§ 459 i StPO Mitteilung an Verletzte

  • Hallo,

    ich bin Rpfl bei der StA und habe erst nach einer Pause den Dienst wieder angetreten.

    Ich möchte die Einziehungsanordnung vollstrecken und frage mich nun, wann schreiben andere StAs die Verletzten an? Gleich nach Rk des Urteils? Erst, wenn auch der gesamte Betrag vereinnahmt wurde?

    Was, wenn die Verletzten nicht so richtig bezeichnet sind? Heute: 'VU entwendet in Gaststätte XY Sachen im Wert von 500 EUR, daher wird Einziehung angeordnet.'

  • Da hast du das zur Zeit meist diskutierteste Thema im Bereich der Vermögensabschöpfung angesprochen, was das Entschädigungsmodell angeht.

    Im Gesetz steht, dass die Mitteilung "unverzüglich" zu machen ist. Nach § 121 BGB meint unverzüglich NICHT sofort.

    Vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen (lit.). § 459i StPO verlangt, dass der Verletzte auf das komplette Entschädigungsverfahren hingewiesen wird. §§ 459h, 111i, 459k StPO sprechen immer vom "Erlös". In § 111i Abs. 2 S. 1 StPO ist der Erlös sogar definiert. Für mich ist ein "Erlös" nach dieser Definition immer positiv. Da ich den Verletzten auf seinen Anspruch auf Auskehrung dieses Erlöses hinweisen muss, fertige ich immer erst dann eine Mitteilung, wenn ich auch im Wege der Vollstreckung tatsächlich einen Erlös beitreiben konnte (> 0 EUR). Ist die Frist des § 459k Abs. 1 StPO verstrichen, liegt immer eine Konstellation vor, die im Gesetz beschrieben ist:
    1. Deckungsfall -> Auskehrung an Verletzte nach § 459k Abs. 2 StPO
    2. Mangelfall mit Insolvenzverfahren (§§ 459h Abs. 2 S. 2, 111i Abs. 2 S. 1 StPO)
    2. Mangelfall ohne Insolvenzverfahren (§§ 459h Abs. 2 S. 2, 111i Abs. 2 S. 2, 459m Abs. 1 S. 4 StPO).

    Wird eine Mitteilung nach § 459i StPO gemacht, wenn 0 EUR "vorliegen", so besteht die Gefahr, dass nach 6 Monaten immer noch 0 EUR "vorliegen". Für diese Variante sieht das Gesetz keine Lösung vor.

    Anmerkung: Dass nach Ablauf der Frist des § 459k Abs. 1 StPO zwingend der "Kassensturz" zu machen ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut, lediglich aus der Systematik und wurde in der Vergangenheit häufig diskutiert. In der Literatur wurde es allerdings dann klargestellt. Ebenso, dass das Auskehrungsverfahren nach § 459k StPO nur einmal stattfindet.

  • Ich hänge mich hier mal an. Im RpflHeft 3/19 ist ein Beitrag von Savini drin. Unter Nr. 2 ist dort angeführt, dass von einer Mitteilung an die Geschädigten sogar gänzlich abgesehen werden kann, wenn keinerlei Vermögen gesichert wurde und eine Beitreibung in absehbarer Zeit nicht möglich ist.
    Es wird noch auf andere Konstellationen eingegangen. Was mich interessiert: Macht Ihr immer die Mitteilungen unmittelbar mit der Einleitung, später, oder -in den Fällen wo die Beitreibung aussichtslos ist- gar nicht?

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Am Anfang habe ich immer direkt die Mitteilung gemacht, aber die Arbeit überrollt mich fast, so dass ich jetzt erst mal schaue ob ich überhaupt etwas vollstrecken kann und dann auch erste Zahlungen abwarte.

  • Also wenn keinerlei Zahlungen kommen, auch keine Mitteilung? Wir haben hier das Problem, dass in ca. 70-80 % der Fälle keine Zahlungen zu erwarten sind. (in der Regel südosteuropäische Banden). Mit der Mitteilung wecken wir doch Erwartungen, die nicht erfüllbar sind.

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Ich habe zwar meine Mitteilung dann so abgeändert, dass ich dem Tatverletzten mitteile, dass ich noch nix habe (und bei Geldstrafe auch diese vorrangig ist), so dass keine falschen Erwartungen geweckt werden, aber das Problem ist wohl, dass man bei mehreren Tatverletzten ein Inso.verf. machen muss, wenn der Betrag nicht ausreicht. Dieses würde dann mangels Masse abgewiesen werden.
    Ich bin noch nicht an dem Punkt bei meinen Verfahren, aber so wie ich es verstanden habe, muss ich nach dem Ablauf der Anmeldefrist auskehren (nur ein Mal möglich) oder ein Insoverf. beantragen.

  • Nach Ablauf der Frist des § 459k Abs. 1 StPO muss zunächst geprüft werden, ob ein Mangelfall oder ein Deckungsfall vorliegt.

    Ein Mangelfall liegt vor, wenn die angemeldeten Forderungen die Sicherungshöhe überschreiten. Dann gilt: §§ 459h Abs. 2 S. 2, 111i Abs. 2 S. 1 StPO: Stellung eines Insolvenzantrages. Wenn man aber unter 2500 EUR gesichert hat, ist davon abzusehen, da die Abweisung Mangels Masse droht (§ 111i Abs. 2 S. 2 StPO). Dann geht es weiter mit: § 459m Abs. 1 S. 4 StPO: Auskehrung des gesicherten Vermögens innerhalb von 2 Jahren an die Verletzten mit Titel und nach Priorität. Die Frist beginnt mit der Feststellung, dass kein Insoantrag gestellt werden kann.
    Nach Ablauf der 2 Jahre des § 459m Abs. 1 S. 4 StPO ist das Auskehrungsverfahren nach § 459k StPO beendet. Alles was ab da gesichert wird, kann nur noch unter Maßgabe des § 459m Abs. 2 Alt. 2 StPO ausgekehrt werden. Auch hier gilt: Nach Priorität und mit Titel. Eine Frist gibt es hier nicht, weil § 459m Abs. 2 StPO nicht auf Abs. 1 S. 3 verweist.

    Ein Deckungsfall liegt vor, wenn das gesicherte Vermögen ausreicht, um die angemeldeten Forderungen zu befriedigen. Dann geht es weiter mit § 459k Abs. 2 StPO. Wenn "ohne weiteres" (+): Auskehrung an den Verletzten (zuvor Anhörung -> Abs. 3), ansonsten Vorlage an das Gericht zur Zulassung.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!