eV als Erbscheinsersatz

  • Hallo,
    ich habe folgendes Problem und bisher nichts darüber im Forum gefunden:
    in einer GmbH & Co. KG wird ein Kommanditist von seiner Ehefrau im Wege der Gesamtrechtsnachfolge beerbt. Grundlage ist ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament der Eheleute. Erbschein wurde 2012 zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht beantragt.
    Nun ist der Ehefrau wohl eingefallen, dass es da noch diese KG-Anteil gibt. Der Notar hat den eigentlich nötigen Erbschein nun mit einer eV der Ehefrau umgangen mit der Bitte an das Registergericht, der Ehefrau den Antrag auf Erbschein rein zum Zwecke der Registerberichtigung zu erlassen.
    Hatte jemand so etwas schon mal?

    Danke schon mal!

  • Aus § 12 I HGB geht hervor, dass die Rechtsnachfolge soweit tunlich durch öffentliche Urkunden nachzuweisen ist. Das "soweit tunlich" gibt da sicher einen Handlungsspielraum, aber der ist mE nur sehr begrenzt. Eigentlich ist es immer tunlich, den Erbfall bzw. die Erbenstellung durch öffentliche Urkunde nachzuweisen. Sonst könnte ja jeder x-Beliebige auf die Idee kommen, zu behaupten einen Kommanditisten beerbt zu haben.

    Es wird aber ganz herrschend die Anwendung von § 35 I 2 GBO analog vertreten. Wenn also die Erbfolge ausschließlich auf notariellen Testamenten beruht, kann (!) das Gericht von der Vorlage des Erbscheins absehen und stattdessen die Testamente nebst Eröffnungsprotokoll vorlegen lassen. Dann würde ich es auch für vertretbar halten, den Rechtsgedanken von § 35 III GBO zu Rate zu ziehen: Demnach können auch andere Beweismittel als Erbschein bzw. not. Testamente+ Eröffnungsprotokoll gelten gelassen werden, wenn (in der GBO) das Grundstück weniger als 3.000€ an Wert hat. Das ist mE aber eine hohe Hürde, und das Gericht ist auch nicht gezwungen, die Beweiserleichterung anzubieten. Warum also nicht auch im HR?

    Ich würde hier die Erklärung mit eV für die Gesamtrechtsnachfolge nicht für ausreichend erachten.

  • Ich stimme grundsätzlich #2 zu.

    Ich glaube aber, dass die Grundbuchämter aus gutem Grund von § 35 III GBO äußerst selten Gebrauch machen. Als Registergericht würde ich mich nicht darauf einlassen.

    Zusätzlich wäre anzumerken, dass es die Beschränkung des Erbscheins (aus Kostengründen) zur Berichtigung des Grundbuchs oder des Handelsregisters seit dem 17.05.2017 nicht mehr gibt (vgl. § 2369 Abs. 2 BGB a.F.).

    Daher wird der Erbe oder sonstiger Antragsberechtigter wohl um einen Erbscheinsantrag nicht herumkommen.

  • Ich bin grundsätzlich eben auch der Meinung, dass ein Erbschein nötig ist. Mir leuchtet nicht ein, warum ich hier eine Ausnahme machen sollte. Mir ist eben nur nicht klar, wie weit ich "soweit tunlich" auslegen soll/muss?

  • Ich diskutiere nun seit längerem mit dem Notar, ob ich den Erbschein verlangen kann oder nicht.
    Ich habe mich nun auf den Standpunkt gestellt, ich verlange den Erbschein und mache eine Zwischenverfügung. Der Notar hat nun gemeint, die Alleinerbin des eingetragenen Kommanditisten wird aus Kostengründen den Erbschein nicht beantragen.
    Wie sieht die Konsequenz aus? Wenn der Notar Beschwerde einlegt geht die Sache ans OLG zur weiteren Entscheidung.
    Wenn nicht, welche Möglichkeiten bleiben mir? Die Anmeldung ist richtig, ich weiss, dass das Register unrichtig ist...

  • aus dem Bauch heraus, da ich kein Register mache- ich denke, es wird auch im Registerrecht Zwangsmittel geben um eine entsprechende Anmeldung mit allen erforderlichen Unterlagen zu erzwingen, oder?

    Es kann meines Erachtens ja nicht anders als im Grundbuch sein: Auch dort kann ich mit einem eigenhändigen Testament und dem Antrag auf Eigentumsumschreibung nichts erreichen.
    Da kann sich auch keiner mit einem Antrag auf Eigentumsumschreibung mit einer e.V. drum drücken den Erbschein zu beantragen, nur weil ihm der zu teuer ist.

    Wer so etwas vermeiden möchte muss halt vorher ein notarielles Testament machen, fertig.

    Ich würde hier nicht eintragen, das OLG über die Beschwerde entscheiden lassen.

    Wenn keine Beschwerde kommt, sofern vorhanden die Zwangsmittelschiene fahren, bis die Unterlagen vorgelegt werden oder eine Beschwerde kommt, damit das OLG entscheidet.

    Ich denke es würde deine Rechtsauffassung bestätigen.

  • Das KG hatte letztes Jahr einen ähnlichen Fall zu bearbeiten (KG, Beschl. v. 16.7.2018 – 22 W 17/18).
    Einen Satz in der Begründung finde ich für solche Fälle sehr gut zutreffend:
    Die Notwendigkeit der Vorlage eines Rechtsnachfolgenachweises ist auch nicht untunlich. Das wäre nur der Fall, wenn die Beschaffung der notwendigen Urkunden unmöglich oder aber schwierig und mit langen Verzögerungen verbunden wäre (vgl. BeckOK HGB/Müther, Stand: 15.4.2018, § 12 Rn. 29; MüKoHGB/Krafka, 4. Aufl., § 12 Rn. 39). Das ist hier nicht ersichtlich und wird von den Bet. auch nicht geltend gemacht.
    (NZG 2018, 1150, beck-online)

    Andererseits kann der Nachweis der Rechtsnachfolge durch öffentliche Urkunden „untunlich“ iSd § 12 Abs. 1 S. 4 HGB sein, wenn sich die Rechtsnachfolge aus den Akten des Registergerichts selbst bzw. aus bei demselben Gericht geführten Nachlassakten ergibt. (vgl. OLG München, Beschl. v. 17.10.2017 – 31 Wx 330/17; dort auch gute Ausführungen zur "Untunlichkeit" aufgrund verhältnismäßig hoher Kosten)
    Wenn sich jedoch aus den Nachlassakten keine eindeutige Rechtsnachfolge erkennen lässt (Das Nachlassgericht könnte dir sicherlich zur Bestätigung deiner Rechtsauffassung ein Schreiben schicken können, aus dem hervor geht, dass die Rechtsnachfolge hier unklar ist, da erst in einem Erbscheinsverfahren festgestellt wird, wer Erbe geworden ist.), dann kannst du auf den Erbschein bestehen. Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Erbscheins sind ja offensichtlich nicht vorhanden und die Untunlichkeit ergibt sich nicht aus Kosten, die für das Erbscheinsverfahren entstehen (s.o.).

    Ich würde von den Beteiligten die Anmeldung der Änderung im Gesellschafterbestand (§ 177 HGB) verlangen und diese Anmeldung notwendigenfalls mit § 14 HGB i.V.m. §§ 388 - 392 FamFG mit Zwangsgeld erzwingen.
    Wenn gegen die Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt wird, dann geht's halt zum OLG. Ich denke die Rechtslage ist da recht eindeutig.

  • Die Nachlassakte wird nicht am gleichen Gericht geführt. DieErbfolge ist eindeutig.
    Der Notar gibt an, es wäre untunlich wegen der hohen Kosten.

    Die Erbin möchte keine Kosten für den Erbschein ausgeben(Nachlasswert 80.000 EUR, KG-Anteil ca. 1500 EUR). Die Erbscheinsgebühr wäre438 EUR, entspricht ca. 1/3 des KG-Anteils.
    Ich bin jedoch der Meinung, dies ist der Erbin zuzumuten.

  • Hier mein Baustein aus Registerzeiten:

    "Nach§ 12 Abs. 1 S. 4 HGB ist der Erbnachweis, soweit tunlich, durch öffentlicheUrkunden zu führen. Die Beschaffung des Erbscheins ist nicht schon infolge desdamit verbundenen Kosten-und Zeitaufwandes untunlich i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 4HGB
    (s.a: MüKoBGB/J. Mayer BGB § 2353 Rn. 182-183)"

    Damit schließe ich mich den Vorrednern an: Zwangsgeldverfahren hilft dort meistens.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!