Wechselbezüglichkeit Ersatzerbe + TV

  • Eheleute setzten sich im gemeinsamen notariellen Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Schlusserben sind die beiden namentlich genannten Töchter A und B. Als letzten Punkt enthält das Testament eine Pflichtteilstrafklausel.

    Nach dem Tod des Ehemannes errichtet die Ehefrau ein weiteres notarielles Testament. In diesem widerruft sie alle früheren Verfügungen von Todes wegen. Zu ihren Erben setzt sie ihre Töchter A und B ein. Bis hierher kein Widerspruch zu dem gemeinsamen Testament der Eheleute.
    Als Ersatzerben für A beruft sie deren Ehemann. Als Ersatzerben für B beruft sie deren Kinder C und D. Schließlich ordnet sie Testamentsvollstreckung an, die mit Vollendung des 33. Lebensjahres ihrer Enkel enden soll.
    Tochter B ist nach dem Tod des Ehemannes und vor dem Tod der Ehefrau verstorben. Bezüglich B wäre nach dem Tod der Ehefrau also der Ersatzerbfall eingetreten.

    War die Berufung der Ersatzerben durch die Ehefrau alleine möglich?
    Da nach dem gemeinsamen Testament mangels Benennung von Ersatzerben die gesetzliche Auslegungsregel des § 2069 BGB greifen würde, denke ich, dass das nicht unter die Bindungswirkung fällt und daher möglich war, Palandt, 74. Aufl., Rn. 10 zu § 2271.
    Wegen der angeordneten Testamentsvollstreckung bin ich mir unsicher, da hierdurch ja auch die ursprünglich ohne Beschränkung der TV eingesetzte A eingeschränkt wurde, Rn. 14 zu § 2271. Oder fällt diese Benachteiligung möglicherweise dadurch weg, dass A auch zur Testamentsvollstreckerin berufen ist?

    Über Meinungen und Anregungen zu diesem Fall wäre ich sehr dankbar.
    Es liegt ein Grundbuchberichtigungsantrag von A vor.

    Life is short... eat dessert first!

  • Das Problem mit der Ersatzerbenberufung beurteile ich genauso wie Du: Ersatzerbenberufung nach Maßgabe des § 2069 BGB und daher kein Widerspruch.

    Die Testamentsvollstreckung ist nach meiner Ansicht eine rechtliche Beeinträchtigung, und zwar nicht nur für die Miterbin A (unabhängig davon, ob sie selbst Testamentsvollstreckerin ist), sondern auch und in erster Linie für die beiden Ersatzerben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man gar nicht § 2069 BGB bemüht, sondern die Ersatzerbenstellung der Enkel aus einer individuellen Testamentsauslegung herleitet.

    Ist tatsächlich TV für den gesamten Nachlass angeordnet und nicht nur für die Erbteile der beiden Ersatzerben?

  • Tja, die Testamentsvollstreckung...
    Die Bestimmung im notariellen Testament lautet:

    4. Testamentsvollstreckung
    Ich ordne Testamentsvollstreckung an.
    Zur TV bestimme ich meine Tochter A.
    Sollte diese das Amt nicht annehmen, so soll dieses mein Schwiegersohn "Ehemann von A" übernehmen und nicht ein vom Nachlassgericht bestellter TV.
    Falls mein Schwiegersohn dieses Amt nicht antreten kann oder möchte, so soll mein Enkel "Sohn von A" an seine Stelle treten.
    Die Testamentsvollstreckung endet mit der Vollendung des 33. Lebensjahres meiner Enkel.
    Sie soll mit einem Betrag von 1% des Nachlasses honoriert werden.

    Die Frage, ob überhaupt eine TV angeordnet sein soll für den Fall, dass B den Erbfall erlebt, muss ich zum Glück nicht beantworten.
    Da B vorverstorben ist und deren Kinder C und D Ersatzerben geworden sind, dürfte die TV auf jeden Fall angeordnet sein.
    (Hierbei gehe ich davon aus, dass mit "meine Enkel" die als Ersatzerben berufenen Kinder von B, also C und D gemeint sind, und nicht der ErsatzTV Sohn von A).
    Es bleibt die Frage, ob TV für den gesamten Nachlass angeordnet ist oder nur hinsichtlich der Erbteile von C und D.
    Zwar könnte die Befristung darauf hindeuten, dass die TV nur für C und D angeordnet sein soll. Andererseits darf ich bei einem notariellen Testament erwarten, dass solche Beschränkungen ausdrücklich und eindeutig benannt werden.
    Ich gehe daher von einer befristeten TV für den gesamten Nachlass aus.
    C ist 32 Jahre alt, D ist 30 Jahre alt, und Sohn von A ist 33 Jahre alt.

    Ich will hier wirklich kein Notar-Bashing betreiben, aber schön ist anders.

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  • Das würde es für mich natürlich einfach machen.
    Aber den Erbschein darf ich ja nur verlangen, wenn tatsächliche Ermittlungen durch das Grundbuchamt anzustellen sind.
    Bin ich hier schon so weit, oder sind das nicht eher nur rechtliche Probleme?

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  • Nach dem Studium weiterer Kommentare tendiere ich jetzt auch dazu, dass die nachträglich angeordnete Testamentsvollstreckung aufgrund der Bindungswirkung wohl nicht möglich war.
    Aber was bedeutet das jetzt praktisch für mich?
    Darf ich deswegen einen Erbschein verlangen?

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  • Wenn sich A nicht nur als Miterbin, sondern auch als Testamentsvollstreckerin ansieht, kann man eigentlich nur zurückweisen, weil nach Deiner Rechtsauffassung die nach § 52 GBO Zug um Zug mit der Eintragung der Erbfolge vorzunehmende Eintragung eines TV-Vermerks nicht erfolgen kann. Er könnte aber eingetragen werden, wenn ein Erbschein mit TV-Vermerk vorgelegt wird und dann wäre auch geklärt, ob die TV insgesamt oder nur für einzelne Erbteile angeordnet wurde.

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