Weiterer Schonbetrag nach § 60 SGB XII bei Eingliederungshilfe

  • Nach und nach sickert es auch an unsere Amtsgerichte und an unsere Berufsbetreuer durch: Den Beziehern von Eingliederungshilfe steht ein weiterer Freibetrag nach § 60a SGB XII in Höhe von 25.000 EUR zu, der auch im Rahmen der Betreuervergütung und des Regress zu berücksichtigen ist. So jedenfalls LG Chemnitz 3 T 231/17; LG Kassel 3 T 141/18; LG Karlsruhe 11 T 58/18; LG Bielefeld 23 T 386/18.

    Noch nicht ganz klar sind die Auswirkungen in den verschiedenen Fallgruppen. Ich will sie daher hier zur Diskussion stellen:

    A Betreuervergütung

    1. Vor Vergütungsfestsetzung – unproblematisch, Freibetrag von 5.000+25.000=30.000 EUR ist zu berücksichtigen.
    2. Vor Rechtskraft der Vergütungsfestsetzung gegen Betroffenen – aus meiner Sicht kann nur auf Beschwerde/Erinnerung hin der Beschluss aufgehoben werden, nicht auch von Amts wegen.
    3. Nach Rechtskraft der Vergütungsfestsetzung gegen Betroffenen, aber vor dessen Zahlung – hier zweifle ich, ob trotz Rechtskraft eine Festsetzung gegen die Staatskasse noch in Betracht kommt, weil ausreichendes Vermögen nicht vorhanden war und ist. Einerseits hat die Rechtsprechung eine Vergütung gegen die Staatskasse im Interesse des Betreuers für zulässig erachtet, wenn dieser nicht wusste, dass der Betroffene mittellos ist, vgl. OLG Frankfurt/M, 20 W 477/08, BayObLG 3Z BR 161/03 = FamRZ 2004, 305; OLG Hamm 15 W 328/06 = FGPrax 2007, 171. Andererseits waren hier die die Mittellosigkeit begründenden Tatsachen dem Betreuer bekannt, lediglich die rechtliche Bewertung wich (im Zweifel auch beim Gericht) von der jetzigen Auffassung ab.
    4. Nach Zahlung der Vergütung aus dem Vermögen des Betroffenen – hier sehe ich angesichts der Rechtskraft der Vergütungsfestsetzung keinen Raum mehr für eine Vergütungsfestsetzung gegen die Staatskasse.



    B Regress

    1. Vor Regressbeschluss – unproblematisch, Freibetrag von 30.000 EUR ist zu berücksichtigen.
    2. Vor Rechtskraft des Regressbeschlusses – Aufhebung des Regressbeschlusses auf Rechtsbehelf hin möglich; fraglich, ob das Gericht auch von Amts wegen seinen Beschluss aufheben kann.
    3. Nach Rechtskraft des Regressbeschlusses, aber vor Zahlung/Beitreibung – hierzu liegt mir die Entscheidung des LG Karlsruhe vor, die den Regressbeschluss für offensichtlich unrichtig hält und daher auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung hin die Beitreibung der Forderung für unzulässig erklärt hat. LG Karlsruhe, Beschluss vom 30.10.2018 – 11 T 218/18. Fraglich, ob auch v.A.w. die Beitreibung einzustellen ist.
    4. Nach Zahlung/Beitreibung der Regressforderung – hier sehe ich angesichts der Rechtskraft des Regressbeschlusses keinen Raum mehr für eine Erstattung des eingenommenen Betrags.
  • Zunächst: Vielen Dank für Deine Mühen. Kamen aufgrund des Schnees keine Betreuer vorbei? ;)
    Ich picke mir mal die Rosinen raus:

    B Regress

    • Vor Rechtskraft des Regressbeschlusses – Aufhebung des Regressbeschlusses auf Rechtsbehelf hin möglich; fraglich, ob das Gericht auch von Amts wegen seinen Beschluss aufheben kann.

    Von Amts wegen halte ich für nicht möglich - s.a. Deine aufgeführte Entscheidung des LG Karlsruhe vom 30.10.2018. Ein Tätigwerden von Betreuer/in und/oder Betroffene/r/m braucht es.
    Max. kann man das Ding noch zurückholen, wenn es das Haus noch nicht verlassen hat.

    • Nach Rechtskraft des Regressbeschlusses, aber vor Zahlung/Beitreibung – hierzu liegt mir die Entscheidung des LG Karlsruhe vor, die den Regressbeschluss für offensichtlich unrichtig hält und daher auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung hin die Beitreibung der Forderung für unzulässig erklärt hat. LG Karlsruhe, Beschluss vom 30.10.2018 – 11 T 218/18. Fraglich, ob auch v.A.w. die Beitreibung einzustellen ist.

    Liest sich in etwa wie: Wir wissen, wo wir rauskommen wollen und dann biegen wir das mal so.
    Hier lief man den ganz formalen Weg entlang und ich wüsste auch sonst nicht, wie man (in Sachsen) der LJK sonst den Beitreibungsfall wieder entziehen könnte. Durch Erlass der Entscheidung und Eintritt der Rechtskraft kann max. etwas im Sinne der Vollstreckungsabwehrklage erfolgen. Auch wird sich die LJK sowas immer aktensauber dokumentieren lassen.

    • Nach Zahlung/Beitreibung der Regressforderung – hier sehe ich angesichts der Rechtskraft des Regressbeschlusses keinen Raum mehr für eine Erstattung des eingenommenen Betrags.


    Folgt allein schon aus dem vorigen Punkt. Ungerechtfertigte Bereicherung der Staatskasse liegt nicht vor und da die ursprüngliche Entscheidung auch nicht mehr angreifbar ist, gänge max. der Gedanke der Amtshaftung. :cool:

    Nachtrag: LJK steht stellvertretend für LOKs oder sonstige Landes/Ober/Staatskassen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti


  • :daumenrau Ich schließe mich den Ausführungen an.


    Ergänzen möchte ich zu A Betreuervergütung 3.:

    Die genannten Entscheidungen, die eine Zahlung aus der Staatskasse zulassen, obwohl die Vergütung rechtskräftig gegen den Betreuten festgesetzt wurde, sollen den Betreuer schützen. (Damit dieser Geld erhält, obwohl der Betroffene entgegen der Annahme doch mittellos ist.)

    Hier ist die Sachlage jedoch anders: Es besteht kein Irrtum des Betreuers über den tatsächlichen Vermögensbestand des Betroffenen, sondern eine Fehleinschätzung (oder Unkenntnis) hinsichtlich der anzuwendenden Freibeträge. Aus meiner Sicht sollte dies nach RK der Festsetzung nicht dazu führen, dass der Betreuer nun Geld aus der Staatskasse erhält. Vor Eintritt der RK hätte er im Namen des Betroffenen gegen den Beschluss vorgehen können.

  • zu A Betreuervergütung 3.:

    Die genannten Entscheidungen, die eine Zahlung aus der Staatskasse zulassen, obwohl die Vergütung rechtskräftig gegen den Betreuten festgesetzt wurde, sollen den Betreuer schützen. (Damit dieser Geld erhält, obwohl der Betroffene entgegen der Annahme doch mittellos ist.)

    Hier ist die Sachlage jedoch anders: Es besteht kein Irrtum des Betreuers über den tatsächlichen Vermögensbestand des Betroffenen, sondern eine Fehleinschätzung (oder Unkenntnis) hinsichtlich der anzuwendenden Freibeträge. Aus meiner Sicht sollte dies nach RK der Festsetzung nicht dazu führen, dass der Betreuer nun Geld aus der Staatskasse erhält. Vor Eintritt der RK hätte er im Namen des Betroffenen gegen den Beschluss vorgehen können.


    Erst einmal danke für Eure Meinungen!

    Du stellst also auf die rechtliche Würdigung ab und lässt einen Rechtsirrtum anders als einen (unverschuldeten) Irrtum über Tatsachen nicht ausreichen. Das Problem daran ist, dass die Nichtanwendbarkeit des 60-a-Freibetrags von der hiesigen Rechtspflegerschaft zunächst vertreten wurde und dieBetreuer entsprechend "gebrieft" worden waren. Im Ergebnis kann der Betreuer wegen der Mittellosigkeit des Betroffenen auch hier seine Vergütung nicht durchsetzen, oder er muss auf Vermögen zugreifen, das Schonvermögen ist. Unbefriedigend!

    • Nach Rechtskraft des Regressbeschlusses, aber vor Zahlung/Beitreibung – hierzu liegt mir die Entscheidung des LG Karlsruhe vor, die den Regressbeschluss für offensichtlich unrichtig hält und daher auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung hin die Beitreibung der Forderung für unzulässig erklärt hat. LG Karlsruhe, Beschluss vom 30.10.2018 – 11 T 218/18. Fraglich, ob auch v.A.w. die Beitreibung einzustellen ist.

    Liest sich in etwa wie: Wir wissen, wo wir rauskommen wollen und dann biegen wir das mal so.
    Hier lief man den ganz formalen Weg entlang und ich wüsste auch sonst nicht, wie man (in Sachsen) der LJK sonst den Beitreibungsfall wieder entziehen könnte. Durch Erlass der Entscheidung und Eintritt der Rechtskraft kann max. etwas im Sinne der Vollstreckungsabwehrklage erfolgen. Auch wird sich die LJK sowas immer aktensauber dokumentieren lassen.

    Ja, ähnlich einer Vollstreckungsgegenklage ist § 8 Abs. 1 S. 1 JBeitrG http://www.buzer.de/s1.htm?a=8&g=JBeitrG zu verstehen. Und ja, der Verdacht liegt nahe, dass das LG Karlsruhe seine Berücksichtigungsfähigkeit des 60-a-Freibetrags aus seinem Beschluss vom 3.5.18 – 11 T 58/18 – so umfassend wie möglich durchsetzen wollte.

  • http://www.buzer.de/s1.htm?a=8&g=JBeitrG

    [quote='15.Meridian','Weiterer Schonbetrag nach § 60 SGB XII bei Eingliederungshilfe']

    • die Entscheidung des LG Karlsruhe vor, die den Regressbeschluss für offensichtlich unrichtig hält und daher auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung hin die Beitreibung der Forderung für unzulässig erklärt hat. LG Karlsruhe, Beschluss vom 30.10.2018 – 11 T 218/18.


    Liest sich in etwa wie: Wir wissen, wo wir rauskommen wollen und dann biegen wir das mal so.

    Ich finde die Entscheidung sehr beachtlich, weil auch aus den weiteren Absätzen ja der Gedanke trieft, dass hier was wieder gerade zu biegen sei. Insofern finde ich die Rn. 8 und 12 in sich widersprüchlich.
    Aber vielleicht löst sich das, wenn man den ganzen Verfahrensweg kennt.

    Im Ergebnis würde ich es mir aber wie Ihr auf die Fahnen schreiben und sowohl im Vergütungs- als auch Regressverfahren die Kollegen auf den neuen Schonbetrag hinweisen - Berücksichtigung von Amts wegen. Das wird zwar wieder zu Baustellen führen (warum hier nicht und warum da schon), aber diese sind leichter behebbar.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • zu A Betreuervergütung 3.:

    Die genannten Entscheidungen, die eine Zahlung aus der Staatskasse zulassen, obwohl die Vergütung rechtskräftig gegen den Betreuten festgesetzt wurde, sollen den Betreuer schützen. (Damit dieser Geld erhält, obwohl der Betroffene entgegen der Annahme doch mittellos ist.)

    Hier ist die Sachlage jedoch anders: Es besteht kein Irrtum des Betreuers über den tatsächlichen Vermögensbestand des Betroffenen, sondern eine Fehleinschätzung (oder Unkenntnis) hinsichtlich der anzuwendenden Freibeträge. Aus meiner Sicht sollte dies nach RK der Festsetzung nicht dazu führen, dass der Betreuer nun Geld aus der Staatskasse erhält. Vor Eintritt der RK hätte er im Namen des Betroffenen gegen den Beschluss vorgehen können.


    Erst einmal danke für Eure Meinungen!

    Du stellst also auf die rechtliche Würdigung ab und lässt einen Rechtsirrtum anders als einen (unverschuldeten) Irrtum über Tatsachen nicht ausreichen. Das Problem daran ist, dass die Nichtanwendbarkeit des 60-a-Freibetrags von der hiesigen Rechtspflegerschaft zunächst vertreten wurde und dieBetreuer entsprechend "gebrieft" worden waren. Im Ergebnis kann der Betreuer wegen der Mittellosigkeit des Betroffenen auch hier seine Vergütung nicht durchsetzen, oder er muss auf Vermögen zugreifen, das Schonvermögen ist. Unbefriedigend!


    Handelt es sich in der Praxis bei euch tatsächlich um so ein großes Problem? :gruebel:

    Hiesige Betreuer entnehmen umgehend nach Erhalt des Festsetzungs-Beschlusses ihre Vergütung aus dem Betreutenvermögen. Da wird häufig nicht mal die Rechtskraft abgewartet.

    Und die Entnahme der gegen das Vermögen festgesetzten Vergütung aus dem Schonvermögen von Betroffenen war auch gar nicht so selten zu Zeiten der Umstellung des Schonbetrages von 2.600,- EUR auf 5.000,- EUR.

    Habt ihr damals auch versucht, auf Grundlage des alten Freibetrages erlassene Festsetzungsbeschlüsse rückwirkend zu korrigieren, d. h. dann doch aus der Staatskasse auszuzahlen? :gruebel:

  • Was heißt großes Problem? Die Frage wird von den Betreuern gestellt, und es wäre schön, wenn wir eine einheitliche (und womöglich zutreffende) Linie verfolgen.

    Zur Anwendbarkeit des § 60a SGB XII in der Betreuung sind beim BGH anhängig:

    XII ZB 290/18 (29.06.18)
    XII ZB 291/18 (29.06.18)
    XII ZB 451/18 (21.09.18)
    XII ZB 42/19 (01.02.19)

  • Nach und nach sickert es auch an unsere Amtsgerichte und an unsere Berufsbetreuer durch: Den Beziehern von Eingliederungshilfe steht ein weiterer Freibetrag nach § 60a SGB XII in Höhe von 25.000 EUR zu, der auch im Rahmen der Betreuervergütung und des Regress zu berücksichtigen ist. So jedenfalls LG Chemnitz 3 T 231/17; LG Kassel 3 T 141/18; LG Karlsruhe 11 T 58/18; LG Bielefeld 23 T 386/18.

    Dieser weitere Freibetrag gilt aber nur bis 31.12.2019, § 60a SGB XII

    § 60a SGB XII Sonderregelungen zum Einsatz von Vermögen:

    Bis zum 31. Dezember 2019 gilt für Personen, die Leistungen nach diesem Kapitel erhalten, ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25 000 Euro für die Lebensführung und die Alterssicherung im Sinne von § 90 Absatz 3 Satz 2 als angemessen; § 90 Absatz 3 Satz 1 bleibt unberührt.

    https://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Freibetrag

  • Was heißt großes Problem? Die Frage wird von den Betreuern gestellt, und es wäre schön, wenn wir eine einheitliche (und womöglich zutreffende) Linie verfolgen.

    ....


    Für die Vergangenheit (rechtskräftige Festsetzung der Vergütungen bereits erfolgt), kann und sollte man m. E. nichts mehr "reparieren". Zukünfig sollte man den weiteren Schonbetrag berücksichtigen und zu gegebener Zeit Regress beim Betreuten oder dessen Erben nehmen.


    Wie schon geschrieben, stellte sich das Problem auch bei der Erhöhung des Vermögensschonbetrages von 2.600,- auf 5.000,- €.

    Da besaßen dann auch manche Betreuer Festsetzungsbeschlüsse gegen Betreute, die z. B. über 4.000,- € Vermögen verfügten. Die Betreffenden waren ja bis zur Erhöhung des Schonvermögens als vermögend zu behandeln. Ich kann mich an keine Rückfrage von Betreuern erinnern, ob sie sich die festgesetzte Vergütung trotz der Anpassung des Schonbetrages noch aus dem Vermögen entnehmen dürfen.

    Ein Problem hätte ich in diesem Zusammenhang aber auch nicht gesehen, schließlich war über den Vergütungsanspruch bereits (rechtskräftig) entschieden worden.

  • Dieser weitere Freibetrag gilt aber nur bis 31.12.2019, § 60a SGB XII

    Ja, weil dann ein Freibetrag von 50.000 EUR kommt.
    Sh. Gesetzesbegründung:

    Zu Nummer 4 (§ 60a)
    [FONT=Arial,Arial][FONT=Arial,Arial]Zusätzlich zum bestehenden § 90 Absatz 3 SGB XII gilt für Personen, die Leistungen der Eingliederungshilfe und gegebenenfalls andere Leistungen der Hilfen in besonderen Lebenslagen erhalten, im Vorgriff auf das Inkrafttreten der Neuregelung der Eingliederungshilfe im SGB IX, die einen voraussetzungslosen Freibetrag in Höhe von 50.000 Euro vorsieht, ein zusätzlicher Vermögensfreibetrag von 25.000 Euro zur Sicherstellung einer angemessenen Lebensführung und einer angemessenen Alterssicherung.

    [/FONT][/FONT]
    Quelle: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2016/0428-16.pdf Seite 346 der PDF-Datei = Seite 336 der Drucksache.

  • Wie hoch ist denn überhaupt der (geschätzte) Anteil der Betreuten, denen Eingliederungshilfe bewilligt wurde?

    Wenn ich die SGB-Vorschrift so lese "durch eine Behinderung... wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt...", müsste dies auf ziemlich viele Betreute zutreffen, oder? :gruebel:

    Gibt es nach der Anhebung des Schonvermögens auf 50.000,- € in einigen Gegenden überhaupt noch vermögende Betreute? :gruebel:

  • Was heißt großes Problem? Die Frage wird von den Betreuern gestellt, und es wäre schön, wenn wir eine einheitliche (und womöglich zutreffende) Linie verfolgen.

    Zur Anwendbarkeit des § 60a SGB XII in der Betreuung sind beim BGH anhängig:

    XII ZB 290/18 (29.06.18)
    XII ZB 291/18 (29.06.18)
    XII ZB 451/18 (21.09.18)
    XII ZB 42/19 (01.02.19)


    Eine Prognose, wann der BGH entscheiden wird, ist sicher schwierig.

    Bis dahin wird man wohl aufgrund der LG-Beschlüsse den zusätzlichen Freibetrag berücksichtigen müssen.

    Das hat dann natürlich entsprechende Auswirkungen, falls der BGH anders entscheidet:


    1. hinsichtlich Regress:

    Derzeit in vielen Fällen nicht, da durch den zusätzlichen Schonbetrag die betreffenden Betreuten mittellos sind.

    Nachholung des Regress bei entsprechender BGH-Entscheidung


    2. hinsichtlich Vergütung:

    entsprechende Betreute derzeit als mittellos zu behandeln und Vergütung aus der Staatskasse

    Rückforderung der Vergütungen von den Betreuern bei entsprechender BGH-Entscheidung


    Vielleicht kann man aus diesem Grund manche Betreuer überzeugen, dass über ihre Vergütungsanträge erst nach Vorliegen des BGH-Beschlusses entschieden werden soll? :gruebel:

  • Nach und nach sickert es auch an unsere Amtsgerichte und an unsere Berufsbetreuer durch: Den Beziehern von Eingliederungshilfe steht ein weiterer Freibetrag nach § 60a SGB XII in Höhe von 25.000 EUR zu, der auch im Rahmen der Betreuervergütung und des Regress zu berücksichtigen ist. So jedenfalls LG Chemnitz 3 T 231/17; LG Kassel 3 T 141/18; LG Karlsruhe 11 T 58/18; LG Bielefeld 23 T 386/18.


    Abweichend hat jetzt der BGH entschieden, BGH, Beschluss vom 20. März 2019, XII ZB 290/18.

  • Nach BGH, Beschluss vom 20.03.19, XII ZB 290/18 und XII ZB 291/18 gilt der Schonbetrag des § 60a SGB XII nicht für die Betreuervergütung. Vor diesen Beschlüssen sind Entscheidungen anderer Gerichte ergangen, wonach der Schonbetrag des § 60a SGB XII auch für die Betreuervergütung maßgebend ist. Dies führte dazu, dass manche Betreute als mittellos einzustufen waren.

    Können Berufsbetreuer, die die Vergütung vor den vorgenannten BGH-Entscheidungen wegen Mittellosigkeit (weil der höhere Schonbetrag nach § 60a SGB XII zugrunde gelegt wurde) aus der Staatskasse durch Zahlbarmachung erhalten haben, jetzt nachträglich eine Neuberechnung ihrer Vergütungen verlangen, da die Betreuten wegen der BGH Rechtsprechung im Nachhinein als vermögend gelten ?
    Falls ja, wie soll das technisch rückwirkend abgewickelt werden und gilt hierfür auch die 15-Monatsfrist ?

  • Ist die Festsetzung rechtskräftig, kann der Betreuer nichts mehr verlangen. Anders könnte es aussehen, wenn die Vergütung bislang nur im Verwaltungsweg zahlbar gemacht und über den Antrag noch nicht entscheiden war.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ist die Festsetzung rechtskräftig, kann der Betreuer nichts mehr verlangen. Anders könnte es aussehen, wenn die Vergütung bislang nur im Verwaltungsweg zahlbar gemacht und über den Antrag noch nicht entscheiden war.

    So auch die Richterin eines Amtsgerichts in meinem Beritt. Was die Umsetzung angeht, heißt es im Tenor jener Entscheidung, dass der Betreuerin unter Anrechnung bereits aus der Staatskasse erhaltener 703,50 EUR weitere 201,00 EUR aus dem Vermögen der Betroffenen auszuzahlen seien. In den Gründen ist ausgeführt: "Gemäß § 292 Abs.1 iVm § 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG hat das Amtsgericht die Betreuervergütung förmlich durch Beschluss festzusetzen. Bei der förmlichen Festsetzung hatte der Rechtspfleger die Sach- und Rechtslage neu zu prüfen. Die rechtliche Bewertung zur Bestimmung des Schonvermögens hat sich durch BGH Beschluss vom 20.03.2019 geändert. An die Auszahlung im vereinfachten Justizverwaltungsverfahren durch den Kostenbeamten ist das Gericht nicht gebunden; mit der gerichtlichen Entscheidung wird die Anweisung des Kostenbeamten wirkungslos (BGH, Beschluss vom 06.11.2013: XII ZB 86/13)."

    Für den Antrag auf förmliche Vergütung dürfte freilich die 15-Monats-Frist gelten. Den (aus heutiger Sicht zu Unrecht) aus der Staatskasse ausgezahlten Betrag hat sich das Gericht ggf. durch Regress zurückzuholen.

  • Die bisherigen Vergütungen wurden im Verwaltungsweg (Zahlbarmachung) aus der Staatskasse ausbezahlt.
    Wie ist zu verfahren, wenn das jetzige Vermögen des Betroffenen zur Rückerstattung (Regress) der bisher
    aus der Staatkasse bezahlten Betreuervergütungen unter Berücksichtigung des Schonbetrags von 5.000.--€ nicht mehr ausreicht ?

  • So wie früher auch. Festsetzung in Höhe des übersteigenden Betrages.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

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