2,9 Millionen Euro vorgefundene Anlagen bei Betreuungsbeginn. Was ist zu veranlassen?

  • Habe eine neue Betreuung bekommen.Der Betreute leidet unter fortschreitender Demenz. Er hat ein Vermögen vonknapp 2,9 Millionen € mit der Tendenz zu noch mehr. Das Vermögensverzeichnisist insofern noch nicht ganz komplett. Das Problem besteht darin, dass dieAnlagen auf der "ganzen Welt" verteilt sind. Neben vielen deutschenBanken sind z.B. auch welche in Singapur dabei. Zumeist in Beträgen von 40.000€ - 100.000 €. Einige Banken machen bereits jetzt Schwierigkeiten bei derSammlung der Informationen.
    Fragen:

    Was muss ich als Betreuungsgerichtunternehmen, um meiner Aufsichtspflicht zu genügen?


    Inwieweit bin ich für die korrekteAnlegung des Geldes verantwortlich? Reicht es mir

    Anlagevorschläge unterbreiten zulassen und diese dann zu genehmigen?


    Bin ich gehalten, auf bestimmteAnlagesysteme hinzuweisen oder auf Auflösung von Anlagen zu drängen? Ich habeselber überhaupt keine Ahnung von Geldanlagen!

    Kann ich einen Wirtschaftsprüfer einschaltenoder die Einschaltung anregen, der das Anlagegeflecht aufdröselt und das Risikoder Anlagen und ggf. eine Neuanlage prüft?


    Es handelt sich zwar um einenehrenamtlichen Betreuer, dieser hat aber ein volljuristisches Studium hintersich gebracht und ist dementsprechend rechtlich gut aufgestellt. Hier bedarf eskeiner großen Erläuterungen oder Rechtfertigungen mehr. Leider gehört er nichtzum Kreise der möglichen Erben dieses Riesenvermögens. Insofern ist einespätere gerichtliche Überprüfung möglich und eine formvollendete Führung derBetreuung mehr als angezeigt.

    Wer kann mir Tipps geben? Ich binfür alles dankbar, was mich ruhiger schlafen lässt…

  • Sind sich denn alle einig, dass man den Betreuer "zwingen" muss, dass vom Betroffenen angelegte Geld neu anzulegen? Das lese ich zumindest im Moment so raus...

    Ich hatte den Fall bislang noch nicht oft und die Geldanlagen waren in Ordnung, aber ich hätte ein Problem damit, einfach zu sagen, das, was der Betroffene selbst gemacht und gewollt hat, muss jetzt geändert werden, insbesondere, weil bei Neuanlage der Gelder die (mutmaßlichen) Wünsche des Betroffenen und sein bisheriges Anlageverhalten berücksichtigt werden sollen.

  • Ich teile die Ansicht von Mieze.

    Ein Rechtspfleger muss das etwaige Risiko eines Aktien- oder Anleihenfonds bei Zurverfügungstellung aller relevanten Unterlagen selbst beurteilen können, denn ansonsten stellt sich die Frage, was ein Rechtspfleger überhaupt noch beurteilen kann.
    Cromwell unter
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?87317-Geldanlage-nach-§-1811-BGB&p=1149004#post1149004
    #7

  • Ich lese da weniger die Aufforderung heraus, die Anlageformen schnellstmöglich zu kappen. Ansinnen war doch eher, sich einen Überblick zu verschaffen.

    Das ist zwar auch nicht originäre Aufgabe des Gegenbetreuers, aber ggf. kann man eine Person damit ködern:

    1. bei der Aufstellung des Vermögensverzeichnisses helfen
    2. zukünftig weitere Anlagen prüfen und Berichte checken

    Kann mir durchaus vorstellen, dass für pensionierte Rechtspfleger das ein schöner Fall sein kann.

    OT: Wer ist Mieze?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Nein, bestehende Anlagen müssen auch aus meiner Sicht nicht zwingend aufgelöst werden. Aber bei so einem hohen Vermögen hat man üblicherweise immer wieder den Fall, dass eine bestehende Anlage ausläuft, dann muss man sich natürlich schon überlegen, wie das neu angelegt werden soll und dann unterliegt das auch der Prüfung und Genehmigung des Betreuungsgerichts.

  • Wenn ich mal aus dem Palandt zitieren darf:

    "Der Betreuer führt sein Amt selbständig. Das Gericht hat sich daher auf Aufsicht und Unterstützung durch Beratung zu beschränken und darf, abgesehen von bestimmten Ermächtigungen [...] nicht bindende Anweisungen erteilen."

    (weil oben was von "zwingen" stand)

  • Wenn aber objektiv feststeht, dass eine Geldanlage höchst riskant ist oder bereits zu Schäden geführt hat (z.B. Schrottimmobilien oder aktuell: Geldanlage in Schiffscontainern) wird man dem Betreuer schon auf die Füße treten müssen, dass er sich - soweit überhaupt noch möglich - von der Geldanlage trennt oder Ansprüche gegen die Vermittler überprüfen lässt.

  • Erst einmal vielen Dank für die Antworten! Mein Problem sind die wirklich in aller Welt angelegten Geldbeträge. Die Anlagen erstrecken sich sogar auf Banken in Singapur. Diese sind äußerst unkooperativ. U.U. sind noch weitere Anlagen vorhanden. Allein ein Wertpapierdepot einer deutschen Bank hat einen Bestand von über 950.000 €. Hier ist die Steuerung dieser Anlage eine Fondmanager der Bank übertragen. Ich habe nicht besonders viel Ahnung, aber mein Bauch sagt, dass geht irgendwie nicht. Die verwalten das Depot nach eigenem Gusto. Diese vorgefundenen Anlagen machen mir Sorge! Deshalb meine Bitte um Rat. Wie funktioniert das mit einem Gegenbetreuer? Wäre der ggf. zu bestellen? Hat das schon einmal jemand gemacht?

  • Allein ein Wertpapierdepot einer deutschen Bank hat einen Bestand von über 950.000 €. Hier ist die Steuerung dieser Anlage eine Fondmanager der Bank übertragen. Ich habe nicht besonders viel Ahnung, aber mein Bauch sagt, dass geht irgendwie nicht. Die verwalten das Depot nach eigenem Gusto.

    Nein, das machen sie nicht. Sie verwalten gemäß den Anweisungen die der Kunde bei Depoteröffnung und Abschluß des Vermögensverwaltungsvertrags gegeben hat. Sie machen das unter anderem auch deshalb, weil der typische Anleger weder Zeit noch Marktkenntnis genug hat, um sein Depot effektiv zu managen.

    Aber wie gesagt, dafür gibt's Betreuer. WEnn er etwas bestimmtes genehmigt haben will, kann man dann darüber nachdenken, ob er es macht. Was die Singapurer angeht, was meinst Du wie kooperativ eine Bank in Deutschland ist wenn das singapurische Gericht ihr - mit etwas Glück in englischer Sprache - mitteilt, ein Herr Lee Ho Wan aus Singapur stehe nun unter Vormundschaft und man möge bitte Kontoauszüge verschicken?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Allein ein Wertpapierdepot einer deutschen Bank hat einen Bestand von über 950.000 €. Hier ist die Steuerung dieser Anlage eine Fondmanager der Bank übertragen. Ich habe nicht besonders viel Ahnung, aber mein Bauch sagt, dass geht irgendwie nicht. Die verwalten das Depot nach eigenem Gusto.

    Nein, das machen sie nicht. Sie verwalten gemäß den Anweisungen die der Kunde bei Depoteröffnung und Abschluß des Vermögensverwaltungsvertrags gegeben hat. Sie machen das unter anderem auch deshalb, weil der typische Anleger weder Zeit noch Marktkenntnis genug hat, um sein Depot effektiv zu managen.

    Aber wie gesagt, dafür gibt's Betreuer. WEnn er etwas bestimmtes genehmigt haben will, kann man dann darüber nachdenken, ob er es macht. Was die Singapurer angeht, was meinst Du wie kooperativ eine Bank in Deutschland ist wenn das singapurische Gericht ihr - mit etwas Glück in englischer Sprache - mitteilt, ein Herr Lee Ho Wan aus Singapur stehe nun unter Vormundschaft und man möge bitte Kontoauszüge verschicken?

    Das mag ja alles sein, angesichts des überbordenen Anteils an Wertpapieren habe ich ein schlechtes Gefühl dabei und stelle mir schon die Frage, ob ich nicht auf andere Anlageformen und eine bessere Streuung umstellen sollte.

  • Ergänzung: Gesamtvermögen 2,9 Millionen - hiervon 1,97 Millionen in verschiedenen Wertpapierdepots. Der Rest in Immobilien und unkritischen Tagesgeldkonten. Das kann man doch nicht so lassen!? Oder?


    Was spricht dagegen? :gruebel:

    Die Anlagen wurden vom Betroffenen zu Zeiten der Geschäftsfähigkeit selbst so gewählt, entsprechen also seinem Willen. Um Änderungen herbeizuführen, muss der Betreuer also triftige Gründe haben, die mit der konkreten einzelnen Anlage zusammenhängen (z. B. drohende Verluste). Kein Grund dürfte somit ein hoher Anteil an Wertpapieren in Bezug auf das Gesamtvermögen sein. Das wollte der jetzt Betreute so.

  • Das mit der mündelsicheren Geldanlage gilt für Geld, das der Betreuer anlegt und nicht für Geld, welches der Betreute selbst angelegt hat. Ohne seine Zustimmung ist d m.E. nichts zu veranlassen.

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