Erbenermittlung in Niedersachsen durch 82a GBO?

  • Mich würde mal interessieren, wie es sein kann, dass der Name des eingetragenen Eigentümers nicht richtig bekannt ist. Ist das Grundbuchblatt nicht vollständig lesbar? Sollte sich der Eintragungsgrund dann nicht wenigstens aus den Grundakten ergeben?

    Die 1852 geborene Eigentümerin steht noch mit ihrem Mädchennamen im Grundbuch. Anscheinend hat das GBA Kenntnis davon, dass die Eigentümerin später heiratete. Das geht aus der Grundakte nicht eindeutig hervor.

    Vielen Dank für den Formulierungsvorschlag Jaques!

  • Dann bestellt man für „den im GB von … Nr. … eingetragen unbekannten Eigentümer (bisher xx aus xx)“ einen Pfleger nach § 1913 BGB mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Vermögens und Ermittlung des Berechtigten.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Wenn die „Angelegenheit“ i.S. des § 1913 BGB ein Grundstück ist, dürfte der Aufgabenkreis „Sicherung des Vermögens“ zu weit gehen. Auch die Ermittlung des Berechtigten dürfte nach dem Wortlaut des § 1913 BGB zu weit gehen, aber im Interesse des „Unbekannten“ sein. Mit diesem Aufgabenkreis könnte der Pfleger sich nicht auf die Ermittlung des Todes des eingetragenen Eigentümers beschränken, sondern müsste über alle bisher eingetretenen Erbfolgen durchermitteln, bis zum jetzigen Eigentümer, den er letztendlich vertritt.

    ich würde mich, was den Aufgabenkreis angeht, an die Grundstücksangelegenheit anlehnen und die Pflegschaft bei Bekanntwerden des Todes des eingetragenen Eigentümers wegen der „Spezialzuständigkeit“ des Nachlassgerichts aufheben.

  • Es ist völlig klar, dass beim Bekanntwerden des Todes des Eigentümers natürlich die Pflegschaft aufzuheben und ggf. eine Nachlasspflegschaft anzuordnen wäre - soweit dessen Erben unbekannt sind. Sind diese es aber nicht, ermittelt der 1913 Pfleger eben so lange weiter (im Kreise der Erben und Erbeserben) bis der Kreis der Berechtigten feststeht.

    Jede Pflegschaft für unbekannte Personen impliziert geradezu die Pflicht des Gerichts und des Pflegers, dass der Berechtigte ermittelt wird. Das ist ja Sinn der Pflegschaft und Hauptsache des gerichtlichen Handelns. Warum es also ein Problem sein soll, dem Pfleger die Ermittlung als Wirkungskreis zuzusprechen, erschließt sich mir nicht.

    Und auch die Vermögensverwaltung in Bezug auf den Grundbesitz ist genau so auszusprechen. Alles andere ist nicht ausreichend, weil ja mit dem betreffenden Grundstück Rechte und Pflichten einhergehen, für die jemand handeln können muss. Wie will man denn den Aufgabenkreis sonst sinnvoll gestalten?

    Mit dem Wirkungskreis kann dann der Pfleger sogar zur Not verkaufen. Aber man müsste sich dann danach ggf. überlegen, den Wirkungskreis Vermögenssorge evtl. auf das Surrogat auszudehnen.

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  • Das Vormundschaftsgericht hat in meinem Fall die Einrichtung einer Pflegschaft nach §1913 BGB abgelehnt, da offenkundig sei, dass die eingetragene Eigentümerin verstorben ist.

    Zudem wird darauf hingewiesen, dass eine Nachlasspflegschaft einzurichten wäre. Für die Nachlasspflegschaft sei gem. § 344 Abs. 4 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Sicherungsbedürfnis entstanden ist.

    Also doch Nachlasspflegschaft?

  • Das Vormundschaftsgericht hat in meinem Fall die Einrichtung einer Pflegschaft nach §1913 BGB abgelehnt, da offenkundig sei, dass die eingetragene Eigentümerin verstorben ist.

    Zudem wird darauf hingewiesen, dass eine Nachlasspflegschaft einzurichten wäre. Für die Nachlasspflegschaft sei gem. § 344 Abs. 4 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Sicherungsbedürfnis entstanden ist.

    Also doch Nachlasspflegschaft?

    gut, bei einem Geburtsjahr 1852 würde ich auch erst mal vom zwischenzeitlichen Verstorbensein der Person ausgehen, aber von "offenkundigkeit" würde ich eben nicht ausgehen. ihr Verbleib/Aufenthaltsort ist unbekannt. und man wei0 auch nicht ob sie später verheiratete Schneider war oder verwitzwete Schuster. Nach wem soll die Nachlasspflege eingerichtet werden... ? Sicherer ist der Weg über den Abwesenheitspfleger bzw. den nach § 1913... dieser ermittelt den Tod und den Verbleib. Nachlasspflegschaft dann erst, aber vll weiß man ja dann die Erben nach dieser Person.

  • Ich habe als Vormundschaftsgericht abgelehnt wegen der Kommentierung in MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020, BGB § 1913 Rn. 5: Abgrenzung zur Nachlasspflegschaft (§ 1960)
    und der Unklarheit darüber, ob die Erben das Erbe angenommen haben:

    "a) Fälle des § 1960
    Besteht ein Fürsorgebedürfnis zur Sicherung eines Nachlasses und sind die Erben sämtlich oder zum Teil unbekannt oder haben bekannte Erben die Erbschaft noch nicht angenommen oder ist ungewiss, ob sie angenommen haben, so liegen die Voraussetzungen des § 1960 vor; § 1913 kommt nicht in Betracht; zuständig ist das Nachlassgericht (§ 1962, § 342 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG)...


    b) Fälle des § 1913
    § 1913 greift dann ein, wenn sämtliche Erben die Erbschaft angenommen haben, sich über eine zu treffende Maßnahme (zB Verkauf eines Nachlassgrundstücks) auch einig sind, diese jedoch nicht treffen können, weil Streit und nicht leicht zu beseitigende Ungewissheit über die Beteiligungsquoten herrscht, die der Erteilung eines Erbscheins (auf bestimmten Antrag, § 2353) entgegenstehen."


    (MüKoBGB/Schneider, 8. Aufl. 2020, BGB § 1913 Rn. 5)

  • So lange der Tod des im GB eingetragenen Eigentümers nicht belegt ist, kommt man nicht zur Nachlasspflegschaft. Dazu brauchen wir konkrete Daten, ohne die kein Nachlassverfahren eröffnet werden kann. Bei welchem Gericht und mit welchem Todestag sollte denn ein Verfahren auf Anordnung einer NLP betrieben werden? Die Zuständigkeit für die „belegene Sache“ greift erst subsidiär, wenn die vorrangigen Zuständigkeiten des § 343 FamFG nicht gegeben sind. Es soll vermieden werden, dass sich (aus Unwissenheit) mehrere Nachlassgerichte mit der Sache befassen, weil bei ihnen Nachlass vorhanden ist.

    Letztlich bleibt dann nur noch die 1913-Pflegschaft oder sogar eine Abwesenheitspflegschaft als einzige Lösung. Dass dabei offensichtlich ist, dass die betreffende Person nicht mehr leben kann, ist unerheblich. Führt aber einen eher zur 1913-Pflegschaft, denn es ist aktuell ungewiss, wer für den Eingetragenen handlungsberechtigt ist.

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  • Sofern der Tod des Eingetragenen nachweislich feststeht und darüber auch eine Zuständigkeit des Nachlassgerichts feststellbar ist, wäre natürlich dann zuerst zu ermitteln, ob sich aus Nachlassakten etwas über die Erben ergibt. Ist dies nicht der Fall, kommt man dann so zur Nachlasspflegschaft.

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