligten ausgestellte "Bestätigung einer zweckgebundenen Schenkung" ein. Nach deren Inhalt erfolgte die Schenkung eines fünfstelligen Betrages seinerzeit zweckgebunden zur Finanzierung der von ihr mitbewohnten Immobilie in X-Stadt.

    Ohne die Zweckbindung wäre die Beteiligte wohl zur Rückzahlung der VKH-Kosten verpflichtet (Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 120a Rn. 17). Durch die Zweckbindung muss ich aber - sofern diese wirksam erfolgt ist - davon ausgehen, dass sie das Geld zur freien Verfügung nicht bekommen hätte und damit auch nicht in der Lage gewesen wäre, Zahlungen an die Staatskasse zu leisten.

    Für Eure Meinungen bedanke ich mich im Voraus. :)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Wenn es sich so verhalten hat, wie vorgetragen denke ich auch, du kommst weder an die Immobilie, noch an den Geldbetrag dran. Wenn das Geld wie angegeben von der Mutter gekommen ist, wird sich kaum beweisen lassen, dass die Schenkung nicht zweckgebunden gewesen ist.
    Was man evtl. noch machen könnte, wenn man dem Braten nicht traut, wäre der Spur des Geldes zu folgen. Die Höhe der Schenkung ist bekannt. Man könnte sich also die korrespondierenden Überweisungen belegen lassen. Also Zufluss auf das Konto der Tochter und von dort die Weiterleitung an einen Dritten (Verkäufer, Notar) oder halt direkt von der Mutter auf das Konto eines Dritten.
    Zumindest sieht man so, dass nichts bei der Tochter „kleben geblieben“ ist, wodurch sich die Sache mit der zweckgebundenheit ja deutlich relativieren würde (wenn z. B. angeblich 15.000 € zweckgebunden verschenkt wurden, aber nur 12.000 € ins Haus geflossen sind...).

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wenn es sich so verhalten hat, wie vorgetragen denke ich auch, du kommst weder an die Immobilie, noch an den Geldbetrag dran. Wenn das Geld wie angegeben von der Mutter gekommen ist, wird sich kaum beweisen lassen, dass die Schenkung nicht zweckgebunden gewesen ist.
    Was man evtl. noch machen könnte, wenn man dem Braten nicht traut, wäre der Spur des Geldes zu folgen. Die Höhe der Schenkung ist bekannt. Man könnte sich also die korrespondierenden Überweisungen belegen lassen. Also Zufluss auf das Konto der Tochter und von dort die Weiterleitung an einen Dritten (Verkäufer, Notar) oder halt direkt von der Mutter auf das Konto eines Dritten.
    Zumindest sieht man so, dass nichts bei der Tochter „kleben geblieben“ ist, wodurch sich die Sache mit der zweckgebundenheit ja deutlich relativieren würde (wenn z. B. angeblich 15.000 € zweckgebunden verschenkt wurden, aber nur 12.000 € ins Haus geflossen sind...).


    Mann kann natürlich nachforschen, wie von dir geschrieben. Allerdings bringt das auch nichts, wenn das Geld nicht mehr vorhanden ist.

    Und die aktuellen Vermögensstände muss die PKH-Partei ja wahrheitsgemäß angeben. ;)

  • Ob das Geld noch vorhanden ist, schert mich in manchen Fällen auch schon mal eher wenig. Entweder sie ist so zu stellen, als wäre das Geld noch da oder es wäre nach neuem Recht ohnehin eine Anzeige erforderlich gewesen.
    Aber natürlich muss man sich den Einzelfall ansehen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Mh, wenn sie die Immobilie selber bewohnt und diese angemessen ist, dürften sowohl die Schenkung aus auch die Immobilie unters Schonvermögen fallen.

    Wenn nicht, wrde ich an di Immobile rangehe, es sei denn:

    Es handelt ich um Erwerb von Vermögen, der gem. § 120 a ZPO zu einer wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse geführt hat. Und falls diese Veränderung nicht unverzüglich angezeigt wurde....

  • Ob das Geld noch vorhanden ist, schert mich in manchen Fällen auch schon mal eher wenig. Entweder sie ist so zu stellen, als wäre das Geld noch da oder es wäre nach neuem Recht ohnehin eine Anzeige erforderlich gewesen.
    Aber natürlich muss man sich den Einzelfall ansehen.

    Ohne die Zweckbindung würde ich in der Tat Einmalzahlung anordnen; dann hätte die Beteiligte zugleich gegen ihre Mitteilungspflicht aus § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO verstoßen.

    Ist die Zweckbindung hingegen wirksam erfolgt, muss der Betrag nicht eingesetzt werden. Formal mag dann ein Verstoß gegen die zitierte Vorschrift gegeben sein, allerdings würde ich darauf im konkreten Fall nicht abstellen, weil sich zwar die wirtschaftliche Gesamtsituation verbessert hat, der Vermögenszuwachs (in Gestalt der selbst genutzten Immobilie) aber nicht verwertet werden darf und ansonsten keine relevanten Veränderungen gegenüber dem Bewilligungszeitpunkt eingetreten sind.

    Vor diesem Hintergrund neige ich dazu, keine Änderung der Modalitäten zu beschließen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Unabhängig von den Schon-/Freibeträgen sind solche Schenkungen beim Finanzamt anzugeben. Unter Übersendung einer Kopie der Bestätigung der Schenkung an das Finanzamt kann man dort nachfragen, ob das angegeben wurde.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Der Hinweis einer Behörde an eine andere Behörde, dass eventuell ein Deliktsbestand vorliegen könnte, ist doch kein Anschwärzen. Die Prüfung, ob oder ob nicht gegen Steuerpflichten verstoßen wurde, obliegt zu erst dem Finanzamt. Nach deinem Hinweis auf § 30 AO wäre ich auch gar nicht in der Lage, diese Prüfung vornehmen zu können.

    Soweit ich weiß, gibt es sogar entsprechende, dienstliche Vorgaben.

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  • Ob das Geld noch vorhanden ist, schert mich in manchen Fällen auch schon mal eher wenig. Entweder sie ist so zu stellen, als wäre das Geld noch da oder es wäre nach neuem Recht ohnehin eine Anzeige erforderlich gewesen.
    Aber natürlich muss man sich den Einzelfall ansehen.

    Ohne die Zweckbindung würde ich in der Tat Einmalzahlung anordnen; dann hätte die Beteiligte zugleich gegen ihre Mitteilungspflicht aus § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO verstoßen.

    Ist die Zweckbindung hingegen wirksam erfolgt, muss der Betrag nicht eingesetzt werden. Formal mag dann ein Verstoß gegen die zitierte Vorschrift gegeben sein, allerdings würde ich darauf im konkreten Fall nicht abstellen, weil sich zwar die wirtschaftliche Gesamtsituation verbessert hat, der Vermögenszuwachs (in Gestalt der selbst genutzten Immobilie) aber nicht verwertet werden darf und ansonsten keine relevanten Veränderungen gegenüber dem Bewilligungszeitpunkt eingetreten sind.

    Vor diesem Hintergrund neige ich dazu, keine Änderung der Modalitäten zu beschließen.

    Das sehe ich anders: Ob es die wirtschaftliche Gesamtsituation ändert, entscheidet das Gericht. Daher die Mitteilungspficht. Die Aufhebung erfolgt ja nicht aufgrund der verbesserten Situation, sondern als Sanktion für die unterlassene Mitteilung.

    Und ich sehe auch bei einem Anteil nicht selbst genutzten Eigentums verwertbares Vermögen.

  • An den erworbenen Miteigentumsanteil komme ich nicht heran, weil die Beteiligte die Immobilie selbst bewohnt.

    Deinen zweiten Hinweis greife ich auf (darüber ist nach meiner Erinnerung schon einmal in einem anderen Thread kontrovers diskutiert worden:)) und werde Gelegenheit geben, zur Möglichkeit des § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Stellung zu nehmen.

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  • Habe gerade noch rechtzeitig bemerkt, dass es sich um einen Altfall (VKH wurde 2012 beantragt und bewilligt, Verfahren lief jedoch bis 2015) handelt, auf den § 120a ZPO keine Anwendung findet. Ergo: Kein Verstoß gegen die (damals noch nicht bestehende) Mitteilungspflicht und damit auch keine Änderung der Modalitäten.

    Vielen Dank für Eure Antworten und Anregungen! :)

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  • Der Aufhebungsgrund des § 124 I Nr. 4 ZPO läge im Übrigen auch nach neuer Rechtslage nicht vor. Eine "wesentliche Verbesserung", die Voraussetzung für eine Anzeigepflicht (§ 120a II 1 ZPO) und die Aufhebung ist, liegt in concreto ja gerade nicht vor. Weder der mittels zwckgebundener Schenkung erlangte Geldbetrag noch das damit erworbene, selbst genutzte Grundeigentum stellen einzusetzendes Vermögen dar.

    Die Argumentation, dass trotzdem eine Mitteilungspflicht besteht, da über die Wesentlichkeit das Gericht entscheidet geht fehl, da nach dem Gesetzeswortlaut eben nur "wesentliche Verbesserungen" angezeigt werden müssen. Ansonsten müsste die PKH Partei auch die 2,50 Euro, die sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, angeben, damit das Gericht prüfen kann, ob das zu einer wesentlichen Verbesserung führt. ;)

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Der Aufhebungsgrund des § 124 I Nr. 4 ZPO läge im Übrigen auch nach neuer Rechtslage nicht vor. Eine "wesentliche Verbesserung", die Voraussetzung für eine Anzeigepflicht (§ 120a II 1 ZPO) und die Aufhebung ist, liegt in concreto ja gerade nicht vor. Weder der mittels zwckgebundener Schenkung erlangte Geldbetrag noch das damit erworbene, selbst genutzte Grundeigentum stellen einzusetzendes Vermögen dar.

    Die Argumentation, dass trotzdem eine Mitteilungspflicht besteht, da über die Wesentlichkeit das Gericht entscheidet geht fehl, da nach dem Gesetzeswortlaut eben nur "wesentliche Verbesserungen" angezeigt werden müssen. Ansonsten müsste die PKH Partei auch die 2,50 Euro, die sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, angeben, damit das Gericht prüfen kann, ob das zu einer wesentlichen Verbesserung führt. ;)

    Dem möchte ich entschieden widersprechen.

    Richtig ist, dass nur wesentliche Verbesserungen der Einkünfte oder des Vermögens dem Gericht mitzuteilen sind.
    Was als wesentlich in Bezug auf die Einkünfte anzusehen ist, hat der Gesetzgeber in § 120a Abs. 2 S. 2 ZPO geregelt - eine Erhöhung der Bruttoeinkünfte um nicht nur einmalig 100,00 Euro brutto monatlich. Dies gilt gerade ungeachtet dessen, ob die Einkommenserhöhung tatsächlich auch dazu führt, dass sich eine Ratenzahlungspflicht ergibt. Das Gericht soll in Ansehung eines objektiven Umstandes informiert werden, um dann seine Aufgabe, nämlich den Einkommenseinsatz zu prüfen, vornehmen zu können (vgl. BT-Drs 17/11472, S. 34: " Inwieweit wegen dieser Erhöhung des Bruttoeinkommens auch eine Änderung der Bewilligungsentscheidung gemäß Absatz 1 veranlasst ist, hat das Gericht in einem zweiten Schritt nach Berechnung des gemäß § 115 Absatz 1 einzusetzenden Einkommens zu entscheiden.")

    Weshalb für die Mitteilung zum wesentlichen Vermögenszuwachs anderes gelten sollte, erschließt sich nicht. Hier hat der Gesetzgeber zwar den Begriff der Wesentlichkeit nicht definiert, weswegen auch weiterhin auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist. Danach ist eine Vermögensverbesserung wesentlich, wenn sich der Vermögenszufluss auf den wirtschaftlichen und sozialen Lebensstandard prägend ausgewirkt hat. Dies wird man wohl bei dem Zuwachs eines Miteigentums an einer selbst bewohnten Immobilie nicht bestreiten können, während zum Geburtstag zugewandte 2,50 Euro unter diesem Gesichtspunkt ersichtlich keine Rolle spielen.
    Auch hier soll das Gericht durch die Mitteilung erst in der Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob das zugewachsene Vermögen für die Prozesskosten einzusetzen ist oder nicht.
    Diese Beurteilung obliegt schlicht nicht der Partei als Vorfrage, ob sie eine Verbesserung anzuzeigen hat.

  • Für das Einkommen hat der Gesetzgeber eindeutig unter Nennung eines konkreten Betrages festgeschrieben, was eine wesentliche Verbesserung darstellt. Für das Vermögen hat er das - wie du das selbst feststellst - nicht. Dem Bürger eine nicht genau umrissene Mitteilungspflicht aufzuerlegen, ist aus Rechtsklarheitsgesichtspunkten problematisch. Deswegen führt der Gesetzgeber in der von dir zitierten Drucksache unmittelbar vor der von dir zitierten Stelle auch aus (Hervorhebung durch mich):

    "Die Bestimmung des neuen Absatzes 2 Satz 2 gibt für den besonders relevanten Fall der Einkommensverbesserung eine feste Wertgrenze für das Vorliegen einer wesentlichen Veränderung vor. Danach ist eine Einkommensverbesserung erst ab einer Erhöhung von monatlich 100 Euro mitteilungspflichtig. Maßgeblich ist der Bruttobetrag, da er für die Partei anders als ein Nettobetrag einfach und ohne weitere Rechenschritte zu ermitteln ist."

    Aus dem letzten Satz ergibt sich, dass der Gesetzgeber sich in die Pflicht genommen sah, die Mitteilungspflicht für den Bürger einfach nachvollziehbar auszugestalten.

    Für das Vermögen ergibt sich dagegen keinerlei Anhaltspunkt, was "wesentlich" sein soll, insbesondere kann auch auf die von dir zitierte Formel der alten Rechtsprechung nicht mehr zurückgegriffen werden (Groß, in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, § 120a ZPO, Rn. 9). Selbst wenn: Die Kenntnis dieser Definition wird von ihm kaum erwartet werden können, in der Regel wird über diese Definition auch keine Belehrung gemäß § 120a II 4 erfolgt sein. Mangels Anhaltspunkten davon auszugehen, dass dann eben jeder Vermögenszuwachs anzeigepflichtig ist, kann auch nicht zutreffend sein: Denn dann wären eben auch die 2,50 Euro anzeigepflichtig, im Übrigen würde das Tatbestandsmerkmal "wesentlich" leerlaufen. Aus diesem Grund ist mit der Literatur anzunehmen, dass es eben keine Anzeigepflicht für nicht verwertbares Vermögen gibt (ausführlich hierzu: Groß, in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, § 120a ZPO, Rn. 9).

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



    Einmal editiert, zuletzt von DeliriumDriver (11. Oktober 2018 um 19:40)

  • Jetzt muß ich mal nachfragen. Warum ist eine Immobilie kein einzusetzendes Vermögen. Wir hatten hier eine VKH-Ablehnung mit der Begründung, daß die Mandantin 1/2 Eigentümerin einer Eigentumswohnung ist, die dann eben beliehen werden muß :gruebel:

    Wer Schmetterlinge Lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.
    Carlo Karges

  • Jetzt muß ich mal nachfragen. Warum ist eine Immobilie kein einzusetzendes Vermögen. Wir hatten hier eine VKH-Ablehnung mit der Begründung, daß die Mandantin 1/2 Eigentümerin einer Eigentumswohnung ist, die dann eben beliehen werden muß :gruebel:

    Welche Bank akzeptiert eine dingliche Sicherung, die nur auf einem Miteigentumsanteil lastet? Spätestens bei der Verwertung des Pfandobjekts gäbe es Schwierigkeiten, denn wer - außer vielleicht dem anderen Miteigentümer - erwirbt in der Zwangsversteigerung (nur) einen Miteigentumsanteil?

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

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