Gepfändetes Geld auf einem pfändungsschutzLOSEN Konto freigeben?

  • Hallo zusammen,

    seit neuesten muss ich mich nun auch mit Vollstreckungssachen herumschlagen.
    Dabei kam heute natürlich gleich ein sehr exotischer Fall.

    Die Antragstellerin hat 2 Konten, davon ist eines ein P-Konto. Beide Konten sind gepfändet. Die Antragstellerin ist erwerbstätig und bezieht Arbeitslohn, der ebenfalls gepfändet ist.

    Das pfändungsfreie Arbeitseinkommen ging auf das pfändungsschutzlose Konto ein. Das hat die Antragstellerin schon länger so gehandhabt, weil dieses Konto bis zuletzt noch gar nicht gepfändet war (und sie so über den kompletten Betrag verfügen konnte, ziemlich dreist meiner Meinung nach). Nach der Pfändung wurde das Konto dann entsprechend komplett abgeräumt und sie bereut es nun, dass sie den Lohn nicht auf das P-Konto hat überweisen lassen.

    Nun steht sie einen ganzen Monat ohne Einkünfte da und kann ihre laufenden Kosten (Miete, Strom etc.) nicht bezahlen.
    Sie war bereits bei einem Rechtsanwalt, der sie wiederum an das Vollstreckungsgericht verwiesen hat. Das Vollstreckungsgericht könne in solchen Fällen eine Bescheinigung ausstellen, dass das gepfändete Kontoguthaben eigentlich nicht der Pfändung unterliege.

    Hinzu kommt, dass das Arbeitseinkommen ja bereits gepfändet ist und damit eine unzulässige Quellenpfändung vorliegen dürfte.

    Wie gehe ich hier denn jetzt am besten vor? Sie kommt morgen wieder, um einen entsprechenden Antrag zu stellen.
    Nur welcher Antrag ist hier der richtige. Gibt es eine Möglichkeit, wie die Antragstellerin an ihr Geld kommt oder ist es unwiederbringlich weg? Die pfändenden Gläubiger sind im Übrigen nicht dazu bereit, ihr freiwillig etwas zurückzuerstatten.

    Ich freue mich über jegliche Anregung, bin hier - was die Vollstreckungssachen angeht - leider ziemlich auf mich allein gestellt ...

  • Hallo Storch,

    wenn ich Dich richtig verstanden habe, ist das Guthaben bereits an den Gläubiger ausgekehrt. Mangels vorhandenem Guthaben kann dann auch keine Freigabe mehr erfolgen. Da bleibt dann nur, die Schuldnerin auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich zwecks finanzieller Unterstützung an das Sozialamt zu wenden.

  • Wo ist der Vorteil, wenn ich unpfändbares Einkommen (pfändbares Einkommen dürfte ihr nicht ausgezahlt werden, dass der Gläubiger beim Arbeitgeber direkt den Lohn gepfändet hat) auf ein Koto überweisen lasse, dass nicht dem Pfändungsschutz unterliegt? Das ist für mich nicht Dreistigkeit, sondern schlicht Blödheit.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wo ist der Vorteil, wenn ich unpfändbares Einkommen (pfändbares Einkommen dürfte ihr nicht ausgezahlt werden, dass der Gläubiger beim Arbeitgeber direkt den Lohn gepfändet hat) auf ein Koto überweisen lasse, dass nicht dem Pfändungsschutz unterliegt? Das ist für mich nicht Dreistigkeit, sondern schlicht Blödheit.

    Oder der Arbeitgeber hat mehr ausgezahlt als er durfte. Das wäre dann richtig dreist!

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Leider würde ich hier raten gar keinen Antrag aufzunehmen, die 20€ kann sich die Schuldnerin sparen.

    Hier liegt keine unbillige Härte vor- der Gläubiger hat ganz regulär gepfändet, diese Pfändung ist mit den guten Sitten vereinbar.

    Für die Schuldnerin habe ich hier auch keine Möglichkeiten etwas entschuldigendes zu ihrer Situation zu finden- sie wusste von bevorstehenden Pfändungen, sie hatte ein P-Konto, es war auch kein versehentlicher Überweisungsvorgang des Arbeitgebers. Sie hat über alle Schutzmöglichkeiten Bescheid gewusst und dieses Risiko in Kauf genommen. Da hilft jetzt meiner Ansicht nach auch kein 765 a mehr.

    So auch Zöller, ZPO zu 765 a: Sittenwidrige Härte kann eine Pfändung nur begründen, wenn die Schuldnerin kein P-Konto führt. Gerade dies ist hier nicht der Fall.

    Auch die jetzt erforderliche Beantragung von Sozialhilfe aufgrund der ZV begründet laut Zöller keine besondere Härte.

    Auch wenn die Situation jetzt hier richtig Mist ist- ich sehe hier keine Möglichkeit, die Folgen der Dummheit der Schuldnerin zu beheben.


    @ Burkina Faso, @ Gegs:

    Der Vorteil liegt ganz einfach darin:

    Bekomme ich nach Pfändung z.B. 1200,00 € aufs Konto und bin Single ohne Kinder- dann habe ich einen Freibetrag auf meinem Konto von 1133,80 €.
    Es würden 66,20 € gepfändet auf dem P-Konto.

    Dass dieser Freibetrag auch erhöht werden kann, wusste die Schuldnerin wahrscheinlich nicht und ließ das Gehalt nach Pfändung daher auf das ungepfändete Konto überweisen.
    Oder schlimmer: Sie wusste es- hatte aber keine Lust einen Freibetrag zu beantragen, weil es ja auch so geht.

  • @ Insulaner:

    M.E. laufen die Freibeträge bei Lohnpfändung und Pfändung des Kontos doch "parallel"? Soll heißen, das unpfändbare Einkommen sollte nicht höher sein, als der Freibetrag auf dem P-Konto.

    Abweichen kann es doch nur geben, wenn ich unterhaltsberechtigte Personen habe und für diese kein Freibetrag beantragt wird. Oder aber Lohnbestandteile sind nicht bzw. nur teilweise der Pfändung unterworfen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ Insulaner:

    M.E. laufen die Freibeträge bei Lohnpfändung und Pfändung des Kontos doch "parallel"? Soll heißen, das unpfändbare Einkommen sollte nicht höher sein, als der Freibetrag auf dem P-Konto.

    Abweichen kann es doch nur geben, wenn ich unterhaltsberechtigte Personen habe und für diese kein Freibetrag beantragt wird. Oder aber Lohnbestandteile sind nicht bzw. nur teilweise der Pfändung unterworfen.

    Das ist ja gerade nicht so: Beispiel Nettoeinkommen € 2000,00 ,Single ohne Kind:

    Arbeitgeber gem. 850 c : pfändbar € 606,34, Auszahlung 1.393,66
    P-Konto Freibetrag : € 1.188,33

  • Nein- wie kommst du darauf? Das ist Grundwissen, ich erkläre es aber gern (jetzt verstehe ich auch deinen auf Unwissen basierenden #4):

    Der Freibetrag bei Einrichtung eines P-Konto bei einem Schuldner, welcher Single ist und keine Kinder hat beträgt 1133,80 €- wenn kein gerichtliches Handeln erfolgt bleibt er in dieser Höhe.

    Arbeitet der Schuldner nun und verdient netto 1325 €, so werden davon 130,34 € gepfändet und die restlichen 1.194,66 € aufs Konto überwiesen. Die Bank behält bei einer bestehenden Pfändung des P-Konto dann 60,86 € ein.

    Der Schuldner muss dann bei Gericht die Anpassung per Beschluss erwirken, sonst wird das Geld nach der entsprechenden Zeit an den Gläubiger überwiesen und was weg ist, ist weg.


    Die Freibeträge laufen nicht automatisch parallel- und das ist auch gut so, denn:
    1. die Bank kann gar nicht wissen, ob beim Arbeitgeber gepfändet wird, es sei denn der PfÜB ging gegen Arbeitgeber und Bank.
    2. die Bank kann auch nicht wissen, wann eine Pfändung beim Arbeitgeber durch Befriedigung des Gläubigers oder durch eine Einigung aufhört und sie dann einen Freibetrag anpassen müsste.
    3. die Bank müsste dann immer Kontakt zum Arbeitgeber aufnehmen und zwar jeden Monat, um zu erfahren wie hoch der monatliche Freibetrag bei Berücksichtigung von 1. und 2. sein müsste.
    Nicht vergessen: Bei manchen Arbeitnehmern schwankt das Nettogehalt aufgrund von Zuschlägen oder Stundenlohn jeden Monat.

    Diese monatliche Kommunikation Bank-Arbeitgeber war vom Gesetzgeber nicht gewollt.

    Auch wenn es die Schuldner sicher begrüßen würden und es uns Rechtspflegern Arbeit sparen würde- es ist (leider) nicht so.

  • Nein Nicht vergessen: Bei manchen Arbeitnehmern schwankt das Nettogehalt aufgrund von Zuschlägen oder Stundenlohn jeden Monat. Diese monatliche Kommunikation Bank-Arbeitgeber war vom Gesetzgeber nicht gewollt. Auch wenn es die Schuldner sicher begrüßen würden und es uns Rechtspflegern Arbeit sparen würde- es ist (leider) nicht so.

    Für solche Fälle hat der BGH den Blankettbeschluss "erfunden", 10.11.2011, VII ZB 64/10.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Da hat Silberkotelett recht: Gegs, bitte entschuldige die Ausdrucksweise, ich war wohl etwas zu entsetzt über die Aussage in #8 verbunden mit deinem Beruf, da hab` ich mich hinreißen lassen.

    @ La Flor de Cano: ja, den kenne ich und nutze ihn auch wann immer es geht. Trotzdem gut, diesen noch einmal anzusprechen für alle.


  • Im Thread https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…0-k-und-P-Konto gingen die Meinungen auseinander (siehe zitierter Beitrag von Phil unten), ob für eine Erhöhung nach § 850k Abs. 4 ZPO auf die nach der Tabelle des § 850c ZPO unpfändbaren Beträge eine Lohnpfändung Voraussetzung für den gerichtlichen Beschluss ist.

    Sollte dies nicht der Fall sein, bestünde auch kein Problem durch den Wegfall der Lohnpfändung. Im Kommentar habe ich dazu auf die Schnelle nichts gefunden.


  • ich war wohl etwas zu entsetzt über die Aussage in #8 verbunden mit deinem Beruf

    Meinst Du mit dieser Aussage machst Du es besser?

    Erstens sind wir Rechtsanwälte auch nicht allwissend und müssen es auch nicht sein (sondern nur unsere Grenzen kennen), zweitens wird Zwangsvollstreckung bei unserer Ausbildung nicht bis zum Erbrechen als Grundwissen gelehrt und drittens habe ich hier im Forum mal gelernt, dass es besser ist, einmal doof zu fragen, als eine Sache in vermeintlicher Annahme eigener Vollkommenheit beständig falsch zu machen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @ Gegs- habe heute wohl den falschen Tag erwischt, Entschuldige.

    Natürlich ist es gut, dass du dich hier schlaumachst und natürlich kannst du nicht alles wissen- ich auch nicht, sonst wäre ich nicht hier und würde nicht auch manchmal für andere- vielleicht auch für dich- einfache Fragen stellen.

  • Ich danke euch allen für die zahlreichen Antworten!

    Auf § 765a ZPO bin ich in diesem Zusammenhang gar nicht gekommen. Hatte das bisher nur als Räumungsschutzantrag.
    Ich werde mir die Kommentierung im Zöller noch zu Gemüte führen, sehe die Schuldnerin hier aufgrund ihres Verhaltens aber auch nicht als schutzbedürftig an. Sie hat das Risiko absichtlich in Kauf genommen und nun muss sie eben die Konsequenzen dafür tragen.

    Zu dieser Doppelpfändung (Arbeitseinkommen und Konto):
    Der zitierte Blankett-Beschluss des BGH war mir auch völlig unbekannt. Wie lautet denn in solchen Fällen der Tenor?
    "Der dem Schuldner zu belassene pfändungsfreie Sockelbetrag wird auf die Höhe des jeweils vom Arbeitgeber des Schuldners überwiesene monatliche Arbeitseinkommen festgesetzt." Klingt irgendwie merkwürdig.
    Und was passiert, wenn der Gläubiger, der das Arbeitseinkommen gepfändet, befriedigt ist?
    Dann bekommt der Schuldner wieder seinen vollen Lohn, der jedoch nach dem oben formulierten Tenor ja nach wie vor komplett unpfändbar ist. Wird der Beschluss automatisch wirkungslos, wenn die Pfändung des Arbeitseinkommens wegfällt? Woher erlangt das Kreditinstitut denn davon Kenntnis, dass nun doch nicht mehr der ganze Lohn, der auf dem Konto eingeht, unpfändbar ist, sondern dass es nunmehr wieder die Pfändungsgrenzen nach § 850k ZPO beachten muss?

    Zuletzt noch eine kleine Verständnisfrage:
    Sobald Arbeitseinkommen gepfändet ist, lohnt sich für den Gläubiger eine Kontopfändung ja nicht, da von dem unpfändbaren Arbeitseinkommen, das auf dem Konto des Schuldners eingeht, ohnehin nichts mehr gepfändet werden kann.
    Heißt das, dass die Pfändung von Arbeitseinkommen immer Vorrang zur Kontopfändung hat?

    Ich danke euch vielmals, ihr seid spitze!

  • @ Gegs- habe heute wohl den falschen Tag erwischt, Entschuldige.

    Natürlich ist es gut, dass du dich hier schlaumachst und natürlich kannst du nicht alles wissen- ich auch nicht, sonst wäre ich nicht hier und würde nicht auch manchmal für andere- vielleicht auch für dich- einfache Fragen stellen.

    :einermein

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  • Zuletzt noch eine kleine Verständnisfrage:
    Sobald Arbeitseinkommen gepfändet ist, lohnt sich für den Gläubiger eine Kontopfändung ja nicht, da von dem unpfändbaren Arbeitseinkommen, das auf dem Konto des Schuldners eingeht, ohnehin nichts mehr gepfändet werden kann.

    Auf einem Konto können neben Lohn ja auch 1000 andere Gelder eingehen, von Steuererstattungen bis zu irgendwelchen Ebay-Verkäufen.

  • Ja, der Tenor ist ungewöhnlich, aber bei mir klingt er so ähnlich- ich begrenze ihn jedoch immer auf eine Zeitspanne, eben weil ich die von dir geschilderten Folgen vermeiden möchte- dass ein kontopfändender Gläubiger benachteiligt wird. In meinen Verfahren sind meistens die Schulden, die für die Lohnpfändung verantwortlich sind, nach Arbeitgeberauskunft jeweils so hoch gewesen, dass ein Jahresbeschluss nicht einmal ansatzweise die Gefahr auslöst, einen Kontopfänder zu benachteiligen.

    Und was passiert, wenn der Gläubiger, der das Arbeitseinkommen pfändet, befriedigt ist?


    Wenn es ein und derselbe Gläubiger ist, der Konto und Gehalt pfändet und kein weiterer Kontopfänder da ist, ist da auch kein Risiko.
    Wenn es verschiedene Konten pfändende Gläubiger gibt- siehe oben. Ich begrenze den Schutz immer nach erwarteter Dauer der Lohnpfändung- längstens für bis zu 1 Jahr. Die noch offene Summe und die zu erwartende monatliche Tilgung durch Pfändung lasse ich mir (vom Arbeitgeber oder Gläubiger bestätigt) vorlegen.

    Tipp: bei einigen Arbeitgebern (insbesondere öffentlicher Dienst) steht bei der Pfändung die aktuelle Restschuld dabei.


    Denn:

    Wird der Beschluss automatisch wirkungslos, wenn die Pfändung des Arbeitseinkommens wegfällt? Nein, da eine entsprechende Mitteilung an die Bank nicht erfolgt.

    Woher erlangt das Kreditinstitut denn davon Kenntnis, dass nun doch nicht mehr der ganze Lohn, der auf dem Konto eingeht, unpfändbar ist, sondern dass es nunmehr wieder die Pfändungsgrenzen nach §


    850k

    ZPO beachten muss? s.o.


    Zuletzt noch eine kleine Verständnisfrage:
    Sobald Arbeitseinkommen gepfändet ist, lohnt sich für den Gläubiger eine Kontopfändung ja nicht, da von dem unpfändbaren Arbeitseinkommen, das auf dem Konto des Schuldners eingeht, ohnehin nichts mehr gepfändet werden kann. Heißt das, dass die Pfändung von Arbeitseinkommen immer Vorrang zur Kontopfändung?


    Kontenpfändung lohnt sich immer, ich würde diese immer zusätzlich machen:
    1. weil es unwissende Schuldner gibt, bei denen unpfändbare , bereits an der Quelle gepfändete Arbeitseinkommen, erneut gepfändet werden. Ohne dass Freibeträge erhöht werden - passiert immer wieder.
    2. für Fälle wie deinen.
    3. für alle weiteren Gutschriften: Wenn Verwandte oder Freunde zum Geburtstag etwas überweisen, die nicht von der Pfändung wissen. Wenn die Lohnsteuererstattung kommt oder ein Lottogewinn (die kleinen mit 3 richtigen sind da öfters) oder oder oder… (Phils Beispiel gefällt mir, das dürfte öfters vorkommen)
    4. wenn der Arbeitgeber wechselt, denn dann bist du mit einer Kontenpfändung weiter dabei- die beim Arbeitgeber endet mit der letzten Gehaltszahlung.
    5. für den Fall dass der Schuldner auch andere Konten besitzt, insbesondere Sparkonten, die gut gefüllt sein könnten.
    und vieles mehr

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