Zurückverweisung zur Gesamtstrafenbildung, § 21 RVG

  • Handelt es sich eurer Meinung nach bei einer Zurückverweisung zur Gesamtstrafenbildung um einen Anwendungsfall des § 21 RVG? Also entsteht die Verfahrensgebühr im Strafverfahren für den Verteidiger auch in solch einem Sachverhalt ebenfalls erneut?
    Eine erneute Verhandlung im untergeordneten Rechtszug wurde nicht nötig. Daher konnte die gleiche Kammer mit den gleichen Richtern die Sache weiterbearbeiten. Das Rechtsmittelgericht hatte zuvor lediglich festgestellt, dass "eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe gemäß §§ 460, 462 StPO zu treffen ist".
    Es handelt es sich dabei um § 354 Abs. 1b StPO.
    Danke schonmal für eure Ansichten.

  • Das Verfahren zur nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gem. § 460 StPO ist für den RA ein "sonstiges Verfahren in der Strafvollstreckung", wofür ihm eine VG Nr. 4204 VV (+ ggf. TG Nr. 4206 VV, die hier aber mangels Termin wohl nicht entstanden ist) zusteht (Volpert in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., Teil B Nr. 4204 VV Rn. 3 m.w.N.; a. A. LG Bonn, Beschl. v. 23.03.2017 - 29 Qs - 660 Js 405/14 - 5/17). Daher käme es dann auf die Frage, ob es sich um eine Zurückverweisung i. S. v. § 21 RVG handelt, gar nicht mehr an.

    Folgt man dagegen der Auffassung des LG Bonn (m. abl. Anm. Burhoff, RVGreport 2017, 297), welches meint, das Verfahren gehöre als Annex zur Hauptsache (der I. Instanz), so stellt das Verfahren zur nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe für den bereits erstinstanzlich tätigen RA dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit dar. Die weitere Tätigkeit des RA könnte dann allenfalls im Rahmen des § 14 Abs. 1 RVG Berücksichtigung finden. Auch wenn es im Fall des LG Bonn nicht um eine Aufhebung nach § 354 Abs. 1b StPO, sondern um einen nachträglich beim LG gestellten Antrag zur Bildung der Gesamtstrafe ging, so sieht wohl auch der BGH (NJW 2005, 1205 - Rn. 10) den Fall des § 354 Abs. 1b StPO nicht als Zurückverweisung im prozessualen Sinne:

    "Eine Regelung, welches Gericht über die Kosten des Rechtsmittels zu befinden hat, wenn das Revisionsgericht das Urteil nur wegen einer Gesetzesverletzung bei Bildung der Gesamtstrafe aufhebt, die Sache jedoch nicht zurückverweist, sondern gemäß § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Entscheidung über die Bildung der Gesamtstrafe dem Beschlußverfahren nach §§ 460, 462 StPO vorzubehalten, enthält weder das Gesetz, noch sind den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte für eine Zuständigkeitsbestimmung zu entnehmen (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz, BT-Drucks. 15/3482 S. 21 f.).



    Auf der anderen Seite ist der gebührenrechtliche Begriff der Zurückverweisung nicht mit dem prozessualen Begriff identisch (N. Schneider in: AnwK-RVG, 8. Aufl., § 21 Rn. 15). Danach ist gebührenrechtlich eine Zurückweisung immer dann gegeben, wenn das RM-Gericht durch eine das RM-Verfahren beendende Entscheidung einem untergeordneten Gericht die abschließende Entscheidung überträgt.

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  • Danke für deine Zusammenfassung. Die BGH-Entscheidung hatte ich nicht gefunden. Leider insgesamt ein unklarer Fall bzw. man kann verschiedene Ansichten vertreten. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4204 VV RVG hatte ich noch gar nicht aufm Schirm. Ich muss mir das nochmals in Ruhe überlegen. :gruebel:
    Ggf. macht es ja mal Sinn, die Sache der Beurteilung einer obergerichtlichen Instanz zuzuführen. Sollte es dazu kommen, werde ich das Ergebnis mitteilen. :)

  • Noch als "frische" Ergänzung: OLG Brandenburg, AGS 2018, 494, welches die Ansicht des LG Bonn ablehnt und insoweit der anderslautenden Meinung folgt, daß es sich bei dem Verfahren der nachträglichen Gesamtstrafenbildung um ein sonstiges Verfahren i. S. v. Nr. 4204 VV handelt.

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