Trägt die Landeskasse die Kosten eines RA´s?

  • Hallo zusammen, aus meiner Praxis folgender Fall. Ich würde mich sehr über Eure Einschätzungen hierzu freuen:

    In einer Nachlasspflegschaft war eine Immobilie zu veräußern. Die Immobilie erforderte eine juristische Einschätzung. In Absprache mit dem Rechtspfleger und auf dessen Wunsch/Empfehlung hin wurde ein RA beauftragt, um eine juristische Stellungnahme zu erarbeiten.

    Der Verlauf der Pflegschaft wurde komplex und zog sich in die Länge und der RA wurde für weitere Sachverhalte benötigt. Jeweils immer beratend. Es entstand kein laufendes Verfahren.

    Aus dem Verkauf bzw. der Versteigerung der Immobilie entstand letztlich noch Nachlassvermögen, von dem die Anwaltskosten größtenteils gedeckt werden konnten. Bis auf einen Restbetrag von ca. 1.700 €.

    Dieser Restbetrag einer Rechnung wurde von mir als Nachlasspfleger der Landeskasse zur Erstattung aufgegeben.

    Die nun neu zuständige Rechtspflegerin lehnt diese Vorgehensweise ab. Begründung: Es hätte zu Beginn der Beauftragung PKH beantragt werden müssen. Damals war jedoch ausreichend Nachlassvermögen (durch die Immobilie) vorhanden.

    Sind die Kosten des RA´s Aufwendungen, die zur Führung einer Nachlasspflegschaft notwendig waren? Falls ja, warum sollte dann nicht die Landeskasse die Restkosten tragen?

    Freue mich über Eure Einschätzungen/Ideen hierzu!

  • Ich finde es verwirrend, dass der Kollege bei der Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht gleich einen Nachlasspfleger gewählt hat, der qualifiziert ist. Die Einschätzung, ob eine Immobilie ggf. zu welchen Preis veräußert werden muss, ist jetzt auch nicht juristisches Elitewissen.

    Spätestens wenn man erkennt, dass die Nachlasspflegschaft zu komplex für den aktuellen Nachlasspfleger ist, dann sollte man eher überlegen, einen anderen Nachlasspfleger zu bestellen anstatt zuzulassen, dass ein Rechtsanwalt nebenbei seine RVG Gebühren gegen den Nachlass/hilfsweise der Landeskasse geltend macht.

  • Ich finde es verwirrend, dass der Kollege bei der Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht gleich einen Nachlasspfleger gewählt hat, der qualifiziert ist. Die Einschätzung, ob eine Immobilie ggf. zu welchen Preis veräußert werden muss, ist jetzt auch nicht juristisches Elitewissen.

    Spätestens wenn man erkennt, dass die Nachlasspflegschaft zu komplex für den aktuellen Nachlasspfleger ist, dann sollte man eher überlegen, einen anderen Nachlasspfleger zu bestellen anstatt zuzulassen, dass ein Rechtsanwalt nebenbei seine RVG Gebühren gegen den Nachlass/hilfsweise der Landeskasse geltend macht.


    Nicht in allen Regionen sind Nachlasspfleger mit einer juristischen Ausbildung tätig.

    Da wird man die Beauftragung eines RA durch den Nachlasspfleger für ein spezielles rechtliches Problem nicht ausschließen können. (Vergleichbar mit der Falllage, dass z. B. auch Berufsbetreuer für schwierigere rechtliche Konstellationen während der Betreuung einen RA im Namen des Betroffenen beauftragen können.)

  • Bei uns gibt es auch Nachlasspfleger ohne juristische Ausbildung.

    Aber die würden dann halt einem Rechtsanwalt weichen müssen, wenn sich die Sachlage merklich verkompliziert. Haben wir alles schon gemacht. Ist für die Nachlasspfleger kein Problem. Sich nebenher dauerhaft von einem Rechtsanwalt beraten lassen und dann die Kosten aus dem Nachlass oder von der Landeskasse zu fordern, halte ich für nicht richtig.

    Rechtlich denke ich mal, dass es zulässig sein könnte, wenn sich der Nachlasspfleger in einer komplizierten Einzelangelegenheit rechtliche Beratung sucht. Aber es ist nicht im Sinne einer Nachlasspflegschaft, dessen Zweck es ist, die Interessen des endgültigen Erben an Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zu gewährleisten. Da gibt es günstigere Möglichkeiten. Auch der Nachlasspfleger muss auch erkennen können, wenn er an seine rechtlichen Grenzen kommt.

    Im vorliegenden Fall scheint die Vergütung des Rechtsanwalts ja enorm zu sein, wenn trotz Immobilienverkaufs die Vergütung des Rechtsanwalts, die nicht aus dem Verkauf gedeckt werden kann, noch 1700 EUR beträgt.

    Vielleicht wäre das eine Frage für euren Bezirksrevisor, wie er/sie das sieht.

  • Vielen Dank für die interessanten Antworten und auch für den Hinweis, den Bezirksrevisor anzufragen.

    Ich gebe den Teilnehmern Recht, das im Nachhinein ein RA für die Führung der Pflegschaft besser geeignet gewesen wäre.

    Hier im konkreten Fall bat der Rechtspfleger darum, den Anwalt zu einer rechtlichen Stellungnahme zu konsultieren.

    Vergleichen wir den Sachverhalt mit einem anderen Dienstleister (z. B. Steuerberater zur Abklärung steuerlicher Aspekte), so würde sich vermutlich die Frage der Vergütung nicht stellen, wenn ich das richtig verstanden habe.

  • Das ist eben genau die Frage.
    1. Zum Zeitpunkt der Anfrage des RA war der Nachlass noch vermögend. D. h. die Kosten für den RA mussten ohnehin durch den Nachlass gedeckt werden. Beratungshilfe bzw. Prozesskostenhilfe kann immer nur bei Mittellosigkeit des Nachlasses beantragt werden. Das war hier nicht gegeben.
    2. Die Beratungshilfe deckt nicht die außergerichtliche Tätigkeit ab. Ebensowenig die Begutachtung einer Sach- und Rechtslage, wie sie im vorliegenden Fall gefordert war.

    Daher schlussfolgert sich für mich, dass es sich bei den Anwaltskosten um Hilfsleistungen zur Führung der Nachlasspflegschaft handelt, die, sofern der Nachlass die Kosten nicht mehr decken kann, von der Landeskasse zu erstatten sind.

    Jemand anderer Meinung?

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