Genossenschaftsanteil verwertbares Vermögen?

  • Wie sieht das eigentlich mit Genossenschaftsanteilen hinsichtlich der Einstufung verwertbares und damit einzusetzendes Vermögen aus? Ich bin dazu in der Suche nicht fündig geworden, falls es doch schon was gibt, bin ich für den Link dankbar. Die Genossenschaftsanteile sind ja meist nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr kündbar und werden dann wiederum zu einem noch späteren Zeitpunkt ausgezahlt. Je nach Konstellation kann es also sein, dass der Zeitpunkt für die Kündigung gerade verstrichen ist und somit bis zur Auszahlung eine lange Zeit vergeht. Sind die Anteile trotzdem in jedem Fall verwertbares Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII, und somit immer bei der Berechnung des Gesamt-Vermögens des Betreuten hinzuzuziehen?

  • Die Genossenschaftsanteile sind ja meist nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr kündbar und werden dann wiederum zu einem noch späteren Zeitpunkt ausgezahlt.


    Anteile an einer Genossenschaft dienen meist dem Zugang zu einer solchen, z.B. Konto (Genossenschaftsbank) oder Wohnraum (Wohnungsbaugenossenschaft). Eine Kündigung des Genossenschaftsanteils bedeutet dann auch die Kündigung des Wohnraums/des Kontos.

  • Ich sehe keinen Grund, Genossenschaftsanteile anders als langfristig angelegtes Sparguthaben zu behandeln. Folglich: Verwertbares Vermögen.
    Bzgl. Genossenschaftsanteile an Bank: Hier benötigt man, wenn überhaupt, nur einen Genossenschaftsanteil, um ein Konto bei der entspr. Bank zu führen. Wenn die/der Betroffene also mehrere Anteile hat ist das reine Vermögensanlage!

  • Die Genossenschaftsanteile sind ja meist nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr kündbar und werden dann wiederum zu einem noch späteren Zeitpunkt ausgezahlt.


    Anteile an einer Genossenschaft dienen meist dem Zugang zu einer solchen, z.B. Konto (Genossenschaftsbank) oder Wohnraum (Wohnungsbaugenossenschaft). Eine Kündigung des Genossenschaftsanteils bedeutet dann auch die Kündigung des Wohnraums/des Kontos.

    :daumenrau

    Aus diesen Gründen berücksichtige ich die Anteile nicht als verwertbares Vermögen, solange der Mietvertrag für die Wohnung oder der Vertrag mit der Genossenschaftsbank besteht.

  • Als ehemaliges Mitglied einer Volksbank e.G.: Genossenschaftsanteile sind nicht bei jeder Genossenschaftsbank Pflicht. Bei einigen, wie auch bei meiner ehemaligen Volksbank e.G. wurde der Kauf zwar angeboten, es war jedoch nicht Voraussetzung zur Einrichtung eines Kontos.

    Und selbst wenn es einmal so sein sollte: Dies hindert meines Erachtens die Verwertung nicht- das Interesse des Gläubigers an Forderungsbegleichung steht höher als der Wunsch bei genau dieser Bank sein Konto zu haben. Sie sind aus meiner Sicht verwertbar.

  • Als ehemaliges Mitglied einer Volksbank e.G.: Genossenschaftsanteile sind nicht bei jeder Genossenschaftsbank Pflicht. Bei einigen, wie auch bei meiner ehemaligen Volksbank e.G. wurde der Kauf zwar angeboten, es war jedoch nicht Voraussetzung zur Einrichtung eines Kontos.

    Das höre ich zum ersten Mal. Fände ich auch ungewöhnlich, dass man als Nichtmitglied bei einer Genossenschaftsbank Konten einrichten kann.

    Und selbst wenn es einmal so sein sollte: Dies hindert meines Erachtens die Verwertung nicht- das Interesse des Gläubigers an Forderungsbegleichung steht höher als der Wunsch bei genau dieser Bank sein Konto zu haben. Sie sind aus meiner Sicht verwertbar.

    Gläubiger wird laut dem Sachverhalt in Beitrag 1 wohl der Betreuer sein.

    Dann müsste dieser deiner Meinung nach wegen seiner Vergütung ggf. die Kündigung des Kontos bzw. der Mitgliedschaft betreiben, um seinen Anspruch zu realisieren? :gruebel:

  • Man kann auch seinen Anteil verpfänden oder beleihen oder oder oder...

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Oh, das Thema wird ja doch kontrovers diskutiert, hätte ich gar nicht gedacht. Ich habe tatsächlich in vielen Akten Betreute, die Genossenschaftsanteile an der örtlichen Volksbank haben. Bislang war aber eine Entscheidung über die Berücksichtigung der Anteile als verwertbares Vermögen für die Betreuervergütung nie notwendig. Jetzt habe ich aber einen Fall, in dem die Betreute eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 5.100 €, ein Girokonto mit ca. 5 € Guthaben (und das Guthaben ist am Ende des Monats nach Bestreitung aller Ausgaben immer so niedrig) und eben Genossenschaftsanteile im Wert von 750 € hat. Die Betreuerin beantragt die Auszahlung der Vergütung aus der Landeskasse, sie betrachtet die Anteile nicht als verwertbares Vermögen. Wäre das tatsächlich so, müsste ich die Vergütung aus der Landeskasse zahlen und dann einen eventuell teilweisen Regress prüfen. Wären die Genossenschaftsanteile hingegen verwertbares Vermögen, käme eine Zahlung aus der Landeskasse nicht in Betracht. Ich müsste dann die Vergütung gegen das Vermögen der Betreuten festsetzen. Das ist der Grund für meine Ausgangsfrage.

  • Oh, das Thema wird ja doch kontrovers diskutiert, hätte ich gar nicht gedacht. Ich habe tatsächlich in vielen Akten Betreute, die Genossenschaftsanteile an der örtlichen Volksbank haben. Bislang war aber eine Entscheidung über die Berücksichtigung der Anteile als verwertbares Vermögen für die Betreuervergütung nie notwendig. Jetzt habe ich aber einen Fall, in dem die Betreute eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 5.100 €, ein Girokonto mit ca. 5 € Guthaben (und das Guthaben ist am Ende des Monats nach Bestreitung aller Ausgaben immer so niedrig) und eben Genossenschaftsanteile im Wert von 750 € hat. Die Betreuerin beantragt die Auszahlung der Vergütung aus der Landeskasse, sie betrachtet die Anteile nicht als verwertbares Vermögen. Wäre das tatsächlich so, müsste ich die Vergütung aus der Landeskasse zahlen und dann einen eventuell teilweisen Regress prüfen. ...


    Der letzte Satz ist widersprüchlich. Wenn du die Betreuervergütung aus der Staatskasse auszahlst, weil du von einer Unwertbarkeit der Anteile ausgehst, darfst du natürlich folgerichtig keinen Regress anordnen.

    Ich würde die Akte mal an den Revisor senden. Vielleicht existiert örtliche (nicht veröffentliche) Rechtsprechung zur Problematik.

  • Oh, das Thema wird ja doch kontrovers diskutiert, hätte ich gar nicht gedacht. Ich habe tatsächlich in vielen Akten Betreute, die Genossenschaftsanteile an der örtlichen Volksbank haben. Bislang war aber eine Entscheidung über die Berücksichtigung der Anteile als verwertbares Vermögen für die Betreuervergütung nie notwendig. Jetzt habe ich aber einen Fall, in dem die Betreute eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 5.100 €, ein Girokonto mit ca. 5 € Guthaben (und das Guthaben ist am Ende des Monats nach Bestreitung aller Ausgaben immer so niedrig) und eben Genossenschaftsanteile im Wert von 750 € hat. Die Betreuerin beantragt die Auszahlung der Vergütung aus der Landeskasse, sie betrachtet die Anteile nicht als verwertbares Vermögen. Wäre das tatsächlich so, müsste ich die Vergütung aus der Landeskasse zahlen und dann einen eventuell teilweisen Regress prüfen. ...


    Der letzte Satz ist widersprüchlich. Wenn du die Betreuervergütung aus der Staatskasse auszahlst, weil du von einer Unwertbarkeit der Anteile ausgehst, darfst du natürlich folgerichtig keinen Regress anordnen.

    Ich würde die Akte mal an den Revisor senden. Vielleicht existiert örtliche (nicht veröffentliche) Rechtsprechung zur Problematik.

    Ja, der Satz war natürlich Quatsch, danke für den Hinweis. Ich denke, ich werde die Akte tatsächlich mal an den Bezirksrevisor schicken. Hätte gar nicht gedacht, dass sich da doch so eine Problematik ergibt, die anscheinend ziemlich ungeklärt ist.

  • Wer sagt denn, dass man wegen der Vergütung an die Genossenschaftsanteile ran gehen muss? Ich kann nicht erkennen, dass es sich bei der Lebensversicherung um geschütztes Vermögen handeln soll. Diese kann man beleihen, ruhend stellen, verkaufen....
    Ich würde die Vergütung nicht aus der Staatskasse auszahlen.

  • Wer sagt denn, dass man wegen der Vergütung an die Genossenschaftsanteile ran gehen muss? Ich kann nicht erkennen, dass es sich bei der Lebensversicherung um geschütztes Vermögen handeln soll. Diese kann man beleihen, ruhend stellen, verkaufen....
    Ich würde die Vergütung nicht aus der Staatskasse auszahlen.

    Es ist aber entscheidend, ob die Genossenschaftsanteile verwertbares Vermögen sind oder nicht. Falls nicht, ist die Betreute aufgrund des Rückkaufwertes der LV zwar trotzdem vermögend, die Vergütung könnte sie aber nicht vollständig aus ihrem Vermögen bezahlen, ohne den Schonbetrag zu unterschreiten. In dem Fall müsste ich dann die Vergütung erst aus der Landeskasse zahlen und müsste dann einen teilweisen Regress prüfen. Es geht also nicht so sehr darum, dass die Genossenschaftsanteile aufgelöst werden müssten, sondern generell ob sie überhaupt verwertbares Vermögen sind.

  • Oh, das Thema wird ja doch kontrovers diskutiert, hätte ich gar nicht gedacht. Ich habe tatsächlich in vielen Akten Betreute, die Genossenschaftsanteile an der örtlichen Volksbank haben. Bislang war aber eine Entscheidung über die Berücksichtigung der Anteile als verwertbares Vermögen für die Betreuervergütung nie notwendig. Jetzt habe ich aber einen Fall, in dem die Betreute eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 5.100 €, ein Girokonto mit ca. 5 € Guthaben (und das Guthaben ist am Ende des Monats nach Bestreitung aller Ausgaben immer so niedrig) und eben Genossenschaftsanteile im Wert von 750 € hat. Die Betreuerin beantragt die Auszahlung der Vergütung aus der Landeskasse, sie betrachtet die Anteile nicht als verwertbares Vermögen. Wäre das tatsächlich so, müsste ich die Vergütung aus der Landeskasse zahlen und dann einen eventuell teilweisen Regress prüfen. ...


    Der letzte Satz ist widersprüchlich. Wenn du die Betreuervergütung aus der Staatskasse auszahlst, weil du von einer Unwertbarkeit der Anteile ausgehst, darfst du natürlich folgerichtig keinen Regress anordnen.

    Ich würde die Akte mal an den Revisor senden. Vielleicht existiert örtliche (nicht veröffentliche) Rechtsprechung zur Problematik.

    Ja, der Satz war natürlich Quatsch, danke für den Hinweis. Ich denke, ich werde die Akte tatsächlich mal an den Bezirksrevisor schicken. Hätte gar nicht gedacht, dass sich da doch so eine Problematik ergibt, die anscheinend ziemlich ungeklärt ist.

    So richtig Quatsch war der Satz eben nicht: Reicht das Vermögen über dem Schonbetrag nicht zur Bezahlung der Betreuerin, ist aus der Staatskasse zu zahlen. Gleichwohl ist der das Schonvermögen übersteigende (und nur nicht zur Bezahlung ausreichende) Betrag im Regreßwege einzuziehen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview


  • Ja, man könnte natürlich im konkreten Fall tatsächlich 100,- € Regress nehmen, weil der Rückkaufswert der Lebensversicherung 5.100 € beträgt.

    Ob das in der Praxis tatsächlich passiert? :gruebel:

  • Das ist eine ganz andere Frage, die ich hier nicht diskutieren will. Was da so in der gerichtlichen Praxis passiert, hat ja schon gelegentlich recht wenig mit der Vorschriftenlage zu tun...

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  • Das ist eine ganz andere Frage, die ich hier nicht diskutieren will. Was da so in der gerichtlichen Praxis passiert, hat ja schon gelegentlich recht wenig mit der Vorschriftenlage zu tun...


    Ja, du hast schon recht.

    Ich war gedanklich irrtümlich davon ausgegangen, dass der Vermögensschonbetrag nur überschritten werden würde, wenn man die Genossenschaftsanteile als Vermögen berücksichtigt.

  • Gilt der Anteil an einer Genossenschaft nicht im Sinne des SGB II als Vermögen? Meine das mal gelesen zu haben.

    Wenn der Genossenschaftsanteil selbst jedoch kein verwertbares Vermögen darstellt, dürfte dies aber zumindest für die Dividende gelten.

  • Kann mir nicht vorstellen, dass es dafür eine generelle Rechtsprechung oder sogar Regelung gibt.
    Man könnte ja theoretisch beträchtliche Werte bei zig Banken verteilen. Vor einiger Zeit haben das auch einige Personen gemacht, da es 6 % Dividende gab.

  • Kann mir nicht vorstellen, dass es dafür eine generelle Rechtsprechung oder sogar Regelung gibt.
    Man könnte ja theoretisch beträchtliche Werte bei zig Banken verteilen. Vor einiger Zeit haben das auch einige Personen gemacht, da es 6 % Dividende gab.


    Bei vielen Genossenschaften ist die Höchstzahl der Anteile eines Mitglieds begrenzt.

    Unabhängig davon, wären nur geschützt (=nichteinsetzbares Vermögen) die zum Erhalt des Kontos oder der Wohnung notwendigen Anteile.

    Höhere Anteile, die jederzeit gekündigt werden können, ohne dadurch Konto oder Wohnung zu verlieren, würde als einzusetzendes Vermögen behandeln.

  • :daumenrau
    Sehe ich auch so.

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