Löschung eines aufschiebend bedingten Nießbrauchs

  • Liebe Forumsexperten, ich bräuchte Eure Hilfe in einer Sache, die mir schon seit geraumer Zeit Kopfzerbrechen bereitet.

    Ausgangsfall ist Folgender:
    Meine Betreute ist hälftige Miteigentümerin einer Immobilie. Die andere Hälfte hat ihr Ehegatte in der Vergangenheit an seine Tochter übergeben. Auf diesem übergebenen Anteil hat er sich selbst einen Nießbrauch vorbehalten, aufschiebend bedingt für den Fall seines Ablebens einen Nießbrauch für seine Frau (meine Betreute).
    Diese Immobilie muss nun zur Finanzierung des Heimaufenthalts meiner Betreuten veräußert werden.
    Für den bestehenden Nießbrauch des Ehegatten wurde ein Ablösungsbetrag ermittelt, der von der Miteigentümerin zu bezahlen ist. Soweit normal.

    Problem nun: Der aufschiebend bedingte Nießbrauch für meine Betreute.

    Die Betreuerin, wie auch die Miteigentümerin, sind der Meinung, der Nießbrauch sei aktuell wertlos, da der nießbrauchsberechtigte Ehemann noch lebe, die Bedingung daher ja noch nicht eingetreten sei. Da der belastete Miteigentumsanteil nunmehr veräußert werde, sei ein endgültiges Entstehen des Nießbrauchs für die Betreute nicht mehr möglich. Ein Ausgleichsbetrag sei daher nicht zu bezahlen.

    Die Verfahrenspflegerin wendet ein, dass durch die Bestellung des aufschiebend bedingten Nießbrauchs ein Anwartschaftsrecht für die Betreute entstanden sei, welches man nicht unberücksichtigt lassen könne. Sie schlägt daher vor, die andere Miteigentümerin solle einen bestimmten Betrag (der dem Wert des Nießbrauchs entspricht, wenn die Bedingung bereits eingetreten wäre) sicherstellen, dh sich verpflichten, über dieses Geld nur mit Zustimmung des Betreuungsgerichts zu verfügen. Wenn der Ehemann dann zuerst versterben sollte, könne der konkrete Betrag dann ermittelt werden.

    Liebe Leute, ich bitte um Eure Einschätzung!

    Ist der Meinung der Verfahrenspflegerin zuzustimmen? Ist der Verzicht auf ein Anwartschaftsrecht überhaupt genehmigungspflichtig und wirkt sich das auf die Genehmigungsfähigkeit der Löschung des aufschiebend bedingten Nießbrauch aus?

    Vielen Dank für Eure Hilfe!

  • Ist der aufschiebend befristete Nießbrauch für die Betroffene im Grundbuch nicht eingetragen?

    War die Betroffene beim Übertragungsvertrag beteiligt?

    M. E. ist bei Mitwirkung der Betroffenen bei Vertragschluss ein aufschiebend befristeter Nießbrauch vereinbart worden. Und der ist bereits im Grundbuch eintragbar. Und er stellt einen Wert dar, den es im Zusammenhang mit der Löschung zu bewerten gilt.

    Sonst könnte ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegen.

    Ansonsten: wenn nach Ansicht des Übergebers und der Übernehmerin kein Recht für die Betroffene entstanden ist, dann bräuchte es auch keiner Löschungsbewilligung de Betreuerin.

  • Die Beantwortung der Fragen von Stugi halte ich auch für wichtig.
    Weitere Frage: Ist der Ehemann älter!
    Wurde bzgl. der Ablösung des Rechtes des Ehemannes mit dessen Lebensalter gerechnet.
    Bei Ablösung der beiden Rechte (des Ehemannes und der Ehefrau) muss man zumindest mit der Lebenserwartung der jüngeren Person berechnen.
    Mein Gedanke: Der Differenzbetrag zwischen Ablösebetrag für die ältere Person und die jüngere, steht der Betreuten zu, sofern diese denn jünger ist.

  • Die nunmehr Betreute war bei der Nießbrauchsbestellung mitbeteiligt.
    Im Grundbuch wurden ein Nießbrauch für den Übergeber und ein aufschiebend bedingter Nießbrauch für die jetzt unter Betreuung stehenden Ehefrau eingetragen.

    Die Betreute ist auch sechs Jahre jünger als der Ehemann.

    Das mit dem Differenzbetrag habe ich mir auch überlegt. Wenn nun aber der Ehemann alsbald verstirbt, wäre die Betreute mit einem zu geringen Betrag abgegolten. Dass sie den übrigen Betrag des Ehemannes erben würde, ist unwahrscheinlich, da dieser für die Heimunterbringung des Ehemannes verwendet werden wird. Evtl wird hier auch der Kostenträger zugreifen.

    Das Argument, nur weil etwas im Grundbuch steht, wäre etwas zu zahlen, greift m.E. zu kurz, da der Nießbrauch ja erst bei Bedingungseintritt erst entsteht. Zum aktuellen Zeitpunkt hat die Betreute vom eingetragenen aufschiebend bedingten Nießbrauch ja auch noch keinen Vermögenswert.

  • ....
    Das mit dem Differenzbetrag habe ich mir auch überlegt. Wenn nun aber der Ehemann alsbald verstirbt, wäre die Betreute mit einem zu geringen Betrag abgegolten...

    und wenn der Ehemann ganz alt wird, wäre sie mit einem zu hohen Betrag abgefunden.....
    Bei der Kapitalisierung von Rechten auf Lebenszeit lässt sich dieser Umstand nunmal schwer vermeiden....

  • Zitat

    Bei der Kapitalisierung von Rechten auf Lebenszeit lässt sich dieser Umstand nunmal schwer vermeiden....

    Mit der von der von der Verfahrenspflegerin vorgeschlagenen Vorgehensweise könnte doch diesbezüglich eine gerechte Lösung gefunden werden, oder?

  • Wenn man die Rechte für den Mann unter Berücksichtigung seiner statistischen Lebenserwartung kapitalisiert und für die Frau die Differenz zwischen ihrer und seiner Lebenserwartung zugrunde legt, hat man ein statistisch gerechtes Ergebnis gefunden.

    Sofern der Gesundheitszustand der beiden als unterdurchschnittlich bewertet werden kann, fände ich persönlich auch ein Ergebnis vertretbar, was einen entsprechenden Abschlag berücksichtigt.

  • Das ist der erste zentrale Rechtsirrtum. Denn ob der Grundbesitz unter Löschung des bedingten Nießbrauchs veräußert werden kann, ist ja gerade die Frage, die es erst zu prüfen gilt. Der zweite Rechtsirrtum ist derjenige mit dem Anwartschaftsrecht. Auf ein solches braucht man sich gar nicht fokussieren, da der bedingte Nießbrauch bereits ein dingliches Recht darstellt, bei welchem lediglich die Rechtswirkungen bedingt sind (so ausdrücklich § 158 Abs. 1 BGB). Es verhält sich also einfach so, dass das bedingte Nießbrauchsrecht in keiner Weise vom Fortbestand des Erstnießbrauchs abhängt, denn auch wenn jener gelöscht wird, kann die Bedingung für den Zweitnießbrauch durch das Ableben des vormaligen Erstnießbrauchsberechtigten noch eintreten. Denn die Bedingung besteht ja gerade nicht (auch) darin, dass dem Erstnießbraucher sein Recht auch bis zu seinem Ableben zugestanden haben muss (auch wenn dies natürlich den Regelfall darstellt).

    Damit kommen wir relativ zwangslos zu der zutreffenden Lösung: Eine Löschung "umsonst" kommt nicht in Frage.

    Weit schwieriger ist die Frage zu beantworten, in welcher Weise die Rechte der Zweitnießbrauchsberechtigten zu wahren sind. Den aufgezeigten Weg (fiktive Ablösesumme und Verfügung hierüber nur mit gerichtlicher Genehmigung) halte ich grundsätzlich für gangbar, da diese Summe mit fortschreitendem Alter der Zweitnießbrauchsberechtigten eigentlich nur weniger werden kann (es sei denn, eine ziemlich starke Renditesteigerung des Objekts würde dies wieder ausgleichen). Theoretisch wäre auch denkbar, eine schuldrechtliche Surrogation zu vereinbaren, wonach sich der bedingte Zweitnießbrauch am Verkaufserlös für den Hälftemiteigentumsanteil fortsetzt. Diese Lösung würde ich allerdings nicht unbedingt bevorzugen, weil sie dazu führen würde, dass der Gesamterlös des Hälfteanteils der gerichtlichen Aufsicht unterliegen müsste (wobei man sogar darüber diskutieren kann, ob man vom Gesamterlös den Ablösebetrag für den Erstnießbrauch in Abzug bringen kann, denn weshalb sollte es die Zweitnießbraucherin interessieren, ob sich der Erstnießbraucher sein Recht abfinden lässt? Ihr steht das Recht so zu, wie es vereinbart wurde).

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