Verfahrenseinleitendes Schriftstück

  • Guten Morgen,

    Ich habe einen KFB gegen einen Bekl. (Jurist. Person) im Ausland erlassen, der durch seinen BV in Deutschland vertreten wurde.
    Den KFA habe ich nur formlos übersandt (an den BV). Der KFB wurde ordnungsgemäß an den BV zugestellt, es ging kein Rechtsmittel ein.

    Nun beantragt der KV die Erteilung einer Bestätigung als europ. VT.
    Das verfahrenseinleitende Schriftstück wurde ja nun aber nur formlos übersandt.
    Jetzt frage ich mich gerade, wie ich die Kuh vom Eis bekomme - ist das ein Fall der Heilung nach Art. 18 Abs. 2? Allerdings hat sich der Schuldner ja nicht gemeldet und Passivität reicht nicht aus.

  • Die Gläubigerpartei hat vorliegend die Wahl zwischen der Bestätigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel über unbestrittene Forderungen nach der EU-Verordnung Nr. 805/204 (EuVTVO) und der Erteilung einer Bescheinigung (Formblatt I Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012).

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    Die verfahrensrechtlichen Mindeststandards der EU-Verordnung Nr. 805/2004 liegen bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht vor.
    Der rechtskräftige Kostenfestsetzungsbeschluss kann daher nur als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, wenn eine Heilung der Verfahrensmängel nach Art. 18 I und II EuVTVO eingetreten ist.

    Fraglich ist, ob in der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 18 I b) EuVTVO liegen kann.
    Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss der Rechtsbehelf eine uneingeschränkte Überprüfung umfassen.
    Ob eine Heilung nach Art. 18 I EuVTVO eingetreten ist, hängt daher insoweit letztlich von Deiner Auslegung der Vorschrift ab.

    Eine Heilung nach Art. 18 II EuVTVO ist jedoch nicht eingetreten.
    Die Zugangsfiktion aus der ZPO (".. Tage nach Absendung gilt das Schriftstück als zugegangen") reicht für eine Heilung nach Art. 18 II EuVTVO nicht aus

    Der Kostenfestsetzungsbeschluss kann daher nicht als Europ. Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden.

    Weitere Einzelheiten zum Europäischen Vollstreckungstitel können der entsprechenden Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtimausl…zv/1/euvtvo.pdf

    3 Mal editiert, zuletzt von rolli (7. November 2018 um 23:32)

  • Sofern das gerichtliche Verfahren nach dem 09.01.2015 erfolgte, kann stattdessen auf Antrag der Gläubigerpartei zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine Bescheinigung (Formblatt I BrüsseI a-Verordnung) erteilt

    Die Bescheinigung ist vom Rechtspfleger zu erteilen, da mit der Bescheinigung unmittelbar aus dem Schuldtitel im EU-Ausland vollstreckt werden kann.
    Der UdG/die Serviceeinheit ist nicht zuständig.

    Bei Säumnisentscheidungen ist zu prüfen, ob das verfahrenseinleitende Schriftstück (z. B. Klageschrift) an die Schuldnerpartei zugestellt worden ist.

    Zweckmäßigerweise wird die Bescheinigung mittels dynamischen Formulars online im Europäischen Justizportal erteilt;
    es wird insoweit der Vordruck in niederländischer Sprache verwandt;
    die Eintragungen können in deutscher Sprache erfolgen.

    Die Zustellung der Bescheinigung kann an den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerpartei erfolgen.

    Falls Übersetzungen für das Vollstreckungsorgan im EU-Ausland benötigt werden, hat die Gläubigerpartei selbst für die Übersetzungen zu sorgen.


    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info im Justizportal NRW zur Brüssel Ia-Verordnung entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimaus...v/1/eugvvo.pdf

  • Ich danke dir.

    Ich hab mich jetzt durch die Kommentierung in zu Art. 18 Abs. 1 gelesen und bin dabei auf folgendes gestoßen:


    Das deutsche Kostenfestsetzungsverfahren kennt aber keine Belehrung iSd Art. 17, sodass eine Bestätigung ausscheidet, weil diese Mindestvorschrift nicht eingehalten ist (zum Anwendungsbereich → Art. 12 Rn. 6). Eine Heilung gem. Art. 18 scheidet aus, weil die in Art. 18 Abs. 1 lit. b geforderte Belehrung im deutschen Recht ebenfalls nicht vorgesehen ist. Eine einschränkende Auslegung des Art. 18 Abs. 1 lit. b ist als dem eindeutigen Wortlaut der Norm widersprechend abzulehnen. Da die Mindestvorschriften nicht zur Disposition der Parteien stehen, ist auch die Berufung auf die Nichteinhaltung nicht rechtsmissbräuchlich.

    Der Gesetzgeber muss daher eine Belehrungspflicht im Kostenfestsetzungsverfahren in die ZPO aufnehmen, vgl. MüKoZPO/Adolphsen, 5. Aufl. 2017, EG-VollstrTitelVO Art. 4 Rn. 11-18.


    Unsere KFBs haben natürlich die gewohnte RMB, aber der Kommentar lässt sich recht ausführlich dazu aus, dass diese nicht ausreichend ist.
    Heißt das, KFBs können grundsätzlich nicht als Europ. VT bestätigt werden, wenn nicht beim KFA eine entsprechende EU-konforme Belehrung erfolgt ist?

  • Die Infos des AG Warendorf beziehen sich noch auf BGH, Beschl. v. 21. 7. 2011 − I ZB 71/09 (OLG Nürnberg).

    Dieser führt aus, dass der KFA nicht erst mit dem KFB zugestellt werden darf. Ferner:

    3. Ist mit dem Kostenfestsetzungsantrag keine ordnungsgemäße Unterrichtung des Schuldners nach Art. 17 EuVTVO erfolgt, setzt eine Heilung nach Art. Artikel 18 Artikel 18 Absatz I EuVTVO in einem Fall, in dem eine gesonderte Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses noch möglich ist, nach Art. A18 Absatz I lit. b EuVTVO auch die Belehrung über den Rechtsbehelf gegen die Kostengrundentscheidung voraus.


    Der KFA wurde nicht ordnungsgemäß förmlich zugestellt und enthält auch keine Belehrung nach Art. 17.
    Der KFB enthält ebenfalls keine ordnungsgemäße Belehrung (nur die nach deutschem Recht, nicht aber europäischem), sodass eine Bestätigung m.E. ausscheidet.

  • Nein.
    Wichtig ist nur, dass Du bei Erteilung der Bescheinigung u. a. Ziffer 4.3 bzw. 4.3.2 sowie 4.4.1 bz. 4.4.2 bzw. 4.4.3 ankreuzt.
    Die Schuldnerpartei könnt ggfs. bei dem Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung nach Erwägungsgrund 29, Art. 46, 47 I EuGVVO stellen wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 45 I b) EuGVVO).

  • 3. Ist mit dem Kostenfestsetzungsantrag keine ordnungsgemäße Unterrichtung des Schuldners nach Art. 17 EuVTVO erfolgt, setzt eine Heilung nach Art. Artikel 18 Artikel 18 Absatz I EuVTVO in einem Fall, in dem eine gesonderte Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses noch möglich ist, nach Art. A18 Absatz I lit. b EuVTVO auch die Belehrung über den Rechtsbehelf gegen die Kostengrundentscheidung voraus.


    Der KFA wurde nicht ordnungsgemäß förmlich zugestellt und enthält auch keine Belehrung nach Art. 17.
    Der KFB enthält ebenfalls keine ordnungsgemäße Belehrung (nur die nach deutschem Recht, nicht aber europäischem), sodass eine Bestätigung m.E. ausscheidet.

    Das ist alles nur sehr zu verstehen und nachzuvollziehen. Wie muss denn eine ordnungsgemäße Belehrung im KFB aussehen?
    Was soll dann eine Belehrung über eine Überprüfung der Grundentscheidung bringen, wenn diese schon rechtskräftig ist?
    Hat eine im Ausland ansässige Partei einen Anwalt in Deutschland oder einen hier ansässigen Zustellungsbevollmächtigten muss vielleicht gleichwohl noch bei Zustellungen eine Belehrung über das Annahmeverweigerungsrecht etc. erfolgen?

  • Nein.
    Wichtig ist nur, dass Du bei Erteilung der Bescheinigung u. a. Ziffer 4.3 bzw. 4.3.2 sowie 4.4.1 bz. 4.4.2 bzw. 4.4.3 ankreuzt.
    Die Schuldnerpartei könnt ggfs. bei dem Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung nach Erwägungsgrund 29, Art. 46, 47 I EuGVVO stellen wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 45 I b) EuGVVO).

    Was gebe ich denn bei 4.3.2. als Datum an? Bei Übersendung des Antrags habe ich ja keins. Zustelldatum des KFB?

    und bei 4.4.1? Das des KFB oder spielt die Wartefrist gemäß § 798 ZPO eine Rolle?

  • 1.
    Ziffer 4.3.2 ist anzukreuzen.
    Das Datum ist offen zu lassen, da der Kostenfestsetzungsantrag nicht zugestellt worden ist.

    2.
    Ziffer 4.4.1 ist anzukreuzen.
    Sofern die Wartefrist noch nicht abgelaufen ist, ist das Datum anzugeben, ab wann die Zwangsvollstreckung möglich ist.
    Sofern die Wartefrist bereits abgelaufen ist, braucht dagegen das Datum nicht eingetragen zu werden.

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