Antrag auf europ. VT nach EG Nr. 805/04 sowie auf Bescheinigung nach EG Nr. 1215/12

  • Hallo,

    ich hab mal wieder ein Problemchen. Und zwar wurde in einer Sache zunächst ein Antrag auf einen europäischen VT nach der EG Nr. 805/04 gestellt. Diesen habe ich beanstandet und um Antragsrücknahme gebeten. Diese ist nicht erfolgt. Stattdessen liegt mir nun zusätzlich der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach der EG Nr. 1215/2012 vor. Aber grdsl geht das doch nicht, oder? Der Antragsteller hat ja ein Wahlrecht welchen Antrag er stellt. Aber er kann ja nicht beide gleichzeitig stellen? Der Antragsteller möchte seinen ersten Antrag nun erst dann ggfs. zurücknehmen, wenn ich die Bescheinigung nach 1215/12 erteilt habe. Was würdet ihr tun? :gruebel:

  • Die Gläubigerpartei hat im vorliegenden Fall einen Antrag auf Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (EU-Verordnung Nr. 805/2004), hilfsweise die Erteilung einer Bescheinigung (Formblatt I Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012/) zu dem Schuldtitel beantragt.

    Da offenbar der Schuldtitel nicht als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden kann, ist stattdessen die begehrte Bescheinigung (Formbatt I Brüssel Ia-Verordnung) zu erteilen.

  • 1.
    Die Entscheidung muss lediglich vorläufig vollstreckbar sein.

    2.
    Bei gerichtlichen Entscheidungen muss die Verfahrenseinleitung nach dem 09.01.2015 erfolgt sein.
    Hinsichtlich Vergleiche und öffentlicher Urkunden ist das Datum der Errichtung maßgebend.

    3.
    Nachweis bzgl. Sicherheitsleistung bzw. Annahmeverzug der Schuldnerpartei bei Zug-um-Zug-Leistung wird im Regelfall bei Erteilung der Bescheinigung geprüft, da die Bescheinigung die bedingungslose Zwangsvollstreckung bescheinigt.

    Sofern und soweit die Sicherheitsleistung oder die Zug-um-Zug-Leistung bei Erteilung der Bescheinigung nicht geprüft worden ist, ist dieses in der Bescheinigung besonders kenntlich zu machen, damit das Vollstreckungsorgan im Vollstreckungsmitgliedstaat dies prüfen kann.

    4.
    Die Bescheinigung ist vom Rechtspfleger zu erteilen, da mit der Bescheinigung unmittelbar aus dem Schuldtitel im EU-Ausland vollstreckt werden kann.
    Der UdG/die Serviceeinheit ist nicht zuständig.

    Zweckmäßigerweise wird die Bescheinigung mittels dynamischen Formulars online im Europäischen Justizportal erteilt (Formblatt I EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012);
    es wird insoweit der Vordruck in der Amtssprache des Vollstreckungsstaats verwandt;
    die Eintragungen können in deutscher Sprache erfolgen.

    Das Formblatt befindet sich im Europäischen Justizportal:
    https://e-justice.europa.eu/content_...orms-273-de.do

    Falls der Link nicht funktioniert:
    Europäisches Justizportal: Klick auf "dynamische Formulare" in der linke Navigationsleiste:
    Formulare - Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

    5.
    Bei Säumnisentscheidungen ist in der Bescheinigung anzugeben, ob das verfahrenseinleitende Schriftstück (z. B. Klageschrift) an die Schuldnerpartei zugestellt worden ist.

    6.
    Vor Erteilung der Bescheinigung wird die Schuldnerpartei nicht angehört;
    eine Ausfertigung der Bescheinigung wird der Schuldnerpartei von Amts wegen zugestellt, § 1111 I S. 2 ZPO.


    7.
    Falls Übersetzungen für das Vollstreckungsorgan im Vollstreckungsstaat benötigt werden, hat die Gläubigerpartei selbst für die Übersetzungen zu sorgen.

    8.
    Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info im Justizportal NRW zur Brüssel Ia-Verordnung entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimaus...v/1/eugvvo.pdf

    3 Mal editiert, zuletzt von rolli (2. Januar 2019 um 23:31)

  • Da die verfahrensrechtlichen Anforderungen an das Versäumnisurteil nicht vorliegen und eine Heilung der Verfahrensmängel nicht eingetreten ist, wurde die Bestätigung des Versäumnisurteils als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen abgelehnt. Die Gläubigerpartei hat nunmehr einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach der Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) gestellt, hält aber den Antrag auf Bestätigung des Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen aufrecht. Die Gläubigerpartei begehrt die erneute Zustellung des Versäumnisurteils mit der korrekten Belehrung. Die erneute Zustellung wurde jedoch vom Gericht abgelehnt, da die Zustellung nach den nationalen Verfahrensvorschriften ordnungsgemäß erfolgt ist.
    Das Versäumnisurteil ist nicht angefochten worden und inzwischen bereits rechtskräftig.

    Nur in begründeten Ausnahmefällen kann sowohl der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden als auch eine Bescheinigung gem. Formblatt I Brüssel Ia-Verordnung Nr. 1215/2012).
    (vergleichbar mit den Fällen einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung eines Schuldtitels).
    Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor.

    Außerdem ist die Erteilung einer Bescheinigung nach der Brüssel Ia-Verordnung für die Gläubigerpartei vorteilhafter, da diese auch erteilt werden kann, falls die Schuldnerpartei kein rechtliche Gehör hatte.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!