Nachlass nicht überschuldet

  • Guten Morgen,

    ich habe folgenden Fall:

    Es schlagen einige Erben aus, da diese eine Überschuldung des Nachlasses vermuten.

    Es wird Nachlasspflegschaft angeordnet, da Grundbesitz vorhanden ist.

    Eine (eigentlich nachrangige) Erbin wird durch eine gesetzliche Betreuerin vertreten, welche nicht ausgeschlagen hat, da der Nachlasspfleger sie darüber informiert hatte, dass der Nachlass wahrscheinlich nicht überschuldet ist.


    Es steht nunmehr fest, dass der Nachlass tatsächlich nicht überschuldet ist.

    Jetzt soll Erbscheinantrag gestellt werden.

    Würdet ihr die Erben, die ausgeschlagen haben darüber informieren, dass der Nachlass nicht überschuldet ist oder diese im Rahmen des Erbscheinsverfahrens anhören, obwohl sie bereits ausgeschlagen haben?

    Sie könnten ja unter Umständen die Ausschlagung wirksam anfechten.

  • Nö!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Naja aber wie sollen Sie davon jetzt gemals Kenntnis erlangen?

    Sie werden ja gar nicht mehr am Verfahren beteiligt....


    Das ist nunmal das Risiko der (potentiellen) Erben.

    Die meisten Ausschlagenden wissen auch nicht konkret, ob tatsächlich eine Überschuldung des Nachlasses vorliegt.

    Sendest du den Ausschlagenden nach Eingang eines Nachlassverzeichnisses auch stets eine Kopie, damit sie erfahren, wie der Bestand des Nachlasses ist und sie vielleicht noch anfechten können? :gruebel:

  • Naja aber wie sollen Sie davon jetzt gemals Kenntnis erlangen?

    Sie werden ja gar nicht mehr am Verfahren beteiligt....

    Darum müssen sie sich selbst kümmern. Wenn sie ausgeschlagen haben, sind sie keine Beteiligten mehr und werden über nichts informiert.
    Das muss ihnen klar sein. Das NLG ist nicht dafür zuständig, ihnen zu sagen, dass nun doch was zu erben ist.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Wir schicken einfach Kostenrechnung raus. Zum Zeitpunkt der Erklärung war nicht klar, dass Nachlass vorhanden ist und es wurde die Mindestgebühr in Rechnung gestellt, da eine Überschuldung vorgetragen wurde.

    Das müsste man jetzt noch korrigieren und nachfordern...

  • Wir schicken einfach Kostenrechnung raus. Zum Zeitpunkt der Erklärung war nicht klar, dass Nachlass vorhanden ist und es wurde die Mindestgebühr in Rechnung gestellt, da eine Überschuldung vorgetragen wurde.

    Das müsste man jetzt noch korrigieren und nachfordern...

    Nicht müsste: MUSS! Was die Ausschlagenden dann daraus machen, ist ihre Sache.

    Und wenn Du unbedingt möchtest, dass sie Kenntnis vom positiven Nachlass bekommen, solltest Du es zeitnah machen.

    Esra 7, Vers 25
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  • LG München, 31 Wx 20/10:

    "Das Nachlassgericht ist grundsätzlich nicht befugt, über die Wirksamkeit einer Ausschlagung der Erbschaft außerhalb eines Erbscheinsverfahrens förmlich zu entscheiden."

    Jetzt mal ganz dogmatisch:

    Wenn das Gericht erst mit der Erteilung des Erbscheins über die Wirksamkeit der Ausschlagung entscheidet, dann ist bezüglich dieser Entscheidung natürlich der Ausschlagende in Kenntnis zu setzen bzw. zuvor anzuhören. Da kann es keine andere Ansicht geben. Mit der Erbscheinserteilung erfolgt die Entscheidung über die Wirksamkeit der Ausschlagung und damit ist eine Beteiligtenstellung des ausgeschlagenen Erben selbstverständlich gegeben; zumindest soweit es um die Frage der Wirksamkeit seiner Ausschlagung geht.

    Und mal ehrlich: Vielleicht spart man sich dabei noch eine Menge Arbeit, wenn nämlich dann ein vorrangig berufener Erben (wirksam) anficht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ganz dogmatisch weitergedacht (aber schon etwas off topic):

    Nach dieser Rechtsprechung müsste ich wohl im Falle einer NLP bei einem beabsichtigten Grundstücksverkauf die Ausschlagenden ebenfalls zur Genehmigung des Rechtsgeschäfts anhören, weil sie ja noch Beteiligte sind.

  • Richtig und wird auch immer wieder so gemacht. Bis hin zur Anhörung zur Vergütung des NLP usw.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (24. Oktober 2018 um 17:37) aus folgendem Grund: Vergütung statt Verfügung

  • Es ist in der Tat unsinnig, aber kein Unsinn.

    Zumindest bei solchen Verfahren, bei denen es nicht um die reine Prüfung der Wirksamkeit der Ausschlagung geht, sehe ich auch keine unmittelbare Betroffenheit des Ausgeschlagenen und würde deswegen diesen ebenso nicht beteiligen. Man kann aber, wenn man will.

    Aber dass er im Erbscheinsverfahren angehört werden muss, ist für mich klar.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (24. Oktober 2018 um 17:37)

  • Danke, da hab ich nochmal was gelernt. :)

    Bin bislang immer davon ausgegangen, dass ich denjenigen, der ausgeschlagen hat gar nicht mehr im Erbscheinsverfahren hören muss, sondern allenfalls hören kann. :gruebel:

    Aber man entscheidet ja tatsächlich erst im Erbscheinsverfahren über die Wirksamkeit.

    Auf die Idee diese noch an weiteren Genehmigungsverfahren im laufenden Nachlasspflegschaftsverfahren zu beteiligen bin ich bislang noch gar nicht gekommen.
    Das wäre in der praktischen Handhabung teilweise ja ein enormer Aufwand.
    Dann könnte man ja überlegen, ob man diese erklären lässt, dass sie auf eine weitere Beteiligung am Verfahren verzichten.

    Ich werde dann vorab die anderen wohl doch informieren, bevor angefochten wird und dann der Erbscheinsantrag nochmal zu ändern ist usw.

    Danke!

  • Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass meines Erachtens der Ausschlagende nicht eine Kopie des ESA erhalten sollte, sondern es ausreichend ist, wenn man ihm schreibt, dass die von ihm abgegebene Ausschlagung im Rahmen eines jetzt gestellten ESA als wirksam angesehen wird und deswegen das Gericht beabsichtigt, dem beantragten ESA für nachrangige bzw. weiterberechtigte Erben stattzugeben. Sofern er Einwände gegen diese Feststellung hat, möge er die bitte binnen 4 Wochen vorbringen, da anderenfalls der beantragte ES erteilt wird.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (24. Oktober 2018 um 21:53)

  • Ich halte das vorgeschlagene Prozedere für nicht richtig.

    Wer frist- und formgerecht ausschlägt, scheidet (prima facie) aus der Erbfolge aus. Er ist dann am Erbscheinsverfahren auch nicht beteiligt (das NLG kann ihn aber hinzuziehen). An seinem "Status" (Nicht-Erbe = Nicht-Beteiligter) kann sich erst etwas ändern, wenn Umstände bekannt werden, die Erbausschlagungserklärung als nicht wirksam erscheinen lassen (z. B. eine konkludente Erbannahme vorliegt durch Verfügung über NL-Gegenstände o. Ä.) oder er eine Erklärung abgibt, die an diesem Zustand etwas ändern kann (Anfechtung der Erbausschlagung).

    Ich stelle mir gerade die EAS-Verfahren vor, in denen 20 oder mehr Personen verschiedener Erbordnungen ausgeschlagen haben. In diesen Verfahren müsste man also beim ES-Antrag (oder bei Genehmigungen im NLP-Verfahren) abgestuft anhören, zuerst z. B. die ausschlagenden Kinder eines EL, nach fruchtlosem Ablauf der Stellungnahmefrist (wegen § 1954 I BGB konsequenterweise 6 Wochen?) die Enkel usw.

    Dann kann das jeweilige Verfahren (ES-Erteilung, Erteilung nlg-Genehmigung) schon recht lang hinziehen.

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