Maschinell erstellte beglaubigte Abschrift Eröffnungsniederschrift - § 35 GBO

  • Ich wüsste nicht, warum für die Form eines nach den Vorschriften des BeurkG zu errichtenden Dokuments Zustellungsvorschriften der ZPO maßgebend sein sollten.

    Nach § 1 Absatz 2 BeurkG gelten die Vorschriften des BeurkG, ausgenommen § 5 Abs. 2 BeurkG, bei öffentliche Beurkundungen durch andere Urkundspersonen oder sonstige Stellen als dem Notar entsprechend. Daher gilt das BeurkG auch für eine Niederschrift des Nachlassgerichts, die nach den Vorschriften des BeurkG errichtet wird (Gößl im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.03.2019, § 1 BeurkG RN 27). Die Aufnahme einer Niederschrift über den Eröffnungsvorgang (als öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 ZPO) zählt zur beurkundenden Tätigkeit des Nachlassgerichts (BayObLG, 1. Zivilsenat Beschluss vom 30.04.1986, Reg 1 Z 69/85, Rz. 35). Bei der Niederschrift über die Testamentseröffnung bekundet das Nachlassgericht innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnis allerdings nur das Datum, an dem die Verfügung ins Rechtsleben tritt (OLG München, Beschluss vom 9.4.2018, 34 Wx 13/18 Rz 13 unter Zitat: Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 348 Rn. 2 u. 37). Auf diesen Beurkundungsvorgang findet § 37 BeurkG entsprechende Anwendung (MüKo/Muscheler, FamFG, 3. Auflage 2019, § 348 RN 17).

    Die Niederschrift ist nach § 37 Absatz 3 i.V. mit § 13 Absatz 3 BeurkG mit einer eigenhändigen Unterschrift zu versehen. Wird von ihr eine beglaubigte Abschrift erteilt, gilt § 39 BeurkG, wonach bei der Beglaubigung von Abschriften, Abdrucken, Ablichtungen und dergleichen (Abschriften) und bei sonstigen einfachen Zeugnissen anstelle einer Niederschrift eine Urkunde genügt, die das Zeugnis, die Unterschrift und das Präge- oder Farbdrucksiegel (Siegel) des Notars enthalten muss und Ort und Tag der Ausstellung angeben soll (Vermerk). Ein Vermerk ohne Siegel ist nach Ansicht von Theilig im beck-online.GROSS- KOMMENTAR, Stand 01.07.2019, § 39 BeurkG RN 28 und den in Fußnote 40 zitierten Ansichten von Grziwotz/Heinemann/Grziwotz Rn. 12; Winkler Rn. 21; Lerch Rn. 6 keine öffentliche Urkunde. Wenn diese Bestimmung über § 1 Absatz 2 BeurkG für das Nachlassgericht entsprechend gilt, dann sehe ich nicht, wieso eine Eröffnungsniederschrift mit maschinellem Siegel und ohne Unterschrift ausreichend sein soll.

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  • Warum hebst du jetzt das Präge- oder Farbdrucksiegel so fett hervor?:D Wo man es doch nicht mal beim Erbschein braucht. Ich hätte da grad so ein beschwerdefähiges Fällchen mit Eröffnungsniederschrift (EDV-Siegel und ohne Unterschrift gültig)....

  • Dann schau erst mal, ob es keine bayerischen Sondervorschriften gibt. MüKo/Muscheler, FamFG, 3. Auflage 2019, geht in § 348 RN 19 davon aus, dass für die Form der Niederschrift Landesrecht zu beachten sein kann und verweist dazu in Fußnote 55 auf Art. 53 f. pr FGG. Wie Hector oben dargestellt hat, finden sich z. B. in § 11 des baden-württembergischen LFGG Sondervorschriften.

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  • Wenn die meisten Nachlassgerichte nicht so furchtbar ignorant wären, hätte man diese Probleme nicht. Ich muss es so krass formulieren. An einer Unterschrift und dem Beifügen eines Siegels ist noch keiner gestorben.

    Ich war selbst jahrelang im mittleren Dienst und habe trotz zahlreicher Unterschriften und Siegelungen keine Sehnenscheidenentzündung bekommen.

  • Vom Nachlassgericht her kenn ich jetzt keine bayerischen Sondervorschriften. Aber vielleicht wissen andere da mehr.

    Und notfalls sollte es beim BayJM eine Kommission von hochrangigen Beamten geben, die auf die Suche solcher Sondervorschriften und Dienstanweisungen spezialisiert sind.

  • Wenn die meisten Nachlassgerichte nicht so furchtbar ignorant wären, hätte man diese Probleme nicht. Ich muss es so krass formulieren. An einer Unterschrift und dem Beifügen eines Siegels ist noch keiner gestorben.

    Ich war selbst jahrelang im mittleren Dienst und habe trotz zahlreicher Unterschriften und Siegelungen keine Sehnenscheidenentzündung bekommen.

    Im forumSTAR kann man glaub ich zwischen "mit Unterschrift" und "ohne Unterschrift" auswählen. Wieso sollte ein mittlerer Beamter siegeln und unterschreiben, wenn ihm gesagt wird (z.B. von der Geschäftsleitung, von der Abteilungsleitung, vom Rpfl., vom Grundbuchamt usw.), dass das nicht notwendig wird.

  • Dass auf die Eröffnungsniederschrift die Vorschriften des Beurkundungsgesetzes anzuwenden sind, dürfte außer Zweifel stehen. Und in welcher Form der Nachweis gegenüber dem GBA zu führen ist, eigentlich auch. Das KG führt dazu im Beschluss vom 16.09.1997, 1 W 4156/97, aus:
    „Die Vorschrift des § 35 GBO enthält keine Aussage darüber, unter Beachtung welcher Formvorschriften die Verfügung von Todes wegen und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden müssen. Diese Frage, ist vielmehr in Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 29 GBO über den Nachweis der Eintragungsunterlagen zu beantworten. Hier handelt es sich um eine andere Voraussetzung der Eintragung im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO, die durch Vorlage öffentlicher Urkunden nachzuweisen ist, nämlich der Verfügung von Todes wegen und der Niederschrift über ihre Eröffnung. Nach zutreffender allgemeiner Ansicht können die nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO zum Nachweis erforderlichen öffentlichen Urkunden in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden (vgl. nur Demharter, GBO, 22. Aufl., § 29 Rdn. 57 m. w. N.). Denn die Ausfertigung und die beglaubigte Abschrift vertreten entsprechend dem beurkundungsrechtlichen Sinn und Zweck der Herstellung einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift der Originalurkunde (Hauptschrift) diese im Rechtsverkehr (vgl. § 47 BeurkG für die Ausfertigung; allgemein auch für die beglaubigte Abschrift Jansen, FGG, 2. Aufl., § 47 BeurkG Rdn. 2; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 42 BeurkG Rdn. 11 m. w. N.)…“

    Und für beglaubigte Abschriften gilt nun mal § 39 BeurkG.

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  • Nach § 44 Satz 1 BeurkG sollen bei einer Urkunde, die aus mehreren Blättern besteht, die Blätter mit Schnur und Prägesiegel verbunden werden. Die Bestimmung des Satzes 2 kommt nicht zur Anwendung, da die der Eröffnung zugrunde liegende letztwillige Verfügung der Niederschrift nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 2, 3, §§ 14, 37 Abs. 1 Satz 2, 3 BeurkG beizufügen ist (siehe die bei Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, in Fußnote 367 zu RN 786 zitierten Abhandlungen von Westphal Rpfleger 1980, 214 und 460 und Bayer Rpfleger 1980, 459).

    Die Eröffnungsniederschrift selbst dürfte wohl selten aus mehreren Blättern bestehen. Von Gesetzes wegen (§ 348 Satz 3 FamFG) muss sie im Falle einer verschlossenen Verfügung von Todes wegen lediglich die Angabe zur Unversehrtheit des Verschlusses enthalten.

    Da sie über die Eröffnung aufzunehmen ist, hat sie aber wohl auch alle die Eröffnung betreffenden wesentlichen Tatsachen zu enthalten (s. dazu etwa Muscheler im Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Auflage 2019, § 348 RN 17; Harders in Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 12. Auflage 2019, § 348 RN 14; Zimmermann in Keidel, FamFG - Familienverfahren, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 20. Auflage 2020, § 348 FamFG RN 35: „Im Übrigen wird der Vorgang wiedergegeben: Ort, Datum, Anwesende; dem Gericht lagen zur Eröffnung vor: … ein roter Umschlag wird aufgeschnitten, ihm werden drei linierte Blätter entnommen, die mit blauem Kugelschreiber beschrieben sind, beginnend mit „Mein letzter Wille“, endend mit „Euer Vater“. Oder kürzer: „Auffälligkeiten wurden nicht festgestellt. Der Rechtspfleger nahm vom Inhalt Kenntnis.“ Der Rechtspfleger unterschreibt die Niederschrift“.

    Das lässt sich aber ggf. unter Zuhilfenahme der Rückseite auf einer Seite bewerkstelligen.

    Die Frage der Verbindung nach § 44 BeurkG wird daher in diesem Zusammenhang nicht problematisiert.

    Ohnehin gibt es offenbar Praktiken, bei denen lediglich der Stempel „Eröffnet“ auf die Originalverfügung gesetzt und mit Datum und Unterschrift des Rechtspflegers versehen wird und dies allein als Eröffnungsniederschrift behandelt wird (s. Keidel/Zimmermann, aaO, der diese Praxis ablehnt, weil eine gerichtliche Niederschrift zumindest diese Überschrift tragen und die Namen der Erschienenen ausdrücklich nennen muss).

    Berchtold setzt sich in seiner Abhandlung „Siegel ist gleich Siegel – oder etwa nicht? Anmerkung zu OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.07.2018 – 12 W 1178/18 und Blick nach Baden-Württemberg“), in der BWNotZ 3/2019, 162 ff
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz_2019-3-web.pdf
    in Bezug auf § 11 Abs. 5 Satz 2 LFGG BW mit der Frage auseinander, ob die Form der Bekanntgabe nach § 15 FamFG auf die Form der Erteilung einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokoll Einfluss nehmen kann.

    Ergänzung zur Abhandlung von Berchtold:

    § 11 Absatz 5 LFGG wurde durch Artikel 5 des Gesetzes vom 17. Dezember 2020 (GBl. BW 2021 S. 1, 4) mit Wirkung zum 14.01.2021 um einen Satz 3 ergänzt: „Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden, in diesem Fall entfällt das Unterschriftserfordernis“.

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    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (24. Oktober 2021 um 14:52) aus folgendem Grund: Ergänzung eingefügt

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