Kfz-Versicherer - unseriöse Praktiken

  • Ich will hier mal ein etwas "artfremdes" Thema starten. Ein sehr bekannter und sehr günstiger Kfz-Versicherer scheint zu folgender Praktik übergegangen zu sein:


    Fast alle - zumindest kleineren - Ansprüche eines Unfallgegners werden zurückgewiesen. Das gilt auch für berechtigte Ansprüche. Kommt es dann zum Prozess, wird der Anspruch sofort reguliert, einer Erledigterklärung des Klägers wird schon im Vorfeld zugestimmt, und die Versicherung erklärt sich bereit, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen (im Hinblick auf Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG).


    Soweit so (un)gut. Das Problem:
    Regelmäßig wird der Fahrer/Halter des Kfz ebenfalls verklagt. Ich habe jetzt zwei Fälle in der Kostenerinnerung (es wurde Erinnerung gegen den KfB eingelegt mit dem Ziel der Reduzierung der GK von 3,0 auf 1,0 Gebühren), in denen der Fahrer/Halter keine Erklärungen abgegeben hat. Das Gericht hat nach § 91a ZPO nach Lage der Akten entschieden und den Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten auferlegt. Im Hinblick auf die beklagte Versicherung ist die Ausnahme der Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG zwar erfüllt, aber nicht im Hinblick auf den beklagten Fahrer/Halter. Ich bin daher der Auffassung, dass hier eine Reduzierung nicht eingetreten ist, da das Gericht ja (auch) nach Lage der Akten entschieden hat (ist in den Gründen auch so enthalten).


    Hat jemand von Euch ähnliche Probleme oder Erfahrungen mit Kfz-Versicherern?


    Mal abgesehen davon ist die Masche völlig unseriös. Wenn nur 10-20% der berechtigten Ansprüche eingeklagt werden, mach die Versicherung einen Gewinn, zumal sich die Verfahrenskosten bei niedrigen Werten in Grenzen halten.

  • Regelmäßig wird der Fahrer/Halter des Kfz ebenfalls verklagt. Ich habe jetzt zwei Fälle in der Kostenerinnerung (es wurde Erinnerung gegen den KfB eingelegt mit dem Ziel der Reduzierung der GK von 3,0 auf 1,0 Gebühren), in denen der Fahrer/Halter keine Erklärungen abgegeben hat. Das Gericht hat nach § 91a ZPO nach Lage der Akten entschieden und den Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten auferlegt. Im Hinblick auf die beklagte Versicherung ist die Ausnahme der Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG zwar erfüllt, aber nicht im Hinblick auf den beklagten Fahrer/Halter. Ich bin daher der Auffassung, dass hier eine Reduzierung nicht eingetreten ist, da das Gericht ja (auch) nach Lage der Akten entschieden hat (ist in den Gründen auch so enthalten).


    Soweit das Gericht allein nach § 91a ZPO entschieden hat, ist offebar der gesamte Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden (ggf. durch die Fiktion des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO) und der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG erfüllt. Denn andernfalls hätte das Gericht eine gemischte Kostenentscheidung (also hinsichtlich der Versicherung nach § 91a ZPO und hinsichtlich der weiteren Beklagten nach § 91 ZPO) treffen müssen. Andernfalls hätte ja auch ein Urteil nach § 331a ZPO oder ein Feststellungsurteil (Erledigung auch hinsichtlich des Halters und Fahrers) ergehen müssen und nicht lediglich die Kostenentscheidung. Soweit im Rahmen der Entscheidung nach § 91a ZPO "nach Lage der Akten entschieden" wurde, ist damit dann wohl "unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen" (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO) gemeint.

    Bei Gesamtschuldnern erledigt sich der gesamte Rechtsstreit durch Zahlung eines der Beklagten nur dann nicht, wenn die Gesamtschuld selbst streitig ist (BGH, NJW 2000, 1120). Wenn aber einer der gesamtschuldnerisch verklagten Parteien mit Billigung der übrigen beklagten Parteien den Urteilsbetrag zahlt, erlischt damit auch das Schuldverhältnis der übrigen Parteien. In diesen Fällen geht die Rechtsprechung von einer materiellen Erledigung der Hauptsache aus (BGH, a.a.O., m.w.N. für den Fall der Rechtsmittelbeschwer bei Zahlung zwischen den Instanzen).

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  • Bei Gesamtschuldnern erledigt sich der gesamte Rechtsstreit durch Zahlung eines der Beklagten nur dann nicht, wenn die Gesamtschuld selbst streitig ist (BGH, NJW 2000, 1120). Wenn aber einer der gesamtschuldnerisch verklagten Parteien mit Billigung der übrigen beklagten Parteien den Urteilsbetrag zahlt, erlischt damit auch das Schuldverhältnis der übrigen Parteien. In diesen Fällen geht die Rechtsprechung von einer materiellen Erledigung der Hauptsache aus (BGH, a.a.O., m.w.N. für den Fall der Rechtsmittelbeschwer bei Zahlung zwischen den Instanzen).


    Und da liegt das Problem. Der weitere Beklagte hat sich überhaupt nicht geäußert, er hat also auch nichts gebilligt. In einem der zwei Fälle ist die Versicherung dem Mitbeklagten sogar als Nebenintervenient beigetreten, obwohl ich persönlich einen solchen Beitritt im besagten Fall nicht für zulässig halte (der Versicherung kommt es ja nicht auf das Obsiegen des Mitbeklagten an, vielmehr will sie nur Gerichtskosten sparen).

  • Bei Gesamtschuldnern erledigt sich der gesamte Rechtsstreit durch Zahlung eines der Beklagten nur dann nicht, wenn die Gesamtschuld selbst streitig ist (BGH, NJW 2000, 1120). Wenn aber einer der gesamtschuldnerisch verklagten Parteien mit Billigung der übrigen beklagten Parteien den Urteilsbetrag zahlt, erlischt damit auch das Schuldverhältnis der übrigen Parteien. In diesen Fällen geht die Rechtsprechung von einer materiellen Erledigung der Hauptsache aus (BGH, a.a.O., m.w.N. für den Fall der Rechtsmittelbeschwer bei Zahlung zwischen den Instanzen).


    Und da liegt das Problem. Der weitere Beklagte hat sich überhaupt nicht geäußert, er hat also auch nichts gebilligt.


    Ich meine, daß die Billigung nicht ausdrücklich erfolgen muß, sondern umgekehrt die Mißbilligung. Die Billigung kann auch konkludent geschehen, z. B. durch den unterlassenen Widerspruch nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO. Der Punkt kann m. E. aber auch letztlich dahingestellt bleiben. Denn kostenrechtlich kommt es für mein Dafürhalten allein darauf an, ob das Gericht von der gesamten Erledigung des Rechtsstreites ausgegangen ist und deshalb insgesamt nach § 91a ZPO entschieden hat. Liegt ausschließlich eine solche Entscheidung vor und folgt sie der Kostenübernahmeerklärung der Partei(en), dann ist m. E. objektiv der Tatbestand der Nr. 1211 KV Nr. 4 VV auch erfüllt - unabhängig von der Frage, ob das Gericht so entscheiden durfte/konnte.

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