Bereicherungsanspruch gegen Angehörige

  • Die Betreute liegt nach einem Verkehrsunfall im Koma (Alkoholfahrt des Ehemannes).
    Der ältere Sohn (damals noch Student) wird Betreuer.
    Nach 2 Jahren stellt sich heraus, dass die Versicherung über 300.000,00 € an ihn gezahlt hat.
    Berichtet hat er darüber nicht, das Geld wurde auf sein Konto gezahlt. Mit dem Geld hat er zum Lebensunterhalt des jüngeren Bruders und des arbeitslosen Vaters beigesteuert (60.000,00 €).
    Sohn wird als Betreuer entlassen (Ermittlungsverfahren wurde eingestellt).
    Vom neuen Berufsbetreuer (Rechtsanwalt) möchte ich eine Aufstellung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche mit entsprechenden Schuldanerkenntniserklärungen der Angehörigen.
    Betreuer argumentiert, dass er das nicht muss, da diese Ansprüche nicht beitreibbar sind (Ehemann hat Schulden, Söhne sind nicht leistungsfähig).
    Ich argumentiere, dass die Ansprüche längerfristig gestundet werden können, aber gesichert werden müssen, bevor Verjährung eintritt.
    Betreuer meint, die Ansprüche würden nur erbrechtliche Wirkung entfalten, eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Betroffenen wäre damit nicht zu erreichen.

    Was meint Ihr ?

  • Es ist eine Forderung des Betreuten, diese ist meiner Ansicht nach auch zu verfolgen bzw. die Ansprüche sind zu sichern und zumindest die Möglichkeit der Vollstreckung zu schaffen. Eine aktuelle Verbesserung mag derzeit nicht erreichbar sein, aber ein Titel sollte meiner Meinung nach immer vorhanden sein. Denn bei einer Vermögensverbesserung der Schuldner muss dann eine schnelle Reaktion möglich sein.

    Insbesondere da es sich hinsichtlich des ehemaligen Betreuers hier um eine v.b.u.H. handeln dürfte, ist diese auch im Titel festzustellen, dank § 850 f Absatz II ZPO kann es dann mit Vollstreckungsaussichten bereits jetzt anders aussehen, wenn das Gericht entsprechend diese Eigenschaft der Forderung feststellt.

  • Grundsätzlich obliegt es den Betreuern, ob sie Ansprüche von Betroffenen geltend machen oder nicht oder nur teilweise (zur Kostenersparnis).

    Allerdings sollte das Absehen von entsprechenden Schritten durch den Betreuer gut begründet werden.

  • Ich sehe es ebenfalls so, daß der Betreuer die Betreuung führt und von gerichtlicher Seite lediglich überwacht wird. Aber wenn die Beweislage klar ist und der Anspruch nicht unerheblich hoch ist, hätte ich schon Bauchweh nicht den Anspruch titulieren zu lassen. Wie bereits dargestellt kann sich die finanzielle Situation des Beklagten ändern und dann schaut der Betroffene ohne Titel in die Röhre. Das dann auf freiwilliger Basis gezahlt wird schließe ich eher aus.

  • Wenn der eingesetze Betreuer untätig bleibt, eventuelle Ansprüche des Betreuten geltend zu machen, müsste ggf. ein Ergänzungsbetreuer genau für diesen Aufgabenkreis (und Prüfung eventueller Regressansprüche gegen den Betreuer) bestellt werden. Dass zzt. nichts beigetrieben werden kann, ist meiner Auffassung nach unbeachtlich. Der Ergänzungsbetreuer sollte (auch) Rechtsanwalt sein, schon allein wegen der Haftungsansprüche gegen diesen, sollte er hier auch Fehler machen.

  • #6: Auf die Idee hätte der neue Betreuer, der Rechtsanwalt ist, als erstes kommen müssen. Aber auch das Betreuungsgericht hätte den Sohn fragen müssen, ob eine Unfallversicherung vorhanden ist und ob er das Ereignis bereits der Versicherung gemeldet hat. Dann hätte das Gericht auch von der erfolgten Zahlung erfahren.

  • Ich würde zunächst prüfen, ob die Versicherung durch die Zahlung auf das Konto des Betreuers befreiend geleistet hat

    Unterhaltsansprüche des Ehemannes gegen die Betroffene?

    Unterhaltsansprüche des jüngeren Sohnes gegen die Betroffene?

  • Aber auch das Betreuungsgericht hätte den Sohn fragen müssen, ob eine Unfallversicherung vorhanden ist und ob er das Ereignis bereits der Versicherung gemeldet hat. Dann hätte das Gericht auch von der erfolgten Zahlung erfahren.

    Wieso soll das Gericht dies erfragen müssen?
    Der Betreuer muss berichten. Und aufgrund des Berichts muss das Gericht prüfen.

    Das Gericht kann doch nicht „ins Blaue hinein“ alle evtl. Möglichkeiten erfragen.

    Fragst du z.B. Für den Fall, dass die Betroffene stürzt, ob

    - eine Unfallversicherung besteht;
    - eine Krankenhaustagegeldversicherung besteht;
    - ein evtl. Verschulden eines Dritten besteht;
    - ein evtl. Dienstunfall besteht;
    - ...,
    ohne das Hinweise des Betreuers vorliegen?

  • [...]
    Nach 2 Jahren stellt sich heraus, dass die Versicherung über 300.000,00 € an ihn gezahlt hat.
    Berichtet hat er darüber nicht, [...]


    Wieso soll das Gericht dies erfragen müssen?
    Der Betreuer muss berichten. [...]

    Sag mal, liest Du die Threads auch oder polemisierst Du einfach so rum?

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  • #6: Auf die Idee hätte der neue Betreuer, der Rechtsanwalt ist, als erstes kommen müssen. Aber auch das Betreuungsgericht hätte den Sohn fragen müssen, ob eine Unfallversicherung vorhanden ist und ob er das Ereignis bereits der Versicherung gemeldet hat. .....


    Grundsätzlich sehe ich das nicht so. (Selbst beruflich tätige Betreuer teilen zumindest kleinere Unfälle erst im Rahmen des nächsten Berichtes mit. Dann sehe ich auch erst durch die RL, ob Zahlungen einer Unfallversicherung erfolgten.)

    Im konkreten Fall wäre jedoch ein Hinweis an den Sohn, den Schaden einer eventuell bestehenden Unfallversicherung zu melden, in Anbetracht der gravierenden Verletzungen aber wohl angebracht gewesen.

  • Als Betreuungsgericht habe ich nicht nur eine Aufsichtspflicht gegenüber dem Betreuer, sondern auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Betreuten.
    Wenn ich aus der Akte sehe, dass der Betreute infolge eines Unfalls ein Betreuungsfall wurde und der Betreuer keine Angaben zu einer evtl. vorhandenen Unfallversicherung macht - sei es aus Unwissenheit oder mit Absicht - frage ich deshalb nach. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung besitzen die meisten eine Unfallversicherung.

  • Als Betreuungsgericht habe ich nicht nur eine Aufsichtspflicht gegenüber dem Betreuer, sondern auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Betreuten.
    Wenn ich aus der Akte sehe, dass der Betreute infolge eines Unfalls ein Betreuungsfall wurde und der Betreuer keine Angaben zu einer evtl. vorhandenen Unfallversicherung macht - sei es aus Unwissenheit oder mit Absicht - frage ich deshalb nach. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung besitzen die meisten eine Unfallversicherung.


    Nach meiner Erfahrung besitzen die wenigsten (der Betreuten) eine Unfallversicherung.

    Zum einen kann deren Fehlen natürlich finanzielle Gründe haben, die dafür sorgten, dass keine UV abgeschlossen wurde.

    Häufiger dürfte es daran liegen, dass bei Eintritt gesundheitlicher Verschlechterungen (z. B. Demenz usw.) eine Mitteilungspflicht gegenüber den Versicherungen besteht und diese wegen des höheren Risikos dann gern mal kündigen.

  • Ich würde zunächst prüfen, ob die Versicherung durch die Zahlung auf das Konto des Betreuers befreiend geleistet hat


    Leute da ist Hopfen und Malz verloren. Cromwell zeigt euch das Problem und will euch auf die richtige Spur bringen und keiner kapiert es.

  • Ich würde zunächst prüfen, ob die Versicherung durch die Zahlung auf das Konto des Betreuers befreiend geleistet hat


    Leute da ist Hopfen und Malz verloren. Cromwell zeigt euch das Problem und will euch auf die richtige Spur bringen und keiner kapiert es.


    :gruebel: Man sollte doch bei einem Berufsbetreuer, der Rechtsanwalt ist, davon ausgehen, dass entsprechende Überlegungen/Prüfungen bereits angestellt wurden. Das Betreuungsgericht prüft jedenfalls nicht, ob die Zahlung befreiend erfolgte.

    Vorsichtshalber kann man ja beim Betreuer noch einmal nachfragen, ob er das geprüft hat.

  • :gruebel: Der Betrag ist doch aber nicht an den Anspruchsinhaber gezahlt worden und müßte dann bei der Rechnungslegung geprüft werden?


    Aus dem von dir genannten Grund erscheint der Betrag eben gerade nicht in der jährlichen Rechnungslegung.

    Mein Beitrag ging aber eigentlich in eine andere Richtung. Wenn der Betreuer (=RA!) mitteilt, dass eine Geltendmachung der Forderung beim (zahlungsunfähigen) ehemaligen Betreuer nicht sinnvoll erscheint, sollte man davon ausgehen können, dass er die Möglichkeit der (erneuten) Einforderung von der Unfallversicherung ebenfalls geprüft hat.

  • Anfänglich kann der Bub nicht Bezugsberechtigter (§§ 159, 185 VVG) gewesen sein, weil sich sonst die Überlegungen aus dem Sachverhalt nicht erklären lassen. Ohne betreuungsgerichtliche Genehmigung kann er die Bezugsberechtigung aber auch nicht nachträglich geändert haben. Demnach ist der Schluss naheliegend, dass die Versicherung an den Falschen ausgezahlt hat. Meine Zeit im Betreuungsgericht ist schon eine ganze Weile her, aber ich hätte bei der Auflistung des Anfangsvermögens durch den Rechtsanwalt wohl auch die Forderung gegen die Versicherung erwartet. Oder eine Erklärung, warum sie dort nicht auftaucht.

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