Umfang der Vollmacht in Kaufverträgen nach Änderung der Teilungserklärung

  • Ich bin mir nicht sicher hinsichtlich der Auslegung einer Vollmacht, die dem Notar erteilt wurde.

    Folgende Anträge liegen mir vor:


    1. Antrag: Teilungserklärung, die umfassend durch eine Nachtragsurkunde geändert wurde. U.a. wurden in dem Nachtrag die Miteigentumsanteile geändert, SNRe (KFZ-Stellplätze) begründet und den Wohnungen zugewiesen. In der ersten Teilungserklärung war ein ziffernmäßig großer MEA mit dem SE an einem kleinen Raum verbunden. Diesem SE war ein SNR an einer Grundstücksfläche zugeordnet mit der Berechtigung an dieser Grundstücksfläche ein Gebäude zu erstellen und in SE aufzuteilen. In dem Nachtrag wurde dieses SNR aufgehoben, weil sich herausgestellt hat, dass eine Bebauung nicht erfolgen kann. Der MEA dieses Sondereigentums wurde verkleinert und die anderen MEA wurden vergrößert. Die Teilungserklärung und der Nachtrag liegen zusammen zur Eintragung vor.
    2. Antrag: Mehrere Kaufverträge über die Wohnungseigentumseinheiten, die vor der Erstellung des Nachtrags beurkundet wurden. Dort sind also die „kleineren“ Miteigentumsanteile verkauft und die zugewiesenen SNRe nicht aufgeführt.

    Die Teilungserklärung nebst Nachtragsurkunde liegt vollzugsreif vor.
    In den Kaufverträgen wurde der Notar bevollmächtigt alle Erklärungen einschließlich Auflassungen abzugeben und Handlungen vorzunehmen, die zur Durchführung, dem Vollzug und zur inhaltlichen Klarstellung und Ergänzung der heutigen Urkunde und etwaiger Folgeurkunde erforderlich oder zweckdienlich sind.
    Der Notar legt jetzt zu den Kaufvertragsurkunden jeweils Eigenurkunden vor, in denen er erklärt, dass sich das SE jetzt so beschreibt wie es in dem Nachtrag gebildet wurde. Er gibt die Beschreibung nebst dem zugewiesenen SNR wieder und bewilligt die Auflassungsvormerkung an diesem SE.
    Ich habe Bedenken, ob diese Erklärung durch die Vollmacht gedeckt ist, da sich der Vertragsgegenstand m.E. geändert hat. Es werden nunmehr größere MEA verbunden mit dem SE an dem Grundstück sowie SNRe gekauft bzw. verkauft. Der Notar ist der Auffassung, dass die Vollmacht genügt.

    Für Meinungen wäre ich sehr dankbar.

  • Um für die Erwerber als Bevollmächtigter Erklärungen abgeben zu können, muss die erteilte Vollmacht den Bestimmtheitsanforderungen genügen. Es kann nichts anderes gelten, als bei einer Vollmacht an den Veräußerers zur Änderung der Teilungserklärung; s. dazu das hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1053105
    genannten Gutachten des DNotI, Abruf-Nr.: 114351, letzte Aktualisierung vom 24. August 2012
    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…710?mode=detail

    Wird die dem Notar erteilte Vollmacht in die Teilbereiche

    1. Abgabe weiterer Erklärungen zur Durchführung der Teilungserklärung
    2. Vollzug der Teilungserklärung und einer etwaigen Folgeurkunde
    3. inhaltliche Klarstellung und Ergänzung der Teilungserklärung und einer etwaigen Folgeurkunde

    unterteilt, dann lässt sich feststellen:

    zu 1: um die Abgabe weiterer Erklärungen zur Durchführung der Teilungserklärung geht es nicht, weil nicht die Teilungserklärung, sondern die geänderte Teilungserklärung durchgeführt werden soll. Eine zur Durchführung der Teilungserklärung erteilte Vollmacht deckt ihrem Wortlaut und Sinn nach nur diejenigen Erklärungen ab, die zur Abwicklung und grundbuchmäßigen Umsetzung der beurkundeten Teilungserklärung notwendig oder förderlich sind. Dazu können zwar auch Erklärungen zählen, die von den Beteiligten oder vom Notar bei der Vertragsunterzeichnung übersehen worden sind (OLG München, Beschluss v. 04.12.2017 – 34 Wx 95/17 mwN). Um übersehene Erklärungen geht es aber vorliegend nicht

    zu 2 und 3: wie eine Folgeurkunde zur Teilungserklärung ausgestaltet sein soll, ist nicht ausgeführt. Damit mangelt es an der Bestimmtheit; s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1076684

    Es ist auch nicht gesagt, dass der Notar diese Folgeurkunde als Eigenurkunde soll errichten können.

    Da nicht nur der Inhalt des Sondereigentums (SNR), sondern auch die Miteigentumsanteile geändert wurden, setzt der spätere Vollzug der Kaufverträge ohnehin neue Auflassungserklärungen voraus (s. Gutachten des DNotI im DNotI-Report 2016, 77 ff:
    https://www.dnoti.de/gutachten/index.html?&pageIndex=23 (dort an letzter Stelle).
    An deren Beurkundung in Form einer Eigenurkunde ist der Notar ohnehin aufgrund der Bestimmung des § 6 Absatz 1 Nr. 1 BeurkG gehindert; er kann dazu keine Eigenurkunde erstellen (BayObLG, FGPrax 2001, 57/59 u. a. ); s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1052676

    Auch entnehme ich dem oben wiedergegebenen Vollmachtsinhalt keine nach außen uneingeschränkte Vollmacht zur Vertretung der Vertragsparteien im Grundbuchverkehr (vgl. OLG Jena MittBayNot 2003, 298; Milzer notar 2013, 35/44).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (13. Januar 2019 um 13:03) aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • Vielen Dank Prinz für deine ausführliche Antwort und die angegebenen Fundstellen.

    In meinem Fall geht es jetzt erstmal um die Eintragung von Auflassungsvormerkungen, die der Notar aufgrund der Vollmacht jeweils in Eigenurkunden zur Eintragung bewilligt.

    Ich habe die Anträge beanstandet.

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