Vorratspfändung in der Insolvenz

  • Hallo in die Runde,

    ich habe den folgenden Fall:

    Das Jugendamt beantragt die privilegierte Pfändung des Arbeitseinkommens des Schuldners gem. § 850 d ZPO wegen übergegangener Unterhaltsansprüche.

    In dem Formular (Antrag vom 15.01.19) werden ausschließlich laufende Unterhaltleistungen ab Februar 2019, nicht jedoch bereits fällige Unterhaltsrückstände geltend gemacht.

    Ich habe in einer Zwischenverfügung darauf hingewiesen, dass eine Vorratspfändung nur zulässig ist, sofern zugleich Rückstände bzw. fällige Ansprüche gegeben sind.

    Hierauf erwidert das Jugendamt, dass aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners (Eröffnungsdatum 05.12.2018) sämtliche Rückstände bis einschließlich Januar 2019 im Inso-Verfahren angemeldet worden seien und nur wegen des laufenden Unterhalts ab Eröffnung gesondert in den privilegierten Teil gepfändet werden soll.

    Wie seht Ihr die Rechtslage?

    M. E. kann das Jugendamt aufgrund der Insolvenzeröffnung am 05.12.2018 bereits nicht die laufenden (fälligen) Unterhaltsleistungen für Januar 2019 dort anmelden, weil es sich hierbei faktisch um Neuforderungen handelt.
    Dann nämlich wären im beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Rückstände vorhanden. DenPfänder könnte ich dann entsprechend erlassen.

    Aber ungeachtet dessen:

    Könnte ich tatsächlich für den fiktiven Fall, dass hier der Monat Januar 2019 noch im Inso-Verfahren hätte angemeldet werden können (etwa wenn die EÖ dort erst am 13.01.2019 erfolgt wäre), die in der Inso angemeldeten Rückstände im Rahmen der beantragten Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahme als solche berücksichtigen und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur für zukünftige Forderungen erlassen?

    Vielen Dank im Voraus!

  • DAs Jugendamt muss einfach einen Monat warten. Dann hat es seinen Rückstand. Das ist keine Insolvenzforderung, da nach Insolvenzeröffnung entstanden. Und dann wie Frog.

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    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Hallo Frog und Annett,

    vielen Dank für Eure Antworten!

    Im Hamburger Kommentar habe ich unter § 89 Rdnr. 16 die Antwort gefunden.

    Gruß, Vollstrecki

  • Ich würde mich gerne hier dran hängen und habe eine Frage zur Formulierung bei der Festsetzung des pfandfreien Betrags, wenn für den Unterhalt nach Eröffnung der Insolvenz als Neugläubiger in den bevorrechtigten Bereich vollstreckt wird:

    Inso ist kürzlich eröffnet. Es werden die Unterhaltsbeträge nach Eröffnung vollstreckt, sowie laufend.
    Der Schuldner hat 3 Kinder, zweien gewährt er Unterhalt, eines vollstreckt.
    Hier werden 900,00 € Selbstbehalt festgesetzt.

    Seite 9:

    Dem Schuldner dürfen von dem errechneten Nettoeinkommen bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs für seinen notwendigen Unterhalt 900 Euro monatlich verbleiben, sowie zur gleichmäßigen Befriedigung der Unterhaltsanprüche der berechtigten Personen, die dem Gläubiger gleichstehen, 2/3 Anteile ....

    und dann hänge ich mit meiner Formulierung.
    Maßgeblich ist hier jetzt ja nur der bevorrechtigte Bereich.
    Kann jemand helfen?

  • Und dem Schuldner dann 2/3 des Differenzbetrags belassen.

    Ja im Ergebnis erhält der Gläubiger 1/3 des Differenzbetrages und der Schuldner seinen Selbstbehalt + 2/3 des Differenzbetrages.

    Das verstehe ich zugegebenermaßen anders.

    M. E. muss der Drittschuldner vom Nettolohn den Betrag von 900,- € + 2/3 ermitteln wie üblich. Er erhält somit einen pfändungsfreien Betrag von x € als Ergebnis dieser Berechnung.
    Von diesem zieht er den pfändungsfreien Betrag nach § 850c ZPO ab. Die sich ergebende Differenz erhält der Gläubiger.

  • Nö,

    Beispiel: Netto 2.500,-, 3 Unterhaltsberechtigte, pfändbar 75,19

    Rest 2.424,81

    abzüglich 900,-

    = 1.524,81

    geteilt durch 3 = 508,27, d.h. 2/3 = 1016,54 hat Schuldner für sonstigen Unterhalt

    und 1/3 = 508,27 können für laufenden Unterhalt gepfändet werden ....wenn laufender Unterhalt niedriger, dann wird natürlich nur der aktuell laufende Unterhalt gepfändet, falls es keine Rückstände gibt, die nach Insoeröffnung aufgelaufen sind


    Beispiel 2: Netto 1.700,- nichts pfändbar

    abzüglich 900,-

    Rest 800,-, davon 2/3 frei = 533,33

    und 1/3 = 266,67 können für laufenden Unterhalt gepfändet werden, was dann wiederum zum Auflaufen neuer Unterhaltsschulden führen kann, falls Unterhalt höher festgesetzt.


    Und ja, wenn durch die 850d Pfändung der Unterhalt (teilweise) bezahlt wird, zählt dieser Unterhaltsberechtigte auch in der Pfändungstabelle mit.

  • Bei der Berechnung steige ich gedanklich jetzt aus :bye:, das Ergebnis wäre doch dann negativ, weil der Betrag 900 € + 2/3 nie mehr sein darf als der Betrag nach § 850c ZPO. :gruebel::gruebel::gruebel:

    Natürlich erhält man kein negatives Ergebnis.

    ...
    Die Pfändung umfasst nur den Differenzbetrag zwischen dem oben genannten Freibetrag und dem allgemeinen Freibetrag des Schuldners gemäß der Tabelle zu §§850c ZPO in der jeweils gültigen Fassung (Vorrechtsbereich des §850d ZPO).

    Man muss also ermitteln, was ist die Differenz aus dem unpfändbaren Betrag nach § 850d ZPO und dem unpfändbaren Betrag nach § 850c ZPO (mit Berücksichtigung der gleichen Unterhaltspflichten).


  • Wie oben schon erwähnt, sieht meine Berechnung anders aus.

    Ich gehe von den genannten Zahlen aus.

    Bei einer Pfändung nach § 850c ZPO hätten wir somit einen unpfändbaren Betrag von 2.424,81 EUR.

    Bei einer Pfändung nach § 850d ZPO ergibt sich ein unpfändbarer Betrag von 900,00 EUR + 2/3 * (2.500,00 EUR - 900,00 EUR) = 1.966,67 EUR

    Das wegen der Insolvenz die Pfändung nur den Differenzbetrag zwischen dem oben genannten Freibetrag und dem allgemeinen Freibetrag des Schuldners gemäß der Tabelle zu §§850c ZPO in der jeweils gültigen Fassung (Vorrechtsbereich des §850d ZPO) umfasst, beträgt dieser Differenzbetrag 2.424,81 EUR - 1.966,67 EUR = 458,14 EUR.

  • Zitat

    Wie oben schon erwähnt, sieht meine Berechnung anders aus.

    Ich gehe von den genannten Zahlen aus.

    Bei einer Pfändung nach § 850c ZPO hätten wir somit einen unpfändbaren Betrag von 2.424,81 EUR.

    Bei einer Pfändung nach § 850d ZPO ergibt sich ein unpfändbarer Betrag von 900,00 EUR + 2/3 * (2.500,00 EUR - 900,00 EUR) = 1.966,67 EUR

    Das wegen der Insolvenz die Pfändung nur den Differenzbetrag zwischen dem oben genannten Freibetrag und dem allgemeinen Freibetrag des Schuldners gemäß der Tabelle zu §§850c ZPO in der jeweils gültigen Fassung (Vorrechtsbereich des §850d ZPO) umfasst, beträgt dieser Differenzbetrag 2.424,81 EUR - 1.966,67 EUR = 458,14 EUR.


    Ah, alles klar, so komme ich mit. Hatte ich falsch verstanden :aufgeb::

    Oben hattest du geschrieben:

    Er erhält somit einen pfändungsfreien Betrag von x € als Ergebnis dieser Berechnung. hier --> 1.966,67
    Von diesem --> 1.966,67 zieht er den pfändungsfreien Betrag nach § 850c ZPO ab. (-2424,81€) --> negativ


    Jetzt muss ich das nur noch allgemeingültig formulieren ;D


  • Na hoffentlich beschwert sich da kein Gläubiger ;)

    Meines Wissens (so auch der gute alte Stöber Rdn. 1274, 13., zerfledderte, Auflage aus 2002 ;)) gehts immer nur um die Differenz zwischen dem Pfändungsfreibetrag 850 c ("...seinen notwendigen Unterhalt") und dem Selbstbehalt 850d. Und da wird anders gerechnet.

    Rechne das Beispiel spaßeshalber mal für den Fall durch, dass alle 3 Kinder getrennt voneinander eine solche 850d Pfändung machen und jeder bekommt 1/3 des möglichen 850d Betrages. Bei Deiner Berechnung bliebe dem Schuldner dann ein Selbstbehalt (nach Abzug der 850c Pfändung und Abzug der drei Unterhaltspfändungen) von 1.050,39 anstatt der zugemessenen 900,-.

    Aber egal, so wichtig is das nicht. Außerdem kann ich mich auch täuschen. Ich habs mir aber so wie oben gemerkt und meist pass das zu den Zahlen, die ich hier seh.

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