Mehrere Zuweisungsberechtigte und Übertragung der Zuweisungsbefugnis

  • Ich habe Bedenken zu folgendem Passus in einer mir vorliegenden Gemeinschaftsordnung:
    „Der aufteilende Eigentümer und der zukünftige Erwerber X sind jeweils einzeln berechtigt die PKW-Stellplätze Wohnungseigentumseinheiten zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung zuzuordnen und die Eintragung im Grundbuch zu bewirken. Die vorstehende Zuweisungsbefugnis kann jeweils ganz oder teilweise in notarieller Erklärung übertragen werden.“

    Kann bestimmt werden, dass zwei Personen gleichzeitig zuweisungsbefugt sind?

    Des Weiteren stellt sich mir noch die Frage, ob hier ergänzt werden müsste,dass die Zuweisungsbefugnis nur an andere Wohnungs- oder Teileigentümerübertragen werden kann (vgl. MüKoBGB/Commichau 7. Auflage 2017, § 10 WEG Rdn.39-44)? Bezüglich des künftigen Erwerbers X liegen mit die Kaufverträge bereits vor.

    Für Hilfe wäre ich sehr dankbar!

  • Hier habe auch ich schwere Bedenken.
    Was geschieht, wenn beide Zuweisungsberechtigte den selben Stellplatz zuweisen?
    Wessen Erklärung hat dann den Vorrang?
    Die zuerst abgegebene oder die zuerst beim Grundbuchamt eingegangene?
    Ohne eine eindeutige Konkurrenzklausel (wenn beide, dann gilt nur die ...) würde ich das nicht akzeptieren.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Um die Frage beantworten zu können, müsste ersichtlich sein, welche Form des Zuordnungsvorbehalts gewählt wurde.

    Das OLG Frankfurt/Main führt im Beschluss vom 25.06.2015, 20 W 54/15 = BeckRS 2016, 02606,
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:7450231
    aus (Hervorhebung durch mich):

    „Da das Gebrauchsrecht Ausfluss des Eigentumsrechts ist und sich nicht alle Wohnungseigentümer gleichzeitig mit dinglicher Wirkung dieser Befugnis begeben können, bleibt dabei dem teilenden Eigentümer zunächst die alleinige Nutzung vorbehalten; mit der Zuweisung verliert er dann das ihm bisher zustehende Nutzungsrecht. Da die Zuweisungsmöglichkeit einschließlich der Bewilligungsberechtigung des teilenden Eigentümers gerade auf dessen persönlicher Sondernutzungsberechtigung beruht, besteht diese jedoch auch nur bis zu dessen Ausscheiden aus der Gemeinschaft. Nach ganz überwiegender Auffassung, der sich auch der Senat bereits angeschlossen hat, kann der aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausscheidende teilende Eigentümer die Restnutzungsbefugnis als Grundlage des Zuweisungsrechts also nicht „mitnehmen“ (es folgen Zitate aus Rechtsprechung und Literatur).

    Um diesem Nachteil aus dem Weg zu gehen, besteht eine anderweitige Gestaltungsmöglichkeit in der sog. „gestreckten Begründung von Sondernutzungsrechten durch aufschiebend bedingte Zuordnung“. Danach werden künftige Erwerber unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) einer Zuweisung eines Sondernutzungsrechts von der Mitnutzung bestimmter Teile des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Bei dieser Variante werden also - im Gegensatz zur vorgenannten Gestaltung - die Miteigentümer nicht von Anfang an von der Mitnutzung ausgeschlossen, sondern es steht ihnen ein Mitnutzungsrecht so lange zu, bis der Berechtigte von seinem Zuweisungsrecht Gebrauch macht. Hierbei ist der teilende Eigentümer somit gerade nicht persönlich sondernutzungsberechtigt, sondern nur zuweisungsberechtigt. Dann ist die Zuweisungsbefugnis allerdings unabhängig von der Stellung als teilender Eigentümer; sie kann in diesem Fall vom teilenden Eigentümer auch noch nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft vorgenommen werden (es folgen Zitate aus Rechtsprechung und Literatur)….“

    Im ersteren Fall würde ich davon ausgehen wollen, dass die Übertragbarkeit der Zuweisungsbefugnis ausgeschlossen ist.

    Wenn aber bei der zweiten Variante die Zuweisung auch noch nach dem Ausscheiden des teilenden Eigentümers aus der Gemeinschaft vorgenommen werden kann, dann müsste die betreffende Zuweisungsbefugnis auch übertragbar sein. Davon scheint auch das OLG Schleswig im Beschluss vom 26.9.2016 – 2 Wx 56/16 = RNotZ 1-2/2017 34 ff. auszugehen, indem es ausführt (Hervorhebung durch mich):

    „Er kann bei der Teilung auch bereits „auf Vorrat“ Sondernutzungsrechte begründen, diese einer bei ihm selbst verbleibenden Einheit zuweisen und sodann die Sondernutzungsrechte ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer auf die Käufer der jeweiligen Einheiten übertragen (vgl. BGHZ 73, 145). Ferner kann der teilende Eigentümer alle Wohnungseigentümer unter der aufschiebenden Bedingung vom Mitgebrauch ausschließen, dass er die ausschließliche Nutzung einem bestimmten Wohnungseigentümer zuordnet (vgl. DNotI-Report 2016, S. 118, m.w.N.). Um einen solchen Fall, in dem der teilende Eigentümer nach der Teilung im Rahmen einer Ermächtigung ein Sondernutzungsrecht zuweist oder ein ihm zustehendes Recht überträgt, geht es bei dem Antrag der Beteiligten aber nicht. Es stellt sich auch nicht die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der teilende Eigentümer noch anstelle der anderen Wohnungseigentümer handeln kann (vgl. zu einem derartigen Fall OLG Frankfurt, ZWE 2016, S. 171 f. = BeckRS 2016, 02606….“

    Allerdings darf dies mE nicht dazu führen, dass dies zeitlich und sachlich unbegrenzt möglich ist. Das OLG Stuttgart führt dazu allerdings im Beschluss v. 11.05.2012, 8 W 164/11, aus: „Das Amtsgericht Reutlingen ist in jener im Verhältnis zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangenen, noch nicht rechtskräftigen Entscheidung (= Urteil vom 30. 3. 2012, 9 C 1939/10 WEG). aufgrund einer Gesamtabwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass der in der vorliegenden Teilungserklärung festgeschriebene unbegrenzte Fortbestand des Zuweisungsrechts die Erwerber entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei. Die Zuweisungserklärung der Beteiligten Ziff. 1 vom 28. 1. 2011 sei deshalb mangels vertraglicher Grundlage unwirksam, § 242 BGB. Wie oben ausgeführt, ist im Grundbuchverfahren die in Bezug auf § 242 BGB erforderliche wertende Beurteilung, die eine Kenntnis des gesamten Sachverhalts und aller Umstände voraussetzt, regelmäßig nicht möglich…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort! In meinem Fall handelt es sich um eine gestreckte Begründung von Sondernutzungsrechten durch aufschiebend bedingte Zuordnung. Somit wäre die Übertragung der Zuweisungsbefugnis auf den Erwerber X möglich. Meines Erachtens könnte der Erwerber X auch direkt als Zuweisungsberechtigter benannt werden.
    Ich frage mich nun nur, ob ich eine zeitliche Begrenzung verlangen könnte. Wenn ich das richtig verstehe, genügt es nicht, dass die Zuweisungsbefugnis nach Zuweisung aller SNR erlischt, hier müsste vielmehr noch eine weitere zeitliche Begrenzung erfolgen. Verstehe ich das richtig?

    Wie würde eine sachliche Begrenzung aussehen?

  • Eine sachliche Begrenzung ergibt sich daraus, dass ein Zuweisungsvorbehalt, der die Begründung eines dinglichen Sondernutzungsrechts vorsieht, das alle Zugangsmöglichkeiten zur Eigentumswohnung anderer Wohnungseigentümer erfasst, wegen Eingriffs in den unantastbaren Kernbereich des Sondereigentums unwirksam sein könnte (s. OLG Nürnberg, Beschl. v. 6.2.2018 – 15 W 1753/17 unter Zitat Spielbauer in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 13 WEG Rn. 31; anders wohl: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.1.2011 – 3 W 196/10 -, juris Rn. 7).

    Was die zeitliche Begrenzung anbelangt, so hält das LG Stuttgart im Urteil vom 10.04.2013 - 10 S 19/12 (Beschwerdeentscheidung zu 9 C 1939/10 WEG Amtsgericht Reutlingen) eine solche für nicht erforderlich. Es führt im Hinblick auf die Feststellungen des BGH im Urteil vom 02.12.2011, Az.: V ZR 74/11, Rz 16, die Ermächtigung könne nicht zeitlich unbegrenzt sein, was sich auch ohne ausdrückliche Regelung verstehe, aus:

    „Zu der Frage, ob die Zuweisungsbefugnis betreffend ein aufschiebend bedingtes Sondernutzungsrecht selbst zeitlich unbeschränkt zulässig ist, nimmt der Bundesgerichtshof in der besagten Entscheidung hingegen überhaupt nicht Stellung. Die Kammer sieht für eine derartige zeitliche Begrenzung auch keinen Anlass. … Die übrigen Eigentümer erwerben wiederum ihre Miteigentumsanteile jeweils „belastet“ mit der späteren Entziehung des Gebrauchs der Schiebepaletten im Falle einer Zuweisung eines Sondernutzungsrechts durch die Beklagte. Erfolgt diese Zuweisung, so geschieht damit nichts, womit die übrigen Eigentümer nicht von Beginn an rechnen mussten. … Ein schutzwürdiges Vertrauen der übrigen Eigentümer dahingehend, dass die Beklagte ihre Zuweisungsbefugnis nicht mehr gebrauchen wird, ist daher nicht zu erkennen. Auf der anderen Seite erscheint das Interesse der Beklagten an einer wirtschaftlichen Verwertung ihrer Zuweisungsbefugnis auch nach ihrem Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft nicht weniger schutzwürdig. Zurecht hat daher das LG München II (Beschl. v. 11.03.2004) angenommen, dass die Zuweisungsbefugnis des teilenden Eigentümers nicht dadurch entfällt, dass er im Zeitpunkt der Zuweisung selbst kein Teil- oder Wohnungseigentum mehr innehat. Im Übrigen hätte die Beklagte die nun vorgenommene Variante, das Sondernutzungsrecht bei einer Teileigentumseinheit zu „parken“ und später auf einen anderen Eigentümer zu übertragen, auch von vornherein wählen können, ohne dass bei dieser Konstellation eine zeitliche Einschränkung auch nur diskutiert würde. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedlicher Behandlung dieser und der in der vorliegenden Teilungserklärung enthaltenen Variante ist nicht erkennbar…“

    Für die Frage, ob es nach einer erfolgten Zuordnung noch eine weitere Zuordnungsbefugnis gibt, kommt es aber darauf nicht an, weil davon auszugehen ist, dass die Zuweisungsbefugnis mit der erster Zuweisung endet (s. Müller im BeckOK WEG, Timme, Stand 01.02.2019, § 15 RN 345).

    Meines Erachtens nach muss auch bei gestreckten Begründung von Sondernutzungsrechten durch aufschiebend bedingte Zuordnung ersichtlich sein, bis zu welchem Zeitpunkt die Bedingung eintreten kann. Das OLG Hamm konnte diese Frage im Beschluss vom 16.6.2017, 15 W 474/16, offen lassen, weil dort die Zuweisungsbefugnis noch zu einer Zeit wirksam ausgeübt wurde, als der Zuweisende selbst noch Mitglied der Gemeinschaft war.

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