Ruhen elterliche Sorge nach § 1673 Abs. 1 BGB - Handhabung

  • Seit kurzer Zeit erreichen das hiesige Familiengericht Anregungen vom Betreuungsgericht bzw. Betreuer, wegen der elterlichen Sorge für eine (geschäftsunfähige) Betreute tätig zu werden. (Es ist unklar, weshalb dies in früheren Jahren kaum geschah. Jedenfalls haben wir dadurch einige frische Rechtspflegerverfahren.)

    In diesen Fällen ist die Betreute häufig allein sorgeberechtigt, meist mangels Heirat und Nichtvereinbarung des gemeinsamen Sorgerechts. Manchmal ist ein Ehepartner vorhanden, dieser jedoch bereits verstorben. Selten besteht gemeinsame elterliche Sorge (sei es wegen der Ehelichkeit des Kindes oder aufgrund gemeinsamer Sorgerechtserklärung).

    Nun stellen sich uns derzeit verschiedene Fragen, z. B.:

    Das Ruhen tritt kraft Gesetzes ein (§ 1673 Abs. 1 BGB) und wird nur deklaratorisch festgestellt. Bedarf es dennoch einer Anhörung der betreuten Kindesmutter und ggf. des mindestens 14 Jahre alten Kindes?

    Was wenn diese ergibt, dass die KM dem Gespräch nach gar nicht so geschäftsunfähig erscheint (im Gegensatz zum Inhalt des Betreuungsgutachtens)? :gruebel:

    Wie handhabt man den Fall, dass das Betreuungsgutachten gar keine (klare) Aussage zur Geschäftsfähigkeit der Betreuten trifft?


    Da das alles noch etwas Neuland für mich ist, würden mich die Erfahrungen bzw. der Umgang anderer Familiengerichte mit entsprechenden Anregungen interessieren.

  • Das Ruhen tritt kraft Gesetzes ein (§ 1673 Abs. 1 BGB) und wird nur deklaratorisch festgestellt. Bedarf es dennoch einer Anhörung der betreuten Kindesmutter und ggf. des mindestens 14 Jahre alten Kindes?

    Für die aus dem Ruhen des Sorgerechts folgende Anordnung der Vormundschaft dürfte die Anhörung wohl ohnehin erforderlich sein. Ich hatte solche Fälle nur sehr selten und soweit ich mich erinnere, war da jeweils ohnehin keine Anhörung möglich (Mutter im Koma, Kind zu klein).

    Was wenn diese ergibt, dass die KM dem Gespräch nach gar nicht so geschäftsunfähig erscheint (im Gegensatz zum Inhalt des Betreuungsgutachtens)?

    Mangels Erfahrungswerten schwer zu sagen. Zunächst wäre wohl die Frage, wie der Gutachter die Untersuchung beschreibt. War auch dort ein "normales" Gespräch möglich oder war die KM völlig "durch den Wind"? Erlebe ich die Person anders als im Gutachten geschrieben, kann das Bedeuten, dass es gute und schlechte Phasen gibt oder dass sich die Person erholt hat. Andernfalls wird der Sachverständige sicherlich geschrieben haben, warum er die KM für geschäftsunfähig hält. Diese Information sollte man dem Gutachten vorher entnehmen und ggfs. selbst darauf achten. Am Ende hätte ich aber wohl Schwierigkeiten mit einer Entscheidung. Einerseits erscheint es fragwürdig, die Ansicht des Gutachters einfach zu übergehen. Andererseits hätte ich auch Probleme bei einer Person, die mir völlig klar erscheint, vom Ruhen des Sorgerechts auszugehen. Vielleicht Rückfrage an den Sachverständigen?

    Wie handhabt man den Fall, dass das Betreuungsgutachten gar keine (klare) Aussage zur Geschäftsfähigkeit der Betreuten trifft?

    Das ist hier bei den meisten Betreuungsgutachten so. Ohne eine derartige Feststellung würde es mich allerdings wundern, wenn das Betreuungsgericht mir Nachricht gibt und ich würde vermutlich um Erläuterung bitten, warum man dort vom Ruhen der Sorge ausgeht. Im Zweifel würde ich aber wohl eher von Geschäftsfähigkeit ausgehen und sofern Probleme in der Versorgung des Kindes bestehen, dem Richter die Sache für eine Prüfung nach 1666 zuschreiben.

  • ....Ohne eine derartige Feststellung würde es mich allerdings wundern, wenn das Betreuungsgericht mir Nachricht gibt und ich würde vermutlich um Erläuterung bitten, warum man dort vom Ruhen der Sorge ausgeht. Im Zweifel würde ich aber wohl eher von Geschäftsfähigkeit ausgehen und sofern Probleme in der Versorgung des Kindes bestehen, dem Richter die Sache für eine Prüfung nach 1666 zuschreiben.


    Die Anregungen des Betreuungsgerichtes lauten nicht konkret auf Feststellung des Ruhens, sondern "es wird angeregt, im Hinblick auf die minderjährigen Kinder der Betreuten ggf. sorgerechtliche Maßnahmen zu prüfen."

    Vielen Dank übrigens für deinen Beitrag.

    Gibt es vielleicht noch andere Kollegen, die ihre Meinung bzw. Hinweise zur Handhabung mitteilen möchten?

  • Ich habe so einen Sachverhalt mal von einem Nachlassgericht vorgelegt bekommen. Betreuter hatte schweren Hirnschaden (Schlaganfall oder so was) und eine Erbausschlagung stand an. Der Betreute hatte gemeinsame elterliche Sorge mit der Kindsmutter.

    Ich habe mir vom Betreuungsgericht das Gutachten organisiert und bezüglich des Kindsvaters gem. § 34 FamFG von der persönlichen Anhörung abgesehen. Ich habe aber den Betreuer, der den Aufgabenkreis "Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten" hatte, angehört. Wegen § 160 FamFG hielt ich das für nötig (wenn ich den Betroffenen schon selbst nicht beteiligen konnte). Zudem hielt ich das auch wegen § 26 FamFG für sinnvoll, da der Betreuer im Zweifelsfall am besten weiß, wie es dem betroffenen geht. Dem Jugendamt habe ich den Antrag nach § 162 FamFG zur Kenntnis geschickt. Das Kind war noch jünger und eine Anhörung hielt ich ehrlich gesagt für ziemlich unsinnig (was soll das Kind auch vortragen?), daher habe ich das bleiben lassen. Nachdem der Betreuer zugestimmt hat, habe ich das Ruhen angeordnet.

    Da das Gutachten wegen der Geschäftsfähigkeit nicht ganz eindeutig war, habe ich eher auf das tatsächliche Hindernis nach § 1674 BGB abgestellt (Dass jemand, der weder Sprechen noch sich sonst irgendwie äußern kann, die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben kann, liegt für mich auf der Hand).

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