Verbindung gem. § 147 ZPO, Gebühren für PKH-Anwalt in welcher Höhe?

  • Guten Morgen,

    ich habe eine Sache auf dem Tisch, bei der ich mir nicht sicher bin, wie die Berechnung auszusehen hat.

    Ausgangslage:

    Derselbe Kläger klagt gegen 2 Schwestern in 2 getrennten Verfahren (SW jeweils 3.500,00 EUR). Die Beklagten werden in beiden Verfahren vom selben RA vertreten. In einem Verfahren wird der Beklagten PKH bewilligt und der RA beigeordnet. Noch vor dem ersten Termin werden die Verfahren aufgrund nahezu identischem Sachverhalt verbunden gem. § 147 ZPO. Gleich danach endete das (bzw. die) Verfahren aufgrund Vergleich.

    Problem:

    1. Der PKH-Anwalt (nur 1 Beklagte hatte PKH, s.o.) rechnet nunmehr seine Gebühren gegen die Staatskasse ab. Er macht Gebühren geltend, wie sie ohne Verbindung entstanden wären (1,3 VG, 1,2 TG, 1,0 EG aus SW 3500). Das geht m. E. so nicht, da lediglich die VG aus dem Wert vor der Verbindung entstanden ist. Die weiteren Gebühren richten sich nach dem SW nach der Verbindung (3500 + 3500), der jedoch leider (noch) nicht festgesetzt wurde. Somit könnte der RA insgesamt eine 1,3 VG aus 3500 und die 1,2 TG und 1,0 EG aus 7000 erhalten.

    Aus der Staatskasse würde er, da von 2 Parteien nur eine PKH hat, nach meinem Dafürhalten die 1,3 VG aus 3500 und jeweils die Hälfte der TG und EG aus 7000 erstattet erhalten. So würden weder für die PKH-Partei noch für die Nicht-PKH-Partei Vor- bzw. Nachteile entstehen. Sehe ich das bis hierhin richtig?

    2. Jetzt kommen wir zur eigentlich Krux. Die obige Berechnung beißt sich mit § 49 RVG, da der RA bei einem SW von 7000 ja lediglich geringere Gebühren aus der Staatskasse beanspruchen kann. Wie kann ich hier vorgehen? Meine Idee ist, die Gebühren nach Verbindung nach der Tabelle zu § 49 aus dem SW 7000 zu berechnen und davon dann die Hälfte zu nehmen.

    Nach dieser Berechnung hätte ich einen Gebührenunterschied von annähernd 200 EUR im Vergleich zur Berechnung zu 1. - diese Differenz wäre dann die weitere Vergütung des RA gem. § 50 RVG.

    Im Vergleich zu seinem eingereichten Antrag würde der RA fast 300 EUR weniger bekommen - auf Reiberein kann ich mich also einstellen.

    Hat irgendjemand eine Meinung dazu?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Wenn ich jetzt keinen Denkfehler habe, müsste der Anwalt folgende Gebühren verdient haben:

    Nr. 3100 VV-RVG 1,3 aus 3.500 € (Verfahren 1)
    Nr. 3100 VV-RVG 1,3 aus 3.500 € (Verfahren 2)
    Nr. 3104 VV-RVG 1,2 aus 7.000 €
    Nr. 1003 VV-RVG 1,0 aus 7.000 €

    (zzgl. Auslagen)

    Die PKH bezieht sich ja nur auf eines der verbundenen Verfahren. Daher bekommt der Anwalt Nr. 3100 VV-RVG für ein Verfahren aus der Staatskasse (das ist wohl unstreitig). Bei der Termins- und Einigungsgebühr bin ich allerdings nicht deiner Meinung. Da würde ich die Gebühr jeweils aus einem Streitwert von 3.500 € zuerkennen und nicht die Gebühr aus dem Gesamtstreitwert auf die einzelnen Verfahren aufteilen. Letztlich wurde der Partei ja für einen Streitwert von 3.500 € Prozesskostenhilfe bewilligt. Daher würde ich es wie bei der Teil-PKH halten: aus dem Streitwert, für den eine Bewilligung vorliegt, gibt es die Gebühren.

    Auch wenn es nicht ganz dasselbe ist, möchte ich auf OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. August 2012 – 15 W 81/11 – hinweisen. In dem Fall hatte nur einer der Streitgenossen PKH und es war zu prüfen, was der Anwalt nun aus der Staatskasse verlangen kann. Da hat sich das OLG auch so positioniert, dass der Anwalt ganz normal die Gebühren bekommt, die er für die Vertretung einer einzelnen Partei erhalten hätte. Eine Aufteilung der Gebühren oder ähnliches hielt das OLG Karlsruhe (und andere OLGs) nicht für nötig. Daraus würde ableiten, dass zumindest eine Tendenz der Obergerichte besteht, dem Anwalt die "vollen" PKH Gebühren zuzugestehen und da nicht irgendwelche Verteilungen vorzunehmen (zumal das, wie du richtig festgestellt hast, Folgeprobleme produzieren würde).

    Das ist jetzt aber nur meine Meinung, wenn du dir unsicher bist, kannst du die Akte ja mal an den Bezirksrevisor geben. Würde sich hier ja anbieten.

  • Im Großen und Ganzen stimme ich Corypheus zu.

    Ich galube aber mich zu erinnern, dass der RA bei der Verfahrensgebühr die Wahl hat, ob er die Verfahrensgebühren aus den noch nicht verbundenen Verfahren verlangt (2 x 1,3 Gebühr aus 3.5000 €) oder ob er die Verfahrensgebühr aus dem Verfahren nach Verbindung verlangt ( 1 x 1,3 Gebühr aus 7.000 €). Dazu müsste man eigentlich was im Gerold/Schmidt finden.

    Für dich dürfte das aber keinen Unterschied machen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Im Großen und Ganzen stimme ich Corypheus zu.

    Ich galube aber mich zu erinnern, dass der RA bei der Verfahrensgebühr die Wahl hat, ob er die Verfahrensgebühren aus den noch nicht verbundenen Verfahren verlangt (2 x 1,3 Gebühr aus 3.5000 €) oder ob er die Verfahrensgebühr aus dem Verfahren nach Verbindung verlangt ( 1 x 1,3 Gebühr aus 7.000 €). Dazu müsste man eigentlich was im Gerold/Schmidt finden.

    Für dich dürfte das aber keinen Unterschied machen.

    Ja, der Anwalt hat, wenn er eine Gebühr vor und nach Verbindung verdient hat, das Wahlrecht. Nur ist die getrennte Abrechnung für den Anwalt in aller Regel vorteilhafter, daher habe ich die andere Variante gar nicht erst dargestellt. In unserem Fall ist es zudem ohnehin egal, da der Anwalt in beiden Fällen nur eine 1,3 Gebühr aus 3.500 € aus der Staatskasse bekommt (ein Unterschied würde wohl nur beim PKH freien Teil bestehen).

  • Vielen Dank den Input, insbesondere für die verlinkte Entscheidung. Corypheus' Argumente überzeugen mich (mittlerweile fast). Ich werde nochmal in mich gehen und mir ein paar Kommentarstellen zur Gewährung von Teil-PKH durchlesen :)

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

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