Findelkind - Zuständigkeit Amtsgericht gem. § 151 Abs. 2 oder 3 FamFG?

  • Wie wird das bei euch gehandhabt: In der Stadt A taucht ein Findelkind in der Babyklappe auf. Das Jugendamt der Stadt A nimmt das Kind in Obhut, sucht nach Adoptiveltern. Es findet ein geeignetes Paar in der Stadt B. Das Kind wird nach einigen Tagen dorthin gegeben. Nun wird der Vorgang vom Jugendamt der Stadt A beim Amtsgericht der Stadt B angezeigt und angeregt, das Jugendamt der Stadt B zum Vormund für das Findelkind zu bestellen. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass das Kind noch nicht nach PStG registriert wurde; es hat noch keinen offiziellen Namen.

    Welches Amtsgericht ist zuständig für die Vormundschaft? Gem. § 152 Abs. 3 FamFG das AG der Stadt A, weil das Bedürfnis nach Bestellung eines Vormundes dort entstanden ist, als das Kind in die Klappe gelegt wurde (dann dürften nur AGs damit befasst sein, in deren Bezirk es Babyklappen gibt) oder gem. § 152 Abs. 2 FamFG das AG der Stadt B, weil das Kind dort nun seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat? Ist das Jugendamt der Stadt A oder B zum Vormund zu bestellen? Wir hatten so was leider noch nie und ich kann nichts finden außer Münchner Kommentar zu § 1773 Abs. 2 BGB, dass wohl grundsätzlich § 152 Abs. 3 FamFG gilt. Was aber ist in dem Fall, wenn das Kind gleich anschließend den Aufenthalt wechselt und bei Anregung der Vormundschaft schon im Bezirk des AG B sich aufhält? :confused:

  • Es gibt nicht viel, dessen ich mir in diesem Fall sicher bin, aber es ist keine gesetzliche Amtsvormundschaft. Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass bei Findelkindern automatisch das Jugendamt Amtsvormund ist (wie bei unehelich geborenen Kindern minderjähriger Mütter). Das ist ja gerade das eigenartige, dass man Babyklappen zwar duldet, aber rechtlich nicht absichert. Das ist alles irgendwie so halb illegal und man findet einfach keine passende Vorschrift. Der § 1773 Abs.2 BGB sagt aber zumindest, dass ein Vormund zu bestellen ist, wenn der Familienstand eines Kindes nicht zu ermitteln ist; und das trifft ja hier auf jeden Fall zu. Mich würde vorallem interessieren, wie das woanders gehandhabt wird. Ich befürchte allerdings inzwischen (aufgrund der geringen Resonanz), dass diese Fälle wohl so selten sind, dass es eine "gängige Rechtspraxis" eher nicht gibt.
    Ich denke, ich werde die Sache als Rpfl des AG der Stadt B übernehmen; bei mir ist die Sache ja eh gelandet. Und irgendwie muss die Kuh ja vom Eis.

  • ... Ich denke, ich werde die Sache als Rpfl des AG der Stadt B übernehmen; bei mir ist die Sache ja eh gelandet. Und irgendwie muss die Kuh ja vom Eis.

    So sehe ich das auch und würde es, wenn mir ein derartiger Fall unterkäme, in gleicher Weise handhaben.

    Ich hatte bisher nur einige (wenige) Fälle der vertraulichen Geburt (§ 1674a BGB).

    Kollegen berichteten mir allerdings vor etlichen Jahren davon, dass Kinder aus einer Babyklappe außerhalb unseres Gerichtsbezirks von einer Organisation umgehend in unseren Bezirk verbracht worden seien, damit hier die Vormundschaft angeordnet werden sollte. Der Grund soll darin gelegen haben, dass man sich hier bessere Chancen für eine Adoption durch Mitglieder oder Vermittelte besagter Organisation erhoffte.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Da gibt es teilweise haarsträubende Sachen. Bei meinen Recherchen bin ich da auf einiges fragwürdiges gestoßen. Aber hier lief alles "ordnungsgemäß". Die Babyklappe ist in einem Krankenhaus und das Jugendamt wurde sofort informiert und hat sich um das Würmchen gekümmert. Danke für deine Einschätzung!

  • Gerade die Kinderverschleppung aus Hamburg hat uns aufgeregt und zu eigenen Standards geführt. Auf den Hinweis, dass es keine gesAV werden kann, sind wir vorher nicht gestoßen, das FamGer auch nicht.

    Soweit ich mich erinnere, hatten wir bisher 4 Babyklappen-Fälle. Zumindest in zwei Fällen gab es erhebliche Nacharbeiten. Einmal hat die Staatsanwaltschaft ermittelt, einmal wurde über Angehörige der LM der Kontakt zu ihr aufgebaut. In beiden Fällen hat es sich bewährt, den Vormund am Ort des Geschehens zu haben. Deswegen werden wir weiterhin als Jugendamt des Fundorts - ähnlich wie bei einer anonymen Geburt - die Vormundschaft führen, bis über einen Annahmeantrag entschieden ist oder das Kind eine andere Perspektive gefunden hat.

  • Die Nähe zur Kindsmutter ist tatsächlich ein starkes Argument für die Zuständigkeit des Jugendamts/Amtsgerichts am Fundort. Ich neige allerdings dazu, das in meinem Fall etwas zu vernachlässigen und zwar aus folgenden Gründen: Wir sind hier in der Provinz; diese Babyklappe ist die einzige weit und breit. Fundort und jetziger Aufenthaltsort des Kindes liegen zwar in unterschiedlichen Gerichtsbezirken, sind aber räumlich nicht weit voneinander entfernt. Wo die KM sich aufhält, wissen wir ja nicht. Für den Fall, dass sie ihr Kind wieder haben will, wird sie sich an das Krankenhaus wenden, bei dem sie es in die Babyklappe gelegt hat. Und die werden sie an das Jugendamt weiter verweisen, die wiederum wissen, was mit dem Kind geschehen ist. Ich habe hier keine Hinweise auf kriminelle Machenschaften. Eine Anfrage bei der Polizei läuft noch; die wussten erst mal gar nicht, ob überhaupt was zu machen ist. Die Rückmeldung warte ich jedenfalls noch ab.

  • Für die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ist nach § 87 SGBVIII nur das JA am Fundort des Babys. Im Rahmen der Befugnisse nach 42 führt das JA die Unterbringung durch. Da § 87c SGB VIII ausschließlich an den Aufenthalt der Mutter anknüpft wird meines Wissens und nach hiesiger Praxis das JA am Fundort gesetzlicher Amtsvormund.


    Fundort und Aufenthalt/Wohnsitz der KM müssen nicht identisch sein.

  • Frog, bei einem Babyklappenfall ist der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter immer unbekannt. Auf den tatsächlichen Aufenthalt gibt es nur einen einzigen Hinweis, die Klappe.

    Schon klar. Aus meiner Sicht kommt es auf die KM jedoch nicht an.

    Anknüpfungspunkt dürfte m. E. hingegen folgende in Beitrag 1 genannte Variante sein:

    "gem. § 152 Abs. 2 FamFG das AG der Stadt B, weil das Kind dort nun seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat"

  • Für diese Variante der Zuständigkeit habe ich mich (Rpfl am AG des jetzigen Aufenthaltsorts) in diesem Fall entschieden und Vormundschaft angeordnet für das Findelkind. Das Jugendamt hier vor Ort hat seine Bereitschaft zur Übernahme der Vormundschaft erklärt und ist nun zum Vormund bestellt. Danke für eure Unterstützung!

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