Mal wieder: Fehlende Unterschrift = Löschung durch Nichtmitübertragung

  • Hallo Forum,

    nachdem ich mir hier mehrere Threads zum Thema „fehlende Unterschrift“ durchgelesen habe, bin ich noch immer unsicher, daher möchte ich Euch meinen Fall schildern:

    In einem alten Papiergrundbuch waren 2 Grundschulden eingetragen:
    III/1 Briefrecht , III/2 Buchrecht - Gläubigerin ist bei beiden Rechten dieselbe

    1998 wurde das Blatt umgeschrieben, wieder auf Papier. Hierbei wurden beide Rechte übertragen, jeweils mit eigenem Übertragungsvermerk, aber III/1 vom Rechtspfleger nicht unterzeichnet, III/2 hingegen schon.
    2003 wurde das Blatt eingescannt und steht seither so in SolumStar mit der fehlenden Unterschrift.

    Nun reicht mir eine Zessionarin eine Abtretung III/1 ein nebst Grundschuldbrief und Antrag, sie als neue Gläubigerin III/1 einzutragen.

    Meine Überlegungen dazu:

    III/1 ist 1998 durch Nichtmitübertragung erloschen. Eine Nachholung der Unterschrift scheidet wohl aus. III/2 dürfte nun erstrangig sein.

    Kann die Zessionarin das (materiell ja noch existente) Recht III/1 gutgläubig erworben haben? Immerhin ist es ein Briefrecht und wird außerhalb des GB erworben. Ich denke trotzdem nein, da die fehlende Unterschrift offensichtlich ist.

    D.h. für mich, ich müsste nun zunächst III/1 röten und einen klarstellenden Vermerk anbringen bezüglich der erfolgten Löschung durch Nichtmitübertragung. Richtig? Außerdem den Brief unbrauchbar machen. Der aktuelle Antrag (Abtretung) müsste zurückgenommen oder zurückgewiesen werden.

    Im Kommentar steht zu § 46 GBO, dass bei versehentlicher Löschung ein Amtswiderspruch geboten sein kann, andererseits zu § 44 GBO, dass nicht unterschriebene Rechte unwirksam sind und nicht gutgläubig erworben werden können, dann also kein Amtswiderspruch.
    Wie seht Ihr das? Gilt das letztere nur für die originäre Eintragung des Rechts (die hier ja wirksam war)?

    Und wie kommen die Beteiligten anschließend zur gewünschten heutigen Rechtslage?

    Entsprechenden Antrag vorausgesetzt, müsste ich das Recht III/1 aufgrund der in der Akte noch vorhandenen Bewilligung neu eintragen können. (Der Eigentümer ist noch derselbe wie damals.) Dann aber mit Rang nach III/2.

    Anschließend müssten die Beteiligten das Procedere mit Abtretungserklärung und Briefübergabe neu machen. Plus Rangänderung.

  • Das nicht unterschriebene Recht kann nicht lastenfrei erworben werden, das ist richtig. Das (vermeintlich) lastenfreie Grundstück allerdings schon, daher der Hinweis bei § 46 GBO auf den Amtswiderspruch.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das vermeintliche Rätsel löst sich rasch in Wohlgefallen auf, wenn man stringent zwischen der Löschung des Rechts und seinem materiellen Erlöschen und dementsprechend zwischen Verfahrensrecht und materiellem Recht unterscheidet, weil man sonst nicht zu einer zutreffenden Lösung gelangt.

    Ein durch Nichtübertragung gelöschtes Recht ist nicht materiell erloschen, weil es hierfür an der materiellen Aufgabeerklärung fehlt (§ 875 BGB) und ein materielles Erlöschen des Rechts aufgrund gutgläubigen Erwerbs kommt nach dem Sachverhalt nicht in Betracht.

    Damit ist das Recht III/1 weiterhin materiell existent und hat natürlich auch weiterhin Vorrang vor III/2. Ein Vorrang von III/2 wäre nur aufgrund einer Rangänderung oder aufgrund gutgläubigen Erwerbs möglich. Auch dies kommt beides nach dem Sachverhalt nicht in Betracht.

    Das Recht III/1 existiert materiell und es steht auch materiell seinem Gläubiger zu. Wenn dieser Gläubiger das Recht abtritt, steht ein gutgläubiger Erwerb also gar nicht in Frage, weil der Zessionar nicht vom Nichtberechtigten, sondern vom Berechtigten erwirbt.

    Die Lösung ist also: Das Recht ist im Wege der Grundbuchberichtigung (auf Antrag) wieder einzutragen und dabei (natürlich bei beiden Rechten) zu vermerken, dass es Rang vor III/2 hat. Und im Zuge der Wiedereintragung kann dann auch die Abtretung vollzogen werden.

  • Vielen Dank, das leuchtet ein. In der Tat finde ich die Unterscheidung zwischen Verfahrensrecht und materiellem Recht in diesen Fällen knifflig.


  • Das vermeintliche Rätsel löst sich rasch in Wohlgefallen auf, wenn man stringent zwischen der Löschung des Rechts und seinem materiellen Erlöschen und dementsprechend zwischen Verfahrensrecht und materiellem Recht unterscheidet, weil man sonst nicht zu einer zutreffenden Lösung gelangt.

    Ein durch Nichtübertragung gelöschtes Recht ist nicht materiell erloschen, weil es hierfür an der materiellen Aufgabeerklärung fehlt (§ 875 BGB) und ein materielles Erlöschen des Rechts aufgrund gutgläubigen Erwerbs kommt nach dem Sachverhalt nicht in Betracht.

    Damit ist das Recht III/1 weiterhin materiell existent und hat natürlich auch weiterhin Vorrang vor III/2. Ein Vorrang von III/2 wäre nur aufgrund einer Rangänderung oder aufgrund gutgläubigen Erwerbs möglich. Auch dies kommt beides nach dem Sachverhalt nicht in Betracht.

    Das Recht III/1 existiert materiell und es steht auch materiell seinem Gläubiger zu. Wenn dieser Gläubiger das Recht abtritt, steht ein gutgläubiger Erwerb also gar nicht in Frage, weil der Zessionar nicht vom Nichtberechtigten, sondern vom Berechtigten erwirbt.

    Die Lösung ist also: Das Recht ist im Wege der Grundbuchberichtigung (auf Antrag) wieder einzutragen und dabei (natürlich bei beiden Rechten) zu vermerken, dass es Rang vor III/2 hat. Und im Zuge der Wiedereintragung kann dann auch die Abtretung vollzogen werden.

    Volle Zustimmung !

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