Genehmigung Erbausschlagung: Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft

  • Habe einen Fall der Genehmigung einer Erbausschlagung:
    Verstorbener hinterlässt eine Tochter, seine Mutter und 3 Geschwister. Alle haben die Erbschaft ausgeschlagen. Zudem wurde die Erbschaft für ein minderjähriges Kind von einem der Geschwister ausgeschlagen, die Genehmigung hierfür ist erforderlich.

    Meine Anfragen:
    - Vollstreckungsgericht und Gerichtsvollzieher: Keine Vollstreckungsvorgänge bekannt
    - Betreuungsgericht: Verstorbener stand nicht unter Betreuung
    - Grundbuchamt: Kein Grundbesitz
    - Aus der Nachlassakte gehen nur die Ausschlagungen hervor
    - Kindesmutter geht selbst von Überschuldung aus, weil alle ausgeschlagen haben.
    - angeschrieben habe ich weiter: die Tochter des Erblassers und die Mutter. Die Tochter teilt mit, sie habe die Beerdigungskosten bezahlt, wüsste ansonsten aber nichts über Vermögen ihres Vaters. Die Mutter
    antwortet gar nicht erst, ebenso wie die Geschwister.

    Bei den hiesigen Banken habe ich gar nicht erst angefragt, da sie mir ohnehin ständig nur mitteilen, zu einer Antwort wären sie nur den gesetzlichen Erben gegenüber verpflichtet.

    Nun habe ich noch das Jobcenter angeschrieben, weil die Vermutung nahe liegt, dass ggf. Harz4 zuletzt bezogen wurde. Erste Antwort: Es bestehe keine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach §§ 68 bis 77 SGB X oder einer anderen Rechtsvorschrift, ggf. solle ich diese benennen. Ich habe sodann auf die Auskunftspflichten gegenüber dem Familiengericht z.B. nach § 236 FamFG hingewiesen, sodann auf unsere Ermittlungspflicht nach § 26 FamFG, sowie auf § 4 SGB X (insbesondere Absatz 1 Ziff. 3 und 4). Nun bekomme ich erneut ein Schreiben, in dem mir jegliche Auskunft verweigert wird, weil angeblich ein Übermittlungstatbestand nach § 68 SGB X nicht gegeben sei. Die aufgeführten Möglichkeiten seien abschließend benannt, die Auskunft zu Sozialleistungen würde nicht darunter fallen.

    So und nun ?? Mir wird einerseits auferlegt, andererseits hat das Familiengericht gegenüber Banken oder Jobcentern gar kein gesetzlich fixiertes Recht auf Auskünfte.

    Was macht man in solchen Fällen. Es gibt ja Gerichtsentscheidungen, die in solchen Fällen meinen, man dürfe den Entschluss der Kindesmutter dann nicht durch eine abweisende Entscheidung negieren, andere meinen wieder, unter den gegebenen Sachverhalten sei eine Überschuldung des Nachlasses nicht erwiesen, sodass die Genehmigung nicht zu erteilen ist.

  • Das Jobcenter wird sich angesichts der Frage nach Leistungsbezug korrekt verhalten haben. Denn aus dem Leistungsbezug des Verstorbenen können keine Schulden und Guthaben entstehen. Gelebt ist gelebt.

    Sehr wohl wäre die Frage nach etwaigen Forderungen gegen den Verstorbenen sinnvoll gewesen. Die Frage wird von mir nicht nur an das Jobcenter gerichtet sondern auch an die Stadtkassen als Vollstreckungsbehörde.
    Kollegen aus Bayern wenden sich auch an die Bezirksregierung, die dort ebenfalls vollstreckt.

    Ach so, den Zoll habe ich inzwischen auch in meinem Katalog.

  • Das Jobcenter wird sich angesichts der Frage nach Leistungsbezug korrekt verhalten haben. Denn aus dem Leistungsbezug des Verstorbenen können keine Schulden und Guthaben entstehen. Gelebt ist gelebt.

    Sehr wohl wäre die Frage nach etwaigen Forderungen gegen den Verstorbenen sinnvoll gewesen. Die Frage wird von mir nicht nur an das Jobcenter gerichtet sondern auch an die Stadtkassen als Vollstreckungsbehörde.
    Kollegen aus Bayern wenden sich auch an die Bezirksregierung, die dort ebenfalls vollstreckt.

    Ach so, den Zoll habe ich inzwischen auch in meinem Katalog.

    Dann wurde das Problem falsch gestanden. Ich wollte ja nicht wissen, ob gegenüber dem Jobcenter Schulden oder Guthaben bestanden, sondern lediglich ob von dort zuletzt Arbeitslosengeld 2 bezogen wurde, denn wenn das so gewesen wäre, kann man davon ausgehen, dass kein Vermögen über dem Schonvermögen vorhanden war. Und das Schonvermögen reicht in der Regel kaum für die Beerdigungskosten und die Beräumung der Wohnung.

  • Moosi hat Dich schon richtig verstanden. Über den Leistungsbezug als solchen bekommst Du keine Auskunft. Lt. Moosi würdest Du aber Auskunft erhalten, wenn das Amt noch Forderungen hätte und Du danach gefragt hättest.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Das Sozialamt ist aber hartnäckig.
    Du könntest es hiermit nochmal versuchen:
    Es wird darauf hingewiesen, dass für das o.g. Kind als Erbe ein Auskunftsanspruch besteht, solange die Ausschlagung nicht wirksam ist. Durch die Antragstellung des gesetzlichen Vertreters liegt eine konkludente Bevollmächtigung des Familiengerichts vor, diesen Auskunftsanspruch geltend zu machen.

    Sonst bleibt dir nur, zu entscheiden. unbefriedigend :(

  • Moosi hat Dich schon richtig verstanden. Über den Leistungsbezug als solchen bekommst Du keine Auskunft. Lt. Moosi würdest Du aber Auskunft erhalten, wenn das Amt noch Forderungen hätte und Du danach gefragt hättest.


    Das ist schon richtig, aber tatsächliche Forderungen des Jobcenters gegen den Erblasser dürften eher selten bestehen. Und die Kenntnis, dass der Betroffene von ALG II leben musste, ist schon interessant im Hinblick auf das in diesem Fall (wahrscheinlich) niedrige "Vermögen".


    Mich würde allgemein interessieren, in welchem Umfang andere Kollegen die Ermittlungen hinsichtlich des Vermögens des Erblassers betreiben, also welche Behörden, Firmen o. ä. ihr abfragt. Gibt es ggf. irgendwelche Zentralstellen, die mit einer Auskunft eventuell eine Vielzahl von Anfragen ersetzen können? (z. B. niedergelassene Banken gibt es im hiesigen Bezirk schon wenigstens fünf, die man anschreiben könnte; eventuelle Konten bei Internetbanken bekommt man auf diesem Weg natürlich überhaupt nicht heraus)

    Wie entscheidet ihr eigentlich, wenn das Ermittlungsergebnis dann so dürftig ist wie im Falle von Andy K.? :gruebel:


  • Das ist schon richtig, aber tatsächliche Forderungen des Jobcenters gegen den Erblasser dürften eher selten bestehen.
    :gruebel:

    Unterhaltsschulden bei Jobcenter, Jugendamt, Sozialamt und Verwarnungsgelder bei der Stadtkasse sind in unserer Region mit hoher Überschuldungsquote relativ häufig.

  • Ich persönlich ermittle so lange, bis ich was rausgefunden habe. Auch wenn die Verfahren mal ein Jahr dauern können...

    In der vom Threadstarter geschilderten Situation wäre mein nächster Ansatzpunkt der Vermieter und die UVG-Kasse.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • In einem Fall wie deinem kann eine Anfrage an die Schufa auch ein guter Anhaltspunkt sein. Die ist zwar kostenpflichtig (15,- €, soweit ich weiß), aber liefert einem deutlich genauere Auskünfte als die weiteren Anfragen.

    Habe ich mittlerweile schon ein paar Mal gemacht und hat mir jedes Mal weitergeholfen, auch wenn die in einer privaten Auskunftei enthaltenen Daten natürlich zu hinterfragen sind und nicht vollständig sein können.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Die Schufa gibt dem Gericht gegenüber Auskunft, kostet 15,00 € aber die sind gut investiert, wenn sich daraus noch Anhaltspunkte ergeben. Hat bei mir schon des Öfteren geklappt.

    Soweit ich das verstanden habe, gibt es hier noch keine Bankauskunft (weil nicht versucht). Das würde ich auf jeden Fall noch machen und bei der örtlichen Sparkasse o.ä. anfangen..
    Auch da habe ich letztlich immer Auskunft bekommen. Ggf. gibt es noch den Bankenverband u.ä.

    Am schwierigsten war es mal bei einer Sparkasse. Meine Schreiben wurden immer länger und ausführlicher, ich wollte dann sogar eine Beweisaufnahme anberaumen und den Sparkassenmitarbeiter laden...:cool: Letztlich wollten sie eine Schweigepflichtsentbindung vom gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, danach hatte ich meine Auskunft ...

    Habe ich keinerlei Anhaltspunkte, auch nicht durch die Schufa, versuche ich es bei Angehörigen, die ebenfalls ausgeschlagen haben. Das klappt meistens, denn irgendeiner schlägt nicht nur aus, weil das alle anderen auch gemacht haben sondern weiß was.

  • Die Schufa gibt dem Gericht gegenüber Auskunft, kostet 15,00 € aber die sind gut investiert, wenn sich daraus noch Anhaltspunkte ergeben. Hat bei mir schon des Öfteren geklappt.

    Soweit ich das verstanden habe, gibt es hier noch keine Bankauskunft (weil nicht versucht). Das würde ich auf jeden Fall noch machen und bei der örtlichen Sparkasse o.ä. anfangen..
    Auch da habe ich letztlich immer Auskunft bekommen. Ggf. gibt es noch den Bankenverband u.ä.

    Am schwierigsten war es mal bei einer Sparkasse. Meine Schreiben wurden immer länger und ausführlicher, ich wollte dann sogar eine Beweisaufnahme anberaumen und den Sparkassenmitarbeiter laden...:cool: Letztlich wollten sie eine Schweigepflichtsentbindung vom gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen, danach hatte ich meine Auskunft ...

    Habe ich keinerlei Anhaltspunkte, auch nicht durch die Schufa, versuche ich es bei Angehörigen, die ebenfalls ausgeschlagen haben. Das klappt meistens, denn irgendeiner schlägt nicht nur aus, weil das alle anderen auch gemacht haben sondern weiß was.


    Leider sehen sich etliche Angehörige nicht veranlasst, dem Gericht entsprechende Mitteilungen zu machen. (Oder sie haben tatsächlich nur ausgeschlagen, weil der Nachlass dem Hören-Sagen nach überschuldet sein soll.)

    Mit den Banken haben wir das gleiche Problem. Zumindest konkrete Mitteilungen zum Bestand der Geldanlagen werden verweigert. (Solche Auskünfte dürften sie nur den mit Erbschein oder not. Testament legitimierten Erben erteilen.)


    Aus diesem Grund möchte ich auch noch einmal meine Frage wiederholen:

    Wie entscheidet ihr, wenn sich eine Überschuldung des Nachlasses wegen fehlender Erkenntnisse nicht feststellen lässt? :gruebel:


  • Einfache Antwort: Keine Genehmigung

    Es handelt sich um ein „normales“ Antragsverfahren. Wennalso weder durch die Ermittlungspflicht des Gerichtes, noch durch dieMitwirkungspflicht der Beteiligten eine Genehmigungsfähigkeit geschaffen wird,weise ich den Antrag zurück.
    Um ehrlich zu sein verstehe ich die Frage auch nicht so ganz. Zwischen den Zeilen kann man da fast herauslesen, dass bereits bei Antragstellung das Ergebnis (=Genehmigung) feststehen muss…

    2 Mal editiert, zuletzt von Felix (19. November 2018 um 08:39)

  • .......
    Wie entscheidet ihr, wenn sich eine Überschuldung des Nachlasses wegen fehlender Erkenntnisse nicht feststellen lässt? :gruebel:

    Seit wir für solche Pflegschaften/Vormundschaften einen Berufsvormund vorschlagen werden die Ausschlagungen nach kurzer Amtsermittlung schnell genehmigt.


    Den Kommentar verstehe ich nicht. In 95 % der Fälle (zumindest bei uns) schlagen die Eltern bzw. ein Elternteil aus. Was hat das mit einem Berufsvormund zu tun? :gruebel:


  • Den letzten Satz verstehe ich nicht.

    Standard ist bei uns, dass die Eltern bzw. Elternteile auschlagen, weil eben eine Überschuldung vorliegen soll. Meist ist nichts Konkretes bekannt.

    Dennoch "gelingt" es über die Amtsermittlung in den meisten Fällen, eine Überschuldung positiv festzustellen.

    Falls sich jedoch eine fehlende Überschuldung herausstellt, also stattdessen ein positiver Vermögensstand vorliegt, lehnt man die Genehmigung ab.

    Unklar bleiben jedoch die Fälle, wo der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt werden kann. Lehnt man in diesen Fällen nun ab und setzt das Kind der Gefahr aus, ggf. höhere Verbindlichkeiten als Aktivnachlass zu erben? Oder genehmigt man doch die Ausschlagung, entweder um das Kind in gewisser Weise zu schützen bzw. auch weil es gesetzlicher Vertreter und das über 14jährige Kind so wollen?

  • Gegenfrage: auf welcher rechtlichen Basis soll ich eine Genehmigung erteilen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung (Überschuldung,persönliche Gründe o.ä.) nicht vorliegen?

    Die Entscheidung beruht doch auf dem Inhalt des Antrags. Wenn die Antragstellerin eine Überschuldung behauptet, diese jedoch nicht glaubhaft machen kann und meine Ermittlungen nichts ergeben, habe ich doch gar keine andere Wahl als den Antrag zurückzuweisen.

  • Gegenfrage: auf welcher rechtlichen Basis soll ich eine Genehmigung erteilen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung (Überschuldung,persönliche Gründe o.ä.) nicht vorliegen?

    Die Entscheidung beruht doch auf dem Inhalt des Antrags. Wenn die Antragstellerin eine Überschuldung behauptet, diese jedoch nicht glaubhaft machen kann und meine Ermittlungen nichts ergeben, habe ich doch gar keine andere Wahl als den Antrag zurückzuweisen.


    Ok, sehen das andere Kollegen genauso? :gruebel:

    (Glaubhaftmachung durch die gesetzliche/n Vertreter kann man - zumindest bei uns - im Grund genommen vergessen. Häufig besteht gar kein Kontakt zum Erblasser und dementsprechend hat der Ausschlagende keine (konkreten) Informationen oder gar Unterlagen zu dessen Vermögensverhältnissen. Viele Ausschlagungen erfolgen, weil Überschuldung vermutet wird.)

  • Wenn nicht ausnahmsweise noch ein anderer Grund auftaucht, weshalb das Kind besser nicht erben sollte, dann denke ich in der Tat, daß die Genehmigung zu versagen wäre.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Der Ansatz "Wenn keine Überschuldung ermittelbar ist, wird die Genehmigung lieber versagt" ist mE nicht zielführend, weil er mehr der Denkweise eines kontradiktorischen Verfahrens, z. B. der Zwangsvollstreckung entspringt. Wenn der Gläubiger die erforderlichen Unterlagen nicht vorlegen kann, wird der Antrag eben zurückgewiesen - klar.

    Aber im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit in F-Sachen (Stichwort: Wächteramt) geht es gerade um das Kindeswohl. Und um unser Wächteramt richtig ausüben zu können, muß eben so lange ermittelt werden, bis die Sache eine vernünftige Entscheidungsgrundlage hat.

    Statt "im Zweifel lieber die Genehmigung versagen" wäre mir dann noch lieber "im Zweifel lieber bis zur Volljährigkeit liegen lassen", um das Kind selbst entscheiden zu lassen. Auch das ist natürlich kein praktikabler Gedanke, aber in E x t r e m f ä l l e n vielleicht eine Überlegung wert.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

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