Vorkaufsrecht aufschiebend bedingt

  • Hülfe! Ich bin mir unschlüssig, ob ich an mir zweifeln soll oder am Notar:

    Vater überträgt Grundstücke auf eines seiner Kinder. Im Kaufvertrag wird vereinbart die Einräumung eines Vorkaufsrechts für den ersten Verkaufsfall und zwar zugunsten des Verkäufers/Vaters und seiner beiden weiteren Söhne. Die Bewilligung lautet, dass die Beteiligten bewilligen und beantragen "das Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall für den Verkäufer und aufschiebend bedingt nach dem Tode des Verkäufers für die beiden Söhne A und B als Berechtigte nach § 472 BGB".

    Es ist beantragt die Eintragung "des" Vorkaufsrechts.

    M.E. ist die Bewilligung unklar. Entweder, ich habe ein Vorkaufsrecht für alle Beteiligten nach § 472 BGB oder ich habe ein Recht für den Vater und aufschiebend bedingt auf dessen Tod für die Söhne als Berechtigte nach § 427 BGB. Dann muss ich aber zwei Rechte eintragen.

    Ich habe auf meine Bedenken hingewiesen und gebeten mitzuteilen, was denn nun gewollt ist. Die Antwort war die Bitte nur ein Recht mit dem bewilligten Inhalt einzutragen. Danke, das bringt mich weiter.

    Ist die Sache womöglich völlig klar und nur ich bin auf dem Holzweg? :gruebel:

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich halte das auch für reichlich bedenklich, die Konstruktion wäre auch schwer unter einer laufenden Nummer im GB abzubilden... ehrlich gesagt würde ich das im Hinblick auf den mutmaßlichen Sinn dieser Eintragung (Vater hat zunächst das Recht, wenn er's nicht mehr haben kann, sollen es die Söhne haben) auch über 2 einzelne Rechte lösen, und zwar: 1. Das Vorkaufsrecht für den Vater eintragen. 2. Im Rang danach das Recht für die beiden Söhne nach § 472 BGB aufschiebend bedingt eintragen. Meine Überlegung dahinter wäre, dass das Vorkaufsrecht ohnehin grundsätzlich unvererblich ist (§§ 1098 I, 473 BGB) und damit mit dem Tod des Berechtigten erlischt. Das 1. Recht wäre damit quasi von selbst "aus dem Weg" (da insbesondere kein Fall von §§ 23, 24 GBO) und das 2. Recht hat seine Bedingung erfüllt und kann damit ausgeübt werden. Die Überlegung scheint mir zumindest sinnvoll, ich hoffe mal ich hab jetzt nichts übersehen...

  • Die in § 473 BGB ausgesprochene Unübertragbarkeit des Vorkaufsrechts ist nicht zwingend. Es ist den Beteiligten unbenommen, bei Einräumung des Vorkaufsrechts dessen Übertragbarkeit zu vereinbaren (Staudinger/Schermaier BGB, Neubearbeitung 2013, § 473 RN 2). Das subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht kann daher durch Vereinbarung (§ 1098 Abs 1 iVm § 473) und Eintragung im Grundbuch übertragbar gemacht werden (Staudinger/Schermaier, aaO. RN 8 unter Zitat BGHZ 37, 147, 153; OLG Celle NJW-RR 2012, 1101 u. a).

    Frage ist daher, ob mit der vorgesehenen Regelung der Sukzession eine Abbedingung der Unübertragbarkeit erfolgt ist oder ob die Vereinbarung einer Sukzession die vorgängige Regelung über die Übertragbarkeit voraussetzt.

    Reetz hält im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.12.2018, § 47 GBO RN 7 die Gestaltung einer sukzessiven Berechtigung an einem einzigen Vorkaufsrecht („wie bei allen beschränkten dinglichen Rechten und der Vormerkung“) für umstritten, jedoch für möglich und führt als abratend an: „LTF Grundstückspraxis-HdB/Hertel Teil 2 Rn. 447“.

    Eine Sukzession ist sowohl dadurch möglich, dass das Recht nacheinander verschiedenen Personen zusteht, als auch dadurch, dass es mehreren Personen in Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft zusteht und nach dem Tod eines der Berechtigten auf den anderen übergehen soll, wobei die von dem Tod des Erstversterbenden abhängige Erweiterung der Berechtigung auf den Überlebenden im Grundbuch zum Ausdruck kommen muss (so zur Vormerkung Assmann im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.02.2019, § 883 BGB RN 116 mwN; Gutachten des DNotI vom 01.01.2001; Gutachten/Abruf-Nr: 11220
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…506c633935c38e8).

    Allerdings setzt dies nach Ansicht des OLG Frankfurt/Main im Beschluss vom 22.07.2014, 20 W 182/14
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:7305230
    voraus, dass es sich um ein übertragbares Recht handelt.

    Diese Ansicht ist allerdings nicht unbestritten. Pohlmann zitiert im Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 1061 RN 16 in Fußnote 27 die vorgenannte Entscheidung, dort Rz. 8, verweist in Fußnote 28 aber auf die Ansichten, nach denen es möglich ist, ein einheitliches Nießbrauchsrecht zu bestellen, das zunächst einem und dann einem anderen zustehen soll (Zitat: Westpfahl Anm. zu OLG Frankfurt DNotZ 2008, 846 (847 f.); wohl auch OLG Zweibrücken BeckRS 2010, 16910).

    Anders als die Dienstbarkeit (§ 1092 I 1 BGB) oder der Nießbrauch (§ 1059 Satz 1 BGB) ist die Nichtübertragbarkeit des Vorkaufsrecht lediglich im Schuldrecht geregelt. Das Schuldrecht unterliegt der Vertragsfreiheit.

    Sieht man in der Vereinbarung, dass das Vorkaufsrecht zunächst dem Vater und nach dessen Tod seinen beiden Söhne A und B als Berechtigte nach § 472 BGB zustehen soll, eine zulässige Abbedingung der Regelung des § 473 BGB, dann wäre die Eintragung eines einzigen Vorkaufsrechts möglich.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank zusammen. Dann habe ich ja jetzt erst mal noch ein wenig Lesestoff :)

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

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