Kostenerstattungsanspruch

  • Angeklagter befindet sich im Insolvenzverfahren. Gegen ihn wird Anklage erhoben, Freispruch, die Kosten werden der Staatskasse auferlegt.

    Kann der Angeklagte seinen Kostenerstattungsanspruch an seinen Wahlverteidiger wirksam abtreten?

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Warum sollte der Insolvenzverwalter denn zustimmen?


    Weil sonst der Verteidiger vielleicht Klage gegen ihn erhebt, wenn eine Auszahlung der Vergütung wegen Aufrechnung durch die Justizkasse nicht erfolgt? (Hätte der Verwalter der Abtretung zugestimmt, wäre dies nämlich nicht passiert.)

  • Warum sollte der Insolvenzverwalter denn zustimmen?


    Weil sonst der Verteidiger vielleicht Klage gegen ihn erhebt, wenn eine Auszahlung der Vergütung wegen Aufrechnung durch die Justizkasse nicht erfolgt? (Hätte der Verwalter der Abtretung zugestimmt, wäre dies nämlich nicht passiert.)

    Aber ist der Anspruch nicht Insolvenzmasse?

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Warum sollte der Insolvenzverwalter denn zustimmen?


    Weil sonst der Verteidiger vielleicht Klage gegen ihn erhebt, wenn eine Auszahlung der Vergütung wegen Aufrechnung durch die Justizkasse nicht erfolgt? (Hätte der Verwalter der Abtretung zugestimmt, wäre dies nämlich nicht passiert.)

    Aber ist der Anspruch nicht Insolvenzmasse?

    Grundsätzlich ist das schon so.

    Vielleicht liegt es auch einfach an der Kollegialität unter Rechtsanwälten, dass der Inso-Verwalter den Verteidiger nicht um die verdienten Gebühren bringen will? :gruebel:

    Jedenfalls hat in hiesigen Verfahren bislang jeder Inso-Verwalter der Auszahlung des Erstattungsbetrages an den jeweiligen Verteidiger zugestimmt.

  • Weil sonst der Verteidiger vielleicht Klage gegen ihn erhebt, wenn eine Auszahlung der Vergütung wegen Aufrechnung durch die Justizkasse nicht erfolgt? (Hätte der Verwalter der Abtretung zugestimmt, wäre dies nämlich nicht passiert.)

    Anspruchsgrundlage?

    Vielleicht liegt es auch einfach an der Kollegialität unter Rechtsanwälten, dass der Inso-Verwalter den Verteidiger nicht um die verdienten Gebühren bringen will?

    Ist das ernst gemeint?

  • Weil sonst der Verteidiger vielleicht Klage gegen ihn erhebt, wenn eine Auszahlung der Vergütung wegen Aufrechnung durch die Justizkasse nicht erfolgt? (Hätte der Verwalter der Abtretung zugestimmt, wäre dies nämlich nicht passiert.)

    Anspruchsgrundlage?

    Vielleicht liegt es auch einfach an der Kollegialität unter Rechtsanwälten, dass der Inso-Verwalter den Verteidiger nicht um die verdienten Gebühren bringen will?

    Ist das ernst gemeint?


    Ja, das ist durchaus ernst gemeint! :(

    Vielleicht hast du aber eine bessere Erklärung, weshalb die Inso-Verwalter stets einer entsprechenden Auszahlung an den Verteidiger zustimmen? :gruebel:

    Wie Cuber schon zutreffend schrieb, würde es eigentlich im Interesse der Inso-Masse liegen, die entsprechende Zahlung aus der Staatskasse entsprechend zu vereinnahmen (und den Verteidiger leer ausgehen zu lassen).

  • Mit der Zustimmung macht sich der Insolvenzverwalter aber schadensersatzpflichtig. Das Insolvenzgericht wird es aber nicht mitbekommen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Ich würde jetzt mal behaupten, dass sie der Auszahlung zustimmen, weil dies der bestehenden Sach- und Rechtslage entspricht :mad:.

    Ich hatte gestern schon mal angesetzt und wollte ausführen, dass hier viele Dinge gründlich vermischt werden. Aber dann kamen meine Akten und das real life ['Einmal Leipzig, immer Leipzig' :D] dazwischen.

    Die Aussage, hier könne doch etwas für die Insolvenzmasse getan werden, ist im Ansatz dann richtig, wenn sich der Sachverhalt komplett vor Insolvenzeröffnung ereignet. Ist der Verteidiger nicht durch eine Abtretung des Anspruchs gegen die Staatskasse etc. gesichert, dann würde ich auch sagen, dass er als Insolvenzgläubiger auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle / Insolvenzquote zu verweisen ist.

    Sollte die genannten Sicherungsmaßnahmen eingebaut worden sein, stellen sich eine Menge fallspezifischer Fragen der Wirksamkeit der Abtretung [35 InsO, § 129 ff. InsO]. Grundsätzlich behält diese nämlich durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst einmal ihre Wirksamkeit. Ähnlich den Mechanismen, die bei der Einzelzwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher wirken, ist die Sollmasse (salopp: alles, was der Insolvenzverwalter vorfindet] unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters! von der Istmasse (salopp: Sollmasse bereinigt um Vermögenswerte, die tatsächlich einem Dritten (u.a. Verteidiger) zuzuordnen sind) zu trennen. Daher auch die erforderliche Zustimmung des Insolvenzverwalters. Diese kann letztendlich seitens des Gläubigers auch erzwungen werden.

    Noch anders ist es, wenn das Strafverfahren ohnehin erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet wurde. Dann hat der Insolvenzverwalter keinen Einfluss darauf, welche Verträge der Schuldner abschließt. Dieser wird durch das Insolvenzverfahren nicht entmündigt. Entsprechend liegt die Frage, wie Mandant und Anwalt ihre Vertragsverhältnisse gestalten, allein in deren Händen. Ich halte die Abtretung des Honoraranspruchs gegen die Staatskasse in diesem Fall für ohne weiteres zulässig. In diesem Fall könnte man mal über das Thema "Neuerwerb" nachdenken. Da tun sich allerdings, schon weil ich die gesetzliche Regelung für völlig unzureichend erachte, auch mehr Fragen als Antworten auf. Ergo: Als Außenstehender kann man auch da nicht auf den ersten Blick sagen, ob die Zustimmung des Insolvenzverwalters (die in diesem Fall nur der Beruhigung hasenfüßiger Gläubiger dient] nicht auch der geltenden Rechtslage entspricht.

    Den Insolvenzverwaltern aus sachfremden Gründen (Krähen etc.) pauschal die Veruntreuung von Insolvenzmasse zu unterstellen, halte ich nicht nur für gewagt, sondern letztendlich für völlig uangemessen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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    Die Aussage, hier könne doch etwas für die Insolvenzmasse getan werden, ist im Ansatz dann richtig, wenn sich der Sachverhalt komplett vor Insolvenzeröffnung ereignet. Ist der Verteidiger nicht durch eine Abtretung des Anspruchs gegen die Staatskasse etc. gesichert, dann würde ich auch sagen, dass er als Insolvenzgläubiger auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle / Insolvenzquote zu verweisen ist.

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    Grundsätzlich sehe ich das auch so. in der hiesigen Praxis läuft es jedoch anders.

    Es kam schon häufig vor, dass das Strafverfahren weit vor Beginn der Insolvenz begonnen hatte und mit Freispruch endete. Die Festsetzung gegen die Staatskasse erfolgte durch Beschluss. Egal ob eine Abtretung oder Geldempfangsvollmacht vorlag, meldete sich dann die Justizkasse und teilte mit, dass über das Vermögen des Freigesprochenen die Inso eröffnet wurde. Eine Auszahlung an den Verteidiger könne daher nicht bzw. nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters erfolgen.

    Festzustellen ist bei uns, dass die Zustimmung durch den Verwalter bislang in allen Fällen erteilt wurde. Da wurde kein einziger Verteidiger auf die Anmeldung zur Tabelle verwiesen.

    Daher kam ich auf die Idee, dass die generell erfolgende Zustimmung der Inso-Verwalter vielleicht auf die Kollegialität unter RA zurückzuführen sein könnte.

  • Eine Auszahlung an den Verteidiger könne daher nicht bzw. nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters erfolgen

    Das ist so eben auch nicht ganz und komplett richtig.

    Wenn jemand von mir (als Insolvenzverwalter) meine Zustimmung zu einer Handlung, die eigentlich gar nicht zustimmungspflichtig ist, will, dann kann ich erstens versuchen, ihm das auszureden (meist mit wenig Erfolg) oder ich stimme eben zu.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Eine Auszahlung an den Verteidiger könne daher nicht bzw. nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters erfolgen

    Das ist so eben auch nicht ganz und komplett richtig.

    Wenn jemand von mir (als Insolvenzverwalter) meine Zustimmung zu einer Handlung, die eigentlich gar nicht zustimmungspflichtig ist, will, dann kann ich erstens versuchen, ihm das auszureden (meist mit wenig Erfolg) oder ich stimme eben zu.


    Die Justizkasse will sich eben auch absichern.

    Es soll eben nicht passieren, dass die Auszahlung an den Verteidiger erfolgt und anschließend der bereits im Amt befindliche Inso-Verwalter davon Wind bekommt. Könnte ja sein, dass der Verwalter der Justizkasse mitteilt, dass diese nicht schuldbefreiend geleistet habe und er den Festsetzungsbetrag bitte (noch einmal) für die Inso-Masse gezahlt haben möchte.

  • Ich verstehe das Bedürfnis der Beteiligten, sich in der geschilderten Weise abzusichern. Aber: Um so mehr sich die Drittschuldner (oftmals sind es auch die Vermieter) absichern wollen, um so mehr Einwilligungen muss und werde ich erteilen. Deshalb lässt sich aus der Anzahl der erteilten Einwilligungen aus meiner Sicht keine negativen Schlussfolgerungen ziehen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • M.E. fallen diese Ansprüche als Neuerwerb eindeutig in die Masse. Der Schuldner kann nicht mehr verfügen, also auch nicht abtreten.
    Und wenn der IV einfach so einer Abtretung des Sch zustimmt, dürfte dies tatsächlich eine Haftung auslösen.

    Mir fehlen in allen bisherigen´Antworten Argumente wieso dies keine Masse sein sollte.

    §§ 35,36 InsO! alles was Sch im Zeitpunkt der Eröffnung besitzt oder im eröffneten Verfahren erwirbt, es sei denn nicht pfändbar / nicht übertragbar. Aber das trifft doch nicht zu.

    Kollegialität ist doch wohl kein Argument

  • Der Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung (§ 35, Rdnr. 436 b m.w.N.) verweist hierzu auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2008 - IX ZB 232/08.

    Der Bundesgerichtshof weist im Hinblick auf die Frage des Neuerwerbs von prozessualen Kostenerstattungsansprüchen darauf hin, dass für den Fall, dass der Rechtsanwalt noch nicht befriedigt ist, eine Zweckbindung des Kostenerstattungsanspruchs mit der Folge, dass eine Massezugehörigkeit ausgeschlossen ist, vorliegen könnte. Da in dem konkreten Fall eine Befriedigung des eigenen Rechtsanwalts aber bereits erfolgt war, konnte / musste der Bundesgerichtshof keine abschließende Entscheidung treffen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2008 - IX ZB 232/08.

    Der Bundesgerichtshof weist im Hinblick auf die Frage des Neuerwerbs von prozessualen Kostenerstattungsansprüchen darauf hin, dass für den Fall, dass der Rechtsanwalt noch nicht befriedigt ist, eine Zweckbindung des Kostenerstattungsanspruchs mit der Folge, dass eine Massezugehörigkeit ausgeschlossen ist, vorliegen könnte.

    Wenn ich mir die Entscheidung durchlese, spricht die aber mehr für die Ansicht der Massezugehörigkeit s.Rz. 5, 15, 18, 20
    Diese Zweckbindung wird nur als vage Möglichkeit erwähnt.

    Wieso sollte also der IV einer Auszahlung zustimmen und es nicht auf einen Prozess ankommen lassen

    Hier sind derartige Ansprüche schon zur Masse gezogen worden, auch mit Prüfung des Revisors

  • Ich weiß, dass ihr bei Neuerwerb eine harte Linie fahrt, aber ich habe und werde das (sofern vertretbar - und das ist es nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs meines Erachtens) nicht tun. Weil es zu Verwerfungen führt, die meines Erachtens nicht gerechtfertigt sind.

    Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird Schuldner mit einem unbegründeten Strafverfahren (da sonst keine Kostenerstattung) überzogen. Er beauftragt einen Rechtsanwalt / Verteidiger (sinnvoll und dem Rechtsstaat immanent), auf dessen Kosten er dann sitzen bleibt. Er kann diesen nämlich anders als bei einer Beauftragung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht auf die Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle verweisen.
    [Im Hinblick darauf, dass der Insolvenzschuldner ohnehin auf das Existenzminimum beschränkt ist, würde man gerade im Strafrecht, wo es keine Prozesskostenhilfe gibt, seine Rechte schon arg beschneiden.]

    Anders sieht es meines Erachtens aus, wenn sich das Geschehen vor Eröffnung abspielt. Dann ist wenigstens der Schuldner "geschützt".

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