Europäischer Vollstreckungstitel

  • Gegen dieBeklagte (Privatperson) sind im September/ Oktober 2018 ergangen:


    1. Ein Versäumnisurteil im schriftlichenVerfahren auf
      -Zahlung (Mietrückstände) von 1.000,00 € nebst 5%... aus 250,00 € seit dem…,aus 250,00 € seit dem…etc.
      - Räumung


    2. Ein KFB



    AlleZustellungen sind jeweils durch Niederlegung erfolgt.


    ZumZeitpunkt des Erlasses des VU und des KFB und den Zustellungen hat die Beklagtenoch in Deutschland gewohnt, jetzt wohnt sie in Österreich.
    Für das VUsoll eine Bescheinigung gemäß EU-Verordnung 805/2004 und für den KFB eineBescheinigung gemäß EU-Verordnung 1215/2012 erteilt werden.
    MeinesErachtens geht das jeweils.

    Ich versuchemich jetzt (erstmals) an den jeweiligen Vordrucken.

    Was gebe ichjeweils als Anschrift der Beklagten an? Die alte oder die neue?

  • Ich würde die aktuelle Anschrift angeben.
    Wenn Das Geburtsdatum der Schuldnerpartei bekannt sein sollte, würde ich auch zusätzlich das Geburtsdatum angeben.

  • Aber die jeweilige Bescheinigung wäre richtig?

    Und dann bei dem VU die Frage, ob die Beklagte im Ursprungsmitgliedsstaat wohnhaft ist offenlassen? Und das sie Verbraucher ist? Art. 6 I b bejahen (Ziffer 9)?

    Wegen der Fälligkeit der Zinsen würde ich eine Anlage machen, weil die im Urteil ja gesplittet sind.

  • 1.
    Die Gläubigerpartei hat die Wahl zwischen der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO) und der Erteilung einer Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO (Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1252/2012). Dies gilt sowohl für das Versäumnisurteil als auch für den Kostenfestsetzungsbeschluss.

    2.
    Verfahrenseinleitendes Schriftstück in Zivilsachen ist der Mahnbescheid oder die Klageschrift.
    Im Kostenfestsetzungsverfahren ist verfahrenseinleitendes Schriftstück dagegen der Kostenfestsetzungsantrag.

    3.
    Der Antrag auf Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel bedarf keiner besonderen Form;
    dieser ist kein verfahrenseinleitendes Schriftstück.
    Der Antrag kann in Schriftform gestellt werden.

    4.
    Das Formblatt I EuVTVO (EU-Verordnung Nr. 805/2004) steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
    Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.

    5.
    Eine Ausfertigung der Bestätigung ist der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen (§ 1080 I S. 2 ZPO).

    6.
    Die Ausfertigung der Bestätigung soll mit der vollstr. Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden, da die vollstr. Ausf. des Schuldtitels als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
    Vorgeschrieben ist jedoch die Verbindung mit dem Schuldtitel nicht.

    7.
    Ziffer 9 und 10, 10.2 sind im Formblatt anzukreuzen.
    Ziffer 11, 11.1 sowie 11.2 sind entsprechend anzukreuzen.
    Die weiteren Zinsen können in einer Anlage zur Bestätigung angegeben werden.

    8.
    Weitere Einzelheiten zum Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen können der Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw/BS/rechtimaus...v/1/euvtvo.pdf

    8 Mal editiert, zuletzt von rolli (31. Januar 2019 um 01:06)

  • 1.
    Der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO (Brüssel Ia-Verordnung) bedarf keiner besonderen Form;
    dieser ist kein verfahrenseinleitendes Schriftstück.
    Der Antrag kann in Schriftform gestellt werden.

    2.
    Das Formblatt I EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
    Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.

    3.
    Eine Ausfertigung der Bescheinigung ist der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen (§ 1111 I S. 3 ZPO).

    4.
    Die Ausfertigung der Bescheinigung soll mit der vollstr. Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden, da die vollstr. Ausf. des Schuldtitels als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
    Vorgeschrieben ist jedoch die Verbindung mit dem Schuldtitel nicht.

    5.
    Nach Ablauf der Wartefrist (§ 798 ZPO) kann die begehrte Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss erteilt werden.

    5.
    Weitere Einzelheiten zur Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) können der Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtimausl…zv/1/eugvvo.pdf

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (31. Januar 2019 um 00:57)


  • 7.
    Ziffer 9 und 10, 10.2 sind im Formblatt anzukreuzen.
    Ziffer 11, 11.1 sowie 11.2 sind entsprechend anzukreuzen.
    Die weiteren Zinsen können in einer Anlage zur Bestätigung angegeben werden.

    Erstmal vielen Dank für Deine Hilfe! (und bitte entschuldige die folgenden Fragen....)

    10.1 doch auch? Oder meintest Du 10.1 ausfüllen und 10.2 nicht?

    und 13 etc. dann freilassen?

  • 10.2 auch, wenn sie jetzt nicht mehr in Deutschland lebt? Die neue Anschrift gebe ich ja unter Ziffer 4.3.2. an. Oder betrifft 10.2 den Wohnort zum Zeitpunkt der Entscheidung (dann sollte das als Zusatz vielleicht mit in den Vordruck)?

  • Ja,
    Ziffer 10.2 betrifft den Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erlasses der Säumnisentscheidung.

    Ein Zusatz bzgl. Wohnortwechsel der Schuldnerpartei ist zulässig.

    2 Mal editiert, zuletzt von rolli (31. Januar 2019 um 14:35)

  • Sofern das Mietverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, findet die Vorschrift des Art. 6 I d) EuVTVO keine Anwendung, da sich die Zuständigkeit ausschließlich nach Art. 24 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) richtet und nicht nach Art. 17, 18 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012):
    Der Wohnsitz spielt insoweit keine Rolle; die Zuständigkeit richtet sich allein nach dem Ort der Mietwohnung.
    Ziffer 10.2 ist dann nicht anzukreuzen.

    Fundstelle:
    Dr. Katharina Hilbig-Lugani, Randziffer 41 zu Art. 6 EuVTVO in Geimer/Schütze - Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band II, Hausummer 541, S. 95.

    Die Fundstelle nimmt noch Bezug auf die EuGVVO a. F. (Art. 22 und 15 EuGVVO a. F. (= EU-Verordnung Nr. 44/2001(Brüssel I-Verordnung), findet jedoch sinngemäß Anwendung auf die neuen Vorschriften (Art. 24, 17, 18 EuGVVO (= EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-Verordnung)).

    4 Mal editiert, zuletzt von rolli (31. Januar 2019 um 16:28)

  • Sofern das Mietverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, findet die Vorschrift des Art. 6 I d) EuVTVO keine Anwendung, da sich die Zuständigkeit ausschließlich nach Art. 24 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) richtet und nicht nach Art. 17, 18 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012):
    Der Wohnsitz spielt insoweit keine Rolle; die Zuständigkeit richtet sich allein nach dem Ort der Mietwohnung.
    Ziffer 10.2 ist dann nicht anzukreuzen

    Ich habe leider keinen Kommentar.

    Das Mietverhältnis hat am 01.01.2013 begonnen, Ende: 2018. Die Wohnung lag in unserem AG-Bezirk, die Beklagte wohnte während des Verfahrens auch in der Wohnung. Geltend gemacht werden 3 Monate Mietrückstand. Wenn ich das richtig verstehe kann ich die beantragte Bescheinigung EUVTVO 805/2004 erteilen und kreuze 10.2 an, weil Art. 24 EUGVVO nur Anwendung findet, wenn der Mietrückstand (die Klageforderung) mehr als 6 Monate beträgt?

    Und verstehe ich Art. 59 der VO 44/2001 so, dass sich die Zuständigkeit dann gemäß Art. 24 EUGVVO entweder a) nach der Mietwohnung (immer und wenn mehr als 6 Monate Mietrückstand) und b) Wohnort des Schuldners (nur wenn Mietrückstand weniger als 6 Monate) richtet und dann bei a) 10.2 nicht angekreuzt wird egal wo A wohnt) und bei b) angekreuzt wird? Nicht maßgebend ist die Dauer des Mietvertrages, richtig? So verstehe ich den Art. 24 EUGVVO.

    Beispiel:

    I. Die Wohnung liegt in A. X mietet die Wohnung und zahlt unabhängig von der Mietdauer 3 Mieten nicht.

    1) wohnt X noch in der Wohnung ist AG A immer zuständig (also Wohnsitz i.S. von Art. 59 VO 4/2001)
    2) wohnt X inzwischen in B sind AG A und AG B zuständig (also beide Wohnsitze i.S. von Art. 59)

    II. X zahlt 8 Mieten nicht. AG A ist immer zuständig (also Wohnsitz i.S. von Art. 59)

    Es kann immer (bei I. und II.) bei einem VU eine Bescheinigung nach EUVTVO 805/2004 erteilt werden, entweder von AG A (dann 10.2 nie ankreuzen, egal wo X wohnt, weil mit "Wohnsitz" hier die "Wohnung der Mietforderung" gemeint ist) oder bei I.2) auch AG B (dann 10.2 ankreuzen). Oder geht diese Bescheinigung nur im Fall I. 2) bei AG B? Wobei gemäß § 29a ZPO bei uns doch nur AG A zuständig sein dürfte und ich mich dann nach dem geltend gemachten Mietrückstand richte?

    Sorry, ich tue mich mit dem Verständnis und den Zusammenhängen der einzelnen Vorschriften noch schwer.

  • 1.
    Maßgeblich sind insoweit nicht die rückständigen Monatsmieten, sondern die Dauer des Mietverhältnisses.

    Gem. Art. 24 Zi. 1 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) ist ausschließlich das Gericht in Deutschland zuständig, da das Mietverhältnis länger als 6 Monate betrug und die Mietwohnung in Deutschland liegt.
    Selbst wenn die Schuldnerpartei bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung in Österreich wohnhaft gewesen sein sollte, ist das Gericht in Deutschland zuständig.

    Besteht ein Mietverhältnis nur maximal 6 Monate (z. B. Mietzinsforderung aus Vermietung einer Ferienwohnung/eines Ferienhauses), ist auch das Gericht im EU-Mitgliedstaat zuständig, in dem die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz hat, falls der Mieter/Pächter ein natürliche Person ist sowie der Eigentümer und Mieter/Pächter ihren Wohnsitz in demselben EU-Mitgliedstaat haben.
    Beispiel:
    A aus Frankreich macht gegen B aus Frankreich eine Mietzinsforderung aus einer 3-wöchigen Vermietung der Ferienwohnung in Spanien geltend.
    Die Klage kann erhoben werden vor dem Gericht in Frankreich oder Spanien.

    2.
    Aus den o. g. Gründen ist daher Ziffer 10.2 nicht anzukreuzen.

    Das ausgefüllte Formblatt kann irrig den Eindruck einer fehlerhaften Bestätigung erwecken, da es in Ziffer 10 und 10.1 angekreuzt ist, in 10.2 jedoch nicht.
    Ggfs. könnte es daher sinnvoll sein, dennoch Ziffer 10.2 anzukreuzen.

  • Vielen Dank für Deine Hilfe, auch bei meinen anderen Fragen!
    Zumindest für mich sind die Vordrucke nicht selbsterklärend. Z.B. hätte ich mir wohl für den KFB auch 4.1 (Er ist ja auch eine Entscheidung und Kosten können andererseits auch im Urteil tituliert werden und wären unter 4.7.3 anzugeben) oder 4.7.3.3 und folgende vorstellen können, aber das ist hier wohl nicht gemeint. Ich habe 4.7.3.1 genommen.

    Ich habe die Vordrucke jetzt (hoffentlich) fertig und richtig ausgefüllt (oder zumindest werden sie von den Vollstreckungsbehörden nicht bemängelt....). Die neue Anschrift der Beklagten lautet c/o Hotel X, ...straße, ... ort. Das stellt m.E. kein Problem für die Erklärung dar.

    Eine allgemeine Frage zur Zustellung (Rechtsmittelbelehrung) habe ich in einem gesonderte Post gestellt, da sich das vielleicht auch noch andere fragen.

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