Schlichtungsstelle bei Azubis und Reisekosten

  • Guten Morgen zusammen!

    Ich hätte da mal eine Frage an meine schlauen Kolleginnen und Kollegen aus der Arbeitsgerichtsbarkeit. J

    Es geht um Kosten des Rechtsanwaltes (ohne PKH) für das Verfahren vor dem Ausschuss zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden:

    Partei (vertr. durch RA) zieht vor den oben genannten Ausschuss und dieser entscheidet nach durchgeführtem Termin durch Beschluss. Eine Kostenentscheidung ergeht zunächst nicht.
    Dieser Beschluss wird durch den Vorsitzenden am ArbG für vollstreckbar erklärt. Außerdem ergeht ein paar Wochen später die Kostenentscheidung: „Der Beklagte trägt die Kosten“.

    Nunmehr reicht der Klägervertreter seine Rechnung ein mit der Bitte um Festsetzung gegen den Beklagten.
    Er rechnet ab: Geschäftsgebühr VV 2303 RVG, Auslagenpauschale, Reisekosten und Abwesenheitsgeld.

    Im RVG-Kommentar steht, dass die Gebühr VV 2303 RVG nicht erstattungsfähig ist (und die danach genannte Ausnahme greift hier nicht).
    In einem vorhergehenden Schreiben des Gerichts wurde der Beklagte bereits auf den § 12a ArbGG hingewiesen. In der Vorschrift ist jedoch die Rede von „Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs“. Fällt das Schlichtungsverfahren darunter?

    Und was ist mit den Reisekosten? Ich bin der Meinung, dass ich sie gegen den Gegner festsetzen kann…

    Mit Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss hatte ich noch nicht sehr viel zu tun und daher kenne ich mich damit überhaupt nicht aus…

    Für jede Art der Rückmeldung wäre ich jedenfalls dankbar.Und wenn sie auch nur darin bestehen sollte, mich auf das riesige Brett hinzuweisen, dass ich vorm Kopf habe… ^^‘

  • Im arbeitsgerichtlichen (Urteils)verfahren der I. Instanz gibt's gem. § 12 a Abs. 1 ArbGG keine Kostenerstattung.

    Dabei ist Urteilsverfahren weit auszulegen: Praktisch ist das jedes arbeitsgerichtliches Verfahren und auch die vorgerichtlichen Kosten eines Anwaltes sind nicht erstattungsfähig.

    Nicht zum Urteilsverfahren gehört das Vollstreckungsverfahren.

    Also: Auch bei Verfahren gem. § 111 ArbGG (Schlichtungsverfahren bei Azubis) keine Kostenerstattung.

  • Also: Auch bei Verfahren gem. § 111 ArbGG (Schlichtungsverfahren bei Azubis) keine Kostenerstattung.

    Diese Frage ist zumindest umstritten:

    wie Störtebecker: Schneider/Volpert/Fölsch/Köpf, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage 2017, § 12a ArbGG Rn. 4 ("Hier ist ... eine Gleichstellung mit dem Ausschluss der Kostenerstattung für die vorgerichtliche Tätigkeit angezeigt."); Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath/Roos/Pakirnus, Arbeitsrecht, 4. Auflage 2017, § 12a ArbGG Rn. 1

    Andere Auffassung: ErfK/Koch, 19. Aufl. 2019, ArbGG § 12a Rn. 1; GMP/Germelmann/Künzl, 9. Aufl. 2017, ArbGG § 12a Rn. 2; GMP/Prütting, 9. Aufl. 2017, ArbGG § 111 Rn. 65 ("§ 12a ArbGG ist im Schlichtungsverfahren nicht anwendbar. Er ist eng auszulegen und schließt eine Erstattung solcher Kosten, die nicht durch Anrufung des Arbeitsgerichts entstanden sind, daher nicht aus."); Mestwerdt/Spengler/Dubon, Kündigungsschutzrecht, 1. Auflage 2015, § 12a ArbGG Rn. 2; BeckOK ArbR/Poeche, 51. Ed. 1.6.2018, ArbGG § 12a Rn. 1

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

    2 Mal editiert, zuletzt von Silberkotelett (4. April 2019 um 11:20) aus folgendem Grund: a.A. um BeckOK ergänzt

  • Naja, ich denke spätestens seit BAG , Urteil vom 25.09.2018 - 8 AZR 26/18 (dort unter 25.), hat das BAG klargestellt, das ein Kostenerstattungsanspruch nicht besteht.

    Ok, die Entscheidung selber halte ich für falsch, aber das BAG schließt wohl jeden Erstattungsanspruch aus.

    Diskutieren könnten wir jetzt noch darüber, ob es sich bei den 111er Verfahren um ein arbeitsgerichtliches Verfahren handelt. Da das BAG aber auch vorgerichtliche Kosten ausschließt, gibt's m.E. keinen Anspruch.

  • Danke für Eure Antworten! J

    Ich habe mich in der Zwischenzeit noch mit ein paar anderen Kolleginnen über den geschilderten Fall unterhalten, und wir sind im Endeffekt zum gleichen Ergebnis gekommen: Der Antrag ist zurückzuweisen. Ein Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.

    Nur unser Lösungsweg war etwas anders…

    In der Begründung meines Beschlusses steht Folgendes:
    „Ein Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff ZPO findet nur in gerichtlichen Verfahren statt. Das Schlichtungsverfahren ist kein gerichtliches Verfahren in diesem Sinne. Eine Festsetzung kommt daher nicht in Betracht.

    Im Übrigen besteht gem. § 12a ArbGG in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes.

    Der Antrag war demnach vollumfänglich zurückzuweisen.“

    Die Tatsache, dass es sich beim Schlichtungsverfahren nicht um ein gerichtliches Verfahren handelt, ergibt sich meiner Meinung nach schon aus dem RVG: Die einschlägige Gebühr VV 2303 RVG steht im Teil 2: Außergerichtliche Tätigkeiten einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren.

    Also kein gerichtliches Verfahren und damit auch kein Festsetzungsverfahren.

    Falls man der Meinung ist, dass es sich dennoch um ein gerichtliches Verfahren handelt, ist jedenfalls der § 12a ArbGG einschlägig.
    Die Reisekosten des Anwalts fallen ebenfalls unter § 12a ArbGG. Lediglich die tatsächlich entstandenen Auslagen in Form von Reisekosten der Partei selbst sind hiervon ausgenommen. Diese Kosten wurden hier nicht angemeldet. Demnach können auch die Reisekosten nicht festgesetzt werden.

    Also in jedem Fall keine Festsetzung.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!