Kosten bei Rücknahme der Beschwerde

  • In einer Familiensache hat der Antragsteller Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung eingelegt. Das OLG hat die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung zunächst nicht an den Gegner zugestellt, sondern den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass und weshalb die Beschwerde unzulässig sein dürfte, und ihm Gelegenheit gegeben, die Beschwerde zurückzunehmen. Das hat er auch getan. Daraufhin hat das OLG durch Beschluss den Verlust des eingelegten Rechtsmittels festgestellt und dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Zusammen mit diesem Beschluss wurden dem Gegner Abschriften der Beschwerdeschrift und der Beschwerdebegründung zugestellt.

    Der Vertreter der Antragsgegnerin hat sich gegenüber dem OLG überhaupt nicht geäußert und beantragt jetzt die Festsetzung einer 1,6 Verfahrensgebühr gegen den Antragsteller.

    Dieser hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen, weil der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt Stellung zur Beschwerde genommen habe und diese bereits zurückgenommen worden sei. Außerdem sei höchstens eine 1,1 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 VV RVG erstattungsfähig.

    Klar ist, dass - wenn überhaupt - nur eine 1,1 Gebühr entstanden sein kann, weil seitens der Antragsgegnerin kein Sachantrag gestellt worden ist. Aber fällt diese dafür an, dass, nachdem das Beschwerdeverfahren bereits abgeschlossen war, lediglich noch die Entgegennahme der Entscheidung durch den Verfahrensbevollmächtigten erfolgt ist? Zu prüfen war in diesem Zeitpunkt schon nichts mehr.

    In der Kommentierung bei Gerold/Schmidt habe ich diese Konstellation nicht gefunden.

    Der Beschluss des BGH vom 10.04.2018 (Rpfleger 2019, 54) hilft auch nicht weiter, weil in dem dort entschiedenen Fall der Gegner bereits Kenntnis vom eingelegten Rechtsmittel hatte.

    Hat jemand eine Idee oder, noch besser, eine Kommentarstelle oder Rechtsprechung für mich?

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich habe mal im Gerold/Schmidt, 21. Auflage, Rn. 40 zu 3200 VV RVG geschaut. Das heißt es, dass allgemein anerkannt sei, dass der Rechtsmittelbeklagte erstattungsrechtlich einen RA für die Rechtsmittelinstanz beauftragen darf, sobald ihm das Rechtsmittel zugestellt ist.
    Daraus lässt sich m. E. schließen, dass - selbst wenn die 1,1 Gebühr in deinem Fall entstanden sein sollte - sie zumindest nicht erstattungsfähig sein dürfte.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich weise in solchen Fällen den KFA zurück. Es gab bisher einmal eine Beschwerde, die dann aber vom LG zurückgewiesen wurde.

    Die Kosten waren - soweit sie überhaupt entstanden sind - nicht notwendig im Sinne des §91 ZPO.
    Eine Beauftragung eines RA für ein Beschwerdeverfahren ist nicht notwendig, soweit keine Kenntnis von der Existenz eines solchen Verfahrens existiert. Und sobald das Beschwerdeverfahren (sei es durch Rücknahme oder Zurückweisung der Beschwerde) beendet ist, ist es unnötig noch einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
    Es ist für die einzelne kostenverursachende Maßnahme zu fragen, sie notwendig war (Flockenhaus in: Musielak/Voit, 15. Auflage, §104 ZPO Rn. 7).

  • Ich habe mal im Gerold/Schmidt, 21. Auflage, Rn. 40 zu 3200 VV RVG geschaut. Das heißt es, dass allgemein anerkannt sei, dass der Rechtsmittelbeklagte erstattungsrechtlich einen RA für die Rechtsmittelinstanz beauftragen darf, sobald ihm das Rechtsmittel zugestellt ist.
    Daraus lässt sich m. E. schließen, dass - selbst wenn die 1,1 Gebühr in deinem Fall entstanden sein sollte - sie zumindest nicht erstattungsfähig sein dürfte.


    :zustimm:

    Entstanden (ein entsprechender Auftrag vorausgesetzt) dürfte die 1,1-Gebühr sein, da bereits die Entgegennahme der Information ausreicht. Eine Erstattungsfähigkeit würde ich hier auch bezweifeln...

  • Findest Du z. B. im Gerold/Schmidt, 22. Aufl., Nr. 3201 VV Rn. 51: Keine Erstattung der Kosten des RA des RM-Gegners, wenn vor Zustellung das RM zurückgenommen wurde. Es ist überflüssig, daß der RM-Gegner bereits tätig wird, obgleich ihm nicht einmal das RM zugestellt wurde (KG, AGS 2001, 212; OLG Hamm, JurBüro 1979, 57; a. A. OLG Bremen, JurBüro 1971, 152; OLG Saarbrücken, JurBÜro 1966, 588). Das gelte umso mehr in Deinem Fall, wo das Gericht auf die Unzulässigkeit hinweist, den Antrag daher noch nicht dem RM-Gegner zustellt, um dem RM-Führer so die Chance zu einer billigeren Rücknahme zu geben (Gerold/Schmidt, a.a.O.; OLG München, JurBüro 1987, 1797 = MDR 1987, 1030).

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Meiner Ansicht nach scheitert der Festsetzungsantrag zumindest an der Notwendigkeit der abgerechneten Kosten.

    Welche vernünftig denkende Partei beauftragt noch einen RA, wenn ihr mitgeteilt wird, dass der Gegner seine Berufung zurückgenommen hat? :gruebel:

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